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Harry hatte die gruppeninterne Kommunikation nicht mitbekommen und gedacht, Coppers "Na klaro" wäre für ihn als Antwort auf seine Frage bestimmt gewesen. Er geht zur Theke zurückt und deutet der Frau dass sie an euren Tisch gehen soll. Anscheinend hatte sie nicht mit damit gerechnet dass ihr gleich als Arbeitssuchende verfügbar wäret. Sie kommt mit sichtlich nervösem Blick und Gang zu eurem Tisch herrüber. Einen Moment bleibt sie unschlüssig hinter dem Stuhl stehen, dann setzt sie sich mit einer gehetzten Bewegung hin, Schirm zwischen den Knien eingeklemmt, die Handtasche wie zur Abwehr böser Geister auf dem Schoß mit beiden Armen umklammert.
Ihr nutzt die Gelegenheit sie aus der Nähe zu mustern. Sie scheint vielleicht mitte Dreißig zu sein, hat blond gefärbtes Haar was, der Farbe am Haaransatz nach zu urteilen, ursprünglich dunkelbraun war. Ihr Gesicht war wohl mal recht hübsch, besitzt jetzt aber Falten auf der Stirn, an den Augen- und Mundrändern wie ihr es bei einer eher doppelt so alten Frau erwartet hättet. Sie hat dunkle Augenringe und eine käsige Gesichtsfarbe. Trotz Hitze und ihrem langen, schwarzen Kleid scheint sie nur wenig zu schwitzen, lediglich die Haare auf der Stirn sind zu Strähnen verklebt. Ihr würdet sie momentan von Auftreten und Kleidung in der gehobenen Mittelschicht einordnen.
Sie schaut euch der Reihe nach an, scheint euch irgendwo in ihrem Kopf in einer Schublade einordnen zu wollen. Während ihr euch schweigend gegenüber sitzt, darauf wartend dass jeweils die andere Partei das Wort ergreift bringt Harry die bestellten Erdnüsse, eingeschweist, auf einem Tablett und stellt der Frau noch eine halbliterflasche Wasser samt Glas hin.
"Ah, könnten die 'erren vielleischt ein paar Minuten einen Blick auf den Gastraum werfen? Isch muss kurz in die Keller nach der Klimaanlage zu schauen. Sie scheint noch immer nischt zu ge'en." sagt er, verbeugt sich leicht und verlässt, ohne auf eure Antwort zu warten, den Raum. Nicht dass es im Harry's jemals etwas wie eine Klimaanlage gegeben hätte, von ein paar ehemals kippbaren, jetzt festgerosteten Dachfenstern abgesehen.
Nachdem er in der Küchentür verschwunden ist scheint die Frau ihren Mut gesammelt zu haben und spricht euch an. "Der Wirt hat gesagt Sie suchen Arbeit. Ich suche einen Racheengel," sagt sie mit zitternder Stimme während sich ihre Augen röten.