[IP] Electric Dreams

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    Die Explosion hat sich links von euch, also zur Fahrerseite hin ereignet. Da wegen des ständig stockenden Verkehrs eine hohe Fahrgeschwindigkeit ohnehin nicht möglich ist, hat der Bus den Aufprall mit dem Wasser-Transport gut überstanden und scheint auf den ersten Blick keine größeren Beschädigungen davon getragen zu haben - obwohl man das aus dem Fahrzeuginneren heraus betrachtet, natürlich nur bedingt sagen kann.
    Simon hat die Situation als erster erkannt und nimmt die verschiedenen Eindrücke von Außerhalb des Fahrzeugs wie bei einer Bestandsaufnahme in sich auf.
    Die Explosion muss von einer größeren Bombe gekommen sein, welche unmittelbar vor dem gläsernen Eingangsbereich der Geschäftszentrale der Shiawase Bank, an der ihr gerade vorrüber gefahren seid, detoniert ist. Die Druckwelle und herumfliegende Splitter haben Dutzende Menschen wie Spielzeugpuppen hinweg geraft und etliche andere schwer verletzt. Die untere Glasfront des Bankgebäudes ist größteteils geborsten und von schwarzen Brandflecken übersäht, während sich der Rauch kleinerer Feuer über den gesamten Gehweg und Teile der Straße ausgebreitet hat, weshalb die Situation nur schwer zu überblicken ist.


    Als Croaker seine astrale Wahrnehmung aufrichtet, flammt ein Inferno aus Angst und Panik um ihn herum auf. Es ist wie ein schriller Schrei, gepaart mit dem Weinen der Wehklagenden. Da seine Sichtfeld stark eingeschränkt ist, überwindet er das astrale Schwindelgefühl, und projeziert seinen Astralkörper über den Wagen, um besser sehen zu können. Als er sich umsieht, kommt er zu den selben Schlussfolgerungen wie Simon, der die Szene vom Wagen aus in sich auf nimmt. Das Leid um ihn herum paralysiert ihn und ist auf der Astralebene nur schwer zu etragen, da es flutwellenartig durch das Grau des Betondschungels in alle Richtungen strömt. Über dem Feuer steigt dunkler Rauch auf, dessen filigrane Ranken, sich plötzlich zu schattenhaften Raben wandeln, die Croaker anstarren und dann in den Himmel hinauffahren. Raben? Die Vorboten des Unheils? Sein Totem? Doch als er das nächste mal blinzelt, da er glaubt, einer seltsamen astralen Verzerrung zu unterliegen, sind sie bereits verschwunden, und plötzlich ist sich Croaker nicht mehr sicher, ob er sie wirklich gesehen hat, oder nicht...

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    Mike hatte anfangs sehr interessiert uas dem Fenster geschaut und war erstaunt, als der Moloch von Stadt in Sicht kam. Dass monotone Hupen hatte ihn wohl ein klein wenig eingelullt, aber die Explosoion hatte ihn in Sekundenbruchteilen wieder zurückgeholt. Fast automatisch sprangen seine Reflexbooster an und katapultierten ihn auf Höchstleistung. Seine Cyberware hatte ihn die Richtung der Explosion erraten lassen und er hatte sich instiktiv umgedreht, ob den anderen nichts passiert war. Simon war wohl ebenso schnell . der Norm hatte bereits den Wagen verlassen und ihn auf einer Seite gesichert. Blitzartig öffnete auch der Troll seine Gurte und glitt aus dem Fahrzeug. Draußen richtete er sich zu voller Größe auf, um einen besseren Überblick zu haben.
    Sehr viel Blut ist zu sehen und Teile von Leichen, aber auch Schmerzensschreie von Verwundeten erfüllen die Luft. Geduckt bewegt sich Mike ein wenig in Richtung der ehemaligen Front der Bank. Dann sendet er Lak und Croaker eine AR-Nachricht:
    << Wollen wir uns kurz umsehen und um Verletze kümmern? Oder sollten wir nicht lieber schleunigst verschwinden, bevor irgendwelche Sicherheitskräfte auftauchen? Dann landen wir vielleicht im Fadenkreuz de Aufmerksamkeit. >>


    Er mochte es nicht, die Verletzen leiden zu lassen, aber wenn sie hier schon auffielen, würde ihr Job wahrscheinlich wesentlich schwerer.

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    Während der Fahrt hatte Lak fast den Eindruck wieder in Bangkok zu sein. Doch die Zustände scheinen hier sogar noch chaotischer zu sein was die Explosion bewiesen hat.


    Kein gutes Zeichen! Obwohl ihre Schutzgeister wieder Glück gebracht haben indem das Fahrzeug von der Explosion verschont blieb.


    Lak blickt bestürzt auf die Opfer.


    Sie möchte nur schnell weg von dem Ort, damit das Unglück und die bösen Geister nicht auf sie aufmerksam werden. Oder die lokale Polizei wenn ein Hafen Runner sich in der nähe eines Bombenanschlags herumtreibt.


    Sie antwortet auf Mikes Frage
    <<< Das fängt ja sehr unglücklich an. Wir sollte lieber verschwinden, unsere medizinischen Kentnisse sind ja begrenzt. Ich werde später in der Matrix recherchieren was genau passiert ist.>>>

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Croaker schüttelte sich, als er in seinen Körper zurückkehrte.


    Fuck, passiert das hier öfter?
    richtete er sich an Hakim.


    Das sieht übel aus.
    warf er in die Runde.


    Ich bin ja Einiges gewohnt, aber das hier...das ist heftig.
    Muss haufenweise Tote und Verletzte geben, so wie es im Astralraum aussieht.
    Ist fast nicht auszuhalten.


    Er warf einen Blick auf sein Komlink, überlegte kurz, dann bemerkte er :


    Lass uns fahren, aber ruhig bleiben.
    Kann natürlich sein, dass uns jemand als Zeugen befragen will, obwohl ich glaube, dass da andere mehr gesehen haben.
    Augen aufhalten kann aber nicht schaden.

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    Wie auf Autopilot hatte er das Fahrzeug verlassen, genauso wie der Troll - Mike - auf der anderen Seite. Obwohl er die Fakten blitzschnell aufgenommen hatte, braucht Simon einen Moment um zu realisieren, dass es jetzt nichts weiter zu tun gibt. Er hört die Schreie und das rundherum losbrechende Chaos, als scheinbar wie auf Kommando alle Welt versucht wegzulaufen oder verzweifelt Freunden und Bekannten zu helfen, doch hat selbst nichts zu tun.
    Dass der Troll sich einige Schritte auf die Bank zubewegt nimmt er wahr, aber es ist eine ziemlich nutzlose taktische Information - es gibt keinen Feind, sondern nur Schmerz und Tod um sie herum. Betroffenheit droht in zu lähmen, aber der Verstand und die immer wieder durchdachten Verhaltensweisen behalten die Oberhand. Dieses hier ist nicht ihre Aufgabe. "Lass uns fahren, aber ruhig bleiben."
    Ohne von den AR-Nachrichten zuvor etwas mitbekommen zu haben stimmt er diesem Croaker zu: "Ja, Zeit zu verschwinden." Seine Stimme klingt etwas gepresst und wer jetzt genau hinsieht könnte meinen, dass er ein bisschen bleich geworden ist.
    Mit einem Gedanken sichert er den noch immer verborgenen Manhunter wieder. Als er seine Hand wieder unter dem Jackett hervor zieht, hält er stattdessen eine Schachtel Zigaretten darin.
    "Darf ich? Noch jemand?", bietet er sie auch dem Rest an, während er wieder einsteigt. Als erstes hält er sie zu Lak hinüber.
    Dabei guckt er aber niemanden direkt an, sondern beobachtet an den Leuten vorbei weiter die Umgebung. Überhaupt spricht es nicht gerade für eine ausgeprägte Nikotin-Sucht, dass er unter diesem Umständen noch fragt, anstatt sich einfach eine anzuzünden.

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    Hakim verspürt zuerst den Impuls einfach loszufahren und sich von diesem Ort wegzumachen.


    "Das Militär wird bestimmt bald hier sein und alles abriegeln. Und was der komische Mr.Bhan von dem Auftrag erzählt hat ist die Truppe auch schwer bewaffnet."

    "Einsteigen. Wir fahren!"
    sagte er in einer Lautstärke das ihn die die anderen Runner über das Wimmern und der Schmerzenschreie der verletzten auch hören konnten. Hakim klang ungeduldig. Vielleicht auch ein bisschen zu laut.


    Ein Verletzer schaute ihn hoffnungsvoll aus Trüben Augen etwa fünfzig Meter vor ihm an und hob hilfesuchend eine Hand. Er erwartete wohl einen Krankenwagen.


    "Der Krankenwagen kommt gleich" sagte er mit HIlflosigkeit in der Stimme zu dem Mann der dort blutend vor seinem Wagen auf dem Boden lag. "Bei Gott, was für ein Blutbad" Er war sich allerdings nicht sicher ob der Mann ihn wirklich hören konnte. Hakims Audiodämpfer hatten die schädlichen Spitzen der Druckwelle herausgedämpft und er konnte ohne Probleme alles hören. Dem Mann vor ihm auf dem Boden mussten aber warscheinlich die Ohren klingeln.


    Als alle im Wagen saßen sagte er während er den Rückwärtsgang einlegte und durch den Rücjkspiegel schauend nach hinten fuhr und dabei einen Arm an die Kopfstütze des Beifahrersitzes legte:


    "Wir müssen hier weg. Ihr habt bestimmt Waffen dabei und das Militär nimmt einen hier erstmal fest und stellt dann fragen."


    "Bloß nicht auffallen." sagte er und versuchte zügig den Bus mit seinen neuen "Freunden" weg vom Ort des geschehens zu bringen.


    "Das müssen wohl Terroristen gewesen sein. Kam letzte Woche was in den News. Nicht das erstemal hier" sagte er weiter in passablem Englisch. Er beherrschte die Sprache ganz ordentlich. Ein Amerikaner in den UCAS hätte ihn wohl für einen Langjährigen Einwanderer gehalten. Man merkte jedoch immernoch das Englisch nicht seine Muttersprache war. Vorallem wenn man selbst Englisch perfekt beherrschte.


    "Warum hab ich der kleinen nicht geholfen! Verdammt!"

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    "Darf ich? Noch jemand?"


    Croaker winkte ab, da er bereits vor der Explosion die nächste Zigarette angezündet hatte, ohne groß zu fragen, ob das ein Problem sei.


    Hoffe mal, das Militär geht nicht davon aus, dass die Terroristen ein Taxi nehmen, um abzuhauen.

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    Lak verneint das freundliche Angebot von Simon mit einem indonesichen „Terima kasih“ da sie die Indonesich-Linguasoft schon aktiviert hat. Dabei bemerkt sie hier den Vorteil ihrer thailändischen Herkunft. Auch wenn sie keine Javanerin ist weiss sie intuitiv welche der 12 Varianten Nein zu sagen jeweils angemessen ist. Eine Langnase wird trotz Sprachsoftware Schwierigkeiten haben einzuschätzen wann er Belum, Tidak Usah, Jangan oder ein anderes Wort für Nein sagen muss ohne den Gegenüber zu beleidigen.


    Aber vielleicht sollte sie doch wieder mit dem Rauchen anfangen. Wenn das so weitergeht braucht sie etwas mehr als Meditation um die Nerven zu beruhigen.


    Hakim versucht es nicht zu zeigen, aber sie spürt wie auch ihm die Opfer nahe gehen. Er ist sicher kein eiskalter Profirunner, was ihn Lak aber sympathisch macht.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Mit Mühe gelingt es Hakim, den Bus aus dem größten Verkehrschaos zu lotsen und in einer Seitenstraße der Gajah Mada zu verschwinden.
    Innerlich ruhen eure Gedanken noch immer bei dem erschreckenden Ereignis, welches sich vor wenigen Minuten in eurer direkten Nähe ereignet hat, weshalb ihr die Straßenzüge von Glodok, Chinatown, nur oberflächlich wahrnehmt. Dennoch ist euch nicht entgangen, dass das Straßenbild sich gewandelt hat. Es ist nicht ganz so wie in Hong Kong, da ihr keinerlei chinesische Schriftzeichen erhaschen könnt, aber trotzdem erinnern die verwinkelte Architektur, die endlosen Ladenfronten von Software- und Elektro-Geschäften und vor allem die Masse an chinesischen Einwohnern ein wenig an das geschäftige, schillernde Mong Kog. Schnell wird klar, dass die Chinesen das hiesige Geschäftemachen fest in ihren Händen halten. Hinter einem Wald aus geparkten Motorrädern und Mofas erstreckt sich Jakartas größter Software-Schwarzmarkt, durch den sich zahllose Gassen zwischen den Ständen und Läden ziehen, die von Raubkopien, Unterhaltungssofts, Hacker-Ware und Pornos jeder nur vorstellbaren Art und Weise so überquillen, dass die Menschen darin wie Ratten anmuten, welche sich durch ein elektronisches Paradies wälzen. Es scheint, als würde hier ganz offen gehandelt werden, und niemand daran Anstoß nehmen.


    Irgendwo in der Nähe des Jinde Yuan, des ältesten chinesischen Tempels im Sprawl, erreicht ihr das Haus von Wei Hi. Genauso wie in Hong Kong, so leben auch hier die Menschen unter engsten Verhältnissen, und meist in unmittelbarer Nähe zu ihren Geschäften. In einer verwinkelten Straße befindet sich ein einfacher Elektroladen mit offener Front, in dem größtenteils Gebrauchtwaren japanischer Haushaltsgeräte verkauft werden, und der Wei His Laden zu sein scheint.
    Im Inneren des Geschäftes, scheint man bereits auf euch gewartet zu haben. Wei Hi ist ein kleiner Mann, den ihr auf Ende 30 schätzt, und der Sandalen, eine einfache Stoffhose und ein luftiges Hemd trägt. Der Empfang ist sehr herzlich, und Wei Hi ist äußerst erfreut, euch zu sehen. Sofort weist er einen jüngeren Chinesen, der euch ebenfalls begrüßt und sich als Wei His Neffe Jian vorstellt, dazu an, euch mit euren Sachen zu helfen. Der junge Chinese, den ihr auf 15 oder 16 Jahre schätzt, führt euch ans Ladenende, wo es eine Treppe nach oben, zu den Wohnbereichen gibt. Wei Hi selbst entschuldigt sich und verspricht, alsbald nachzukommen. Stattdessen bittet er jedoch Lak, die gerade als letzte die Treppe hinauf gehen wollte, zu sich in sein Arbeitszimmer.


    Wei His Geschäftszimmer ist ein kleiner Raum mit gekacheltem Boden und einem vollgestellten Schreibtisch. Ein Ventilator rattert in der Ecke des Zimmers und das Seitboard ist mit allerlei kitschigen Kleinigkeiten vollgestellt.


    "Du bist so schön, wie Pi Nüng es gesagt hat. Es ist mir eine große Ehre, deine Freunde und dich in meinem Haus zu Gast zu haben.
    Ich möchte dir gerne erzählen, was ich geträumt habe, damit du verstehst, warum ich Pi Nüng gebeten habe, mir Hilfe zu schicken.
    Du kannst auch deinen Freunden davon erzählen, aber ich wollte es zuerst dir erzählen, da ich weiß, dass du das Wort der Geister respektierst und verstehst.


    Folgendes träumte ich in der Nacht, nachdem man das Grab meiner Frau entehrt hatte:


    Ich stand an einem Hafen, an dem ich ein Schiff abfahren sah, welches von weiße Farbe war. An Deck ruhte eine Frau, meine Frau, gehüllt in weißes Tuch. Sie schien keine ruhe zu finden, denn groteske Dämonenfratzen zerrten an ihren Grabestüchern und drohten, sie ins Wasser zu reißen. Dann erblickte ich ein weiteres Schiff. Anders als das erste, näherte sich dieses Schiff dem Hafen, an dem ich stand. Seine Segel waren von einem satten Grün und ich wusste, dass auf dem Schiff die Hoffnung heran kam. An Bord erblickte ich einen roten Tiger, welcher das Schiff verließ und sich schützend an meine Seite stellte. Doch er war nicht allein, denn an seiner Seite ruhte ein zweiter, kleinerer Tiger. Auch dieser stellte sich an meine Seite.


    Als ich erwachte, fiel mir die Figur ein, die ich damals von Pi Nüng zum Geschenk bekommen hatte. Es war eine rote Tiger-Figur, und da wusste ich, dass Pi Nüng meine Hoffnung war, und das er den kleinen Tiger schicken würde, um mir zu helfen."


    Derweil hat Jian die anderen nach oben gebracht. Wei His Heim ist bescheiden und doch scheint man sich alle Mühe gemacht zu haben, um euch Willkommen zu heißen. Im Esszimmer steht ein großer, runder Tisch, welcher fast den gesamten Raum ausfüllt. Der Tisch ist bereits gedeckt und nachdem Jian euch die Räume gezeigt hat, in denen ihr euer Gepäck niederlegen könnt, bittet er euch, an der Tafel Platz zu nehmen.

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    Lak muss bei dem „Roten Tiger“ schmunzeln. Sowas passt wirklich zu Nüng – der roten Ameise. Sie wird wohl der kleinere Tiger sein.


    „Danke für das Kompliment. Ja ich respektiere den Willen der Geister. Ob im Diesseits, Jenseits oder in der Matrix. Wenn sie erzürnt sind muss es immer einen Grund geben. Pi Nüngs Freunde sind auch meine Freunde und wenn ich kann werde ich gerne helfen. Meine Kollegen sind trotz ihrer direkten Art sehr kompetent und loyal. Aber ich fürchte wir brauchen genauere Informationen über die ... Ereignisse. So schmerzlich sie auch sein mögen."


    Amer Wie Hi. Chinesen haben es in Südostasien nirgends leicht. Vermutlich weil sie einfach Arbeitstiere sind. Die ersten chinesischen Gastarbeiter die vor etwa 250 Jahren nach Bangkok kamen hatten wenig mehr als eine Decke und einen Spitzhacke dabei. Aber unendlichen Fleiß und Geschäftstüchtigkeit. Inzwischen sind fast alle Thailändischen Banken und Großkonzerne in den Händen ihrer Nachkommen. Dieser Reichtum erweckt natürlich den Neid der nicht ganz so arbeitsfreudigen Thailänder. Zudem bleiben Chinesische Familien gerne unter sich, stolz auf ihre jahrtausende alte Kultur und vermischen sich selten mit der lokalen Bevölkerung.
    Das alles spielt sich auch auf Java ab nur dass es hier sogar regelrechte Rassenkämpfe gegeben hat.
    Natürlich gab es auch hier unterscheide, so sind die Peranakan Chinesen völlig eingegliedert während Totok-Chinesen nach wie vor China als ihre Heimat ansehen.


    So oder so setzten die Chinesen wenig Vertrauen in die Hilfe der javanischen Polizei.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Wei Hi nickt verstehend und lächelt.


    "Ja, du hast recht. Ich werde euch zum Grab meiner Frau bringen. Aber erst morgen, denn heute ist nicht der richtige Tag dazu. Heute werdet ihr in meinem Hause speisen und euch erholen."


    Nachdem dies geklärt ist, begleitet Wei Hi Lak nach oben, wo sie zu den anderen dazu stoßen, die ihre Sachen bereits abgelegt haben.


    Jian erklärt ihr, dass sie ihre Sachen in Ching Lies Zimmer abstellen kann, dem Raum von Wei His Tochter. Mike, Simon, Croaker und Hakim haben den Raum gegenüber, eine Art Familienraum, erhalten, wo Jian genug Schlafmöglichkeiten vorbereitet hat, damit alle darauf Platz haben.

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    Croaker hatte Wei His und Laks Ausführungen weitgehend wortlos zugehört.
    An erzürnte Geister glaubte er nicht, seine Geister waren viel zu sehr mit ihrer kranken Art von Humor beschäftigt, um sich mit Zorn aufzuhalten.
    Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass es hier mit Dingen zuging, die über das Verständniss der Mundanen hinausgingen.
    Oder vieleicht war er auch einfach völlig durch den Wind.
    Die Abschiedsfeier in Hong Kong hatte ihn doch heftiger mitgenommen, als erwartet.
    Wenn man bei dem Versuch, seinen Rausch auszuschlafen, ständig von Visionen seines Totems heimgesucht wird, ist das ja auch wenig überraschend.
    Dann zum Empfang gleich ein Bombenanschlag...den Asienaufenthalt hatte er sich, als er in Seattle abgereist war, doch anders vorgestellt.


    Nachdem alle auf dem Zimmer angekommen und unter sich waren, beschloss er, das es nun wirklich Zeit für etwas Entspannung wäre und holte einen kleinen Beutel aus der Tasche, den er im Duty Free Shop am Flughafen gekauft hatte.
    Er sah in etwa so aus, wie die Plastikbeutel für Drehtabak, die man vereinzelt noch in spezialisierten Geschäften finden konnte, war aber nur gut ein Viertel so groß.
    In leuchtenden, rot-gelb-grünen Farben prangte darauf das Logo von Sativa Solutions, einem Subunternehmen von Horizon.
    Croaker brach die Versiegelung auf und direkt breitete sich ein intensiver, harziger Geruch aus.
    Er schnupperte am Inhalt des Beutels, nickte anerkennend und begann, vor sich einige Zigarettenblättchen aneinanderzukleben, aus einem Pappstreifen einen provisorischen Filter zu drehen und aus dem Beutel eine Mischung aus grob gehäckseltem Tabak, grünlichen Pflanzenteilen und einigen dazwischen verteilten, orangen Gelkapseln zu fischen.


    Fein, endlich mal was Anderes als dieser synthetische Schrott, den sie einem in Seattle andrehen wollen.


    Nachdem er fertig gedreht hatte, öffnete er das Fenster, zündete den Joint an, zog ein paar mal kräftig und hielt ihn dann fragend in die Runde.


    Dann lehnte er sich an die Wand, kratzte sich mit der bei ihm wohl mittlerweile charakteristisch wirkenden Geste am Hinterkopf und bemerkte :


    Komische Geschichte, oder?
    Mit der Frau, den Träumen und dem ganzen Zeug.
    Ich meine, unterbewerten sollte man solche Sachen nicht.
    Und man hört ja Einiges in den letzten Jahren, was...verschwundene Leichen angeht.
    Ihr wisst, worauf ich hinaus will?

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    Während des Essens hat Wei Hi euch erklärt, dass er euch morgen zum Grab seiner Frau bringen wird, damit ihr einen ersten Eindruck von der Sache erhaltet. Vorerst möchte euch der chinesische Elektrowarenhändler aber in seinem Haus zu Gast haben, damit ihr euch ausruhen könnt.
    Nachdem ihr gespeist habt, führt euch Jian durch das Haus, und zeigt euch die verschiedenen Räume. In der Einrichtung erkennt ihr viele Elemente, wie ihr sie auch in Hong Kongs Wohnungen gesehen habt, obwohl sich auch deutliche Spuren indonesischer Mentalität in den Räumen auffinden lassen. So ist z.B. das Badezimmer, abgesehen von der Toilette, die - Gott sei dank - westlichen Normen entspricht, ein typisch-indonesisches Mandi. In der rechten Ecke des Raumes befindet sich ein gekacheltes Becken mit frischem Wasser, auf dessen Sims verschiedenfarbige Plastikkellen liegen, mit denen man das Wasser aus dem Becken schöpfen kann, um sich zu waschen. Gewaschen wird sich dort wo man steht, so dass das Wasser im Zentrum des Raumes zusammenläuft und durch den Abfluss im Boden verschwindet. Hierbei ist es natürlich wichtig, dass man das Becken nicht als Badewanne oder Dusche "missbraucht", damit auch die Nachkommenden dort stets frisches - und natürlich nur kaltes - Wasser vorfinden.
    Nachdem euch Jian höflichst alle Räume vorgestellt hat, verabschiedet er sich, da er wieder zurück in den Laden muss.
    Letztendlich findet ihr euch im Familienraum ein, wo Lak den anderen von Wei His Traum berichtet.

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    Mika hatte sich so langsam an die Enge gewöhnt, die hier in Asien allenthalben zu herrschen schien. Nicht dass die meisten Wohnungen in Seattle großzüger waren, aber mit ein wenig Aufwand fand man etwas, wo man auch als Troll gut aufrecht stehen konnte und nicht halb auf Knien durch die Türen musste. Leider viel zu selten ...


    Die Geschichte war bisher eher verworren. Klar, eine Grabschändung war eine unschöne Sache, aber deswegen gleich ein ganzes Runnerteam losschicken? Er war sehr gespannt, welche Probleme hier noch auftauchen würden.


    Mike hatte die wichtigsten Sachen aus dem Koffer genommen und sich dann kurz umgesehen. Wei Hi und Jian waren - wie zu erwarten - ausgesprochen höfliche Gastgeber und das Essen war ausgezeichnet.


    Nun denn, dann bin ich ja mal auf den morgigen Tag gespannt. Und mal schauen, wo wir noch ein wenig Ausrüstung herbekommen. Noch irgendetwas Vollautomatischen wäre gut ...


    Er würde Lak später unter vier Augen fragen, wann es angemessen wäre, das Gespräch auf die Ausrüstung zu bringen. Die Asiaten fühlten sich immer so schnell vor den Kopf gestoßen, wenn er mit seiner Direktheit nicht aufpasste.

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    Lak versucht vorsichtshalber den Runnern die nötige Sensibilität nahezubringen.

    „Grabschändung ist bei Chinesen eine sehr schlimme Sache. Bei uns Thais werden die Toten verbrannt und die Seelen wandern ein bisschen herum bis sie vielleicht mal jemand beim Sex erwischen und in den Körper des neugezeugten Kindes, Elefanten oder Affen schlüpfen. Das wäre die grobe Zusammenfassung.


    Bei den Chinesen verstehe auch ich nicht alle Aspekte. Die Seele sollte möglichst nicht zurückkommen. Wenn doch dann ist sie oft ein“hungriger Dämon“ was für die Lebenden sehr ungemütlich wird. Die Seele könnte auch in der Hölle bestraft werden, oder straffrei sich in der Unterwelt rumtreiben. Sich auf eine der sechs Arten der Seelenreisen begeben oder auch ins Reine Land gehen.
    So oder so spielt der Ahnenkult eine wichtige Rolle. Mindestens 2 mal im Monat werden Räucherstäbchen, Tee und Obst am Grab geopfert. Es wird auch symbolisch Papiergeld für das Leben im Jenseits verbrannt. Bei Chinesen dreht sich ja viel um Geld.


    Auf jeden Fall ist es ein schweres Verbrechen ein Grab zu schänden. Das ist als ob man die Matrix-Flatrate ins Jenseits kappt.
    Lak hofft, dass sie die Ungeheuerlichkeit der Grabschändung klar gemacht hat.

    „Ich möchte euch vor allem bitten mit den „physischen Nachforschungen“ und direkten Befragungen der Zeugen in Wei’s Beisein zurückhaltend zu sein.“

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Der Abend kommt schneller als ihr gedacht habt. Wie ein wogendes Meer rollt am Horizont die Dunkelheit heran und zwischen dem Licht des Tages und der Finsternis der Nacht bleibt nur ein kurzer Schimmer dämmernden Lichts.
    Am Abend stellt Wei Hi euch seine Tochter Ching Lie vor und schnell wird klar, dass das hübsche, fünfzehnjährige Mädchen der gesamte Stolz des einfachen Mannes ist. Ausführlich berichtet euch Wei Hi davon, dass seine Tochter sehr fleißig seie und nur gute Noten von der Privatschule mit nach Hause bringen würde. Im ersten Moment überrascht es euch, dass ein Mann wie Wie Hi seine Tochter auf eine Privatschule gehen lassen kann, sind doch die hiesigen Schulgelder für den Großteil der Einwohner kaum zu bezahlen - doch dann erinnert ihr euch an die Spärlichkeit der Einrichtung in Wei His Haus, die Bescheidenheit eines Mannes, der nur das Beste für seine Tochter anzustreben scheint. Ohne dass es in Worte gefasst werden muss, ist der Respekt, den ihr Wei Hi gegenüber als Gäste empfindet, noch um einiges gestiegen.
    Lak versteht sich mit der "kleinen" Ching Lie vom ersten Moment an prächtig. Stolz zeigt Ching Lie ihr die neuesten Holo-Poster indonesischer Pop-Stars in ihrem Zimmer, nur um im nächsten Moment äußerst wissbegierig und fasziniert Laks Matrix-Erläuterungen zu lauschen. Die beiden verbringen auf Ching Lies Zimmer noch einige Zeit, während Lak sich auf ihrem Kommlink die aktuellsten Nachrichten des Jakarta-Sprawls zu Gemüte führt, um etwas über den heutigen Bombenanschlag zu erfahren, den auch Wei Hi und Jian bereits beim Essen erwähnt hatten. Kaum ist sie mit dem Durchsehen der verschiedenen Artikel fertig, überfällt sie plötzlich eine große Müdigkeit, die sie sich kaum erklären kann. Eben noch hat sie mit Ching Lie das neue AR-Karaoke-Programm auf ihrem Kommlink ausprobiert, als sie nun plötzlich gähnend auf ihrer Matratze liegt und ihr Gesicht im pinken Kopfkissen des mädchenhaften Bettzeugs versenkt.
    Kurz darauf ist sie eingeschlafen und die Träume, eigenartige Bilder berauschender Erfahrung, lassen nicht lange auf sich warten.


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    Sie ist plötzlich in einem düsteren Club; kaltes Marmor und eine schmucklose Goldoptik umgeben sie. Lichtstrahlen zerschneiden die geräumige, undurchsichtige Geografie des Raumes und erzeugen ein kontrastreiches Spiel aus Licht und Schatten.
    Überall wogen tanzende und trinkende Menschen um sie herum, gekleidet im neuesten Schick der Jakarta-Elite. Doch als sie in ihre Gesichter blicken möchte, schaut sie nur in fratzenhafte Masken, Wayang-Kulit Abbilder, Dämonengesichter im Spiel der Schatten. Ein goldener Lichtstrahl fällt plötzlich in das Zentrum des Raumes und Lak erkennt einen einzelnen Mann dort stehen, umringt von den Dämonenfratzen der tanzenden Menge. Schatten greifen auf ihn über und drohen ihn zu verzehren, während Lak mit schnell klopfendem Herzen durch die Menge rauscht und sich an seine Seite stellt. Doch nun gibt es auch für sie kein Entkommen mehr und ihr feines Kleid zerreißt unter dem Ansturm finsterer Einflüsterungen. Ein Meer düsterer Gesichter hat sie beide nun umringt und labt sich an ihrer Angst. Sie schreit - schreit den Namen dieses verfluchten Ortes, der sie verschlingen will.
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    Schweißgebadet erwacht Lak auf ihrer Matratze und der Name des Ortes hallt schmerzend in ihren Gedanken, eingebrannt in ihren Geist: "Golden Palace".

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    Die Träume in dieser schwülwarmen, javanischen Nacht streifen durch das stille Haus Wei His, durchdringen Öffnungen und Ritze und schleichen sich langsam, aber fordernd, in Croakers schlummernden Geist.


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    Plötzlich öffnet Croaker die Augen...
    Seine Sinne sind noch leicht benebelt, wegen der Substanz, die er am Abend zu sich genommen hat. Der blasse Schamane kneift die Augen zusammen, in der Hoffnung, das wogende Farbenspiel um ihn herum sortieren zu können. Dann klärt sich sein Blick.
    Kunstvolle, hölzerne Wände türmen sich um ihn herum auf und in der Ferne des Nirgendwo schimmert ein geheimnisvolles Licht, das den Raum mit Schatten füllt. Langsam kriechen sie an ihn heran, Schatten von wunderlicher, gar grotesker Form. Ihre Abbilder werfen sich an die feinen Wände und ihre Gestalten sind fragil, die Nasen spitz und die Augen mandelförmig, während ihr Geschmeide schattenhaft flimmert.
    Croaker spürt die Hitze der Nacht. Schweiß rinnt ihm von der Stirn und er glaubt zu fiebern. Seltsame Gong-Klänge dringen an sein Ohr - schwebend und atmosphärisch. Immer mehr Instrumente gesellen sich nun dazu... Gong-Spiele, Zither, Fastrommeln, Flöte, Fidel... Das Gamelan gewinnt an Dynamik und Lautstärke und die Puppen tanzen zu seinen berauschenden Klangwogen. Croaker beginnt zu schwindeln; die Lichter und Schatten zerfließen, wogen in einem endlosen Strudel um ihn herum.
    Sein Körper verkrampft sich zunehmend und er spürt Chaos in seinen Gedanken heran brechen, während sich das Krächzen von schattenhaften Raben zu den Klängen des wild spielenden, ekstatischen Gamelans hinzugesellt, und Croaker aufschreien lässt. Dann ertönt gong ageng, der große, allumfassende Welten-Gong... mit einem mal ist es still, obwohl die Schwingungen des großen Gongs noch lange in Croakers Geist widerhallen. Aus dem Schatten des Himmels fallen Würfel herab und ihre Schicksalsmacht schlägt Croaker in ihren Bann. Er erhebt sich, denn direkt vor ihm ragt nun ein Torbogen aus dem Nichts, gefertigt aus fragilem Holz und umgeben von Schatten. Die Würfel sind gefallen, doch er weiß nicht, ob er das Tor durchschreiten soll, weiß nicht, was ihn auf der anderen Seite des Unbekannten erwartet.


    Keine Strafe, mein Freund. Wir spielen nur... alles ist nur ein Spiel aus Symbolen und Zeichen... Verstehst du?


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    Ruhig atmend, die Brust von Schweiß bedeckt, erwacht Croaker im düsteren Zimmer. Als er sich umblickt, erkennt er die anderen, ruhig schlafend und regungslos. Doch die Stimme des Raben, sein Flüstern, wird er nicht vergessen...

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    Mikhail weiß nichts von den Träumen der anderen, aber auch er ist müde auf seiner Schlafgelegenheit zusammengesunken. Betten in Trollgröße sind selten, aber Wei Hi hat sich die Mühe gemacht, aus mehreren normalen Matrazen eine Schlafstatt für ihn zu gestalten. Der Alkohol zum Abendessen war gut - fast zu gut.


    Anfangs schläft er ruhig, doch dann kriechen aus seinem Unterbewusstsein die Erinnerungen, die die Bombenexplosion wohl wieder wachgerüttelt hat:
    Dezente Musik, der Geruch erlesener Speisen. Verschwommen sieht er einige Leute an einem Tisch sitzen und miteinander sprechen. Ein Kellner kommt herein, mit einem Servierwagen und hält auf den Tisch zu. Der Troll mustert ihn routinemäßig. Es ist mehr eine Ahnung, dass etwas nicht stimmt, die ihn den Mann aufhalten lassen will. Ihre Blicke kreuzen sich - der andere weiß, dass er enttarnt wurde. Wie in Trance wirft sich Mikahil nach vorne und schützend über eine der Personen am Tisch. Mit erstaunten Augen mustert ihn der ältere Mann, das Glas Wodka in seiner Hand fliegt wie in Zeitlupe zu Boden.


    Dann verwandelt sich die Welt auf einmal in Schmerz. Alles wird hell und sein linker Arm brennt wie Feuer.


    Schnaufend erwacht der Troll, die rechte, natürliche Hand umklammert noch immer die künstliche Schulter - den Fleck, wo bis zu dem Abend vor so vielen Jahren sein echter linker Arm saß. Es ist lange her, aber das Unterbewusstsein scheint nie zu vergessen ...


    Mit einem Kopfschütteln versucht sich Mike von den Erinnerungsfetzen zu befreien - es ist Vergangenheit!

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    Da Simon sich mit der Region und ihren besonderen Gepflogenheiten noch nicht besonders gut auskennt hält er sich den Nachmittag und Abend über mit allem zurück. Der Bombenanschlag ist sowieso Grund genug eigenen Gedanken nachzuhängen, aber dabei versucht er sich trotzdem ein Bild von Körpersprache und Verhalten dieses Wei Hi zu machen. Die Menschen hier sind einfach anders als in Seattle, nicht nur vom Äußeren her. Zumindest scheint er ein 'guter' Mann zu sein, soweit man sowas überhaupt sein kann...
    Dass der Magier kifft missfällt Simon, aber er lässt es sicht nicht anmerken, sondern lehnt nur freundlich ab. Er hatte schon Erfahrungen mit berauschten Team-Mitgliedern gemacht, leider meist nicht sonderlich positiv... Außerdem stößt ihn der Gedanke ab, sich seine Sinne künstlich zu benebeln. Dass ausgerechnet er das anderen Leuten kaum vorwerfen dürfte macht die Sache nicht angenehmer...


    Simon liegt lange Zeit wach. Die vielen ungewohnten Eindrücke, der Anschlag auf die Bank, all dieses geht ihm durch den Kopf. Auch Laks kurzen Vortrag zur Mentalität hier geht er nochmal durch, während ihm gleichzeitig klar wird, was für ein besonderer Glücksfall sie in dieser Gegend ist. Überhaupt macht ihm der Gedanke an Lak zu schaffen. Dass sie nicht einmal mehr raucht, während er wieder zu trinken begonnen hatte nagt an ihm. Es ist diese Mischung aus Ratlosigkeit, Zorn auf sich selbst und Selbstzweifeln, die ihn wach hält und nicht zur Ruhe kommen lässt. Und erschöpft genug um trotzdem einzuschlafen ist er auch nicht, Schlafregulator sei dank trotz der Zeitverschiebung.
    Wieso hatte er sich auch beim Abendessen nicht ein, zwei Drinks mehr erlaubt? Dann würde er mit Sicherheit schlafen können... Er kennt den Grund, aber das hilft ihm in dem immer noch zu warmen Raum auch nicht.
    Irgendwann gelingt es Simon sich von sich selbst loszureißen und wieder zu dem neuen Auftrag zurückzukommen. Diese ganze Geschichte mit dem Traum irritiert ihn etwas, auch wenn Lak sich bemüht hatte es für West-ler verständlich zu machen. Andererseits gibt es eine Leiche die nicht mehr da ist wo sie sein soll und das ist für ihn eindeutig und greifbar genug.
    Es muss schon mitten in der Nacht sein, als der Troll Mike auf seinem Matrazenlager plötzlich und offensichtlich unruhig aufwacht.
    Simon bleibt einfach liegen, schließlich geht es ihn nichts an, aber irgendwie beruhigt es ihn, dass es anderen wohl ähnlich geht wie ihm... Endlich rutscht er auch in einen traumlosen Schlaf.

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    Ching Li schläft ruhig und friedlich in ihrem Bett. Die aufgerufene AR Anzeige zeigt Lak, dass es kurz vor morgengrauen sein muss. Sie steht von ihrer Matratze auf und geht leise ins Badezimmer. Das Bad ist in indonesischen Stil eingerichtet und angenehm kühl. Ein kleiner Geko verschwindet als sie das Licht anknipst in dem er senkrecht die Wand hinunter hinter einem kleinen Schrank in Sicherheit tippelt.
    Gekos bringen ja bekanntlich Glück (und beseitigen lästige Insekten).
    Glück kann sie jetzt brauchen. Was der Traum wohl zu bedeuten hat?


    Zuletzt hatte sie vor ein paar Tagen geträumt mit Pi Boi und Atlas durch ein Seattler Einkaufscenter zu laufen. Sie wollte mit Boi (der schon lange tot ist) ein Kleid für die Hochzeit (ihre?) kaufen und Atlas wollte eine Schaufensterpuppe in Brand setzen...


    Aber der heutige Traum war anders. Es war sicher eine Botschaft, da der Golden Palace real wirkte. Nach dem sie ihre Frisur vor dem Spiegel in Ordnung gebracht und sich frisch gemacht hat, geht sie in die Küche. Der Auto-Reiskocher signalisiert, dass der Reis für das Frühstück schon fertig ist. Aber Lak sehnt sich vorerst nur nach einem Kaffee.


    Ich sollte mal recherchieren ob es den Golden Palace hier wirklich gibt, solange die Traumbilder noch frisch sind.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)