Diskussion über Behinderungen

  • Warentester :


    Es lohnt sich nicht auf auch nur eines Deiner Postings extra einzugehen. Du versuchst lediglich in jedem durch primitive argumentative Tricks zu "Punkten". All das bestärkt mich in meiner schon geäußerten Meinung, dass es von Dir keinerlei Erkenntnisgewinn geben kann und Deine Lautäußerungen lediglich Hintergrundrauschen sind.

    343max: Ihr werdet euch noch wünschen wir wären Politikverdrossen!

  • Zitat

    Der Status "Akademiker" sagt überhaupt nichts aus, weder über die Kompetenz, noch über die Motivation und Weltanschauung.


    Das ist schlichtweg falsch, über Kompetenz sagt er in der Mehrzahl aller Fälle durchaus etwas aus.
    Auf den Rest gehe ich gar nicht ein, dieses Zitat steht einfach exemplarisch...


    "Jack" schrieb:

    Die Menschen sind aber nicht gleich, das fängt bei unserer Lieblingskanzlerin mit ihrem extra-Impfstoff an und endet beim Papst, der "erster unter Gleichen" und damit gleicher als andere ist.


    Wobei du mit gleich hier "gleich gestellt" meinst, bei Sätzen wie "Menschen sind gleich" ist meist eher "grundsätzlich erst einmal gleich viel wert, so lange man nicht auf die Entwicklung und Einstellung und Handlungsweise des Individuums eingeht" gemeint. Natürlich sind Menschen nicht gleich viel wert, ein gutherziger Samariter ist mehr wert als ein menschenhassender Mörder und Vergewaltiger. Ist meine Meinung, ob das jemandem passt oder nicht.

    Ich bin Rollenspieler! Erzähl mir nichts über Realitätsflucht! Cum grano Salis!!! <---Pratchett-Kenner bemerken die drei Ausrufezeichen Wink
    PS: Te exue, sue!

    Raven - Isidor/DIego de Montoya (EInbrecher/Scharfschütze) ; Ein ganz normaler Tag - Lukas Schmidt (Rigger) ; Ab auf die Insel - Louis Delacour/Totentanz (Totenbeschwörer) ; Envoy - Jagd in den Schatten - Charlie Dalton/Nuwanda (magische Unterstützung)

  • 4 Posts.... Respekt :roll:

    "Serrax" schrieb:

    Die Natur sagt: Genau so ist es
    Wäre es anders, dann hätte die Evolution sich schon ganz am Anfang den aufrechten Gang gespart.


    Falsch. Der aufrechte Gang kommt daher, das wir mit unseren Händen Werkzeuge benutzen. Werkzeuge können wir benutzen, weil wir in der Lage sind zu denken, kreativ zu sein. DAS ist es, worauf es ankommt. Niemanden interessiert, wie gut wir gehen können, solange wir in der Lage sind, Werkzeuge zu erfinden/ benutzen, die eine Schwäche ausgleichen können.


    "Theverath" schrieb:

    Der Status "Akademiker" sagt überhaupt nichts aus, weder über die Kompetenz, noch über die Motivation und Weltanschauung.Das ist schlichtweg falsch, über Kompetenz sagt er in der Mehrzahl aller Fälle durchaus etwas aus.


    Darüber lässt sich streiten. Ein Titel/ Abschluss bescheinigt, das man in der Lage ist, auswendig zu lernen, mehr nicht.

  • Ok, ich kann nur für Kiel und Innsbruck und da nur für die Fächer Latein, Philosophie, Geschichte, Bio und Geologie sprechen (über die habe ich durch mein eigenes Studium, das meiner Freundin und das meines Bruders einen recht genauen Überblick) aber zumindest da reicht Auswendiglernen bei Weitem nicht aus.

    Ich bin Rollenspieler! Erzähl mir nichts über Realitätsflucht! Cum grano Salis!!! <---Pratchett-Kenner bemerken die drei Ausrufezeichen Wink
    PS: Te exue, sue!

    Raven - Isidor/DIego de Montoya (EInbrecher/Scharfschütze) ; Ein ganz normaler Tag - Lukas Schmidt (Rigger) ; Ab auf die Insel - Louis Delacour/Totentanz (Totenbeschwörer) ; Envoy - Jagd in den Schatten - Charlie Dalton/Nuwanda (magische Unterstützung)

  • Zitat

    Zwei Arme können das Gleichgewicht besser halten und können Werkzeuge besser bedienen als ein Arm. Augen sehen den Wolf der sich heranschleicht. Ohren hören den Warnruf eines Mitmenschen, mit dem Sprachapperat kann man eine solche Warnung ausstoßen und mit Beinen kann man weglaufen.


    Das hat niemand definiert, das sind naturalistische Fakten.


    Na und? Brauchen wir so etwas heute noch?
    Ich musste noch nie (vor einem Wolf) weglaufen, Feinde bemerken oder mein Wild selbst jagen um zu überleben.
    Es sind naturalistische Fakten, aber ich sehe keinen Grund, so etwas nicht zu ignorieren, um aus allen Individuen das beste "abzsuchöpfen".


    Zitat


    Gleichwertig bedeuten: Keinen Lift, da dafür mehr Resourcen aufgewendet werden müsste, als sonst alle bekommen.


    Aha. Wir verwehren manchen Menschen den Zugang zu manchen (öffentlichen) Gebäuden, Freizeitaktivitäten, Berufen (usw.) damit alle anderen das Geld, das wir damit einsparen, dem Rest zu Gute kommen lassen können?
    Wollen wir auch gleich finanzielle Mittel für andere Minderheiten (z.B. Sorben) streichen, damit den nicht Sorben mehr Geld zu verfügung steht?
    Das verstehe ich als eine Fehlinterpretation von Lastenausgleich.


    Zitat

    Also, als erstes möchtest Du mir erklären, dass das Urteil dieser "Experten" ein stichhaltiges Argument ist, und dann erklärst Du mir "Natürlich wäre es sinnlos konform mit Expertenmeinungen zu sein, nur weils sogenannte Experten sind."?


    Das war eher als weiterführende Erklärung gedacht, damit niemand denkt, ich würde alles nachplappern, was die Experten so sagen, ohne darüber nachzudenken, obgleich ich deren Meinung und die Forschung natürlich trotzdem als stichhaltig ansehe.


    Vermutlich ist das falsch rüber gekommen, aber ich sehe die soziale Ebene sehr wohl.
    Darin besteht doch der Austausch.
    Du bringst Argumente und Beispiele aus naturalistischer Sicht und ich aus der andern Perspektive, allerdings denke ich nicht, dass wir deswegen in unterschiedlichen Ebenen diskutieren. Nur von unterschiedlichen Standpunkten aus, was an sich nichts besonderes in einem Meinungsaustausch/einer Diskussion ist.


    Zitat

    Nicht selten habe ich den Eindruck, Du ließt ein einziges Wort und das triggert dann ein komplettes Vorurteil, egal was ich sonst noch so geschrieben habe.


    Geht mir genauso.


    Zitat

    Wird sich zeigen. Ich hingegen denke es gibt weit dringendere Probleme die zu lösen sind.


    Man kanns nicht immer wieder vor sich herschieben.


    Zitat

    Es gab auch hier im Forum schon genug Threads mit ähnlichen Themen um das gelernt zu haben. Auch möglich, dass deshalb der Ton noch so freundlich ist...


    Wundert und erfreut mich gleichermaßen.

    Spieler: "Warum kann der mich nich leiden, ich hab doch 5 Charisma!"

  • "Trollballerina" schrieb:


    Na und? Brauchen wir so etwas heute noch?


    Ich hörte da was über böse, böse Treppen...

    "Trollballerina" schrieb:

    Ich musste noch nie (vor einem Wolf) weglaufen, Feinde bemerken oder mein Wild selbst jagen um zu überleben.


    Aber doch sicher über eine Strasse gehen? Doch sicher den Bus/die U-Bahn noch erwischen? Oder Waren aus einem Supermarktregal auf Kopfhöhe nehmen?

    "Trollballerina" schrieb:

    Es sind naturalistische Fakten, aber ich sehe keinen Grund, so etwas nicht zu ignorieren, um aus allen Individuen das beste "abzsuchöpfen".


    Was glaubst Du, wieviel % machen diese naturalistischen Fakten im Leben wohl aus?

    "Trollballerina" schrieb:

    Aha. Wir verwehren manchen Menschen den Zugang zu manchen (öffentlichen) Gebäuden, Freizeitaktivitäten, Berufen (usw.) damit alle anderen das Geld, das wir damit einsparen, dem Rest zu Gute kommen lassen können?


    Gleichberechtigung heißt auch gleiche Zuteilung der Resourcen.

    "Trollballerina" schrieb:

    Wollen wir auch gleich finanzielle Mittel für andere Minderheiten (z.B. Sorben) streichen, damit den nicht Sorben mehr Geld zu verfügung steht?
    Das verstehe ich als eine Fehlinterpretation von Lastenausgleich.


    Das wäre eine schlüssige Konsequenz.

    "Trollballerina" schrieb:

    Also, als erstes möchtest Du mir erklären, dass das Urteil dieser "Experten" ein stichhaltiges Argument ist, und dann erklärst Du mir "Natürlich wäre es sinnlos konform mit Expertenmeinungen zu sein, nur weils sogenannte Experten sind."?


    Das war eher als weiterführende Erklärung gedacht, damit niemand denkt, ich würde alles nachplappern, was die Experten so sagen, ohne darüber nachzudenken, obgleich ich deren Meinung und die Forschung natürlich trotzdem als stichhaltig ansehe.


    Sorry, aber was Du imho meinst ist die ideale wissenschaftliche Methode.


    Akademiker sind auch nur Menschen mit Vorurteilen und Weltanschauungen...

    "Trollballerina" schrieb:

    Vermutlich ist das falsch rüber gekommen, aber ich sehe die soziale Ebene sehr wohl.


    :) Och, ich würde sogar darauf wetten, dass Du die soziale Ebene siehst...

    "Trollballerina" schrieb:

    Darin besteht doch der Austausch.
    Du bringst Argumente und Beispiele aus naturalistischer Sicht und ich aus der andern Perspektive, allerdings denke ich nicht, dass wir deswegen in unterschiedlichen Ebenen diskutieren. Nur von unterschiedlichen Standpunkten aus, was an sich nichts besonderes in einem Meinungsaustausch/einer Diskussion ist.


    Ich sehe ebenso die soziale Ebene, was ich auch schon häufig genug zum Ausdruck gebracht habe.

    "Trollballerina" schrieb:


    Geht mir genauso.


    Finde ich eigentlich nicht, nur lehne ich eine rein oder überwiegend auf der sozialen Ebene basierende Betrachtung komplett ab. Außerdem sehe ich Ungleichheit als Teil der menschlichen Existenz an die auch dann nicht aufhört, wenn man sie komplett abschaffen wollte.

    "Trollballerina" schrieb:


    Man kanns nicht immer wieder vor sich herschieben.


    1. Was zu beweisen wäre
    2. Ist dies ohnehin nicht der Fall

    "Trollballerina" schrieb:


    Wundert und erfreut mich gleichermaßen.


    Dann versuchen wir doch diesen Meinungsaustausch trotz aller Gegensätze auf dem derzeitigen Aggressionslevel zu halten...

    343max: Ihr werdet euch noch wünschen wir wären Politikverdrossen!

  • Warum ich diesen Thread wiederbelebt hab? Weil ich mich das erste Mal seit nem halben Jahr eingeloggt habe, mir dieser Thread als "vergleichsweise aktuell" angezeigt wurde (war irgendwie der 10. in der Plauder-Ecke), und ich mich zufällig in den letzen Monaten freiwillig mit dem Thema "Disability Studies" auseinandersetze (so ist der schöne akademische Oberbegriff, der sich nciht nur auf eine so gennante medizinsiche Kategorisierung einlässt, sondern sich anschaut, wer denn diese Kategorien macht, und welche Vorannahmen da ne Rolle spielen). Und in dem Thread waren ein paar Aussagen gefallen, bei denen ich ein schlechtes Gewissen hätte, die einfach so stehen zu lassen (das war wahrscheinlich meine "soziale Ader")


    Und wie Serrax festgestellt hat, es prallen hier zwei Standpunkte aufeinander:
    Serrax argumentiert von einer Position aus, die er als "naturalistisch" bezeichnet.
    Warentester, Trollballerina und ich argumentieren von einer Position aus, die es sich zu eigen macht, davon auszzugehen, dass Menschen die "Natur" nicht einfach so direkt festzustellen ist, sondern erst mit Bedeutung versehen werden muss, damit wir mit unseren Erfahrungen von "Natur" überhaupt umgehen können (ich würde es auch eine "konstruktivistische Position" nennen).


    Und verdammt nochmal, da wir hier immerhin in einem Cyberpunk-Forum schreiben, finde ich es sehr sinnvoll, diese Kritk an so einer mE simpifizierten Vorstellung von "Natur" auszuführen. Denn Cyberpunk kann sehr viel mit der Überwindung von Natur-Kultur-Dualismen zu tun haben (eigentlich wollte ich dazu noch mehr schreiben, aber der Text ist jetzt schon zu lang. Wenn wer möchte, dass ich was philosophisches über "Cyberpunk: Technologie ist die neue Natur des Metamenschen" (oder so ähnlich) schreibe, dann bitte Meldung. Und: Ja, es passt zum Thread).
    Also, Serrax, ich sehe die Ebene, von der aus Du argumentierst. Ein kurzer Blick in den Wikipedia-Artikel über Naturalismus bringt das eigentlich gut auf den Punkt: Alles, was auf der Welt ist, setzt sich aus kleinsten Teilchen zusammen. Diese und ihr Verhalten in Abhängigikeit von anderen Teilchen sind auch messbar.
    Erweitern wir den Punkt noch etwas für hier relevante Details: Die Evolutionstheorie zeigt auf, wie Organismen sich fortpflanzen. Diejenigen Organismen, die sich am Besten an ihre Umwelt im Laufe der Generationen anpassen (d.h. sie mutieren), haben die meisten Chancen, ihr Erbgut weiterzugeben. Organismen, die sich nicht an ihre Umwelt anpassen, haben weniger Chancen, ihr Erbgut weiterzugbene, und sterben folglich irgendwann aus (laut paläontologischen untersuchungen sind 95% aller jemals exisitierenden Spezies ausgestorben).


    Serrax : Habe ich diese Position so weit (und sehr kurz) richtig wieder gegeben?


    Nun kommt der konstruktivistische Zugang: Ja, es gibt eine physikalische Welt. Wenn ich einen Apfel loslasse, fällt er auf den Boden. Und das erfahrungsgemäß auch noch beim tausendsten Mal. Dann kann ich mir als Wissenschaftler_In, nach einer Reihe von Test überlegen, dass alle Dinge, die schwerer sind als der Stoff, der sie umgibt (z.B. Luft, Wasser), nach unten fallen. Und nach ganz viel langer Zeit und ganz vielen Experimenten, kann ein Modell entwickelt werden, das so schöne Dinge wie Schwerkraft, Erdanziehugnskraft, Fallgeschwindigkeit, Abhängigkeit von Molekulardichte etc. beinhaltet. Und es geht auch wunderbar auf. Wenn irgendwas nicht passt, muss die Theorie nochmal überarbeitet werden. Naturwissenschaft, die sich dieser Sache bewusst ist, würde sich auch nicht erdreisten zu behaupten, sie käme zu "endgültigen Ergebnissen". Die Ergebnisse gelten so lange, bis irgendwer einen Gegenbeweis vorlegen kann.
    Und jetzt kommen wir zu dem Teil, der die Sache spannend macht. Die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen, prägt auch unser Denken darüber, was als "wahr" betrachtet wird. Giordano Bruno ist auf dem Scheiterhaufen gelandet, da er es (u.a.) nicht als "Wahrheit" ansah, dass die Erde das Zentrum des Universums darstellte (und begründete dies übrigens mit einer als "naturalistisch" zu bezeichnenden Postion). Nur die Person wird gehört, die sich innerhalb des gültigen Diskurses bewegt. Mendel z.B. stellte die Erklärungen der Vererbung bereits im 19.Jh. fest, wurde aber von der etablierten Wissenschaft ignoriert, da er nicht mit ihren Begrifflichkeiten argumentierte. Erst nachdem der Begriff des Gens gefunden wrude, kontne die Biologie Bezug nehemen auf die Erkenntnisse Mendels.
    Nun haben die Naturwissenschaften seit ihrer Entstehung große Frotschritte gemacht. Das, was gemessen werden soll, ist besser messbar gewurden. Die Analyseinstrumente sind erheblich feiner. Das, was die Naturwissenschaften offenbaren, gilt als "objektive Erkenntnis", da sie sich durch Experimente wiederholen lassen. Ich will nicht in die inneren Bereiche von Physik und Chemie eindringen, weil ich davon zu wenig Ahnung habe.
    Mit der Biologie wird's schon etwas spitzfindiger. "Die Biologie" hat herausgefunden, dass sauerstoffabhängige Organismen Sauerstoff brauchen, und sie kann auch weitestgehend feststellen, welche Organismen sauerstoffabhängig sind. So weit, so gut. Desweiteren stellen Biolog_Innen fest, was Tiere und Menschen unterscheidet (und selbst da gibt es schon voneinander abweichende Meinungen, auch innerhalb der etablierten biologischen "scientific community"). Und, und nun kommen wir zu einem Teil, der vermutlich für sehr viel Aufregung sorgt, sie bestimmen sogar, trotz aller historischer Ereignisse, anhand bestimmter Kriterien so umstrittene Eigenschaften wie:
    Intelligenz.
    (okay, meintewegen weiche ich gerade ab, weil das Psychologie ist und deswegen den Bereich der "harten Naturwisssenschaft" verlässt. Dazu komme ich aber im Anschluss)
    Anhand bestimmter Ausprägungen verschiedener kognitiver Fähigkeiten wird einem Mensch ein Intelligenzquotient zugewiesen. Allerdings, und deswegen auch umstritten, fanden sich sehr häufig Tests, bei denen erstaunlicherweise Menschen aus niedrigen sozialen Schichten einen niedrigen Wert zugewiesen bekommen ahben. Auf der anderen Seite können Leute, die sich auf Intelligenztests vorbereiten, einen besseren Wert erreichen als unvorbereitete? Grundlage dafür ist , dass die damit arbeitenden Wissenschaftler_Innen eine Vorstellung davon haben wozu ein Mensch "normalerweise" in der Lage sein solte. Viele Fragen von Intelligenztest fragen auch nach Erkenntnissen, die aber nicht selbstverständlich sind, sondern erst Teil einer bestimmten kulturellen Sozialisation sind (z.B. "wer komponierte "Die Zauberflöte"?").Dennoch wird davon ausgegangen, dass Menschen in Deutschland so etwas "normalerweise" wissen.


    Und jetzt machen wir wieder den Schritt auf die Biologie zu: Es wird davon ausgegangen, dass Menschen zwei Arme, und zwei Beine haben, ein Geschlehctesmerkmal, in einem bestimmten Frequenzbereich hören etc. Worauf stützt sich diese Annahme: Auf einer "Normalverteilung", die alles was davon nach unten abweicht, als "behindert" deklariert. Im Fall von nciht-eindeutiger Geschlechtsbestimmung führt dies übrigens zu einer Operation an (komplett lebensfähigen, falls das hier für irgendwen relevat sein soltle) Babys. Hier wird die "biologische" Grundannahme, es gäbe "exakt zwei Geschlechter" bereits in eine gewaltförmige Praxis umgesetzt, unabhängig vom "natürlichen Ursprung" der "Mutation" (das Kind ist "nicht-eindeutig" auf die Welt gekommen!).
    Die Biologie verlässt sich aber darauf, dasss ihre Aussagen "wahr" sind. Ignoriert aber zugleich die Umstände, unter denen die Aussagen erschaffen werden. Jede noch so "wissenschaftliche " Aussage gilt nur in ihrer Zeit. Und innerhalb einer jeden Zeit gibt es bestimmte Dinge, die als relevant und jene, die als irrelevant gelten. In der Biologie ist momentan die "Normalverteilung" ein relevantes Kriterium. Dies entscheidet darüber, welcher Frequenzbereich und welche Lautsträke ausreicht, um als "behindert" zu gelten.
    Die Entscheidung, sich nur an der statistischen Normalverteilung auszurichten, ist nun aber keine, die einer "natürlichen Ordnung" geschuldet ist, sondern ein von Menschen hergestellter Konsens. Und genau den gilt es zu hinterfragen, da er eben tatsächlich relevante Folgen für Menschen hat.

  • Ich denke aber, dass es gewisse Kriterien gibt, die entscheiden, ob es sich um eine normale Muation im Sinne der Evolution oder eben um eine Fehlbildung handelt. So ist z.B. die Chromosomenzahl bzw. -verteilung ziemlich konstant und wenn sie variiert, hat das z.T. nunmal folgen, die u.a. die geistige Leistung des Betroffenen unter die Norm senken können, wie du so schön sagst. Und dann leigt mMn ein Krankheitsfall vor.
    Damit wir uns richtig verstehen: Ich spreche damit niemandem Lebensfähigkeit, Lebenswürdigkeit oder sogar Wert ab, sondern ich finde, im Gegensatz zu dir, dass es eben doch eine Krankheit ist. Denn so funktioniert auch das System: was von der Norm abweicht, wird untersucht, klassifiziert und als Krankheit betrachtet. Unnd genau diese Taktik hat uns zu der heutigen Lage gebracht: Wir wissen, dass es nicht böse Dämonen sind, die von einem Kind besitz ergreifen, sondern das es eben eine Abweichung ist, und das wir den richtigen Umgang mit dieser Abweichung eben erlernen können. Damit meine ich nicht OPs o.ä., sondern den sozialen Umgang. Und genau deswegen finde ich es wichtig, das man "Fehler" erkennt, nicht damit man sie beseitigt, sondern damit man auf sie eingehen kann.

  • Jack-The-Rigger :


    Das es Krankheiten und Beeinträchtigungen jeder Art gibt, will ich nicht in Frage stellen und ich finde eine Diagnose auch sehr wichtig.
    Was mich dann aber stört ist der Fakt, dass der geschädigte Mensch ausgegrenzt wird, nur weil er eben eine Beeinträchtigung hat.
    Mit einem gebrochenem Bein darf ich eine Regelschule gehen, egal wie kompliziert der Bruch ist und wie viele Operationen über lange Zeit noch nötig sein könnten, aber der "Einbeinige" darf nicht.
    Ein Kind, das bei der Vorschuluntersuchung einige Defizite aufzeigt wird trotzdenm mit spätestens 8 Jahren in eine Regelschule geschickt (auch wenn es später vielleicht doch noch eine Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten besuchen muss).
    Ein Kind, das das 21ste Chromosom 3mal hat wird sofort abgestempelt und besucht eine Schule für Kinder mit geistiger Behinderung (in der Regel).


    Sowohl in der Schule, als auch in der gesamten Gesellschaft (und ja, jetzt komm ich wieder damit an) sind wir aber in der Lage solchen Menschen die größtmöglichste Teilhabe zu geben, die ihnen ja auch zusteht.
    Gerade deswegen da Kinder mit Behinderung in einer Regelschule nunmal für Lernfortschritte durch Vielfalt sorgen, ebenso wie Erwachsene mit Behinderung im Beruf.
    "Normale" Kinder leiden auch keineswegs unter diesen Menschen (da weiß man schon seit den frühen Achtzigern, oder noch eher), vielmehr lernen sie sich gleich ein bisschen in der multikulturellen Gesellschaft zurecht zu finden.
    Der richtige Umgang mit der Abweichung, heißt eben sowohl Inklusion also auch Unterstützung.


    Serrax :


    Zitat

    Ich musste noch nie (vor einem Wolf) weglaufen, Feinde bemerken oder mein Wild selbst jagen um zu überleben.



    Aber doch sicher über eine Strasse gehen? Doch sicher den Bus/die U-Bahn noch erwischen? Oder Waren aus einem Supermarktregal auf Kopfhöhe nehmen?


    Dafür braucht es noch keine sonderlich große Unterstützung, bei solchen Tätigkeiten kann jeder mal schnell helfen.


    Zitat

    Es sind naturalistische Fakten, aber ich sehe keinen Grund, so etwas nicht zu ignorieren, um aus allen Individuen das beste "abzsuchöpfen".



    Was glaubst Du, wieviel % machen diese naturalistischen Fakten im Leben wohl aus?


    So viel % wie wir ihnen zuschreiben, denn wie gesagt, ich hab mich nicht behindert gefühlt, weil ich auf ein breites soziales Netzwerk und Unterstützung jeglicher Art zurück greifen konnte. Das kann man wohl auch auf andere Menschen übertragen.


    Zitat

    Gleichberechtigung heißt auch gleiche Zuteilung der Resourcen.


    Gleichberechtigung heißt Zuteilung der Ressourcen, sodass jeder vom gleichen Punkt aus ins Rennen starten kann.
    Sonst gäbs ja wohl auch kein Kindergeld, Bafög usw.


    Zitat


    Sorry, aber was Du imho meinst ist die ideale wissenschaftliche Methode.


    Akademiker sind auch nur Menschen mit Vorurteilen und Weltanschauungen...


    In der Tat.
    Das heißt du billigst sämtlichen Akademikern, Sozialforschen usw. keine Kompetenz ihres Faches zu, da sämtliche wissenschaftliche Theorien und die Belege dafür von ihrer eigenen Meinung durchsetzt und von Vorurteilen verwässert sind?


    Zitat

    Dann versuchen wir doch diesen Meinungsaustausch trotz aller Gegensätze auf dem derzeitigen Aggressionslevel zu halten...


    Ich bemühe mich ;)

    Spieler: "Warum kann der mich nich leiden, ich hab doch 5 Charisma!"

  • Lumac : Nein, du fokussierst ein wenig zu sehr auf den ontologischen Naturalismus. Ich denke der methodologische Naturalismus ist eher, was Serrax meint. Dennoch müssen dem Naturalisten Konzepte wie Behindert per definition fremd bleiben, da der Naturalismus rein deskriptiv ist. Die einzigen naturalistischen "Fakten" die es gibt sind Beobachtungen, dass z.B. 9% aller Männer und 0.2 % aller Frauen Rot- und Grünschattierungen nicht unterscheiden können. Weiterhin kann der Naturalist feststellen, dass diese Schwäche rezessiv auf dem X-Chromosom vererbt wird (streng genommen kann er eigentlich nur sagen, dass es mit einem Merkmal auf dem X-Chromosom perfekt korreliert).
    Dieselbe Art "Fakten" kann der Naturalist über alle Befähigungen sammeln. Er kann die Körperkraft messen, er kann die Laufgeschwindigkeit messen und dann kann er seine Funde beschreiben. Nehmen wir jetzt mal der Einfachheit halber an, diese Werte seien Normalverteilt, so kann der Naturalist berichten: Menschen können im arithmetischen Mittel soundso-schnell laufen, mit einer Standardabweichung von soundso-viel.


    Dagegen ist soweit nichts zu sagen, ausser vielleicht, dass die durchgeführten Messungen vermutlich theoriegetrieben sind, oder dass wir keinen unmittelbaren zugang zu den tatsächlichen Werten "da draussen" haben und sie nur indirekt messen können, aber darum geht es mir überhaupt nicht.


    Auch ist die Aussage: "Querschnittsgelähmte können keine Treppen steigen." eine naturalistische und auch richtige.


    Nur: Das Konzept des "Behinderten" dagegen ist, ungleich der Fakten, normativ. Behinderung ist keine natürliche Kategorie, die sich "da draussen" finden läßt. Was sich finden läßt, ist ein Konglomerat verschiedenster Zustände, wie der Farbenblindheit, der Linkhändigkeit, der Zwangsstörung, der Homosexualität, der Querschnittslähmung, multipler Sklerose, Polio etc.
    Einige dieser Zustände werden nun gemäß unsere momentanen Menschenbildes (was kein empirisches Konstrukt ist, sondern theoriegetrieben) als abnormal, als abartig oder krankhaft bezeichnet, andere nicht. Das Urteil, ob das der Fall ist, ist kein naturalistisches, sondern ein soziales (in dem Sinne, wie wissenschaftliche Theorien eben immer sozial sind wie du es ja schon gut dargelegt hast). Es liegt damit ausserhalb einer naturalistischen Betrachtungsweise. Es muss definiert werden und dass kann man eben nicht naturalistisch (und auch nicht empirisch) tun. Die Aussage: Alle, die mehr als 2 Standardabweichungen in einem bestimmten Test vom Mittelwert entfernt sind gelten als behindert - ist keine naturalistische Aussage, da sie nicht empirisch überprüfbar ist (Wittgenstein läßt grüßen). Es ist eine Definition (und somit axiomatisch), die zum Konsens werden kann, aber es ist kein naturalistischer Fakt. Für den Naturalist gilt: "nur empirisch überprüfbare Aussagen sind sinnvoll.


    Die Evolutionstheorie wird leider meistens auch (teleologisch) mißverstanden. Denn zum einen ist Evolution komplett blind. Evolutionäre Suche ist wertfrei und geschieht ausschließlich nach Trial-and-Error. Da wird nichts entwickelt, es entwickelt sich höchstens etwas. Und zum anderen strebt Evolution nicht nach einen Optimum. Alles was lebensfähig in den gegebenen Umständen ist, ist in der evolutionären Suche akzeptabel. Ob es sich durchsetzt ist eine andere Frage, aber das heißt nicht, dass es von vornherein verkehrt wäre. Im Gegenteil. Es ist die Differenzierung, die die Evolution zu so einem mächtigen Suchalgorithmus macht.