Improvisation beim Spielleiten - Pro und Contra

  • Improvisiert Ihr viel in euren Abenteuern? 2

    1. Eigentlich andauernd. Man kann ja nie wissen, was die Kasper so alles anstellen! (2) 100%
    2. Ab und zu vielleicht, es hält sich so ziemlich die Waage. (0) 0%
    3. So gut wie nie. Bei einer soliden Vorbereitung ist sowas auch nicht nötig. (0) 0%

    Hallöchen...


    Wie haltet Ihr das bei eurer Gruppe, wenn Ihr leitet? Wieviel (anteilig an dem gesamten Abenteuerverlauf) bereitet Ihr vor, und wieviel improvisiert Ihr?


    Würdet Ihr z. B. sagen, dass 25% Vorbereitungen sind, und die restlichen 75% ergeben sich, oder seid Ihr (wie einige andere SL, die ich kenne) eher die peniblen, die sich auf jede noch so ungewöhnliche Situationen vorher mental einstellen.


    Lasst Ihr euren Spielern eine lange Leine, oder sorgt Ihr ziemlich konsequent dafür, dass sie den Handlungsfaden nicht verlieren, indem Ihr sie in die richtige Richtung stosst?


    Es geht jetzt nicht um die Menge oder die Qualität des vorbereiteten Spielmaterials wie Karten, Zeitungsnews oder Lagepläne, sondern rein um das Improvisieren.


    Wie steht Ihr dazu?

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)

  • Hallo!


    Klare Fall von "das hängt davon ab" ...


    Ein wichtiges Kriterium ist die Zeit. Wenn man in einer regelmäßigen Runde spielt, ist es ja egal, ob das Szenario vier oder fünf Abende dauert; da nehme ich die Spieler nur ans Gängelband, wenn sich alle zu langweilen beginnen. Hat man sich aber für ein Wochenende getroffen und der nächste möglihce Termin ist ein halbes Jahr hin, kommt es schon eher vor, daß ich irgendwann mit dem Zaunpfahl winke.


    Und ganz ohne Improvisation geht es ja sowieso nicht, weil man damit die Spontanität der Spieler und das Rollenspiel killt.
    Ich bereite mich also auf die einzelnen Szenen nur dann im Detail vor, wenn sie sehr zentral sind; dann aber klappen sie erfahrungsgemäß auch in etwa so wie geplant. Pro normallangem Szenario sind das aber nicht mehr als fünf oder sechs. Ansonsten mache ich mir im Vorfeld sehr viele Gedanken zu den Hintergründen der Geschichte und der handelnden Personen, viel mehr, als die Spieler je erfahren sollen, wenn möglich auch in Verknüpfung mit den SC. Wenn ich weiß, warum etwas passiert und wie die Akteure als Personen funktionieren, fällt das notwendige spontane Reagieren sehr leicht und bleibt konsistent.
    Wenn es dagegen zum wirklichen Improvisieren kommt, weil einen die Spieler auf dem völlig falschen Fuß erwischen, finde ich Mitschreiben ganz wichtig, weil ich mich sonst in Fahrt spiele, wild herumspinne und zwei Stunden oder Wochen später nicht mehr ganz sicher bin, ob es nun der Chaosmagier oder der harmlose Stalker war, der am Telephon diesen entzückenden Sprachfehler gezeigt hat ...


    Gruß


    Quichote

  • Ob ich viel oder wenig improvisiere, hängt stark von der Vorbereitungszeit ab.


    Normalerweise kenne ich den groben Ablauf eines Abenteuers: Wo starte ich und wo will ich hin.
    Nachdem ich soviel weiss, mache ich mir Gedanken über die einzelnen Szenen. Diese schreibe ich mir möglichst detailliert auf.


    Im RPG selber, läuft aber immer alles anders als geplant. Die Anordnung und der genaue Ablauf einzelner Szenen bleibt nie so, wie geplant. Auch zwischen den einzelnen Szenen, lassen sich die SC viele Überraschungen für mich einfallen (wäre ja sonst langweilig für mich als SL).
    -> Improvisation ist essentiell für mein Überleben als SL


    Mit dem Zaunpfahl muss ich jede Session mindestens einmal winken. Irgendwie merkt das nur einfach niemand. Aber wenn ich selber SC bin, fallen mir ja die dezenten Hinweise des SL auch nicht auf.

  • Also ich improvisiere recht viel.
    Allerdings nicht an den einzelnen Szenen oder Handlungssträngen, sondern eher zwischendurch, oder wenn meine Truppe die Kontrolle über das Boot verloren hat, da muss ich einfach eingreifen und manchmal auch drastisch,


    Zitat: "Ja es fallen auch Kühe vom Himmel!"

    Normalerweise wäre ich richtig gut! Nur meine Würfel sind es nicht.

  • Ich entwerfe eigentlich nur den groben Plot und die wichtigsten NSCs(und die meistens auch nur mit sehr groben Werten, einer ungefähren Charakteristik und dem Namen).


    Der Rest wird alles improvisiert.

    "Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!" - Gustav Noske

  • Dito @ Skyrock


    Das natürlich unter Vorbehalt, dass ich überhaupt nen Plot habe, und das ganze nicht den Spielern überlasse *g*


    Ist doch schön, wenn Chars aus der Eigeninitiative handeln, oder?

  • Mir geht es auch so, dass ich mir vorwiegend den Handlungsfaden (Plot)überlege, inklusive eventueller Aufhänger und loser Enden. Bei einem Standardrun also ein Gerüst von Auftrag (wer, was, wo, warum, mit welchen Mitteln), Locations (evtl. Kartenmaterial, Sicherheit), NSCs (Namen, Charakteristika, Motivation), Herangehensweisen und mögliche Komplikationen. Falls es Lücken gibt (auch als SL vergisst man mal etwas) schließe ich die meist spontan.


    Generell können die Spieler dann tun und lassen, was sie wollen, sie müssen nur mit den Konsequenzen klarkommen. Wenn die SCs etwas tun wollen, was überhaupt nichts mit dem Run zu tun hat, sollen sie doch. Ich greife da nur ein, wenn ich den Eindruck habe, dass die Spieler völlig auf dem Schlauch stehen und offensichtlich nicht weiterkommen. Druck auf die Spieler übe ich primär dann aus, wenn eine Aktion besonders zeitkritisch ist (das rote oder das blaue Kabel?).


    Improvisation finde ich vor allem bei Interaktionen wichtig damit diese natürlich wirken. Kann aber natürlich auch zum Ausstaffieren des Settings dienen oder Lücken füllen.

  • meist improvisiere ich viel.
    plot, orte, daten, personen - manchmal entstehen sie erst, wenn danach gefragt wird. im laufe des abends formen sie sich aus und bis zum näxten mal sind die enden verknüpft und eine handlung steht.


    manchmal mache ich auch einen genaueren plan vom ort des geschehens (vor allem, wenn mal wieder anlagen/critter/wachen austrixen angesagt ist und die pläne vorher bekannt sind) habe und der plot steht.


    manche person wird auch mehr durchdacht, falls sie zb der aufhänger der story ist oder noch mal in erscheinung treten soll.


    connections gewinnen mit der zeit auch immer mehr eigenleben und marotten ;).

  • Eigentlich improvisiere ich fast nur. Selten, daß ich mal im Vorraus ein Plan oder eine Zeitung oder einen NPC oder oder oder mache. Und wenn ich einen Run mal nicht durchkriege, naja, Hauptsache, es hat Spaß gemacht ;-)

    aka Atargatis aka Dragondeal


    Seltsamer Plan: Sich zu träumen, diesen Traum greifbar zu machen, um dann wieder zum Traum zu werden in einem anderen Menschen. (Jean Genet)

  • Du würdest lachen, wieviele verschiedene SL-Typen es gibt: Vom ruhigen aber atmosphärischen und akribischen Leiter, der bei jedem Spieleabend mit 5 DinA4-Seiten Notizen auftaucht, bis zu dem quirrligen, aufgedrehten Vollimprovisateur gibt es alle nur erdenklichen Abstufungen.


    Es heisst ja auch nicht automatisch, dass der Voll-Konzept-Typ nicht auch improvisieren kann, vielleicht macht er es halt nur nicht so gerne und so oft, weil ihm da das Quentchen Sicherheit halt fehlt...

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)

  • Für mich und meine Runde halte ich ein gut vorbereitetes Abenteuer für interessanter. Nur wenn der SL einen Plan hat, wird es lustig.
    Dazu gehören Gebäudepläne, wie auch NSC's.
    Zudem werden nur sehr selten die Szenarien an Orten der Runner ausgetragen. Runner verfolgen ein Ziel, somit müssen sie sich zu diesem Ziel hinbewegen. Das lässt sich vorbestimmen.
    Besonders ist es ein tolles Gefühl für die Gruppe, wenn sie merkt, dass sie die ganze Storie bis ins Detail aufdeckt.


    Viel Spaß dann noch.

  • "Fist" schrieb:

    Für mich und meine Runde halte ich ein gut vorbereitetes Abenteuer für interessanter. Nur wenn der SL einen Plan hat, wird es lustig.


    Anders ausgedrückt: Wenn der SL keinen Plan hat, kann das Abenteuer nicht besonders werden...


    "Fist" schrieb:


    Besonders ist es ein tolles Gefühl für die Gruppe, wenn sie merkt, dass sie die ganze Storie bis ins Detail aufdeckt.


    Nicht ganz. Spieler sollten niemals das Gefühl bekommen, alles über einen Auftrag zu wissen. Nicht einmal hinterher. Offene Fragen regen immer zum Nachdenken an, ein Happy End, bei dem nach dem Auftrag alle bei Kaffee und Kuchen sitzen und den Plott von Anfang bis Ende durcherzählen, finde ich nicht so prickelnd.


    "Aber jetzt ist der Bösewicht XYZ ja tot, also brauchen wir uns ja jetzt darüber keine Sorgen mehr machen! Und Shmonk, wie geht's Deinem Kanarienvogel heute?"


    FALSCH...


    Jetzt gilt es erst recht, sich Sorgen zu machen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass womöglich erst Monate nach dem eigentlichen Run jemand dem Runnerteam Infos zuschiesst, das die ganze Aktion damals in ein komplett anderes Licht taucht. Wäre z. B. wieder Aufhänger für weiteren Run...


    - Wer hat den Run initiiert?
    - Wer sind die Hintermänner hinter Mr. Johnson?
    - Welche Motive hatten die Hintermänner ursprünglich?
    - Wen kennen die Hintermänner denn alles zufällig so?
    - Warum sollte Mr Johnson den Runnern die Wahrheit sagen, bzw. mehr Wahrheit als nötig für den Job ist?
    - Der eine blöde Gaffer, der damals auf der gegenüberliegenden Strassenseite stand, war der eigentliche Auftraggeber? Wieso hat uns dass früher keiner gesagt?
    - Warum zeigt/zeigt sich nicht ein Auftraggeber?


    Was ich sagen will: Die komplette Information gibt es nicht, sie ist mehr kitsch und Klischee als Wahrheit. Wie heisst es doch so schön:


    "Ich weiss, dass ich nichts weiss. "

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)

  • Noch ein kleiner Nachtrag: Notizen und Planung können dann zentral sein, wenn man eine bestimmte Atmosphäre erzeugen will und alles stimmig sein soll. Vor allem in Horrorabenteuern (ok, passt jetzt nicht unbedingt zu SR, soll auch nur ein Beispiel sein) ist gute und bildhafte Beschreibung oft essentiell damit sich die Spieler nicht langweilen.

  • Ich bereite Karten und so was schon vor und meistens habe ich auch eine Art Storyboard, was wo wie passieren sollte. Ich achte dann auch darauf, dass die Spieler dann auch zu der kartographierten Location kommen (Ich mache mir die Mühe doch nicht umsonst [-( ). Aber der Rest geschieht ausgesprochen adhoc. Gerade bei Gegnern habe ich festgestellt, dass es wenig bringt die im Detail vorzubereiten, da die Spieler es entweder schaffen 30 MET2000-Soldaten in einer Kampfrunde auszuschalten oder an dem einen Ganger mit dem Buttermesser dann das Zeitliche segnen.

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • Das einzige was bei mir vorbereitet wird ist der ungefähre äußere Rahmen, da die Runs die ich in letzter Zeit leite alle zusammenhängen ist eben wichtig dass der Backplot konsistent bleibt, ansonsten eben wichtigere NSCs vorher ausgearbeitet, Ideen für potentielle Komplikationen als kurze Notizen aufschreiben, aber der eigentliche Run wird meist recht vollständig improvisiert.

    "Captain, we're sorry. We thought you were dead."
    "I was. I'm better now"
    - Babylon 5: The Summoning