[IP] Electric Dreams

  • -2018-


    Sie waren fast angekommen, als Simon urplötzlich eine Störung meldete. Ein Rabengeist? Na Klasse! Mike Gehirn versuchte auf Hochtouren zu arbeiten, der Troll war sich aber nicht wirklich sicher, was Simons Beobachtung bedeutete.


    << Alle erst mal in Deckung an die Fassade! >> schickte er übers PAN. Das Team musste auf jeden Fall von dem großen offenen Platz herunter um nicht mehr von allen Seiten aus der Unzahl von Fenstern sichtbar zu sein.


    Dann übertrug Laks Drohne nähere Einzelheiten. Mike lehnte sich zu Simon hinüber, ließ aber auch die anderen teilhaben:
    "Ninjakluft? Was haben die Jungs denn hier zu suchen? Es sieht so aus, als würde der Geist sie zerlegen. Die Frage ist: Näher untersuchen oder konzentrieren und Fong suchen?"


    Er schaute sich ebenso das schier undliche Wirrwar an den Hauswänden an, welche zu dem Fenster hinauf führten. Dann blickte er Simon, Indra und CHeveyo an:
    "Wir könnten wohl da hoch gelangen. Und ich könnte euch nacheinander bestimmt auch die ersten Meter hochwerfen. Das würde notfalls Zeit sparen! So richtig wohl ist mir bei der Sache aber nicht."

  • -2019-


    Es dauert nicht lange, bis die Gruppe Deckung bei der großzügigen Eingangsfassade des Spielpalastes gefunden hat.


    Mit Blick auf das Sammelsurium an Fenstern, meint Miu schließlich:


    "Wir sollten es versuchen. Es ist der beste Hinweis bisher."


    Dann blickt sie Mike an und nickt entschlossen.

  • -2020-


    Skeptisch blickt Simon nach oben. Sein Vertrauen in die örtliche Baukunst ist nicht sonderlich groß. Wer weiß schon, wie gut die zahllosen Anbauten, Veränderungen und Verschraubungen an der Fassade halten? Leider scheint es auch keinen anderen schnellen Weg zu dem Fenster zu geben. Mius Entscheidung überzeugt ihn schließlich. Er nickt ebenfalls. "Ok, versuchen wir es. Ich denke, wir sollten aber nahe dem Fenster warten und erst mit der Drohne sehen, wie der Kampf weitergeht." Sie haben zwar eine Spur, aber sie wissen absolut nichts über die Umstände dieses Kampfes. Tendenziell würde Simon sich angesichts ihres Auftrages eher auf der Seite des Rabens einmischen. Allerdings wissen sie zurzeit auch absolut nichts über Croakers Situation und seine möglichen Motive. Was für eine Scheiße...

  • -2021-


    Rasch überbrückt die Gruppe die Distanz zwischen dem Spielpalast und der verwinkelten Gebäudefassade. Der Großteil der Fenster ist dunkel, nur aus wenigen dringt diffuses Licht, das allerdings nur schwer einzuordnen ist. Laks Drohne bietet derweil unbemerkt einen Blick auf den tödlichen Kampf, der sich in der heruntergekommenen Wohnung abspielt. Mit blutigem Gesicht sackt auch der zweite Mann zu Boden, während ihm das Schwert aus den Händen gleitet. Dies ist wahrlich kein Ort zum Sterben, aber wer kann schon den Ort seiner letzten Ruhe frei wählen?


    Scheinbar unbekümmert schreitet das mächtige Rabenwesen über die beiden Gefallenen hinweg und verharrt dann. Eine Türe öffnet sich, und ein hagerer Mann tritt ein. Seine Körperhaltung erweckt den Eindruck, als würde er gekrümmt gehen. Erst als er den Raum betreten hat, hebt er einer theatralischen Geste gleich den Kopf, von dem wirr dichtes, schwarzes Haar absteht. Seine Haut ist bleich. Es ist Croaker - der Rabenschamane. Der Mann wirft einen kurzen Blick auf die beiden vermeintlich Toten, zuckt mit seinen schmalen Schultern und watet dann durch ihr Blut, um durch einen gegenüberliegenden, offenen Türdurchgang wieder zu verschwinden.


    "Was zum Teufel wird hier gespielt?", zischt Miu, während Nairi nur den Kopf senkt.

  • -2022-


    Croaker war schon immer etwas gruselig gewesen. Und selbst für einen Farang unhöflich. Aber Lak hatte ihn mit seiner seine zynischen Art immer gemocht.
    Doch sein ganzes Wesen scheint sich verändert zu haben. Ob er noch er selber ist?
    Lak könnte ihn jetzt töten. Die Dragenfly hat die C-12 Sprengladung einer Minigranate. In diesem engen Raum gezündet wäre dies vielleicht sogar für den Rabengeist gefährlich.
    Doch Lak erinnert sich an Borobodur. Croaker hatte buchstäblich das Opfermesser an ihrem schönen Hals. Aber er hatte sie nicht getötet. Er hatte sie gerettet. Wenn seine Seele noch nicht völlig auf der Schattenseite ist muss sie ebenfalls versuchen ihn zu retten.
    Sie lässt die durch Camäleonfarbe praktisch unsichtbare Drohne Croaker ins innere des Gebäudes folgen während sie sich bemühnt gleichzeitig mit der Gruppe schritt zu halten.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -2023-


    Schnellen Schrittes betritt Croaker den nächsten Raum. Auch hier gibt es kaum Einrichtungsgegenstände, und die wenigen, die doch vorhanden sind, scheinen seit langer Zeit nicht mehr in Benutzung zu sein. Die billigen Bodenplatten sind gewellt, die Wände kahl. Fong hockt verstört in einer Ecke des Raumes. Ein einzelner Mann bewacht ihn. Sein japanisches Gesicht ist zu einer grimmigen Maske erstarrt, als Croaker theatralisch den Raum betritt. Der Mann hat sein Schwert erhoben und scheint bereit zu sein, Fong notfalls unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen.

    "Ihr hättet euch nicht aufteilen sollen. Das war ein großer Fehler. Ach, was soll's. Ich habe keine Lust, große Reden zu schwingen. Bringen wir es zu Ende."


    Fast schon beiläufig winkt der Rabenschamane ab und lächelt verheißungsvoll. Der Japaner zögert nicht weiter und stürmt mit einem Kampfschrei nach vorne, die Klinge als Verlängerung seines Armes führend. Doch bevor das Schwert Croaker erreichen kann, stürmt einer Naturgewalt gleich der Rabengeist durch die Tür und schmettert mit voller Wucht gegen den angreifenden Mann. Ein wildes Durcheinander entsteht, während Croaker rasch hinter den beiden verschwindet und auf Fong zuhält.

  • -2024-


    Cheveyo war in letzter Zeit sehr ruhig gewesen, während der überfährt nach Hong Kong hatte er sich noch mit dem alten Mann unterhalten, aber seid sie in dem Mega Sprawl unterwegs waren, hatte er geschwiegen. Er war dichte sub tropische bis subarktische Wälder gewohnt, aber das hier war ein dichter Urbaner Dschungel, mit mehr leben auf wenig Platz als er zählen konnte. Seine animalischen Instinkte ließen ihn unruhig und ruhelos wirken, sein Kopf drehte sich immer wieder und seine Augen versuchten vergeblich alle sichtbaren Eindrücke aufzunehmen. Als Simon sich von den anderen alles über diesen verschwundenen Schamanen, der auf den Namen Croaker hörte, erzählen ließ, lauschte er aufmerksam. Cheveyo war auch nicht überrascht, als der alte Mann aus der Gruppe sich fast genauso schnell bewegte wie er selbst, als sie in ein Haus eines Bekannten der Gruppe stürmten, der in Gefahr zu sein schien. Er hatte gespürt, das etwas an Indra etwas besonders war, wie bei ihm selbst, was sie von anderen unterschied.
    Als sie auf einem weiten Platz ankamen, wo die Gruppe vor einem Haus standen das wohl anderen Bekannten gehören sollte, hatte Simon etwas merkwürdiges bemerkt, woraufhin Cheveyo seinen Blick ebenfalls schweifen ließ und seinen Speer zog. Als dann der ungefähre Ort ausgemacht war und Lak über ihre Drohne dann die Bilder an alle schickte huschte ein lächeln über die ansonst emotionslosen Züge des Orks. Als Mike anbietet sie hoch zu werfen, schnallt Cheveyo seinen Speer auf den Rücken.


    Cheveyo geht zuerst!


    Meint er zu dem Troll, bevor er sich an den Aufstieg macht und trotz seiner Größe, seines Gewichtes und des Tempos, das er vorlegt kaum ein laut verursacht.

  • -2025-

    Croaker... Endlich... Endlich? Zu früh? Zu schnell? Zu unverhofft?

    Die Rabengestalt hatte ihn ein kleines bisschen vorgewarnt, aber trotzdem ist Simon perplex. Er hatte nicht damit gerechnet, so schnell wirklich auch Croaker zu treffen. Bislang hatten sie nur im Nebel gestochert. Die Spur über Fong war sehr vage gewesen. Sein Bauchgefühl hatte simon zwar gesagt, dass sie auf der richtigen Fährte sein könnten, aber er hatte eher darauf gehofft, von Fong ein paar Hinweise bekommen zu können. Und jetzt hockten sie plötzlich vor einer unschönen, gefährlichen Kletterpartie und 10 Meter über ihnen schlachtet Croakers Rabengeist irgendeine andere Fraktion ab. Simons Gedanken rasen. Wer sind diese Leute? Sind das Fongs Entführer? Zwei Leute hatten ihn weggeschleppt. Das hier sind drei. War einer im Wagen geblieben? Wäre gut möglich. Möchte Croaker Fong befreien? Und wenn ja, aus welchem Grund? Oder hat sich Fongs Situation seit der Entführung noch mal verändert? Das erscheint Simon unwahrscheinlich. Viel Zeit ist seit den Ereignissen an seinem Laden nicht vergangen. Welches Spiel wird hier gespielt?


    Scheiße... Ok, Croaker gefunden - was jetzt?


    Der Auftrag lautete, Croaker zu finden. Exakte Anweisungen für das Danach gab es allerdings nicht. Die Auftraggeber interessierten sich für Croakers Verbindungen und seine Hintermänner. Doch wie kommen sie am Besten an diese Informationen? Sollen sie sich Croaker zu erkennen geben oder ihn weiter beobachten? Diese Frage hatte Simon von Anfang an beschäftigt, ohne dass er für sich eine "gute" Antwort gefunden hatte.


    Nun, das plötzliche Aufeinandertreffen raubt ihnen sowieso einige Optionen. Eine unbemerkte Observation lässt sich kaum in zwei Minuten und ohne Ortskenntnis organisieren. Schon gar nicht, wenn das Ziel ein Magier ist. Simon ist sich noch unsicher, ob sie sich Croaker tatsächlich zu erkennen geben sollten. Aber zumindest müssen sie sich wohl in Position bringen.


    Cheveyo macht sich als erster auf den Weg und hangelt sich mit einer beeindruckenden Agilität die Fassade hinauf.


    Simon ist bei dem Gedanken an die Klettertour nicht wohl. Ob dieser Krempel an der Fassade wirklich trägt? Er schiebt die Gefühle beiseite. Solange sie keine große Wahl haben, bringen die Sorgen nicht viel. Stattdessen dreht er sich zu Nairi hinüber: "Traust du dir die Kletterei zu?". Falls sie mit Croaker zusammentreffen und der Rabenschamane feindsinnig ist, würde das Team jedes bisschen Magie brauchen.


    Beiläufig wechselt er das Magazin in der MP auf die verbliebende Schock-Munition und repetiert die verbliebene ExEx-Patrone aus der Waffe.

  • -2026-


    Noch bevor wirklich klar ist, wer nun unten verbleibt und wer sich nach oben begibt, hat sich Cheveyo bereits auf den Weg gemacht. Die Geschwindigkeit, die der massige Ork vorgibt, zeugt von Kraft und Klettererfahrung. Einzig die baufällige Fassade drosselt Cheveyo etwas, muss er doch vorsichtig abwegen, welche Fassadenelemente danach aussehen, sein nicht unbeträchtliches Gewicht halten zu können. Immerhin liegt ihm nichts daran, seine unten noch wartenden Kollegen mit herabfallenden Gebäudeteilen zu versorgen oder gar selbst den Halt zu verlieren.


    Kurz nachdem Cheveyo sich auf den Weg zum Fenster gemacht hat, nickt Nairi entschlossen und am Blick der Elfe erkennt Simon sofort, dass sie durchaus mutig sein kann, wenn es die Situation erforderlich macht. Weniger natürlich als Cheveyo, dafür aber durch ihr geringes Körpergewicht weit weniger behindert, macht sich auch Nairi an den Aufstieg und meistert diesen scheinbar ohne Probleme.


    Als Cheveyo den Rand des Fensters erreicht, ist es laut Laks Spionagedrohne auch im Innern der Wohnung still geworden. Croaker ist verschwunden, ohne dass Lak etwas davon mitbekommen hat. Zeitweise hatte der heftige Kampf zwischen dem großen Rabengeist und dem japanischen Schwertkämpfer der Drohne jede Sicht in den Innenraum genommen. Da er aber nicht zurückgegangen sein kann, muss er durch die einzige andere Tür entschwunden sein, die sich noch im Raum befindet. Wie auch bereits zuvor, scheint der Rabengeist unverletzt aus dem Kampf hervorgegangen zu sein. Zwar hat Lak selbst gesehen, dass der Japaner mehr als einen Treffer hat ansetzen können, doch sie weiß selbst nur zu gut, als wie resistent sich starke Geister gegen derartige Angriffe erwiesen haben. Es hat deshalb auch nicht allzu lange gedauert, bis der Mann das Schicksal seiner beiden gleich gewandeten Kollegen geteilt hat.


    Jetzt, wo der Kampf geendet hat, lässt Lak die Drohne an dem Rabengeist vorbei ins Innere des Raumes manövrieren. Was sie erblickt, erfüllt die Thai erneut mit Zweifel, auf welcher Seite Croaker tatsächlich steht. An die dreckige Wand gelehnt, ruht Fongs Körper - leblos und einen Strom an Blut aus Nase und Ohren ergießend.

  • -2027-


    Während Mike noch angespannt dem Feed der Drohne folgte, hatte Cheveyo sich bereits auf den Weg nach oben gemacht und Nairi wa ihm gefolgt. Mike überlegte kurz, dann sah man ihm an, dass er eine Entscheidung getroffen hatte.


    "Okay, ich gehe ebenfalls hoch. Mich kennt Croaker, Cheveyo und Nairi nicht. Ich weiß zwar nicht genau, was mit ihm los ist, aber mit für ihn völlig Fremden konfrontiert wird es ganz sicher nicht kooperieren. Sichert ihr hier die Lage oder kommt ihr ebenfalls mit? Schließlich ist unzer Ziel Fong auch da oben."


    Dann schulterte Mike das Sturmgewehr und machte sich ebenfalls an den Aufstieg, wobei er noch mehr als Cheveyo auf die bröcklige Fassade achtete, da er wohl mit Abstand der schwerte im Team war. Auf dem Weg nach oben sah er am Rande seines Blickfeldes den AR-Feed der Drohne und der behagte ihm ganz und gar nicht. Der Rabengeist war echt stark und Croakers Verhalten gegenüber Fong machte Mike stark zu schaffen. Auf welcher Seite stehst du, Croaker? ging es ihm durch den Kopf.

  • -2028-


    Anders als Cheveyo oder Nairi hat Mike wegen seines deutlich höheren Gewichts weitaus mehr Probleme, die Fassade zu erklettern. Immer wieder spürt er, wie das alte Baumaterial unter ihm nachgibt oder vermeintlich sichere Halterungen sich als seinem Gewicht nicht gewachsen zeigen. Dies vermindert sein Tempo beträchtlich, sodass er, als er erkennt, dass Cheveyo das Ende ihrer Klettertour bereits erreicht hat, erst ein Drittel der Strecke zurückgelegt hat.

  • -2029-


    Lak beschließt Croaker den Rückweg abzuschneiden und macht sich auf um einen Weg in innere des Gebäudes zu finden. Entweder durch einen Vordereingang oder durch eine enge Gasse zwischen zwei Gebäuden auf die Rückseite und dann das Treppenhaus hoch.


    Ihre Drohne schwebt immer noch im oberen Zimmer. Sie startet weitere drei Dragonflys. Eine lässt sie in die Höhe auf das Dach aufsteigen. Vielleicht fliegt Croaker mit einem Levitationszauber davon? Das hat er auch in Borobodur gemacht. Zwei weitere lässt sie sich selbst im Abstand von etwa 12 Metern folgen, falls sich hintere ihrem Rücken Gegner nähern. Zusammen mit dem Luftgeist im Astralraum macht sie sich auf dem Weg ins Gebäude.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -2030-


    Als Lak sich auf den Weg macht, ist Indra sofort an ihrer Seite. Obwohl er es nicht laut ausspricht, scheint es für ihn undenkbar, die kleine Thai alleine gehen zu lassen. Bereits im Vorfeld hatte Simon - wenn auch nur flüchtig - diese Seite des verwinkelten Gebäudes nach einem Eingang abgesehen, aber keinen gefunden. Mittlerweile ist auch Lak der Ansicht, dass es sich nicht um die Vorderseite des Gebäudes handelt, oder zumindest nicht um den Teil, den sie als Vorderseite bezeichnen würde. Nichtsdestotrotz eilt die Thai an der Fassade entlang, um eine Möglichkeit zu finden, in das Haus eindringen zu können.
    Und dann wird sie tatsächlich fündig, obwohl der Eingang nicht gerade das ist, was sie sich darunter vorgestellt hat.


    Lak und Indra stehen vor einer Art Kellerfenster, das allerdings mehr Ähnlichkeit mit einem Loch hat. Es befindet sich ungefähr auf Kniehöhe, ist aber groß genug, um sowohl von Lak als auch Indra passiert werden zu können. Da es direkt ins Haus führt, ist es ihre einzige Chance.


    Indra späht rasch in die Dunkelheit hinter dem Loch und blickt dann zu Lak auf.


    "Ich bitte darum, zuerst gehen zu dürfen."


    Lak nickt unmerklich, aber die Geste reicht dem Javanen. Ohne den geringsten Laut verschwindet er in der Dunkeltheit und reicht Lak dann die Hand, um ihr hinein zu helfen. Der Kellerraum entpuppt sich als unspektakuläres Gewölbe. Von hier aus gilt es nun, sich einen Weg nach oben zu bahnen.


    "Dort ist eine Tür."

  • -2031-


    Simon ist froh, als er sieht, wie selbstverständlich Nairi nach oben klettert. Gut möglich, dass ihm die Kletterei schwerer fallen würde. Bevor er weiterdenken kann, endet der Kampf. Der tote Fong überrascht Simon. Scheiße. Warum? Wer steckte hinter der Entführung, bei der das Kind gestorben war? Wie waren die Motive? Wollten diese Leute ihn schützen? Das macht keinen Sinn, oder? Wie war die Beziehung zwischen Croaker und Fong? Fragen über Fragen... Jedenfalls steigert es Simons Lust auf ein Zusammentreffen mit Croaker nicht gerade. Und jetzt ist er auch noch der Drohne entwichen und außer Kontrolle.


    Lak macht sich mit Indra auf den Weg um das Gebäude. Die anderen hängen jetzt zurück, wenn Croaker sich schon bewegt. Vielleicht wäre es doch besser gewesen Nairi unten mitzunehmen, aber eben war die Situation noch anders gewesen. Nicht zu ändern. Angesichts dieser Umstände folgt Simon Lak und Indra. Er lässt einge Meter Abstand und bewegt sich etwas versetzt, um notfalls an beiden nach vorn vorbei schießen zu können. Nicht ideal, aber bei der Gefahr, auf Geister zu treffen, macht es auch Sinn, Indra an der Spitze zu haben.


    Als die beiden in dem Kellerraum verschwinden, guckt Simon sich noch einen Moment draußen um. Beobachtet sie jemand auffällig? Fällt ihm sonst etwas auf? Wenn er nichts feststellt, folgt er den anderen beiden in die Dunkelheit. Automatisch aktiviert sich die Restlichtverstärkung seiner Cyberaugen.

  • -2032-


    Als sich Simon umschaut, kann er nichts Auffälliges bemerken. Es sieht ganz danach aus, als würde sich die Handlung tatsächlich gänzlich in das Innere des trostlosen Gebäudes verlagern. Miu hatte sich allerdings zurückgehalten. Sie war weder der Gruppe nach oben noch ihm gefolgt. Stattdessen sieht Simon, wie die Chinesin zum Wagen zurückeilt.


    >> Ich gehe zum Wagen. Möglicherweise müssen wir jemand verfolgen.<<


    Gibt sie ihren kurzen Kommentar durch und verschwindet aus Simons Blickfeld.


    Ohne Mühe passiert Simon das lochartige Kellerfenster und betritt damit die Eingeweide des Gebäudes. Er bemerkt noch, wie Lak durch die einzige Türe des Raumes schreitet. Nur wenige Meter vom Loch entfernt beginnt eine fast nahtlose Dunkelheit, die durch das nur äußerst spärlich vorhandene elektrische Licht genährt wird, das im gesamten Gebäude um sein Überleben zu kämpfen scheint.


    Simons Cyberaugen passen sich sofort den aktuellen Lichtverhältnissen an, sodass er bereits einen Augenblick später wieder einen klaren Blick hat.


    >> Das Haus macht einen verwinkelten Eindruck.<<


    Geht Indras nächste Bemerkung durch das Netzwerk der Gruppe.


    Doch bereits wenige Momente später ergänzt der Javane seine Information mit einer positiven Erweiterung.


    >> Ich sehe eine Treppe.<<


    Als Simon in den Gang tritt, folgt er den anderen und erkennt alsbald ebenfalls die Treppe, die nach oben führt und die bereits von Lak und Indra bestiegen wurde. Kurze Zeit später finden sich alle drei Runner in einem schäbigen, trostlosen Treppenhaus wieder, das durchaus auch in die Redmond Barrens Seattles hineingepasst hätte. Wie vermutet führt die alte Treppe noch weiter nach oben, während ein schmaler Gang geradlinig abgeht und an etwas endet, das wie die Eingangstür des Gebäudes aussieht. Der Gang ist kahl, versehen mit einer bizarr wirkend hohen Decke. Auf der rechten Seite hat jemand eine einzelne Platte der Wandverkleidung entfernt und in einer schmalen Einbuchtung eine Art Hausschrein installiert, in dem Räucherstäbchen und mehrere mythologische Figuren zu erkennen sind.


    Simon denkt nach. Prinzipiell hat Croaker zwei Möglichkeiten, um aus dem Gebäude zu entkommen. Entweder er nutzt das Dach bzw. eines der Fenster oder er kommt durch das Treppenhaus und nutzt den Hauseingang. Doch woher sollen sie wissen, ob sie im richtigen Treppenhaus sind? Der Größe des Gebäudes nach zu urteilen, ist davon auszugehen, dass die einzelnen - leider von außen nicht mehr zu erkennenden - Abschnitte jeweils über ein eigenes Treppenhaus verfügen. Wenn Croaker also wirklich über dieses entkommen möchte, dann ist der einzige sichere gemeinsame Punkt die Straße, die sich auf der äußeren Seite der Hauseingänge befindet.

  • -2033-#


    Mike fluchte leise vor sich hin, weil die Kletterei so beschwerlich war und er jeden Augenblick damit rechnete, doch noch abzustürzen. Dann war er endlich oben angekommen und zwängte sich durch das Fenster. Drin warteten bereits Cheveyo und Nairi also übernahm Mike die Führung der kleinen Gruppe. Die Lichtverhältnisse waren ziemlich bescheiden, aber seinen Cyberaugen war das ziemlich egal. Der Radarsensor arbeitete ebenfalls fehlerlos, aber dank der verwinkelten Bauweise war dessen Reichweite im Gebäude leider ziemlich beschränkt.


    Mit dem Taser in der Hand macht sich der Troll daran, weiter vorzudringen und die Leichen zu überprüfen, als erstes jedoch ging er zu Fong, vielleicht konnten sie ihm noch irgendwie helfen.

  • -2034-


    Cheveyo hatte gewartet bis Mike endlich oben war. Er überließ dem Troll die Führung und folgte ihm mit einigen Metern Abstand. Als dieser begann die Leichen zu untersuchen, blickte sich der Ork um ob sich irgendwo noch etwas regte. Das frische Blut in dem sie standen schien ihn nicht weiter zu berühren und auch der eiserne Geruch davon, der in der muffigen, stehenden Luft deutlich hervorstach, ließ ihn völlig kalt. Sein Kopf ruckte hin und her und seine Augen wanderten ruhelos durch den Raum. Er konzentrierte sich auch auf sein Bewegungsgespür und schien sich gerade von seinen Instinkten leiten zu lassen, den Speer dabei fest in der rechten, bereit jederzeit auf jedwegige Bedrohung zu reagieren.

  • -2035-


    Croaker ist nicht mehr hier - das wird sowohl Cheveyo als auch Mike schnell klar. Aber der Rabenschamane hat Spuren hinterlassen - blutige Spuren. Die Schäbigkeit der kahlen Wohnung lässt die dort versammelten Leichen wie Figuren erscheinen, die einem düsteren und bizarren Puppenhaus entsprungen sind. Anders als Cheveyo und Mike tastet sich Nairi nur langsam an das Innere der Wohnung heran und meidet es auch, mit den Leichen in Berührung zu kommen.


    Die Schwertkämpfer sind japanischer Abstammung. Sie alle tragen eine enganliegende urbane Kluft, die ein wenig an die traditionelle Verkleidung der japanischen Ninja erinnert. Die Schwertklingen, mit denen die Männer gekämpft haben, sind größer und schwerer als jene, mit denen Ninja der Überlieferung nach für gewöhnlich in den Kampf ziehen, aber wer weiß schon genau, über welche Bewaffnung diese Leute tatsächlich verfügen. Was Fong angeht, so dauert es nicht lange, um zu erkennen, dass der Chinese diese Welt verlassen hat. Ein dunkler, dicker Strom dunkelroten Blutes läuft ihm aus Nase, Ohren und Augen. Da er sonst keine größeren Wunden aufweist, geht Mike davon aus, dass Croaker ihn mit seiner Magie niedergestreckt hat.


    ...


    Lak, Indra und Simon machen sich zu der Tür auf. Vorsichtig öffnet der Javane diese und späht hinaus. Doch anstatt Croaker entdeckt er den Wagen der Entführer - oder zumindest ein baugleiches Fahrzeug-, der so eben vor dem Hauseingang zu ihrer Rechten zum Stehen kommt.

  • -2036-


    Fongs Körper lehnt mit Handschellen fixiert an der kahlen, heruntergekommenen Wand des zweiten Raumes. Der Mann hatte nicht die geringste Chance, sich zur Wehr zu setzen. Als Mike den toten Chinesen durchsucht, findet er nichts von Interesse - sogar das Kommlink hat man ihm abgenommen. Doch dann bemerkt der Troll etwas anderes. Als er danach greift, stellt er fest, dass es sich um eine Art Visitenkarte handelt. Das Kärtchen ist eines jener altmodischen Objekte, wie es sie früher zu Hauf gab, als der Großteil der Kommunikations und Wissensspeicherung noch auf dem geschriebenen Wort basierte. Doch statt eines Namen oder einer Adresse erkennt Mike eine einzelne, handschriftlich verfasste Nachricht - schwarze Tinte auf bambusfarbigem Hintergrund:


    Wir müssen reden - komm alleine.


    Dahinter folgt eine Symbolreihe, die Mike sofort als Koordinaten ausmacht.


    Dann hört er Nairis Stimme hinter sich. Die Elfe ist so eben in den zweiten Raum getreten und versucht an Mike vorbei, Fongs Leiche zu mustern.


    "Hast du etwas gefunden?"