Spieler vs. Charakter

  • Hmm... Ein schwieriges Thema.
    Also was die Darstellung von Gewalt betrifft, so ist dies (denke ich) jedem Spielleiter überlassen, je nach dem, wie er persönlich die Spielwelt gestaltet.
    Gerade bei einer Mittelalterlichen Kriegsführung bzw. in der Welt von Shadowrun ist Gewalt und Brutalität durchaus gang und gebe. Und ich als Meister versuche schon, den Spielern das auch mal darzustellen.
    Schön und gut, ich habe noch keine Vergewaltigung geschildert (u. habe es auch nicht vor) - aber sie kriegen schon mit, daß es so etwas gibt.


    Dass Vergewaltigung weniger "akzeptiert" ist, als das Töten von Menschen (z. B. von Profiekillern) ist eine recht merkwürdige Realität (nicht, daß ich mich da ausschließe).
    Und in der Regel färbt diese Einstellung natürlich von den Spielern auf die Runner ab: ich glaube, keiner meiner Runner würde bei so etwas wegsehen - bzw. so jemanden überhaupt in das Team aufnehmen.
    Aber das kommt natürlich auch immer auf die Situation an - kann doch sein, daß die Runner auf solche Leute angewiesen sind. Das währe für ernsthafte Rollenspieler sicherlich eine recht interessante Herausforderung...
    In der Regel halte ich aber an der guten alten Regel fest, daß zuviele Tote schlecht für's Geschäft sind. Da die meisten von der Hintergrund ziemlich abgebrüht sind, haben sie wenig Hemmungen, zu töten - im Gefecht, wenn es "nötig" ist. Und auch Wetwork anzunehmen. (Na ja, vielleicht nicht JEDEN Auftrag).


    Aber (um es noch mal zu sagen) ich glaube, jeder Runner hat einen eigenen "Moralkodex", es gibt Dinge, die er nicht tut - schon, um sich von anderen POSITIV abzuheben, den eigenen Wert zu definieren. Ich halte das jedenfalls für typisch menschlich.
    Und wenn jemand in meiner Runde Folterfantasien oder Vergewaltigung rollenspielern würde - der Char würde vermutlich nicht alt.
    Andererseits hat ein Char mal ein Libanon-Taxi (Auto mit Sprengladung) in dem HQ einer Gang geparkt, die ein Mädchen erst vergewaltigt und dann ermordet hatten. (Es lebe die Selektivität - das eine wird verdammt, das andere akzeptiert)...

  • Falls jemand wirklich auf die Idee kommt, aufgrund seines Charakterhintergrundes Frauen vergewaltigen zu müssen, dann werde ich mir halt als SL erlauben, aufgrund seines Charakterhintergrundes auch die Bullen/sprich Lone Star auftreten zu lassen... 8) :twisted:


    Nicht das Vergewaltiger in Strafvollzugsanstalten besonderes Ansehen geniessen würden... :lol:
    Ich sage bloss folgendes: "Heb' sofort die Seife auf!" :D


    Aber zum Thema foltern: Auch wenn es unmoralisch, verwerflich, unanständig und grausam ist, aber ab und zu macht es auch Spass. :wink:

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)

  • Ah, das schöne Wörtchen 'Professionalität'.
    Was ist denn professionell? 12 Befragte, 13 Antworten - und nur bla.


    Egal welche Motivationen ein Charakter hat, und egal welchem Gesellschaftslevel er entstammt, sobald er die Prinzipien Kosten-Nutzen und Aktio-Reaktio kennenlernt und schließlich versteht, wird er feststellen, das sein Leben einfacher und angnehmer wird wenn er sie beachtet und benutzt.
    Ich weiß nicht ob das so 100% zutreffend ist, aber ich denke die Umschreibung fast es gut zusammen:
    Pragmatismus als Mittel eines vorrausschauenden Egoismus.
    Also genau das , was von den Konzernen als gesellschaftliches Ideal verkörpert wird, und mit dem in der Welt von Shadowrun jeder als 'Wert' konfrontiert wird.


    Ansonsten finde ich es doch gut, das du genau dasselbe sagst wie ich, nur mit anderen Worten - ich denke, das dürfte dir aufgefallen sein. ;)
    Warum das "eliminieren" meist das einfachste ist? Es ist eine kostengünstige Garantie, nie wieder mit demjenigen zusammenarbeiten zu müssen. Abgesehen davon hinterläßt es einen Sündenbock, und ist aufgrund der noch immer bestehenden, wenn auch teils verdrehten Gesellschaftlichen Ächtung solcher Verhaltensweisen, auch in alternativeren Schichten, sehr einfach zu legitimieren.

  • Nun unter Professionalismus verstehe ich zumindest ein Vorgehen mit "angemessenen Mitteln". Soll heißen, um eine Person zu eleminieren jagt man nicht gleich ein ganzes Hochhaus in die Luft (gab Runner, die das taten), versucht wenn möglich leise und unauffällig zu operieren u. wenn möglich unnützes Blutvergießen zu vermeiden: sprich, wenn die Wache umgangen werden kann, muß man sie nicht ausnullen. Wenn der Magier zur Hand ist, erledigt er das (Betäubungsblitz o. ä.).
    Genauso werden halt keine Leute umgelegt, weil es cool sein soll u. irgendwelche dämlichen Film"helden" (von Schwarzenegger bis zu Mel Gibson :evil: ) aus irgendwelchen Trivialitäten so machen.
    Nun, so sehe ich jedenfalls professionell - die Vorgenhensweise von Ex-Spezialeinheitlern u.s.w..
    Aber da gibt es auch ziemlich andere Ansichten...

  • bei der darstellung von gewalt finde ich es auch immer sehr schön, wenn die chars die gewalt nicht direkt mitbekommen, sondern sie nur erahnen (was also in folge geschehen wird) oder mit dem ergebnis konfrontiert werden.


    beim ersten fall, haben die helden ein dorf von einem troll befreit und dann dessen gefährtin gefunden, die gerade dabei war ein kind zur welt zu bringen. als sie dann weiter ritten, bemerkten sie noch, wie sich die bauern mit mistgabeln und äxten bewaffneten und in richtung geburtsstätte zogen.


    im zweiten fall, kamen die chars in ein gang-quartier (nachdem sie am abend vorher den überfall des kon-swat beobachteten ohne einzugreifen) und fanden nur noch reste der ganger an den wänden verteilt vor.


    vergewaltigung findet zwar statt bei NSCs (mein char sollte auch schon mal vergewaltigt werden - aber das war nur der aufhänger für die disko-messerstecherei), aber meine spieler werden nur mit dem ergebnis konfrontiert. eine detaillierte darstellung ist imo nicht teil des rpg (jedenfalls in meiner gruppe).
    chars die vergewaltigen haben wir noch nicht gehabt.
    würde ich auch nicht ausspielen - und für mich ist da auch über das ende der fahnenstange hinausgeschossen.
    die reaktion der anderen chars würde ich den spielern überlassen. die reaktion der nsc bleibt mir vorbehalten (die kann gehen von geklatschten beifall bis genickschuss).
    letztendlich würde der char aber ins ewige off eingehen oder mir zufallen (toxisch werden, blutmagier, cyberzombie, ...) :twisted:.


    für mich hat rolle eben auch was mit moral zu tun.
    in meinen szenarien stossen die chars/spieler immer mal wieder auf moralisch-finanzielle probleme (tochter die zum vergewaltiger-vater zurückgebracht werden soll, folter von kindern, snuff-chips transportieren, ...).


    folter kommt immer mal wieder vor (wird aber auch nicht genau ausgespielt) und ist immer mit dem risiko einer erhöhten letalität des opfers verbunden ;).
    was haben die spieler dumm geguckt, als der herzkranke nsc die bearbeitung mit dem messer nicht vertragen hat (obwohl ich vorher schon andeutungen in die richtung gemacht habe ;)).

  • Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. Da die "Ware" selten kontrolliert wird, dürften die Runner wohl kaum mitkriegen, was auf den Vids drauf ist.
    Und ehrlich gesagt - die Runner haben eigentlich auch keine Kontrolle, was mit den Leuten geschieht, die sie kidnappen.
    Herr Johnson wird es nicht gerade auf die Nase binden, daß auf die jew. Person z. B. ein Bunraku-Schuppen - oder gar die Organmafia wartet.


    Unwissenheit kann ein segen sein - aber wenn man es dann doch erfährt...

  • "gast" schrieb:

    Nun unter Professionalismus verstehe ich zumindest ein Vorgehen mit "angemessenen Mitteln". Soll heißen, um eine Person zu eleminieren jagt man nicht gleich ein ganzes Hochhaus in die Luft


    nun ja - es kann auch sehr professionell sein, das ganze hochhaus in die luft zu sprengen, den airbus abzuschiessen, ... - zb wenn nicht klar sein soll, wer eigentlich umgebracht werden sollte. bzw das ganze in einem terroranschlag zu verstecken.
    klingt zwar nicht schön, aber ist eine sache die so gemacht werden kann.


    _______________


    "ares" schrieb:

    Da die "Ware" selten kontrolliert wird, dürften die Runner wohl kaum mitkriegen, was auf den Vids drauf ist.


    nun ja - wenn der koffer wegen einer schlägerei in der u-bahn zufällig aufgeht und die chars neugierig sind, was wohl auf den chipz ist ... ;).


    Zitat

    Und ehrlich gesagt - die Runner haben eigentlich auch keine Kontrolle, was mit den Leuten geschieht, die sie kidnappen.


    nur wenn sie mit den leuten reden und diese ihnen eben mitteilen, das papi (der sie beauftragte) nur zum fXXXXX wiederhaben will.


    Zitat

    Unwissenheit kann ein segen sein - aber wenn man es dann doch erfährt...


    das ist wohl richtig - oft erfahren die chars nicht worum es geht. aber manchmal eben doch. und manchmal später (damit sie sich so richtig elend fühlen können :twisted:).

  • Wilkommen in der komplexen Welt der Psychologie.


    Noch nie hat es jemand geschafft vollständig Gefühle auzuschalten. Noch nie gab es 100% Profis, die nicht fragten warum, sondern nur den Auftrag ausgeführt haben. Die wird es auch nie geben, weil es dann schnell langweilig wird.


    In jeder Psyche lauert irgendwo etwas Dunkles, was wir nicht herauslassen. Wenn es dann beim Rollenspiel hinauskommt ist das besser als es anderswo rauszulassen. :evil:

  • "VOID" schrieb:

    Abgesehen davon bist du sogar definitiv bereit mit Spielern zusammenzuspielen, die in deinen Runden ihre Perversitäten ausleben. Allerdings glaube ich das du "Perversitäten" mit einer etwas populistischeren Bedeutung assoziierst als ich.


    Es gibt einen Unterschied zwischen Spaß an Unartigkeit und Sadismus! Für die Spieler und ich mich sind Ganger, Wächter und andere Gegner nur - meist rote - (Mensch-Ärger-dich-nicht-)Spielfiguren. 8)
    Natürlich ist es auch Töten und damit böse, aber die Darstellung reduziert sich auf das Umkippen eines Plastikkegels. Alles andere ist deutlich bildlicher.
    Wenn ein Spieler jetzt einem Wächter aus Spaß alle Finger einzeln abreißen würde, würde ich mich auch fragen, was mit ihm abgeht. 8O


    Aber da viele meiner Freunde gerne Counterstrike spielen und auch ich Actionspiele toll finde, müssen wir uns wohl in den Kreis der unpopulistisch Perversen gesellen. :wink:

  • Was bitte schön ist an Counterstrike pervers?
    Soviel ich von dem Spiel weiß hat der Gegner doch auch Knarren? O. K. NOCH BESSER währe es (aus meiner "professionellen Sicht" :wink: ) wenn man die Gegner evt. umgehen könnte - aber ansonsten ist das doch eine stinknormale Situation für Runner - wenn sie Alarm ausgelöst haben oder nur noch auf die harte Tour weiterkommen.
    Solange nicht gezielt auf Zivilisten geballert wird dürften solche Spiele gut eine Situation wiederspiegeln, in der viele Runner (z. B. all die ehemaligen Spezialeinheitler u. Soldaten) "gearbeitet" haben...


    bigX
    Ja, aber dann sollte man sich fragen, was für Runner so einen Auftrag annehmen. Sabotage - ja, Wetwork (in Maßen) - ja. Aber ich denke meine Runner würden den Auftrag, einen Passagier-Airbus o. ein Wohngebäude/ vollbesetztes Bürohaus zu vernichten wohl kaum annehmen...
    Ist das jetzt unproffesionell :D


    LeDragon
    Den Gegner nur als Objekt zu sehen ist ein beliebter - und üblicher - psychlogischer Kunstgriff, den wohl die meisten Runner beherrschen sollten (ansonsten sind sie Psychopathen bzw. Pazifisten :wink: ). Erleichternd ist dabei, daß die Runner in der Regel maskiert sind - u. die Gegner oft auch (Sicherheitshelme von Kon-Gardisten etc.).
    Gesichtslose werden leichter erschossen - und als Maskierter tötest du leichter (habe ich gehört).
    Außerdem, wenn man nicht so genau hinsieht, dann sieht man ja nach dem Schuß nur den "Gegner" umkippen - u. die Formel "Er oder Ich" erleichtert das Ganze.
    Wirklich zum Problem wird es wohl, wenn der Tote ein Gesicht bekomt, wenn man z. B. erfahren würde, daß der Gardist zwei kleine Kinder u. eine junge Frau hinterläßt etc...

  • Oder wenn die Todeszene nicht ganz so einfach abläuft.


    In unserer Vorstellung machts *BANG* und der Gegner kippt um.
    Aber ist es nicht so, das der Gegner getroffen von einem Brust- oder Bauchschuss sich krümmt, in panischer-(todes-)angst seine Waffe fallen lässt, seine Hände auf die Wunde presst, und sich hilfesuchend umschaut. Langsam erstirbt das leben in ihm, und am schluss zuckt nur noch schwach ein Bein....


    Ich weiß, daß diese drastische Darstellung von Gewalt nicht jedermanns Sache ist. Aber das könnte auch dazuführen, daß man die Gegner eben nicht als Mensch-Ärger-dich-nicht-Spielfiguren sieht, sondern als Menschen, und deshalb lieber keine scharfe Muni benutzt.


    Alles in allem ein heikles, aber deshlab interessantes Thema...

    Sie währen auch pranoid, wenn jeder hinter ihnen her ist!

  • @ Knuffeldoet


    Sag ich doch: In Massen und geschmackvoll (...wobei diese beiden Ausdrücke ziemliche Auslegungssache sind...) eingesetzt kann Brutalität und Gewalt sehr zur Stimmung eines Abenteuers beitragen, man darf nur nicht den Fehler machen, das ganze zu übertreiben, oder die Gewalt nur wegen ihrer selbst ins Spiel zu bringen.

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)

  • Oh Gott, wenn das mal nicht zweideutig war...! :D


    Ich meine in Maßen. D. h. nicht übermässig viel, sondern nur ein klein bisschen, soz. das Salz in der Fantasy-Polit-Thriller-Suppe...

    "Ich dachte immer, es gibt keine Draaaaaaaarrrrggggghhhh...!!!" (Letzte Worte eines Trolls vor seinem Feuertod...)