[SR4] Warscheinlichkeiten in Shadowrun.

  • Hallo erst mal. Ich bin neu hier. Bisher habe ich RPGs aus dem D20 System gespielt, aber das System hat mich irgendwann gelangweilt, und die Release-Politik des Herstellers hat mich auch gestört. Deshalb habe ich mich nach was neuem ungesehen und bin auf Shadowrun gestoßen. Ich lese mich grade durch den deutschen Band zu den Regeln der Version 4 und bin bisher sehr beeindruckt. Worüber ich wie viele andere bestimmt auch, gestolpert bin, ist der Punkt das sich die Erfolgs-Warscheinlichkeit (Wkt.) bei Shadowrun schwer berechnen lässt. (Das D20 System ist in der Beziehung sehr einfach, aber das nimmt halt auch die Spannung)


    Nachdem ich hier einen Artikel zum Thema Warscheinlichkeiten in Shadowrun gelesen habe, habe ich mich in dieses Forum begeben um den dazugehörigen Thread zu lesen und ihn nicht gefunden. Da ich selber viel mit Stochastik und Warscheinlichkeiten zu tun habe, juckt es mich in den Fingern, zu diesem Thema etwas praktisch anwendbares in die Tasten zu hauen. Hier kommt es:


    Mir ist aufgefallen das die Wkt bei einem Würfelpool der größe n, genau k Erfolge zu haben Binomialverteilt ist. Hierbei ist die Einzel-Wkt. für einen Erfolg: p=1/3.


    Aber für alle die bis hier hin gelesen haben und sich fragen: "was bringt mir das Geseihe jetzt?": bleiben wir doch bei der Binomialverteilung. Die hat nämlich einen Erwartungswert: Würfelt doch mal 30 mal mit einem Pool der größe 6, addiert die Erfolge auf und teilt durch 30. Das ergebnis sollte ziemlich nah an 2 liegen.
    Der Erwartungswert der Binomialverteilung ist nämlich n * p. (Zur Erinnerung n=Würfelpool, p=Einzel-Wkt. für einen Erfolg=1/3) Das bedeutet das man die im Schnitt zu erwartende Anzahl an Erfolgen grob abschätzen kann, indem man den Würfelpool durch 3 teilt. Man kann mit diesem Wissen jetzt aber noch mehr machen. Nehmt den Mindestwurf und multipliziert ihn mit 3 und ihr wisst, wie groß euer Würfelpool sein muss damit ihr diesen Mindestwurf mit einer gewissen Regelmäßigkeit schafft.


    Aber halt, da kann man noch mehr abschätzen. Wenn wir nur nach dem Erwartungswert gehen, kann man ja eigentlich auch gleich Erfolge 'kaufen', oder?
    Eine weitere interessante Frage ist nämlich jetzt, wie die Anzahl an Erfolgen so im Schnitt vom Erwartungswert abweicht. Das beantwortet die so genannte Varianz. Rechnerisch ist die Varianz der Erwartungswert für die Abweichung vom Erwartungswert. Die Varianz errechnet sich bei der Binomialverteilung durch: n * p * (1 − p). Wie kann man das im Spiel abschätzen? Nun: p = 1/3, daraus folgt 1 - p = 2/3, dadurch ergibt sich: p * (1 - p) = 2/9. Verdoppelt also in Gedanken euren Würfelpool und teilt ihn durch 9. Addiert das Ergebnis zu dem Erwartungswert und ihr wisst was im Schnitt so maximal an Erfolgen drin ist, subtrahiert das Ergebnis vom Erwartungswert und ihr wisst was so minimal an Erfolgen drin ist. Alles was ausserhalb von Erwartungswert +/- Varianz liegt, kann man als totale Ausreißer betrachten. Übertragen auf das Beispiel mit Würfelpool 6 bedeutet das, das höchst selten weniger als 1 und mehr als 3 Erfolge zu sehen sind, stimmts?


    Hier würde ich gerne noch mal auf diesen Artikel zurückkommen, worin es darum ging, das ein Mindestwurf von 6 ziemlich schwer ist. Wir können jetzt beantworten warum! Um mit einer gewissen Regelmäßigkeit diesen Mindestwurf zu schaffen, braucht man einen Würfelpool der zumindest einen Erwartungswert von 6 hat: 6 * 3 = 18 Würfel! Um das Kriterium abzuschwächen: wie viele Würfel braucht man, damit ein Mindestwurf von 6 zumindest nicht total unrealistisch ist? Gesucht ist die Lösung der Gleichung: Erwartungswert + Varianz = Mindestwurf, sprich: n * p + n * p * (1 - p) = k.
    Aufgelöst nach dem Würfelpool n ergibt sich n = k / (p + (p * (1-p))). Für k=6 folgt für uns: n = 6 * 9 / 5 = 10.8. Wir brauchen also einen Würfelpool von 11 damit der Mindestwurf von 6 nicht eine total unrealistische Wkt. hat. Will man also wissen wie groß der Würfelpool sein muss damit man überhaupt eine minimal realistische Chance hat den Mindestwurf zu schaffen, so multipliziert man den Mindestwurf mit 9 und teilt ihn dann durch 5.


    Ich hoffe die Herleitung war interessant und die Faustregeln sind hilfreich. Ich hatte noch keine Gelegenheit das ganze in der Praxis zu testen, deshalb würde ich mich auf ein paar Praxis-Berichte freuen.
    --
    Der Prakti.

  • Willkommen im Forum :)


    Aber halt, da kann man noch mehr abschätzen. Wenn wir nur nach dem Erwartungswert gehen, kann man ja eigentlich auch gleich Erfolge 'kaufen', oder?
    Es gibt die Regel für je 4 volle W in einem Pool sich einen Auto-Erfolg zu Kaufen (11W im Pool = 2 Autoerfolge, 13W = 3)
    Vorausgesetzt der SL gibt das OK dazu und es ist nichts wirklich gefährliches (ähnlich die Take 10 oder Take 20 Regel aus D&D 3.5 )
    Wir benutzen es gerne beim Entzug von Zaubern.
    Dein Post ist ja ...ganz interessant,aber Ich bin ein eher
    ....einfacher Mensch Ich halte mich an die (ImO) viel einfachere Regel 6W = meist 2 Erfolge
    Ich denke,Ich komme damit auf das gleiche Ergebnis wie Du :D


    Mit Tanz am Abend
    Medizinmann

  • Hallo prakti willkommen im Forum, Theorycrafting stört die maskaraverschmierten Gehabteuchwohls in ihrer RP Immersion.


    Stochastik ist hilfreich beim Pokern, in SR gibt es sowohl für dich, als auch für die opposition die Möglichkeit Edge zu verwenden, was eher in den Bereich Spieltheorie abdriftet.
    (Nutze ich mein Edge nur für mich, oder Rette ich die Gruppe, behalte ich ein Edge auf jeden fall um sicher zu überleben, oder gebe ich alles aus, um nicht in die Verlegenheit zu kommen sterben zu können, bzw. hoffe ich auf ähnliches Verhalten aus dem rest der Gruppe).


    Spieltheorie und nichts vom Militär bezahlt, krass.




    Gruß H

  • Ja sorry für alle die ich mit meinem Post jetzt vor den Kopf gestossen habe. Ich hab halt ne ganze Woche drüber gegrübelt. Der Braindump war bei mir irgendwie nötig. :mrgreen: Ich war es vom D20 System immer gewohnt alle Wkt's recht direkt abschätzen zu können, deshalb hat mich die Situation bei SR einfach herausgefordert.

  • Niemand kommt an Gauss vorbei, da kennt der kein Erbarmen.

    "prakti" schrieb:

    Worüber ich wie viele andere bestimmt auch, gestolpert bin, ist der Punkt das sich die Erfolgs-Warscheinlichkeit (Wkt.) bei Shadowrun schwer berechnen lässt.


    Nicht wirklich – in SR4 ist das, wie Du wortreich feststellst, sogar ziemlich einfach.
    Komplizierter war das in SR3… und war ein klassisches Thema.

    In a free society, diversity is not disorder. Debate is not strife. And dissent is not revolution.

    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • Probier mal bei DSA Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Wenn du eine gute Formel gefunden hast, teil sie mir mal mit. Ich kriege keine Formel hin, bin aber auch kein Experte in der Stochastik.


    Bei SR habe ich schon die unmöglichsten Würfelergebnisse gesehen, wie zum Beispiel 8 Erfolge bei 9 Würfeln, aber auch 23 Würfel und nur ein Erfolg. Stochastik ist schön, aber häufig mal nur ein Hilfsmittel um unsinnige Regeln zu belegen.



    Grüße,
    Coldan

  • "Coldan" schrieb:

    Probier mal bei DSA Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Wenn du eine gute Formel gefunden hast, teil sie mir mal mit......


    Aber wenn dann in einer PM
    (DSA hier im SR Forum,soweit muss es ja nicht kommen)

    Wie gesagt eine einfache (und meist zutreffende) Formel ist 3W = 1 Erfolg
    und wie Rotbart schon sagte
    in SR3 (allein schon der MW Sprung 6-->7 oder ein MW von -2 zum einen beim GrundMW von 8 bis 10 oder beim Grundmw von 3-5 ) war die Erfolgsberechnung ein Greuel
    SR4 ist da sooooo viel einfacher :)


    Mit Tanz vor der Klingencon
    Medizinmann

  • Coldan
    http://www.wiki-aventurica.de/…estehen_einer_Talentprobe
    Es bleibt nur die Möglichkeit es über "Menge der positiven Ergebnisse"/"Menge aller Ergebnisse" zu berechnen.
    Anders als bei SR kann man hier leider keine Binominalverteilung annehmen, womit Vereinfachungen wie oben nicht möglich sind. Daher ist DSA auch die "Königsklasse".
    Und selbst das ist in der Berechnung so umständlich, dass es einfacher ist ca.8000 Talentproben zu "werfen" und dann das Ergebniss zu interpretieren.



    Zitat

    in SR3 (allein schon der MW Sprung 6-->7 oder ein MW von -2 zum einen beim GrundMW von 8 bis 10 oder beim Grundmw von 3-5 ) war die Erfolgsberechnung ein Greuel


    Check ich nicht. Wo liegt der Unterschied in der Berechnung? (Außer das ein paar Zahlen in den Formeln andere sind :?: )

  • Shadowrun 4 finde ich extrem einfach zu berechnen und es gefällt mir inzwischen wesentlich besser, als Shadowrun 3, wo Dinge oft ein echtes Glücksspiel waren (beispiel Barrierezauber, bei dem der MW bei 6 erst anfing). Bei SR4 kann man viel leichter abschätzen, was seinem Charakter gelingen wird, und was nicht.

  • "Warentester" schrieb:

    Shadowrun 4 finde ich extrem einfach zu berechnen und es gefällt mir inzwischen wesentlich besser, als Shadowrun 3, wo Dinge oft ein echtes Glücksspiel waren (beispiel Barrierezauber, bei dem der MW bei 6 erst anfing). Bei SR4 kann man viel leichter abschätzen, was seinem Charakter gelingen wird, und was nicht.


    Naja, in SR3 mit dem Würfelpool eine 6 zu würfeln war nicht so schwer, dafür waren die Barrieren früher richtig mächtig. Heute in SR4 sind die ja Barriere-zauber zwar leichter zu sprechen, dafür sind die ein Witz und gehen nach den ersten paar Salven kaputt.

  • Es geht nicht direkt um diesen Zauber, sondern generell um die viele Proben, bei denen sich mit den Modifikationen absurde Mindestwürfe ergaben. Oft brauchte man zwar nur einen Erfolg, aber gerade in Proben, die nicht von Würfelpools unterstützt wurden, war es oft ein reines Glücksspiel mit schlechten Chancen, bei denen selbst ein Experte (mit Fertigkeitswert 6) nicht viel besser als 50%-50% abschneidet (Fallschirmspringen, beispielsweise - nach SR3 Regeln wäre D-Day anders ausgegangen).
    Daneben ist bei SR3 auch das Ungleichgewicht sehr störend, das auftrat, sobald in einer vergleichenden Probe einer der beiden Kontrahenten einen MW-Aufschlag mehr erhielt als der andere - der Winner-takes-all Algorithmus bei SR. Gerade bei Nahkämpfen absolut tödlich.

  • Hab mir mit Exel irgentwann mal ne Wahrscheinlichkeitstabelle erstellt. Aber in der Praxis zitiere ich sie eigentlich nur wenn ich meine Mitspieler nerven will :lol:


    Benötigte Erfolge: ---->
    ______1________2________3________4_______ 5_______ 6_________7
    Würfel:
    1_____0,3333___0________0________0________0________0________0
    2_____0,5556___0,1111___0________0________0________0________0
    3_____0,7037___0,2593___0,0370___0________0________0________0
    4_____0,8025___0,4074___0,1111___0,0123___0________0________0
    5_____0,8683___0,5390___0,2099___0,0453___0,0041___0________0
    6_____0,9122___0,6488___0,3196___0,1001___0,0178___0,0014___0
    7_____0,9415___0,7366___0,4294___0,1733___0,0453___0,0069___0,0005
    8_____0,9610___0,8049___0,5318___0,2586___0,0879___0,0197___0,0026
    9_____0,9740___0,8569___0,6228___0,3497___0,1448___0,0424___0,0083
    10____0,9827___0,8960___0,7009___0,4407___0,2131___0,0766___0,0197
    11____0,9884___0,9249___0,7659___0,5274___0,2890___0,1221___0,0386
    12____0,9923___0,9460___0,8189___0,6069___0,3685___0,1777___0,0664
    13____0,9949___0,9615___0,8613___0,6776___0,4480___0,2413___0,1035
    14____0,9966___0,9726___0,8947___0,7388___0,5245___0,3102___0,1495
    15____0,9977___0,9806___0,9206___0,7908___0,5959___0,3816___0,2030
    16____0,9985___0,9863___0,9406___0,8341___0,6609___0,4531___0,2626
    17____0,9990___0,9904___0,9559___0,8696___0,7186___0,5223___0,3261
    18____0,9993___0,9932___0,9674___0,8983___0,7689___0,5878___0,3915
    19____0,9995___0,9953___0,9760___0,9213___0,8121___0,6481___0,4569
    20____0,9997___0,9967___0,9824___0,9396___0,8485___0,7028___0,5207



    Hier ein kurzer Ausschnitt (möglich Fehler beim Abtippen nicht auszuschließen). Die Orginaltabelle geht natürlich bis 60 Würfel und 20 Erfolge. Aber ich hab leider die Orginaldatei verloren und nurnoch den Ausdruck davon, und bin zu faul das alles abzutippen.

  • "Warentester" schrieb:

    Es geht nicht direkt um diesen Zauber, sondern generell um die viele Proben, bei denen sich mit den Modifikationen absurde Mindestwürfe ergaben.


    Besonders traurig war, dass ein Experte (Fertigkeit 6) genau dieselbe Chance hatte eine Aufgabe zu lösen wie 6 absolute Anfänger (Fertigkeit 1), die es nacheinander probieren.

    In a free society, diversity is not disorder. Debate is not strife. And dissent is not revolution.

    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • das schlimmste am dreier system war ja immer noch das patzen.


    einfaches beispiel:
    master hacker xy mit computer (decken) 10 würfelt gegen einen mindestwurf von 10 (ja, sehr hoch, ich weiß)
    das problem ist: die chance auf einen patzer liegt bei 1/6. die chance auf einen erfolg minimiert sich aber bei allen würfen >6
    man musst erstmal eine 6 würfeln und dann auch noch mit dem 2. wurf auf den mw kommen.
    natürlich wird man erstmal denken, dass ein char mit einem größeren würfelpool eine bessere chance hat den mw zu knacken. ist auch so. gleichermaßen steigt aber auch die chance ne 1 rauszuhauen.
    somit könnte im extrem fall ein newbhacker mit computer 3 besser bei der sache abschneiden als der profi mit computer 10. selbst wenn der 2 erfolge hätte, würden schon 3 einsen ausreichen um das ganze zu nichte zu machen.
    das gibts bei 4 zum glück nicht mehr, dafür wurd da viel am schönen dirty cyberpunk ambiente beschnitten,was wiederrum ne andere geschichte ist....

    Die Winde flüstern Hugin, wenn sie meinen Namen rufen!