[IP] Electric Dreams

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    Mit den Füßen wieder auf dem Boden, scheint sich Miu sichtlich wohler zu fühlen. Bevor sie antwortet nimmt sie sich erstmal die von Croaker angebotene Zigarette und lässt sie sich von dem Rabenschamanen anzünden. Dann wendet sie sich Lak und Mike zu.


    "Ich kenne sie. Und von diesem angeblichen Angriff weiß ich nichts. Er stammt auf jeden Fall nicht von uns, sowas ist nicht unser Stil...
    Ich hätte nichts dagegen, wenn ihr mir dieses Problem aus dem Weg schafft, ich habe nämlich bald ein wichtiges Rennen. Vielleicht besprecht ihr diese ganze Sache aber besser mit Yu... ."

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    Azrael hatte bisher etwas abseits im Schatten eines Müllcontainers gestanden - die Arme lässig verschränkt, die Hände an den Griffen der Predators im Schulterholster - und den Bereich vor dem Eingang des Spielpalasts im Auge behalten, aber nun wollte er sich auch noch mal in das Gespräch mit Miu einmischen.


    "Ah, weißt du, wenn uns daran gelegen wäre, uns mit irgendwelchen langwierigen diplomatischen Verhandlungen zu beschäftigen, dann hätten wir damit schon angefangen. Uns liegt aber nicht besonders viel daran - wir sind ausschließlich an Nicole Smith interessiert. Daher wäre es am einfachsten, wenn du uns sagst, wo wir sie finden. Oder uns direkt zu ihr bringst, natürlich. Dann bist du uns und Ms Smith auch ganz schnell los..."


    Andererseits wär's durchaus nicht schlecht, die Kleine nicht so schnell loszuwerden... Mmh, epische orchestrale Musik kommt sicher gut zu einem Video von ihr bei ihrem Motorradrennen... Oder zu ganz anderen Dingen...


    Es kostete ihn einiges an Willenskraft, seinen Blick wieder in Richtung des Spielpalasts zu wenden, aber nach ein paar weiteren Streifzügen über Mius Körper gelang es ihm irgendwann doch. Leise, rhythmische Klack-Geräusche seiner künstlichen Finger auf dem Stahl der schweren Pistolen halfen ihm dabei, sich wieder zu konzentrieren.

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    Zum ersten Mal schaut Miu zu dem Elfen herüber, der nun etwas weiter in ihr Sichtfeld getreten ist. Als sie seine Blicke bemerkt, die für einige Sekunden lang über ihren Körper gestriffen waren, zwinkert sie ihm zu, antwortet dann aber wieder in neutralem Tonfall an die Gruppe gewandt:


    "Wenn's so einfach wäre... Ich habe keine Ahnung wo die Tussi steckt. Sie sollte doch abgereist sein, oder? Das Problem ist, Yu wartet auf ne Nachricht von ihr, auf irgendein Lebenszeichen, denn sie hat ihm versprochen: "wir bleiben in Kontakt, ich werde dich nie vergessen bla bla"; aber es kommt nix und genau das ist das Problem... ."


    Sie macht eine kurze Pause in der sie an ihrer Zigarette zieht und fügt dann noch mit leicht verdrehten Augen hinzu:


    Deswegen sprecht ihr vielleicht besser mit ihm selbst, ich möchte nur ungern weiter auf diese ganze Beziehungssache eingehen... ."

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    Auch Mike waren Azraels Blicke nicht entgangen. Mhm, der soll sich mal zusammenreißen. Wir sind hier mitten in Kowloon - denkbar schlechter Ort, um seinen Hormonen freien Lauf zu lassen ...


    Mius erneuter Hinweis auf ein direktes Gespräch mit Yu gefiel Mike zwar, aber so ganz wohl war ihm dabei nicht.


    "Was ein Gespräch mit Yu angeht: Wir werden sicher nicht einfach da drüben reinmarschieren und mal ebend nach Yu fragen. Mir wäre wohler, wenn wir uns auf neutralem Territorium treffen. Ich denke ja nicht, dass er einfach mal so ebend hier rausspaziert kommen würde. Könntest du da was arrangieren?" fragte er in Richtung Miu, wobei er die Frage durch einen Blick in die Runde aber auch für die anderen zur Disposition stellte.

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    "Sollten wir allerdings einen eher neutralen Ort wie z.B. ein öffentliches Cafe oder Restaurant auswählen für das Treffen, dann sind zwar beide Seiten vorsichtig, es besteht aber für jede Seite ein geringeres Risiko, von der anderen Seite hinters Licht geführt zu werden. Außerdem kann man auch gleich das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden und ein Getränk oder etwas wohlschmeckendes zu sich zu nehmen, was für diplomatische Gespräche ebenso entspannend und förderlich sein soll." meldet sich Dexter zu Wort, der absolut keine Neigung dazu hat, sich zu Verhandlungen auf für ihn ungünstiges und größtenteils unbekanntes Territorium zu begeben und dies den anderen auch per PAN mitteilt.

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    Miu nickt verstehend.


    "Wie wäre es mit Shar-Pei? Das ist'n Laden hier in der Nähe. Eigentlich der einzige hier in der Nähe, den ich kenne... ."


    Schlägt sie der Gruppe vor und fügt dann noch an Dexter gewandt hinzu:


    "Aber angenehm wird es dort nicht sein, nirgendwo in Kowloon ist es angenehm."

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    "Ja, ist schon ne fiese Ecke hier...also ehrlich, mein Ding ist das hier wirklich nicht.


    Sagst Du ihm dann Bescheid?
    Kennst ihn ja schon was besser....


    Aber uns wäre es wirklich lieber, wenn er allein kommt, nach der ganzen Scheiße, die wir hier schon erleben mussten.
    Ich hoffe, Ihr habt da Verständniss für."

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    Azrael raeusperte sich hoerbar, und drehte sich wieder kurz zum Rest der Gruppe um.


    "Hmmja, es sei denn natuerlich, du wuerdest uns vielleicht bei etwaigen Verhandlungen mit Yu unterstuetzen wollen, immerhin ist es ja auch dein Anliegen, diese Sache mit Ms Smith aus der Welt zu schaffen, und so... Und, wie der werte Kollege gerade schon sagte, du kennst Yu ja schon was besser..."


    Er wartete gerade lange genug, um Mius Reaktion noch mitzubekommen, bevor er sich wieder der Beobachtung der Gasse zuwandte, um sein Grinsen zu verbergen.

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    "Ich werde das tun was nötig ist, um diese Sache aus der Welt zu schaffen...
    Ich kann aber nicht garantieren, dass er alleine kommt. Tao wird davon überhaupt nicht begeistert sein; und außerdem seit ihr ja auch zu mehreren... ."


    Sie hält kurz inne und fügt dann noch hinzu:


    "Ich werde ihm jetzt eine Nachricht über mein Kommlink schreiben, so ka?"

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    Lak nickt zustimment. "Na gut, er kann aber höchstens drei Leute mitbringen. So wären wir zahlenmässig gleich vertreten."


    Das sie dann zumindest magisch noch Überlegen sind erwähnt sie nicht.
    Lak überlegt sich kurz ob sie verlangen soll, daß Tao nicht dabei ist. Ihr fällt Pi Nüngs Wahrung ein, das Tao allein hinter dem Anschalg stecken könnte.


    Aber wenn er wirklich die Schlange ist wäre es besser ihn in Sichtweite zu haben.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    "Geht klar."


    Miu verstummt, während sie über ihr Kommlink Yu kontaktiert. Die Sache dauert nur wenige Augenblicke, dann wendet sie sich wieder der Gruppe zu.


    "Er ist einverstanden. Wir sollen ihn im Shar-Pei treffen."


    Miu schaut kurz zu Lak hinüber und vor allem zu Mike, um sich die Bestätigung geben zu lassen, dass sie die Gruppe zum Treffpunkt führen soll.

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    Als Lak noch mit Miu spricht, bekommt sie von Dexter eine kurze Nachricht: Kannst Du die gesendete Nachricht abfangen? Ich traue lieber einmal zuwenig, als hinterher einmal zu oft verarscht zu werden. Und dadurch müßten wir dann auch an die Comlinkid's von den beiden rankommen, die sicher auch ganz nützlich wären - zum Beispiel, um ihre Bewegungen zu tracken.


    Ansonsten hält sich Dexter aktuell wieder im Hintergrund und achtet auf die Umgebung.

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    Miu schien auf eine Art Erlaubnis zu warten, sie zu führen. Mike gefiel der Treffpunkt auf jeden Fall besser als der Spielpalast, auch wenn Kowloon an sich kein gutes Pflaster war.
    "Ok, von mir aus können wir los. Ich bin mal gespannt, was Yu zu der ganzen Sache zu sagen hat."


    Der Troll änderte seine Haltung ein wenig und stand nun nicht mehr so bedrochlich hinter Miu, sondern war wieder mehr auf die Umgebung bedacht - es gab genügend Raubtiere im Sprawl und die vierbeinigen waren nicht seine größte Sorge.

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    Jenseits der Lagerhallen und Yamadas Spielpalast liegt eine einsame, düstere Seitenstraße, eine von diesen Straßen, die man überall in Kowloon findet. Es ist eine Straße in der die Häuser nur noch trostlose Skelette aus altem Plastik und Schutt sind, nicht mehr Schutz und Wärem bieten, als die Straße selbst.
    Über einer Stahltür funkelt eine defekte Neonreklame, die einen Hund zeigt, der wohl einmal animiert gewesen ist, nun aber nur noch flimmert und flackert, so als würde er langsam zu Grunde gehen.
    In einem ähnlichen blutrot wie die große Neonschrift des Spielpalastes zieht sich ein schmaler Schriftzug mit dem Wortlaut Shar-Pei über dem Eingang, das einzige Indiz dafür, dass sich hinter dem Laden überhaupt irgend etwas verbirgt, denn die wenigen Fenster an der Front sind fast eben so grau, wie die Wand um sie herum. Ein Schrei ist zu hören, kurz und vor Schmerz. Dann fliegen Glassplitter auf die Straße, während der Körper eines Mannes unsanft durch die Fensterscheibe geworfen wird. Ein Stöhnen ist zu hören, als der Chinese hart auf dem Asphalt der Straße aufschlägt, das Gesicht blutig von tiefen Schnittwunden.
    Im selben Moment öffnet sich die Tür und zwei chinesische Orks in abgewetzten Mänteln treten heraus, die Schlagring besetzten Fäuste zusammen geballt.


    "Lass dich hier nie wieder Blicken, du verdammter Bastard, sonst schneiden wir dir deine Eier ab... !"


    einer der Orks spuckt dem Mann hinter her, der mit letzter Kraft von dannen kriecht und dabei eine Blutspur hinterlässt.
    Als ihr vor dem Laden angekomme seit, stupst der andere Ork seinen Kollegen an, der sich darauf hin in eure Richtung umdreht. Kurz lässt er den Blicken seiner kleinen Augen über die Gruppe schweifen und leckt sich beim Anblick von Lak und Miu mit der Zunge über die Hauer.


    "Sieh einer an, wen haben wir denn da?"

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    Kowloon war immer noch dasselbe Drekloch wie früher, wenn nicht sogar noch düsterer. Hier hausten die Illegalen Flüchtlinge aus China, Südostasien und Russland oft schon in zweiter oder dritter Genetration. Auch viele Ghule oder noch schlimmere Kreaturen lebten hier relativ unbehelligt.


    Lak hätte ohne die schwerbewaffneten Runner nie einen Fuß nach Kowloon gesetzt. Die chinesische respektvolle Höflichkeit die man ihr in ihrer schicken Kleidung und feinen Ausrucksweise als vermeintlich „höhergestellten Dame“ bisher entgegenbrachte existiert hier nicht.
    Im Gegenteil! Wäre sie hier alleine unterwegs würden die Bewohner von Kowloon sie in kurzer Zeit ausrauben, vergewaltigen, ermorden oder auffressen. Möglicherweise auch alles zusammen und nicht unbedingt in dieser Reihenfolge!


    Das sie mit ihrer Befürchtung recht hat zeigt schon das Auftreten der verwahrlosten Orks die aus dem Shar-Pei kommen.
    Der einzige Shar-Pei der hier jemals vorbeikam ist sicher im Kochtopf gelandet.


    "Sieh einer an, wen haben wir denn da?"
    grunzt einer der Straßenschläger sie an.
    Lak beschließt den unhöflichen Gossenpunk demonstrativ zu ignorieren. Sie weicht dabei etwas hinter ihren „Bodyguard“ Mike zurück.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    "Nicht so schüchtern, Süße, wir wollen doch nur bestaunen, was hier durch unsre Straße läuft... ."


    meint der Ork zu Lak, nachdem diese sich leicht hinter Mikes massigen Kröper bewegt hat.
    Der andere Ork ist derweil dazu übergegangen, Miu mit seinen Blicken auszuziehen, hält sich verbal jedoch zurück. Miu ist bei der Gruppe stehen geblieben, wirkt ansonsten aber selbstsicher und wirft dem Ork sogar ein fast schon herablassendes Grinsen zu.

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    Mehr als gucken geht mit so ner Fresse ja auch nicht.


    bemerkte Croaker trocken.


    Während die Typen noch glotzten, fügte er hinzu :


    Was ist jetzt?
    Gibts bei Euch Vögeln auch was zu Saufen oder kommen die Leute nur hier hin um sich zusammenschlagen zu lassen?

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    Der Ork fixiert Croaker mit einem starren Blick aus seinen kleinen Augen.
    Mit ruhiger, aber selbstsicherer Stimme antwortet er:


    "So, so... unser bleicher Freund hier will den Damen wohl imponieren...
    Ich werd dich im Auge behalten."


    Er macht eine theatralische Pause, bevor er noch, an die Gruppe gewandt, hinzufügt:


    "Und jetzt noch mal für alle: Wenn ihr Stress macht, müsst ihr auch mit den Konsequenzen rechnen... ."


    Dabei zeigt er mit einem Wink auf den Typen, der mittlerweile auf der anderen Straße angekrochen ist und sich dort schmerzerfüllt an die nächste Häuserwand gelehnt hat.


    Ohne auf eine Antwort zu warten, kehren die beiden Orks euch den Rücken zu und verschwinden wieder hinter der sperrigen Metalltür.


    "Was für ein netter Empfang"


    merkt Miu leise an und öffnet die Tür.
    Das Innere des Shar-Peis gleicht einer dreckigen Spelunke. Der Boden ist voll von irgendwelchen Leuten, die Karten- und Würfelspiele spielen, während die Tische als Getränkeablage genutzt werden. Das Licht kommt von alten Gaslampen und neben der Bar stehen Bambuskäfige mit eingesperrten Tieren, die sowohl als Zutat wie auch für Tierkämpfe benutzt werden könnten. Die beiden Orks haben sich in eine der Ecken des Raumes zurückgezogen, wo noch ein ganzer Haufen weiterer Orks sitzt, die rauchen und Bier trinken. Irgendwo durch den Zigarettenrauch hinweg, ist dann auch die Bar zu erkennen. Sie ist nicht vielmehr als ein Holzverschlag, mit hölzernen Bänken davor, an dem neben der Getränkeausgabe auch über offener Flamme gekocht wird. Der Barkeeper ist ein unglaublich fetter Chinese mit dreckiger Schürze, der mit seinem Beil nicht nur Zutaten zerkleinert, sondern auch aufräumt, Fleisch wendet und sich das Haar zurückstreicht, wenn es dem Wok zu nahe gekommen ist.

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    Dexter schaut sich - leicht angewiedert - in dem Etablissement um. Diese runtergekommene Bude ist nicht unbedingt das, was er sich vorgestellt hatte, aber etwas besseres wird er zumindest hier nicht finden.


    Nach einem ersten Überblick versucht er, die übelsten optischen und akkustischen Reize durch ein AR-Overlay auszufiltern, was auch halbwegs gelingt - gegen die hiesigen Gerüche kann er leider nichts unternehmen.


    Ich hoffe mal, daß unser Gespräch hier gut und schnell verläuft - der Laden ist nicht unbedingt die Umgebung, die ich mir vorgestellt hatte. Ich würde es dem Koch durchaus zutrauen, daß die Speisekarte unter anderem aus ehemaligen Kunden besteht... lasst uns sehen, daß wir fertigwerden und dieses Rattenloch hinter uns lassen können teilt er den anderen Teammitgliedern seine Bedenken über das Team-PAN mit.


    Dann beschließt er, das Beste aus der Situation zu machen und er beginnt, sich in der Bude umzusehen, um mögliche Fluchtwege, versteckte Gefahren und weitere wichtige Details zu Raum und Personen zu sammeln.


    Haben wir Zugriff auf eine Karte dieses Schuppens? Eine Umgebungskarte kann ich sicher aus meinen Datenbeständen über HongKong ziehen frage ich dann wieder übers PAN und suche durch meine Datenchips nach der örtlichen Umgebungskarte, um den Ausschnitt dann im PAN freizugeben.