Hermes
Der Turm lag friedlich in einer lauen Brise die vom Meer kam, die warme Sonne fiel durch die Glaskuppel hinunter in den obersten Stock.
Doch... irgendetwas störte diese Idylle: ein Schatten, der genau auf Jibriel Ruhestatt fiel - gerade eben schien er doch noch nicht dagewesen?
Ein 'Blick' zur Kuppeldecke enthüllte die hölzernen Füße zweier grüner Sessel, eines Tischchens, sowie zwei offensichtlich teure italienische Lederschuhe und die Beine eines sandfarbenen Maßanzuges.
Einem astralen Beobachter würde vermutlich die klare, mundane Aura eines gesunden und entspannten Elfen auffallen wenn er sich über die Kuppel erhob.
Was auf dem Buch, das er in dem Moment auf dem Tischchen ablegte stand war nicht zu erkennen - auch die beiden Tassen und die Kanne aus der er einschenkte waren im Astralraum nur als graue Abbilder zu erkennen.
Lächelnd machte er eine einladende Handbewegung und richtete sich in klarem Sperethiel an Jibriel:
"Ah, schön daß Sie Zeit entbehren können, Mr. Kyrazzis - nehmen Sie doch bitte Platz.
Erlauben Sie mir, Ihnen die besten Grüße meines Geschäftfreundes Herrn G. Meister auszurichten und mich vorzustellen: Emanuel Gander.
Wir hätten da eine kleine... Bitte... an Sie, welche genau in Ihr Resort fallen würde - in jeder Hinsicht - und sind uns Ihrer vollen Diskretion in der Hinsicht bewußt.
Es handelt sich um eine magische Betreuung einer kleinen Expedition an einen Fleck der Erde, der, nun... leider sehr gelitten hat.
Konkrekte Auswirkungen der... negative Schwingungen... waren bisher glücklicherweise nicht auszumachen - aber Sie wissen ja wie das ist:
Im Falle eines Falles vertrauen Wir voll und ganz auf Ihre Fähigkeiten, eventuelle Situationen zu entschärfen..."
Ruhig nahm er eine der Tassen und trank einen Schluck, stellte dann lächend fest:
"Wie dem auch sei - eine erfolgreiche Expedition soll Ihr Schaden nicht sein."
Mit einem belustigtem Lächel auf den Lippen, er hebe ich mich, empor zu meinem Besucher und lasse meine schimmernde Gestalt in den Sessel gleiten.
Ohne denn Faux-Pas zu begehen, all zu tief in mein gegenüber zuschauen, höhre ich schweigend seiner Ausführung zu, während die astralen Ranken des Efeus meine Beine umspielen.
In unserer Sprache bleibend und mit kristall klarer sphärischer Stimme:
"Sein Sie mir ebenfalls Gegrüst Mr. Gander. Willkommen ... auf meinem Heim."
Ein, ob der absurdität der Situation, belustigtes Lächen umspielt abermals meine Lippen.
"Sie wissen wie man mein Interresse weckt, denn scheinbar haben Sie das.
Wenn die Rammenbedingungen angemessen sind - und darauf vertraue ihr, sonst wären Sie nicht hier - denke ich, könnten wir in Betracht ziehen, das ich sehen werde was ich tun kann.
Desweiteren hoffe ich, das die Mitglieder und Leiter der Expedition sich darüber im Klaren sind, das gewisse moralische Grundprinzipien gegeben sein sollten, wenn ich der Expedition beistehen soll.
Ansonsten, ich helfe gerne, wenn die Sache einen vertrettbaren Sinn und Zweck hat."
Mit einer andeutenden Geste auf den Tee.
"Missverstehen sie mich nicht, ich würde gerne, aber die Situation lässt es nicht zu."
"Natürlich - aber sonst würde einfach etwas fehlen." merkte er schmunzelnd zum Tee an. "Apropos, wo Sie das erwähnen..."
Aus der Innentasche des Anzugs zog er einen kleinen Notizblock mit Bleistift und begann darin zu blättern.
"Das Personal der insgesamt vierköpfigen Expedition ist durchaus diszipliert - aber für den Zusammenhalt, sowohl in Hinsicht auf die Expedition als auch auf die von ihnen angesprochenen Werte sorgt eine Führungskraft.
Ihre Aufgabe wäre wie gesagt die Begleitung des Teams bei seiner Aufgabe in Rat und Tat, sowie am Abschluß der Expedition eine astrale Überprüfung nach der medizinischen Nachsorge.
Details über Ihre Person - wie auch Ihre Stellung - sind dem Team nicht bekannt: Ich denke daß ist in Ihrem Interesse und Wir würden uns freuen wenn Sie es im Gegenzug ebenso halten könnten."
Einige weitere Blätter wanderten über die Spirale des Blocks nach hinten, der Bleistift hinter das spitzen Ohr.
"Wie ich gerade sehe, gab es in letzter Zeit bei dem Fahrzeug-Modell Ihrer Wahl diverse... Umstellungen.
Eine Generalüberholung zu arrangieren wäre kein Problem - wann wäre Ihnen das recht?"
Langsam mit dem Kopf nickend.
"Es sinnvoll auf dem Stand der Dinge zubleiben. Ich nehme das Angebot dankend an. Wenn sich Herr G. Meister damit befassen will, so soll es mir recht sein. Ich bin bereit die Maschiene noch heute frei zu stellen."
Ein leichtes Lächeln umhuscht meine Lippen.
"Den Gefahlen werde ich ihm ausserdem tun und die Expedition unterstützen, soweit ihre Ziele meinem Innersten nicht zuwieder laufen. Über meine, die Mitglieder der Expedition betreffenden Anliegen, rede ich dann mit der Führungskraft. Und Nachforschungen über die Personen werden vermieden. Die Darlegung der Persönlichkeit, liegt ganz in der Hand des Einzelnen."
Mit einem forderndem, erwartungsvollen Ausdruck.
"Nun offenbart mir die Details und lasst uns Zeit und Ort festlegen."
Ruhig nahm er den Bleistift wieder hinte dem Ohr hervor, notierte sich kurz etwas auf dem Block und verstaute dann beides.
"Wir sind erfreut das zu hören, Mr. Kyrazzis.
Zum Ort des Geschehens werden Sie geführt werden - ein astraler Bote wird Sie hier abholen.
Ich könnte Ihnen jetzt lange über die Situation des Orts berichten, doch ist das wohl müßig - alles, was relevant ist, werden Sie doch binnen von Augenblicken wesentlich genauer erkennen.
In Hinblick auf die physischen Gegebenheiten ist das Team instruiert - falls Sie Fragen hätten was ich nicht glaube, können Sie sich an sie wenden."
Er erhob sich, deutete eine Verbeugung an, merkte dann lächelnd an:
"Ich werde mich nun empfehlen - was Sie mit den Objekten hier tun möchten sei Ihnen überlassen."
Dann führten ihn seine Schritte über die Kuppel hinaus, wo ihn ein wohl nicht gerade schwacher Luftelementar in der Gestalt einer großen Wolke aufgriff und sich mit ihm entfernte.
Mich erhebend und mit einem Köpfnicken verabschiede ich mich von meinem Gast. Bis er verschwunden ist sehe ich ihm nach, dann räumt auf meine Bitte hin ein luftiger Freund das Mobiliar herrein und ich kehre mit einem amüsierten Lächeln zurück und vereinige Körper und Geist wieder.
Die Möbel waren echt... in jeder Hinsicht kunstvoll 'gestaltet':
Sogar die Patina, die Möbel mit diesem Alter haben sollten, kleine Fehler und Beschädigungen waren vorhanden.
Das täuschte aber nur flüchtige, und vor allem mundane Beobachter darüber hinweg, daß sie nicht von Menschen-, sondern von Mana-Hand geschaffen worden waren, auch wenn sich keine Signaturen daran fanden: Es fehlten einfach jegliche, auch die emotionalen, die aus der langen Nutzung entstanden.
Ebenso das Gedeck aus feinem Porzellan - allerdings, der Inhalt war schlichter, feiner grüner Tee, genau angenehm warm.
Das Buch jedoch... das war eine ganz andere Kategorie.
Es trug den Widerhall eines von Herzen kommenden, aufwändig selbstgeschaffenen Geschenks, sowie kindliche Freude und Überraschung.
Der handschriftliche Text war stellenweise vielleicht etwas holprig, die gezeichneten Illustrationen nicht ganz geschliffen... aber irgendwie weckte der Titel des alten, mehr schlecht als recht gebundenen Manuskripts ein seltsames Gefühl von Vertrautheit:
Alice's
Adventures
Under
Ground
verfaßt von Charles Lutwidge Dodgson, anno 1862...
Als ich meine Augen öffne, blicke ich in das wunderschöne Anglitz Helenas, welche den wunderlichen Besucher bemerkt hatte.
"Er kommt von ihm, nicht wahr?" fragt sie mit sanfter besorgter Stimme.
"Ja."
"Was will er diesmal von dir?"
"Einen Gefallen, seiner Expedition möchte er das ich beistehe. Wird mein Herz über mich wachen, wenn ich auf Reisen bin?"
"Ich bin immer bei dir, egal wo du bist."
"Ich danke dir schon jetzt, weis ich doch noch nicht wann, wohin und wielang die Reise geht."
"Du vertraust ihm?"
"Sei unbesorgt."
"Wie es geschieht, so wird es geschehen."
"Dann lass es uns zum guten drehen."
Eine weile blicken wir uns in die Augen. Dann lächelt sie:
"Wenn uns jemand hören würde, wie wir reimen im Geheimen."
Dann lacht sie glockenhell und wirbelt in einem flirren goldener Haare davon. Eine weile bin ich allein mit meinen Gedanken und betrachte den nun wieder freihen Himmel über mir. Als sie zurück kehrt, liegt immer noch ein lächeln auf ihren Lippen und sie trägt ein Tablett mit frischem Tee.
Einige Stunden elfischer Besinnlichkeit, die ganz uns beiden gehörnen, später.
Werde ich mich darum kümmern das der Sleipnir abholbereit ist, mich auf meine Aufgabe vorbereiten und mich nicht nach weiteren Informationen umzuhören, da dies in diesem Fall Zeitverschwendung ist.
Bis der Bote kommt, wird mein Alltag weiter hin seinen gewohnten lauf nehmen, doch dann werde ich berreit sein. Nach dem ich mich von Helena verabschiedet habe, schlage ich die Arkanen Schutz Runen um mich, rufe meine Begleiter und folge ihm.
Colm - Draw - Murphy - Scott:
Als schlecht konnte man das Wetter diesen Donnerstag Morgen nicht wirklich bezeichnen - egal ob Hamburg oder Seattle, eine nenneswerte Wolkendecke war einfach nicht vorhanden. So sorgte die Sonne für dieses kühl-windige und doch warm-sonnige Klima, das bei ablandigem Wind in Küstennähe üblich war.
Die Geschäftigkeit in den Städten beschränkte sich auf das alltägliche minimale Maximum:
Wer das Geld hatte, genoß diese Zeit ohne Regen und schlechte Luft wohl in Parks, Cafes oder schlicht auf dem Balkon oder im Innenhof des Blocks.
Doch diese relative Idylle wurde im Verlauf des Tags gewissermaßen 'unterbrochen' - trudelte doch auf elektronischem Wege eine recht schlichte Nachricht ein:
Mr. Bunraku lud zum geschäftlichen Mittagessen am Freitag - allerdings nur virtuell.
Im Moonlight Hentai Garden - einem nicht ganz unbekannten Matrix-Etablissement - sollte man sich Punkt 1200 GMT einfinden.
Die Damen würden einen dann auf Nachfrage zu Mr. Bunraku weiterleiten.
Worum es genau ging wurde nicht erwähnt: kein ungewöhnliches Vorgehen bei dem MCT-Stil, der vom Auftraggeber gewählt worden war.
Natürlich sagte das wie üblich ziemlich wenig darüber aus, wer tatsächlich dahinterstand, und auch für Nachforschungen blieb bei der Anfrage kein wirklicher Ansatzpunkt.