[IP] Sinar Temaram / Zwielicht

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    Während Scar mit Ding Ma spricht, bemerkt Labah die subtilen und fast schon anmutigen Handbewegungen des Orks an der Chip-Presse, die sogar nicht zu seiner bulligen Statur passen wollen. Einem Uneingeweihten hätten sie ohnehin nichts verraten, aber Labah erkennt sofort, was er dort vor sich sieht. Bewegungen aus dem Silat. Der Chinese ist ganz sicher kein gewöhnlicher Angestellter Ding Mas, sondern ein Kämpfer. Und er ist wachsam. Für einen kurzen Moment treffen sich ihre Blicke, und Labah weiß, dass er entdeckt worden ist. Der Ork nickt ihm unmerklich zu. Labah versteht die Geste. Als Kunden sind sie hier willkommen, aber sollten sie in Ding Mas Geschäft etwas Krummes versuchen, dann wird er es auf einen Kampf ankommen lassen.


    Von all dem bekommen weder Scar noch Perdana oder Li etwas mit. Li bemerkt durchaus, dass sich der Chinese und Labah kurz mustern, denkt sich aber nichts dabei. Er ist ganz von Scar und ihrer Vorstellung gefesselt.


    Ding Ma greift nach einer Schachtel kretek und zündet sich eine an. Der süßlich Geruch der Nelkenzigarette vermischt sich mit dem sterilen Kunstoffgeruch und der schwülen Nacht. Er grinst und zeigt wieder seine Reihe goldener Zähne.


    "Wang ist ein weiser Mann. Zeig mir die Kleidung, Bu", antwortet er Scar und deutet auf eine freie Ablagefläche zwischen seinem Schreibtisch und der Konsolenreihe, an der die jungen Frauen codieren.


    Nachdem Scar die Ware ausgebreitet hat, deutet er auf die Stücke, die Scar für sich erworben hat.


    "Dafür ließe sich ein personifizierter RFID machen ... oder soll es lieber der Standardkram sein?", fragt er mit einen neugierigen Blick und zieht wieder an der kretek.

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    Spark hatte gehofft, dass Scar und vor allem Li im HQ sein würden, wenn sie mit Pa'an Tol enträfen. Aber die waren anscheinend wegen des Rennens und dieser Daiyu unterwegs. Wie auf einen unausgesprochenen Befehl hin haben nahezu alle Blades das Weite gesucht, als Spark, Yon und der Dayak den Hauptraum in Beschlag genommen haben. Yon hatte den Dayak nicht aus den Augen gelassen, aber welche Hilfe der Ork alleine war, wollte sich Spark nicht vorstellen. Irgendwo mussten noch Bomb und Beauty sein, aber die waren ebenfalls in miserabler Verfassung, wenn Pa'an Tol auf irgendwelche dummen Gedanken kam. So seufzte Babang, gab sein bestes ein guter Gastgeber zu sein als ranghöchster anwesender Jade Blade und ließ sich dann zusammen mit dem Dayak nieder. Sie saßen sich gegenüber, wobei Spark darauf achtete, dass Pa'an Tol dem Bündel mit dem Lontarbuch nicht zu nahe kam. Er nickte Yon zu, dann schlug er vorsichtig, fast schon ehrfürchtig den Stoff zurück.


    "Wir sollten prüfen, ob die Aura des Buches etwas über sich preisgibt." murmelte er halblaut und mehr zu sich selbst, während seine Wahrnehmung auf die Astralebene hinüberglitt. Sein Unwohlsein stegerte sich, als er die machtvolle Aura des Dayak wahrnahm, und Schweiß brach ihm aus. Doch dann zwang er sich, sich erst einmal voll und ganz der pulsierenden Aura vor ihm zu widmen. Er öffnete das Buch, konnte jedoch mit den Schriftzeichen nichts anfangen, wie ihm ein kurzer blick auf die mundane Ebene offenbarte. Das Buch selbst wies auf jeden Fall Magie auf, es pulsierte vor Mana. Er konnte die Flüsse die Chi erkennen, jedoch nicht genau einordnen. Die Tradition des Buches unterschied sich grundlegend von der Art, wie er selbst Magie wirkte und auch verstand. Schmerzlich wurde ihm klar, dass er diese Art von Magie bereits mehrfach gesehen hatte. In der Moschee, besonders aber zuletzt im Gerhana, als sie seine eigene Magie fast zum erlöschen gebracht hatte. Er ging nicht so weit, sie "böse" zu nennen, aber nach allem ihm bekannten Maßstäben war es "schwarze" Magie. Es wirkte fast so, als Schaten das Buch umwaberten und er wusste nicht, ob dies Einbildung war oder schlicht die Mischung aus Erschöpfung und Furcht, aber waren da nicht leise wispernde Stimmen - direkt aus dem Buch heraus?


    Dann brach Pa'an Tol unerwartet das Schweigen und teilte ihm mit, dass das Buch in Kawi geschrieben sei. Diese alte Sprache war Spark nicht geläufig und er wollte den Einwurf des Dayak bereits abtun, als urplötzlich Hernanto auftauchte und seine Hilfe anbot. Spark gab Yon ein zeichen und der senkte die Schrotflinte - zumindest ein wenig.


    "Danke für das Angebot, Hernanto. Aber wollen wir wirklich lesen, was in dem Buch geschrieben steht? Ich habe nicht den Eindruck, dass es für diese Welt bestimmt ist." Und nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: "Und ich bin mir ebenso wenig sicher, ob wir damit nicht an Dingen rühren würden, die besser nicht geweckt werden."

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    Der Geruch der Nelkenzigarette erinnerte Scar an die Wintersoykaffedition der Kette Starkaff. Sie fühlte sich in das überfüllte Kaffee in Seattle versetzt. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Zu gern würde sie jetzt da sein. Aber Ding Mas Anrede brachte sie wider nach Jakarta in die kleine RFID-Schmider zurück. Sofort spürte sie wieder die drückende schwüle Hitze. Sie sehnte sich so nach dem Gewitter.

    "Wang ist ein weiser Mann. Zeig mir die Kleidung, Bu" Scar nickte darauf. Sie hatte ein nettes Gespräch mit dem Chinesen geführt.

    Scar bereitete die mitgebrachte Ware aus. Auch die feine rosane Spitzenunterwäsche, die Scar gefunden hatte. Sie hielt diese einen Moment länger in den Händen. Erfreute sich an dem feinen Gefühl des sanften nichts auf ihrer Haut. Wie Milch floss der Stoff über ihre Hände. Sie hätte nicht vom Markt gehen können ohne sie mit zu nehmen. Sie freute sich schon drauf sie an zu ziehen. Wieder brachte Ding Ma sie in die Wirklichkeit zurück.

    "Dafür ließe sich ein personifizierter RFID machen ... oder soll es lieber der Standardkram sein?"

    Scar lächelte Ding Ma geheimnisvoll an. Früher hatte sie solchen Dingen überhaupt keine Beachtung geschenkt. Da war es eindach so normal gewesen. Hier war es aber auf einmal für sie wichtig.

    "Ein so weiser Mann wie sie weiß was eine Frau möchte." sagte Scar kryptisch.

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    @Spark:


    Spark hört noch, wie Hernanto irgendetwas erwidert - doch was der junge, an der javanischen Kultur interessierte Blade ihm auf die Warnung antwortet, das entgeht völlig seiner Aufmerksamkeit. Denn plötzlich ist da dieses Wesen. Spark spürt sofort, dass niemand außer ihm und Pa'an Tol es wahrnehmen kann. Seine Gestalt gleicht der eines fragilen Schattens, seltsam flach wie die Puppen des Wayang. Und es strahlt eine abgrundtiefe Fremdartigkeit aus, die Spark einen Schauer über den Rücken fahren lässt. Die düsteren Augen des Geistes starren ihn an, scheinen förmlich durch ihn hindurch und tief in seine Seele zu blicken.

    Ein Stich fährt in sein Herz. Er weiß, dass er diese Präsenz schon einmal vernommen hat. In der Moschee, bei der Rede des Imam, die ihm fast zum Verhängnis geworden wäre. Es ist das Buch, geht es Spark fast panisch durch den Kopf. Das Buch hat das Wesen hierhergeführt.

    Und dann verschwindet der Geist, verblasst so rasch, wie er erschienen ist. Und Spark weiß, dass er den Feind zum einzigen Zufluchtsort gebracht hat, der den Blades noch geblieben ist.


    Pa'an Tol blickt ihn an.


    "Was werdet Ihr nun tun, Wujen?"


    Auch Hernanto schaut ihn an, obwohl er noch immer glaubt, es gehe um die Übersetzung des Buches.



    Scar , Perdana, Labah, Li:


    Ding Mas Augen sprechen Bände. Er hat schon gewusst, was Scar hat haben wollen, als die Runnerin seinen Laden gerade erst betreten hatte. Doch sein Grinsen spricht noch eine andere Sprache. Kannst du das, was du willst, auch bezahlen? Denn letztlich steht und fällt jedes Geschäft hier mit dem Nuyen.


    "Einen personifzierten RFID für dieses Stück herzustellen, das verlangt einiges an Arbeit. Aber meine Mädchen sind die besten dafür. Aber es ist nicht ganz billig. 1000 Nuyen."


    Ding Ma mustert sie neugierig. Tritt sie vom Kauf zurück, so könnte er dies als Gesichtsverlust werten, allerdings auch nur, sofern er sie nicht völlig über den Tisch zu ziehen gedenkt. Das herauszufinde ist allerdings nicht einfach, denn Scar hat keine Vergleichsangebote, auf die sie sich stützen kann. Aber sie möchte diesen Chip. Sie möchte herausstechen, und sicherlich wird es in diesem Club vor Frauen wimmeln, die ähnliche Chips in ihrer Kleidung ihr eigen nennen. Ohne ihn käme sie sich ganz sicher leer und ausgeschlossen vor.

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    Im Westen hätte sie geschluckt und hätte das Geschäft verlassen müssen. Sie hatte nicht genug um die Chips zu zahlen, aber hier war sie in einer anderen Welt. Hier wurde gehandelt. Und wenn es nur um des Handelns willen war.


    "Ding Ma ich sehe ihr seid ein tüchtiger Geschäftsmann. Aber ihr müsst doch sicherlich selber zugeben, daß personalisierte Chips nicht so viel kosten können, sonst würden die ganzen Modehäuser in Manhattan, Tokio und Paris bettelarm sein." lächelt sie. Sie hatte genug Klamotten in ihrem Leben gekauft um zu wissen wie die Konzerne da tickten. Selbst in den Automatenklamotten waren Chips. Und die hielten maximal 48 Stunden. Das hatte sie selber schon durch gemacht. Daten waren nur so teuer wie man sie machte. Angebot und Nachfrage. Das kannte sie von ihren Runs. Der eine war bereit ein Vermögen für eine Datei zu zahlen, der andere würde sie achtlos löschen, weil sie nur Speicherplatz weg nahm.

    "Ich denke, daß die Arbeit eurer guten Mädchen 150 Nuyen wert ist. Und ihr wollt auch verdienen. Daher würde ich sagen wir kommen mit 300 ins Geschäft."

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    "Die Modehäuser gehören alle großen Konzernen", beginnt Ding Ma mit einem Lächeln.


    "Jean-Paul, Wellington Bros., Vashon Island - Shiawase, Ares Victory, Europa und Hideo-Tato - Renkrau. Selbst Zoé ist nach der Übernahme von Armanté zu einem ansehnlichen Konzern gewachsen", kommt es wie aus der Pistole geschossen. Ding Ma hat entweder tatsächlich Ahnung von der Materie oder aber gute Schmökersoftware. Vielleicht sogar beides.


    "Die Konzerne können die Chips und die Programmierung kostengünstiger herstellen, keine Frage. Aber wir, die kleinen Leute, müssen hart dafür arbeiten. Die Labels haben eigene Verschlüsselungen für ihre Codierungen, und sie aktualisieren sie regelmäßig. Das Coden kostet uns Geld und Zeit. Manche Informationen müssen wir auf dem Schwarzmarkt kaufen."


    Ding Ma deutet auf das gefälschte Kleidungsstück.


    "Aber es lohnt sich. Wer möchte schon mit einer Fälschung erwischt werden? Peinlich wäre das, ein Gesichtsverlust. Aber das wird mit meinem Chip nicht passieren. Da ist alles enthalten: Name, Kaufdatum, Ort, Filiale, Label-Signatur, sogar der Name des Verkäufers oder der Verkäufersoftware. Alles auf dem neuesten Stand. Das volle Programm. Für unschlagbare 1000 Nuyen."


    Selbst der Ork an der Presse, der bisher nur grimmig dreingeschaut hat, nickt begeistert.

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    Scar merkte, daß sie hier auf Granit biss. Sie konnte und wollte aber jetzt nicht zurück. Nur hatte sie absolut nicht mehr so viel Geld. In Seattle hatte sie nie so wenig Geld gehabt.


    "Wie ich sehe bieten sie mir ein Angebot, welches ich nicht ausschlagen kann. Ich biete 500 Nuyen und einen Gefallen. Dafür bekomme ich die Chips in einer Stunde."

    sagte Scar ebenfalls lächelnd.

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    "700 und der Gefallen", kontert Ding Ma. Anscheinend muss er das letzte Wort haben.


    "Dann sind wir im Geschäft. Und meine Mädchen arbeiten bereits daran", fügt er noch mit einem siegessicheren Grinsen hinzu und deutet mit einem Seitenblick auf die uniformierten jungen Frauen, die wie gebannt auf die flimmernden Zahlenreihen der Schirme starren.


    Scar weiß, dass dies Ding Mas letztes Angebot ist.

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    Li hatte selbst einen kurzen Moment erwägt Ding Ma als Angebot den Schutz der Blades für sein Geschäft anzubieten, aber dies war nicht ihr Revier und zweitens waren die Blades praktisch kaum noch in der Lage ihre eigenen Geschäfte zu schützen. Darum schickt er Scar anerkennend ein AR-Emoji, das sie auf das Angebot eingehen kann.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    //Das bringt mich fast an den Rand des Ruins. Drek ich hoffe der Abend ist es wert. Die Klamotten werde ich wohl nicht lange behalten so wie ich mein Glück kenne.//


    "Da muss ich dann wohl zustimmen. Ich möchte ja nicht, daß eure Mädchen bis jetzt umsonst gearbeitet haben." sagte Scar und nickt den Mädchen ebenfalls zu.

    "Also in einer Stunde kann ich die Klamotten fertig gechiped haben." Das war keine Frage. Sie wollte Ding Ma nur an das kleine Detail erinnern.


    >>>Was machen wir so lange?<<< Fragte Scar die Blades über TN. >>>Ich finde nie wieder hier her, wenn wir jetzt ein Bier trinken gehen.<<<

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    Damit ist das Geschäft besiegelt. Aber es wäre kein richtiges Geschäft, wenn nicht auch für das leibliche Wohl gesorgt würde. Nachdem die harten Fakten geklärt sind, gibt sich Ding Ma wesentlich gelassener und großzügiger. Ein Tisch nahe des Eingangs wird freigeräumt, und aus dem hinteren, nicht einsehbaren Teil des Ladens werden von einem weiteren Mädchen - sogar noch jünger, als denen, die an den Schirmen sitzen - einige Teller heräbergebracht. Sie sind gefüllt mit Lumpia, verschieden gefüllten Frühlingsrollen. Ding Ma sorgt für kühles Bier, das er einer Truhe unter seinem Schreibtisch entnimmt. Er bietet jedem seiner Gäste eine Flasche an, auch den Bodyguards.


    "Die gute Ti wird die Chips dann einsetzen, sobald sie fertig sind. Sie hat ziemlich geschickte Hände", erklärt Ding Ma mit einem Blick auf das Mädchen, das rasch wieder nach hinten verschwindet, wo der Junge, der die Blades hergeführt hat, bereits auf es wartet.

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    Scar entspannt sich und setzt sich hin. Sie bedeutet Li und Labah sich ebenfalls zu setzen. Sie fängt ein ungezwungenes Gespräch mit Ding Ma an. Thema Klamotten und westliche Mode.

    Sie merkt kaum wie die Stunde vergeht so ist sie in ihrem Element. Von den Köstlichkeiten wird eher nur genippt, da sie nicht auf dem Reden raus kommt.

    Wie es ihre Art ist übergeht sie dabei liebevoll soziale Konventionen.

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    Die gewaltige Mall, die sich über den Köpfen der Blades erhebt, gleicht einem Traumpalast, der durch die Hand eines Riesen in die graue Wirklichkeit gezogen worden ist. Der Kontrast dieses Gebäudekomplexes in Bezug zu dem, was Scar und die anderen auf dem Nachtmakrt jenseits der Jalan Gajah Mada gesehen und erlebt haben, könnte größer nicht sein. Makellos, edel und glänzend hüllt das Innere des kolossalen Baus seine Besucher ein, zieht sie immer tiefer in eine Welt aus High-Tech und Konsum. Alle namhaften Konzerne, die in Jabotabek operieren, sind in der Mall Glodoks vertreten, meist durch mehrere ihrer zahllosen Subunternehmen: Bekleidungslabels, Möbelgeschäfte, Juweliere, Bodyshops, Restaurants, Matrix Stores - die Liste scheint endlos.


    Die gesamte Mall ist nicht nur ästhetisch, sondern auch was ihre AR-Technik angeht auf dem neuesten Stand. Nachdem automatisierten SIN-Scan, den die Besucher überhaupt nicht mitbekommen, verknüpft sich das Netzwerk der Mall mit den Komlinks der potenziellen Kunden und hilft ihnen durch ausgeklügelte Kartensoftware, intelligente Beraterprogramme und AR-Ikonographie zu den zahllosen Produkten, die es hier zu meist horrenden Preisen zu kaufen gibt.


    Bereits bei der Sicherheitskontrolle am Eingangsbereich der Mall wird Labah um seine Messer erleichtert. Da aber alle SINs, auch die gefälschten, der Standardkontrolle standhalten, alarmiert man nicht sofort die POLRI, sondern verwahrt Labahs kleines Waffenarsenal in einem gesicherten Bereich am Rande des Eingangs, zu dem er beim Verlassen des Areals wieder Zugang hat. Kaum haben Li und die anderen den Eingangsbereich hinter sich, werden ihre Komlinks auch schon mit mehr oder minder interessanten Werbe- und Produktangeboten überflutet. Sofort wird klar, dass die AR-Programme der Konzerne ihren Job verstehen. Sie haben nicht nur das Geschlecht, sondern auch Metatypus, ethnische Herkunft, Alter und andere Faktoren sofort in ihre Werbestrategie mit integriert, und mit jedem Produkt, das sich die Blades anschauen oder dessen Blick sie auch nur streifen, wird das Werbekonzept der Beraterprogramme maßgeschneideter und direkter.


    Dann, endlich, ist der Eingang zum "Jadehaus" erreicht. Er befindet sich in einem anderen Teil der Mall, der direkt an den Wolkenkratzer anschließt, der mit dem weitläufigen Gebäudekomplex verschmolzen ist. Mehrere Aufzüge erwarten die kleine Gruppe. Unbemerkt wird erneut ihre SIN gescannt, als sie sich in den Aufzug begeben und mit rasender, aber nicht wahrnehmbarer Geschwindigkeit nach oben bewegen. Als sich die Aufzugtür wieder öffnet, erwartet sie ein Foyer aus kühlem, makellosem und hell gehaltenem, jadegrünem Marmor. An den beiden Gangwänden schimmern atemberaubende AR-Kunstwerke chinesischer Machart, größtenteils Landschaften und mythologische Gestalten. Ein halbes Dutzend zur Perfektion gestylter Frauen und Männer begrüßt Scar höflich und scheint zufrieden mit den Zertifikatssignalen, die ihr Outfit ausstrahlt. Ding Ma scheint nicht zuviel versprochen zu haben.

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    Das "Jadehaus" macht seinem Namen alle Ehre. Immer wieder, sowohl in der AR-Ikonographie als auch im physischen Interiour, sind die meist schlichten, aber dennoch beeindruckenden Jadeschnitzereien auszumachen, meist eingefasst und verschmolzen mit den spiegelglatten Oberflächen der Wände und Säulen, des Bodens und der Decke. Von der Rooftop Bar aus, die einen spektakulären 360° Bogen rund um den Club umfasst, hat man einen atemberaubenden Blick auf die nächtliche Skyline Jabotabeks. Von hier aus lassen sich sowohl die Hafenanlagen im Norden wie auch die Konzern-Wolkenkratzer in Pusat ausmachen. Die Gäste, auf die Scar und die anderen hier treffen, sind ausnahmslos gut und teuer gekleidet. Außerdem ist mindestens die Hälfte von ihnen ausländischer Herkunft und anhand ihrer Labels, Accessories und Gepflogenheiten für Kenner oder jene mit guter Analysesoftware als Konzerner zu erkennen: Auslandschinesen aus der Konzernenklave Singapur, Japaner von Renraku, Mitsuhama oder Shiawase, Araber von Global Sandstorm, Inder von KITT, Europäer von S-K oder Amerikaner von Ares.


    Dann erblickt Labah als erster ihre neue Geschäftspartnerin, die Runnerin Daiyu. Die Chinesin steht an einer der geschwungen verlaufenden Bars, das Haar zu einem straffen, geflochtenen Zopf gebunden, der an den bianzi erinnert, den traditionellen chinesischen Zopf, welcher vor langer Zeit den Chinesen von den Mandschu-Herrschern aufgezwungen worden war und der nun - vor allem bei Frauen - gerade wieder in Mode ist, ohne dabei jedoch irgendein politisches Statement ausdrücken zu wollen. Die chinesische Runnerin hat sich auch sonst in Schale geworfen, auch wenn das Budget, das sie in ihre Garderobe investiert hat, sicherlich um einige Tausend Nuyen unter dem Durchschnitt des Jadehauses liegen wird. Ihre enge, jadegrüne Bluse betont nicht nur ihren attraktiven Körper, sondern fügt sich auch harmonisch zu den Jade-Ohrringen, die danke des Zopfes besonders zur Geltung kommen. Auch in ihr Nano-Makeup hat sie dezent die Farbe des Clubs zu integrieren gewusst. Sie erblickt Labah ungefähr im selben Moment und nickt dem Jade Blade über die Entfernung hinweg grüßend zu.

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    Labah staunt nicht schlecht über das Jadehaus. Etwas Vergleichbares hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Gierig zieht er die Eindrücke in sich auf und macht ein paar tolle Bilder mit seinen Cyberaugen.


    Als er Daiyu entdeckt lächelte er Ihr zu und es ist nicht gespielt. Sie sieht für Ihn einfach fantastisch aus ! Er mag es das Sie den chinesischen Stil in der Kleidung ausdrückt.


    Er markiert Daiyu im Blades-Netzwerk das die Anderen Sie ebenfalls erkennen in einem deutlichen grünen Rahmen. Ohne die Rolle zu verlieren folgt er weiter Scar und Li.

    Aktuelles SL Projekt " New Jersey / Love Land / Larcheime " (Foren Runs)
    Hauptcharakter: "Iwan " ( Strassensamurai )


    Erfahrener Meister und Spieler seit Edition 3.0 8)

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    Sobald sie die Mall betreten fühlt sich sich Scar in eine andere Welt versetzt. Sie staunte nicht schlecht wie gewaltig der Unterschied zu draußen war. Hier war sie in einer Welt die sie kannte, deren Spielregeln sie kannte. Auch wenn sie doch anders war. Aber so waren die Malls auf der ganzen Welt. Gleich und doch nicht gleich. Sie war so verschieden und so gleich wie eine Mall in Manhattan oder Großfrankfurt oder gar Seattle. Scars Bewegungen, ihre Körperhaltung wurden anders. Gelöster. Instinktiv schaltete sie den AR-Filter hoch auf Maximum aber konfigurierte ihn auch gleich auf ihre Bedürfnisse. So wurde sie trotzdem mit der neuesten Mode von Zoe, Metatribe und Co bombardiert. Sie hatte schon früh gelernt, daß ein komplettes blockieren nicht funktionierte. Das mochten die Mallbetreiber nicht und in kürzester Zeit waren die AR-Filter umgangen und man bekam unerwünschten Müll angezeigt, aber lies man den Konzernen ein Fenster, welches noch zum persönlichen Profil passte, waren sie zufrieden.

    Sie flirtete mit den Beraterprogrammen, auch wenn sie wusste, daß es nur Programme waren. Schnöde Einsen und Nullen, aber es tat ihr gut umschmeichelt zu werden. Sie nutzte die Gelegenheit ein Parfum "auszuprobieren."


    Dann betraten sie den Jadepalast. Das war eine Welt, die sie noch nicht betreten hatte. Das Dante, die Space Needle und vergleichbare Etablissements waren ihr bis jetzt versperrt geblieben. sie war froh in die Tags investiert zu haben. sonst wäre sie sich wie eine Aussätzige vor gekommen. Sie versuchte in ihrer Rolle zu bleiben, musste aber trotzdem wie ein Kind staunen. So nahm sie Daiyu erst wahr als Labah sie in dem Netzwerk markierte.

    Sie lächelte Daiyu ebenfalls zu. Ihre Augen schätzten aber eher die Kleidung und die weiblichen Formen ab, als den Gesichtsausdruck der Runnerin. Aber dann lies sie ihren Blick in die Astralwelt wandern um die Runnerin ein zu schätzen.

    Sie ging auf sie zu und begrüßte sie freundlich. So ganz anders wie damals in der Kneipe.

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    Perdana kann sich schon nicht mehr daran erinnern, wie viele Touristen sie durch die Stadt geführt hat. Die meisten waren schon etwas wohlhabend und so konnte Perdana das ein oder andere bessere Etablissement sehen. Meist nur von außen, aber immerhin wenigstens das. Doch den Luxus, dem sie hier begegnet, hat sie noch nie gesehen. Sie schafft es gerade so ihren Mund geschlossen zu halten und nicht alles mit offenem Mund und großen Augen anzuschauen. Fast hätte sie den Anschluss an die Gruppe verpasst, als sie mal wieder die liebevollen Details der Einrichtung und der Klamotten der Leute betrachtet hat. Eher Automatisch als wirklich bewusst, folgt sie der kleinen Gruppe in 'Jadehaus.'


    Hier möchte sie sich am liebsten zwischen der Gruppe verstecken. Sooooo viel Luxus und Macht, da wird ihr beinahe schlecht. Hier tragen einige Leute Klamotten und Schmuck am Leib, für den müsste sie ihr ganzes Leben lang schuften und könnte sich das Ganze gerade mal gebraucht leisten. Nein, dass war einfach ein paar Nummern zu groß für sie. Die Chinesin hat sie erst mal noch nicht gesehen. Das ist bei ihrer Körpergröße und der ganzen Ablenkung um sie herum, aber nicht weiter verwunderlich. Erst als Silver auf die Chinesin zu geht und diese freundlich begrüßt, findet die kleine Elfe ins hier und jetzt zurück. Artig verneigt sie sich leicht vor der Chinesin und begrüßt sie nach chinesischer Tradition, nach dem Silver und alle anderen aus ihrer Gruppe Daiyu begrüßt haben.

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    Daiyu begrüßt zuerst Scar, dann den Rest der Truppe. Dass sie Li nicht als erstes begrüßt hat zeigt, dass sie die Fassade der Blades zu deuten weiß. Die Höflichkeit gebietet es ihr allerdings, jeden aus der Gruppe mit einzubeziehen - auch Perdana wird von ihr bedacht. Als Scar sie askennt, erkennt sie das, was Spark im Netzwerk bereits bei ihrem ersten Treffen kundgetan hat: Die chinesische Runnerin ist erwacht. Doch welcher Art ihre Magie ist, das vermag Scar nicht auszumachen. Ihre Aura ist rein, weist keine Verdunklungen durch mögliche Implantate oder Transplantate auf, obwohl Scar deutlich die Spuren eines ausgelassenen Lebensstils zu erkennen vermag. Sicherlich ist Daiyu von der ein oder anderen Substanz abhängig, vielleicht chippt sie auch oder hat andere Laster. Zu beeinträchtigen scheint sie das allerdings nicht.


    Ihr Lächeln wirkt echt und nicht aufgesetzt, aber ihre Aura offenbart, dass sie unter Spannung steht. Die Blades wissen, dass sie Geld braucht. Davon ausgehend, kann diese ganze Angelegenheit hier gar nicht schnell genug vorüberziehen.


    "Was sagt ihr zum Club?", fragt sie dann dennoch, ein wenig Smalltalk betreibend.

  • -1429-

    Als Scar erkennt, daß Daiyu erwacht ist zieht sie ihre Maskierung stärker zusammen. Sie konzentriert sich bewusst drauf, daß sie wie eine mächtigere Magierin aussah als sie es wirklich war. Sie wollte damit die Echse komplett in den Hintergrund drängen. Ihre Gefühle manipulierte sie nicht. die waren eh wie ein Blatt im Wind.


    "Der Club kann sich sehen lassen. Ich hätte nicht gedacht, daß hier so eine Perle steht. Sie kann sich durchaus mit dem Dantes in London und der Space Needle in Seattle messen." sagte Scar kühl. sie wollte nicht zeigen, daß sie eigentlich total überwältigt war. So viel Luxus war ihr gänzlich unbekannt. So etwas kannte sie nur aus dem Trid.


    "Ihre Ohrringe passen auffallend zu dem Club hier. Es ist ein wirklich gelungenes Outfit." sagte Scar aufrichtig. Sie wollte das Gespräch auf ein Territorium lenken, daß ihr lag.

  • -1430-

    Für Li ist die Shopping Mall eine fremde Welt. Bisher kennt er solch Luxuriöse Läden nur aus Werbe Sims. Hier gibt es Juweliere wo ein filigraner Ring sicher den Wert aller Bikes der Jade Blades übersteigt. Li macht sich in Gedanken Notizen wie man die Läden hier ausrauben kann. Sicherlich sind all die Bodygeformten und freundlich lächelnden Security-Leute wahren Straßenkämpfern wie den Blades unterlegen. Aber er macht sich keine Illusionen das die Elektronische Sicherheit vom Feinsten ist und dazu sicherlich eine Armee von Kampfdrohnen bereit steht wenn es Ärger gibt. Dennoch gibt es sicher Schwachstellen. Sicher kann man einen der Haustechniker oder eine Putzfrau bei Gelegenheit auf der Strasse entführen und zur „Kooperation“ überreden. Dann könnten sie einen großen Raubzug durchführen und alle ihre finanziellen Probleme wären gelöst.


    Doch kaum haben sie die Dachterrasse des Jadepalastes erreicht vergisst er seine Pläne angesichts der luxuriösesten Bar die er je gesehen hat. Der Anblick über die Dächer wäre überwältigend wenn er nicht schon oft über der Stadt geflogen wäre.

    Daiyu scheint sich zwischen den Reichen und Schönen hier jedenfalls wohl zu fühlen. Wie Scar ebenfalls die mit Daiyu eine gemeinsame Ebene gefunden zu haben scheint, trotz ihre holprigen Starts als sie sich kennen lernten.

    Jetzt wirken sie beide als verkehren sie jeden Tag hier.


    Li nickt der chinesischen Runnerin zu und sendet ihr über Komlink.

    <<<Schön dich wieder zu sehen. Wie es scheint sind wir nun auf deinem Turf. Ist denn dein geheimnisvoller Hacker schon hier?>>

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)