Der SC-Schutzschild

  • Zur ganzen Diskussion möchte ich zunächst anmerken: TLDR - too long, didn't read


    Da ich für meine Ansichten als Spielleiter hier "regelmäßig" gesteinigt werde, möchte ich auch diese Chance nicht verpassen, mich ins Kreuzfeuer zu werfen.


    Mit meinen Spielern ist folgendes abgesprochen: Sie geben sich Mühe, damit das Spiel für alle ein schönes Erlebnis wird, versuchen mitzuarbeiten und auch mal (grade wenn es um Diskussionen am Tisch geht) auf mich hören, wenn es heißt "Klappe halten".
    Bei uns steht das Charakterspiel und die Geschichte, also das reine Rollenspiel, ohne das Gerüst der Regeln, an erster Stelle. Wird ein Charakter vernünftig und realistisch gespielt, genießt er eben im Gegenzug einen gewissen Schutz. Dies liegt auch darin begründet, dass der Spieler sich Mühe mit dem Charakter gibt und jedes Rollenspiel ein Spiel für die Spieler ist. Es macht also wenig Sinn, das Spielerlebnis zu ruinieren, nur weil ein paar Würfel blöd gefallen sind. Dabei gilt aber, dass die SL-Entscheidung möglichst nah am Würfelergebnis bleiben sollte und das dumme Aktionen nicht geschützt werden. Generell ist es außerdem im Maßen zu nutzen. Je nach Schwere und Situation kann ich auch verlangen, dass dafür Edge aufgebraucht wird.
    Man kann den Schutz der Spielercharakter auch nicht pauschalisieren. Das ist jedesmal eine situationsabhängige Einzelfallentscheidung und unmöglich in feste Formen oder Regeln zu packen. Macht ein Charakter eine bestimmte Aktion, obwohl er mehrfach gewarnt wurde, ist der Schutz weniger wahrscheinlich, als wenn ich als Spielleiter den Charakter in eine gefährliche Situation bringe, weil es grade für die Geschichte schön paßt.


    Natürlich ist nachzuvollziehen, dass es da unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema gibt. Man kann auch ewig ohne ein Ergebnis darüber diskutieren, denn es gibt soviele Meinungen wie es Spielstile gibt. Und zwei der größten Spielstile sind nun mal die Storyteller wie ich und die, ich nenne sie mal Regelspieler wie RvD (nicht persönlich nehmen, ist nur eine subjektive Einschätzung).


    Es gibt hier kein Richtig oder Falsch, es gibt nur verschiedene Möglichkeiten. Das einzige, was man falsch machen kann, ist, sich nicht mit seiner Spielgruppe auf eine Möglichkeit zu einigen.

  • Was hat das mit dem SC Schirm zu tun? Oder anders gefragt was verstehst du unter den Regelpielstil und was unter den Storytellerspielstill und warum gibt es bei den einen ein Schirm und bei den anderen nicht?

  • @ Darkcyde: Dir ist schon klar das du dir widersprichst? Zum einen sagst du Rollenspiel stünde an erster Stelle, zum anderen sagst du die Spieler würden das jederzeit zurücknehmen wenn der SL das will.
    Und auch hier möchte ich nochmal darauf hinweisen, nur weil man sich an Regeln hält betreibt man kein besseres oder schlechteres Rollenspiel, das ist nämlich von Regel fast völlig unabhänig. Regeln geben nur wieder wie die Welt funktioniert und produzieren bei zweifelhaften Ereignissen die Ergebnisse. Wie allgemeingültig die Regeln sind geben an wie verlässlich die Welt funktioniert. Je verlässlicher desto besser, finde ich zumindest. Wenn eine bestimmte Sache mal funktioniert weil man sie für einen Plot braucht, aber ein anderes mal nicht, weil man es beim Plot nicht gebrauchen kann ist das weder gutem Rollenspiel förderlich (ausser man geht davon aus, dass sich in der Welt Naturgesetz völlig erratisch ändern), noch meinem Spielspaß.
    Und wenn man einen SC-Schutzschild an das Verhalten koppelt, dann at das für mich den Beigeschmack, als wolle man den Spieler schlicht einen bestimmten Spielstil aufzwingen.

    Be professional, be polite.. but have a plan to kill everyone you meet.

  • Cooper : Den Zusammenhang sehe ich darin, dass es nach meiner Vermutung nach so ist, dass der SC-Schutzschild bei Spielgruppen seltener verwand wird, wenn diese relativ starr nach Regeln spielen. Dagegen gibt es Spielgruppen, bei denen Regeln zugunsten der Geschichte auch mal gebeugt oder sogar ignoriert werden.
    Um ein Beispiel zu nennen: Mitten in der Nordsee, meilenweit von jeder Insel und jedem Land, ohne andere Wasserfahrzeuge in der Nähe, werfen die Spieler einen Bösewicht über Bord eines Schiffes. Nach den Regeln dürfte er in dieser Situation keine Überlebenschance haben und sterben. Da es für die Geschichte schön wäre, diesen Bösewicht später nochmal als Feind der Gruppe auflaufen zu lassen, würde ich ihn aber überleben lassen.


    Wolv : Ich habe nie gesagt, dass die Spieler sich mit dem Rollenspiel zurücknehmen. Du beziehst dich vermutlich auf diesen Satz:

    Zitat

    Mit meinen Spielern ist folgendes abgesprochen: Sie geben sich Mühe, damit das Spiel für alle ein schönes Erlebnis wird, versuchen mitzuarbeiten und auch mal (grade wenn es um Diskussionen am Tisch geht) auf mich hören, wenn es heißt "Klappe halten".

    Mit den Diskussionen und ähnlichen meinte ich Dinge, die Offtopic sind und eben grade nicht zum Spiel gehören. Wenn wir zusammensitzen, einer grade ein Gespräch mit einem NSC ausspielt und zwei andere Spieler sich angeregt unterhalten (und es definitiv kein Gespräch zwischen den Charakteren ist), kriegen die durchaus mal gesagt, dass sie doch bitte mal die Klappe halten sollen.


    Ich habe auch nie gesagt, dass die eine oder andere Art zu spielen gutes oder schlechtes Rollenspiel darstellt. Eine Wertung habe ich nie abgeben wollen und wie du meinem vorigen Text entnehmen kannst, sehe ich jede Art zu spielen als richtig an, solange man im Konsens zueinander spielt.


    Zitat

    Und wenn man einen SC-Schutzschild an das Verhalten koppelt, dann at das für mich den Beigeschmack, als wolle man den Spieler schlicht einen bestimmten Spielstil aufzwingen.


    Es ist sogar noch viel schlimmer als das :wink: . Ich spiele Shadowrun (und jedes andere Rollenspiel auch) mit einer festen Gruppe von Freunden. Wir haben einen bestimmten Spielstil, der sich einerseits aufgrund meiner Art zu leiten, andererseits aus der individuellen Art jedes Spielers entwickelt hat. Wir haben einfach unseren Stil gefunden und so wird halt gespielt. Wenn jemand zur Gruppe dazustossen will, kann er das gerne machen, aber er spielt bitte nach unserem Stil, so einfach ist das. Aber nicht ich als Spielleiter zwinge damit einen Stil auf, sondern wir als Gruppe. Genauso, wie sich jeder von uns an den Stil einer fremden Gruppe anpassen würde, wenn er woanders spielt, erwarten wir das eben auch von Anderen, die bei uns spielen. Natürlich gibt es immer ein gewisses Entgegenkommen, wir erwarten nicht, dass jemand seinen persönlichen Stil aufgibt und unseren kopiert. Es ist eben immer ein Geben und Nehmen. Wir integrieren seinen Stil in unser Spiel, dafür übernimmt er bestimmte Faktoren aus unserem Spiel in seines.


    Wer bei uns quasi mit verschränkten Armen dasitzt und sich unkooperativ gibt, der kann sich gerne gezwungen sehen. Der kann sich aber auch gerne als ausgeladen sehen. :roll:

  • OK, das kam für mich etwas anders rüber, dann ist das von meiner Seite aus geklärt.
    Bleibt das mit dem funktionieren der Welt, aber das gehört nicht hier her. :wink:

    Be professional, be polite.. but have a plan to kill everyone you meet.

  • "Wolv" schrieb:

    Regeln geben nur wieder wie die Welt funktioniert und produzieren bei zweifelhaften Ereignissen die Ergebnisse. Wie allgemeingültig die Regeln sind geben an wie verlässlich die Welt funktioniert. Je verlässlicher desto besser, finde ich zumindest.


    Das halte ich für falsch. Regeln stellen immer ein Abstraktion dar um in Spielsitutation zu vereinfachen. Die SR-Welt sollte aber viel komplexer sein als Regeln es ausdrücken können (so wie das RL auch) und damit sollte sich die SR-Welt (dargestellt durch den SL) eben nicht streng an die Regeln halten sonder diese nur als grobe Richtlinien nutzen.

  • Na, dazu kann ich kurz noch was sagen... die Welt bleibt natürlich konsistent und logisch, ich werfe Ursache und Wirkung nicht einfach über den Haufen. Wenn geschossen wird, fliegen die Kugeln auch entsprechend gradeaus, bis die Gravitation stärker als die Beschleunigung ist :wink: .
    Aber es kann immer Faktoren geben, die ein Ereignis anders ablaufen lassen, als geplant. Wenn beispielsweise ein NSC so auf die Palme gebracht wird, dass er einen SC hinterrücks per Scharfschützengewehr killen will, ich aber eben nicht will, dass der SC stirbt, dann läuft vielleicht grade im richtigen Moment ein Jogger oder sonstwas in die Schußbahn und wird statt des SCs getroffen. Wenn ein SC aus einem Fenster stürzt und ich nicht will, dass er draufgeht, dann landet er vielleicht im Tümpel vor dem Haus, vielleicht auf einer Bühne der Fensterputzer, vielleicht in einem Haufen Müllsäcke. Der SC muss nicht unbeschadet davongehen, er kann sich dadurch auch alle Knochen brechen, nur dem Tod würde er eben entgehen. Wer aus dem Fenster springt, wird nicht anfangen zu fliegen, er wird sich verletzten und kann sterben. Die Frage, die über das letztliche Ergebnis und den Umgang mit der Aktion bestimmt ist dabei immer:"Warum hat der SC das gemacht?"
    Wenn der Straßensamurai nur zum xten Mal blöd rumposen will, würde bei mir vermutlich (sofern es die erste selbstmörderische Aktion ist) bei einem Sprung aus dem Fenster mit zertrümmerten Beinen, Schädel-Hirn-Trauma und diversen inneren Verletzungen im Koma enden, bei der nächsten Aktion würde er sterben. (Naja, bei so einem Schwachsinn würde ich dem Spieler sowieso vorschlagen, dass er seinen Charakter nochmal überdenkt und vielleicht von vorne starten sollte - wenn er zustimmt, würde der Charakter vor Ort noch von ein paar Gangern, die es mitbekommen haben, gegeekt und ausgeraubt werden).

  • "Darkcyde" schrieb:

    Aber es kann immer Faktoren geben, die ein Ereignis anders ablaufen lassen, als geplant. Wenn beispielsweise ein NSC so auf die Palme gebracht wird, dass er einen SC hinterrücks per Scharfschützengewehr killen will, ich aber eben nicht will, dass der SC stirbt, dann läuft vielleicht grade im richtigen Moment ein Jogger oder sonstwas in die Schußbahn und wird statt des SCs getroffen.


    Solch und ähnliche SL-tricks werden IMO allerspätestens nach dem ersten Mal so alt, dass ich mir als Spieler teilweise wünsche, er hätte doch meinen Charakter getroffen. Da greife ich als SL doch lieber zu dem Mittel, den SCs, gemäß den Regeln für Menschenkenntnis, die Chance einzuräumen, diesen fatalen Gemütszustand beim NSC zu erkennen. Auch beliebt ist es, die NSCs so zu bauen, dass sie nicht gleich von Null (über Hundert hinaus) auf Scharfschützenattentat springen, ohne dass die Situation vorher schon entsprechend kritisch gewesen wäre. Und wenn die Situation schon kritsich war und die Runner trotzdem keinerlei Vorsicht an den Tag legen ... wir's eben mal bitter. Ist zwar bisher noch nie vorgekommen, aber ich würde da den Scharfschützen mit angemessenen Werten und Ausrüstung ausstatten und ganz normal gemäß den Regeln schießen lassen.

    "As the sagest of sages have said: Not attempt to male-bovine defecate unto a male-bovine defecator!"
    -the fusion-phallused violator of worlds
    "Oil the squids, I'm going in!"
    -the dreaded captain Fang

  • Natürlich werden die Tricks alt. Und wenn man sich als Spielleiter nicht weiterentwickelt und bessere Ideen entwickelt (was ich mich durchaus bemühe zu tun), ist man nicht besser als der Spieler, der den xten Klon spielt und sich nicht mal an neue Charaktere traut.
    Ehrlich gesagt, ich könnte mir gar keine Situation, gar keinen NSC vorstellen, der diesen Schritt gehen würde. Dazu müßte der SC schon so gewaltig was verbocken, dass nichtmal seine Chummer noch was mit ihm zu tun haben wollen. Liegt vielleicht auch daran, dass meine Spieler inzwischen gelernt haben, zu erkennen, wenn sie Mist bauen und rechtzeitig stoppen.


    Ich muss sagen, dass schönste an der Regelung bezüglich des SC-Schutzes, die ich mit meinen Spielern habe, ist die Tatsache, dass ich den Schutzschild meist nur dann brauche, wenn ich als SL etwas verbocke und damit das Leben der SCs bedrohe, obwohl ich es in der Sitation nicht vorhatte.

  • Hmm interessantes und sehr kontroverses Thema hier. Aktuell ist in meiner Runde eine Sache passiert, die genau auf diese Problematik des "Schutzschirms" für (N)SCs auch zutrifft: Zwei SCs wurden von der "Opposition" gefangen genommen, die zu einem hochstufigen Feind eines der SCs gehört. Die Opposition war in diesem Fall eine militärische Spezialeinheit, deren Kommandeur den SC auf dem "Kieker" hatte. Vorausgangen war eine sehr kurze und heftige Schießerei, bei der beide SCs auf tödlichen Schaden+x geschossen wurden (SR3) - sie haben die Schießerei ausgetragen anstatt wegzulaufen. Ein dritter SC entkam und wollte unter Einsatz von Connections+Geld etc. die beiden anderen quasi freikaufen. Daraufhin gab es zwei recht eindeutige Aussagen seitens der Spieler:


    Spieler 1: (dessen SC hatte die Opposition als Feind): "Diese Jungs machen keine Gefangenen und austauschen freikaufen ist bei denen nicht drin."
    Spieler 2: (dessen SC war auch gefangen genommen worden): "Es soll jetzt nicht so aussehen, daß Du das (als SL) hingebogen hast, daß mein Char gerettet wird. Wir haben das Risiko gewählt und wenn man eine Dumme Aktion bringt, muß man mit den Konsequenzen leben."


    Im Gegensatz dazu: Falls es mal tatsächlich einen wichtigen NSC durch eine besonders gelungene/zufällige Aktion der Spieler erwischt, dann ist er in meinen Runden eben tot - meistens ist es dann um so spannender das Geflecht der Konsequenzen aus dessen Tod weiterzuspinnen, als krampfhaft zu versuchen, ihn irgendwie zu nekromatisieren.

    Es gibt bekannte Bekannte, es gibt Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie wissen. Wir wissen auch, dass es bekannte Unbekannte gibt, das heißt, wir wissen, es gibt einige Dinge, die wir nicht wissen. Aber es gibt auch unbekannte Unbekannte - es gibt Dinge, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen. (Donald Rumsfeld)

  • "Credstick" schrieb:

    Daraufhin gab es zwei recht eindeutige Aussagen seitens der Spieler:


    Spieler 1: (dessen SC hatte die Opposition als Feind): "Diese Jungs machen keine Gefangenen und austauschen freikaufen ist bei denen nicht drin."
    Spieler 2: (dessen SC war auch gefangen genommen worden): "Es soll jetzt nicht so aussehen, daß Du das (als SL) hingebogen hast, daß mein Char gerettet wird. Wir haben das Risiko gewählt und wenn man eine Dumme Aktion bringt, muß man mit den Konsequenzen leben."


    Ich glaube das ist das Entscheidende. Wollen die Spieler einen Schuzschild oder nicht! Den ansonsten kommt schnell Unmut auf und die Gruppe fällt auseinander...