Kampagnen-Kochrezept - Was ist zu beachten?

  • Hallo zusammen,


    derzeit plane ich eine erste SR-Kampagne als Meister. Mit 20 Jahren DSA-Erfahrung (als Meister wie auch als Spieler) und rudimentären SR4-Erfahrungen möchte ich mich gerne optimal vorbereiten. Meine Fragen:


    Was ist generell bei einer SR-Kampagne zu beachten?
    Welche Unterschiede gibt es in Plot-Dynamik, Aufbau und Verkettung im Gegensatz zu anderen RPG-Systemen?


    Derzeitiger Stand:
    Es wird 4 Charaktere geben (Allrounderin (Vekleidungskünstlerin), Magierin (mit Amnesie), TM/Face und Driver/Techniker), jeweils mit ausgearbeiteten Hintergrundstories und Connections, ausgelegt auf lange Spielzeit. Es besteht viel Raum, die Charaktere ohne Eile aufzubauen - und die Spieler schätzen es auch, die Zeit zwischen den Abenteuern bzw. Runs auszuspielen. Die Spieler sind Rollenspiel-erfahrene SR-Neulinge, also werden die ersten Runs simpel gestrickt sein, um langsam die Regeln in Action kennenzulernen bzw. umzusetzen. Dabei gibt es natürlich schon die ersten Hooks und Hinweise auf das "Big Picture", dass den Spielern bzw. Runnern zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt ist.
    Für Kenner: Ideen schöpfe ich aus der US-Fernsehserie "Alias", im dt. bekannt unter dem Namen "Alias - Die Agentin".


    PS: Ich hoffe, dies ist die richtige Forensektion. Andernfalls wäre ich für eine Verschiebung dankbar. :)

  • SR hat hier ne Sonderstellung, weil es eigentlich häufig auf eine Reihe verbundener Oneshots hinausläuft. Ein Run ist eigentlich ein abgeschlossenes Abenteuer und eine Verbindung zu einer Kampagne entsteht dadurch, dass Dinge die während eines Abenteuers passiert sind in ein späteres einfließen und das Gegenstände, Personen und Themen wieder aufgegriffen und vertiefend behandelt werden.


    Kennst du Ghost in a Shell ? Es ist eine Anime-Serie (bzw. 2) in jeweils ca 24 Episoden. In jeder Episode wird eine eigene Geschichte erzählt, aber im Hintergrund wird ein großer Plot gesponnen der zum Ende der Geschichte stark in den Vordergrund rückt und am Ende gelöst wird. So funktioniert SR imho.


    Was Alias angeht ... ich kann mich dran erinnern, dass ichs nciht ganz schlecht fand, aber das wars dann auch. ^^

  • Für den Anfang einer Kampagne und die zusammenführung der Charaktere mache ich immer gerne einen leichten "aufwärmrun". Meine Novacs/Schmidts/Johnsons vergeben gerne kleinere Einbrüche oder unwichtige extraktionen oder Sabotageakte um die Runner zu testen die sie anheuern. Erst dann wenn sich ein Team bewährt hat und eine gute Figur gemacht hat gehts ans eingemachte.
    Ansonnsten hats Kaffeetrinken schon recht gut beschrieben, dazu kann man als Plottwists auch fehlende bezahlung oder ein besseres angebot von einer 3. Partei einfließen lassen, aber das überlass ich deiner Fantasie, dir wird schon genug einfallen.

    "Nun, wir alle fürchten böse Menschen. Aber das Böse hat viele Gesichter und eins davon ist für mich das fürchterlichste; und das ist die Gleichgültigkeit guter Menschen"

  • Nach meiner Erfahrung suchen Shadowrun Anfaenger gerne die Konfrontation mit NSCs. Unnoetige Schiesserein sind daher eher Standart. Ausserdem kann man fast drauf wetten das bei jedem Run eine Handvoll Beweise zurueck gelassen wird mit denen man die Runner spaeter gut dran kriegen kann und ihnen dann z. B. gratis Runs fuers FBI – gegen Verschwinden lassen der Beweise – anhaengen kann.


    Aus diesen Gruenden bietet es sich an die Runs am Anfang eher im Gang bzw. Syndikat Milieu abzuhalten. Da rufen die Leute nicht so schnell die Cops.

  • Vermeide zu heftige Eingriffe/Rail-Roading.
    Wenn sie vom Kurs abweichen, lass sie machen, könnte lustiger werden als das was du dir vorgenommen hattest.


    Wenn es dir zu bunt wird, dann droh ihnen mit Kampf.
    Bei der Gruppe solltest du dich wohl sonst mit Kampf zurückhalten denke ich.

    Im Jare 2005 wurde SR4 erschaffen. Das machte viele Leute sehr wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung angesehen.

  • Um mal bei den Plothooks anzusetzen:
    Wenn man Infos hintergründig einfliessen läßt, insbesondere über einen längeren Zeitraum, kann man seine SPieler dabei in den Details verlieren, gerade wenn gerne die Zeit zwischen den Abenteuern auch ausgespielt wird.


    Wenn man es aber wie zB. bei Bourne darauf anlegt, dass jeder NSC plötzlich "treadstone" sagt, bis auch Matt Damon begriffen hat, wie wichtig der Name ist, dann schlafen einem abgebrühte Spieler schon längst ein.
    :D


    Wenn die Gruppe zusammengefunden hat und sich an die jeweiligen Schlichen der Teammitglieder gewöhnt hat, kann man die große Plotmaschine asnwerfen und auch in gesprächen mit NSC/ Connections zu denen nun eine Beziehung/ Bindung besteht anfangen lassen Hinweise zu geben.


    Würde mich über dein Feedback freuen.


    Gruß H

  • Hallo zusammen,


    herzlichen Dank für euer Feedback!


    Den Hinweis zum FBI werde ich beachten; das ist ja ein grundlegender Unterschied zwischen einem Setting im Mittelalter und einem Science Fiction Setting. Mir war auch gar nicht so klar, dass innerstaatlichen Organisationen nach wie vor existieren; ich hatte irgendwie abgespeichert, die Welt würde nur von Cons regiert. Aber logisch, den Gedanken habe ich korrigiert!
    Fallen euch noch weitere Unterschiede zwischen Science Fiction und Mittelalter-Settings ein, die ich im Hinterkopf behalten muss?


    2-3 Aufwärmruns als Start finde ich gut, zumal alle Spieler in SR komplett neu sind (wenn auch mit einiger Erfahrung in anderen Rollenspielen). Ich möchte allen Spielern vorab ein paar Zusammenstellungen der Regeln geben, aber wir müssen selbige in der Praxis erst kennen lernen; als Meister wie als Spieler. Auf der Liste stehen Erfolgsproben, vergleichende Proben, erweiterte Proben; Nahkampf, Fernkampf, Heilung; soziale Begegnungen, Matrix und Magie - mit Verwendung der wichtigsten Eigenschaften wie Wahrnehmung, Athletik und Verhandlung. Gibt es noch weitere wichtige Regelbereiche, die ich besser so früh wie möglich einmal einsetzen sollte?


    Die eigentliche Kampagne starten wir ca. Ende 2013 - ich habe also noch genug Vorbereitungszeit. Mein Plan sieht vor, einen Satz an Organisationen und NPCs zu entwerfen, versehen mit entsprechenden Motivationen. In dieses Zwischenspiel werden sie PCs als Spielbälle geworfen, ohne davon Kenntnis zu haben. Von diesen Spielbällen soll es noch ein- oder zwei weitere Teams geben, die mit den PCs gerne auch in Interessenkonflikt treten dürfen. Wenn die Welt dann auch ohne die PCs funktioniert (oder Aufgaben von anderen Teams übernommen werden), komme ich hoffentlich um Railroading herum. Um zu vermeiden, dass Sie Spieler hinter den PCs sofort Zusammenhänge erkennen, überlege ich mir, alle paar Runs etwas einzuwerfen, was nichts (direktes) mit der Kampagne zu tun hat oder sich als Sackgasse erweist. Hat jemand von euch schon Erfahrungen mit einer solchen Taktik im Rahmen einer Kampagne gemacht?


    Die Verteilung von Informationen handhabe ich ähnlich wie Harbinger - über längere Zeit verteilt, per NPCs (Connections) oder passendes Medium (Zeitung; in SR dann auch: Matrix und "zufällig" erbeutete Datenbestände). Dabei habe ich die besten Erfahrungen gemacht, den Spielern die Chance zu geben, das Große Ganze Stück für Stück klarer zu sehen. Welche andere SR-typische Informationsträger gibt es noch?


    Nekekami
    Was genau meinst Du mit "Zurückhaltung beim Kampf"?

  • webding : Nekekami meint damit, dass du mit den NSCs etwas behutsam losballern mußt, denn die Gruppe scheint nach deiner Schilderung kein Kampfmonster zu enthalten.
    Ein Kampf gegen Gruppen von NSCs, oder beispielsweise einen Pistolero könnten kurz und schmerzhaft für deine Gruppe werden.
    Die Magierin kann mit Geistern sicherlich was reissen, dieser Regelteil sollte auch tunlichst mal ausserhalb des Kampfes verwendet werden, um nicht mitten im Geschehen ein Regeldiskussion zu entfachen.


    NSCs gibt es im GRW und im Kompendium, sind als grober Scherenschnitt zu verstehen, einfach Ausrüstung, Rasse, Geschlecht und Details austauschen, für einen nahezu unendlichen Vorrat.


    Zu meiner Erfahrung mit den Informationen: Informationen behutsam zu verfüttern ist immer Hit oder Miss, lass die Spieler ruhig Erinnerung etc. würfeln, wenn sie mal auf der Leitung stehen sollten.


    :wink:


    Gruß H

  • "webding" schrieb:

    Hallo zusammen,
    Fallen euch noch weitere Unterschiede zwischen Science Fiction und Mittelalter-Settings ein, die ich im Hinterkopf behalten muss?


    Die Kommunikation ist leichter... Mal eben jemand anrufen ist schneller und einfacher als eine Boten losschicken zu müssen, von magischen Mitteln mal abgesehen. SCs und natürlich entsprechende Gruppen von NSCs können sich viel leichter abstimmen, auch wenn sie sich grad nicht sehen können oder in Rufweite sind. Extrem ist das mit einem Taclink, dann kann jeder das mitkriegen, was alle mitkriegen. Wird aber bei "Anfängercharakteren" noch nicht so sehr zu Tragen kommen.

  • Zitat

    dass Sie Spieler hinter den PCs sofort Zusammenhänge erkennen, überlege ich mir, alle paar Runs etwas einzuwerfen, was nichts (direktes) mit der Kampagne zu tun hat oder sich als Sackgasse erweist.


    Ich persönlich finde es immer toll wenn mal kleine Geschehnisse passieren die nichts mit dem Plot zu tun haben. Sei es ein zusammenhangsloser Run oder irgendeine Kleinigkeit.
    Ich achte peinlich genau darauf in die meisten Abenteuer Dinge einzubauen die einfach nichts mit den Chars zu tun haben... wo sie sich aber gerne entscheiden können sich einzumischen und irgendwas daran zu ändern.
    ...die Charaktere beobachten in den Barrens wie 2 Schlägertypen einen übel zugerichteten 14 Jährigen mit vorgehaltener Waffe in eine dunkle Gasse schieben (Mafiahinrichtung in Vorbereitung)
    ...Ein Char wird von einer Bande Junkies überfallen (Natürlich nicht gerade der Sam)...vollkommend zusammenhangslos, einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Sie klauen ihm uU etwas an dem ihm so viel liegt das er es wiederhaben will.
    ...Ein Char wird von einer Bande Junkies überfallen (in diesem Fall der Sam)... er macht sie kalt... er sieht in den Abendnachrichten dass der Sohn eines Einflussreichen Politikers (oder irgendwas passendes statt dessen) in einer Gasse tot aufgefunden wurde... und erkennt einen seiner Junkies auf dem Bild.
    ...Ein Runner bemerkt dass das Haus in dem er wohnt vom gegenüberliegenden Dach observiert wird (zB: Die Mafia... die aber ursprünglich nichts von dem Runner will sondern einen Mafia Soldaten beobachtet der ein paar Stockwerke tiefer wohnt da sie ihn in Verdacht haben für die Yaks zu arbeiten)


    Und so weiter. Alles kleine Vorkommnisse die NICHTS mit dem aktuellen Run zu tun haben... aber wenn die Spieler sich drauf einlassen doch ein eigener Plot werden können an dessen Ende möglicherweise neue Connections, neue Feinde oder sonst irgendwas steht.


    Zitat

    Mir war auch gar nicht so klar, dass innerstaatlichen Organisationen nach wie vor existieren; ich hatte irgendwie abgespeichert, die Welt würde nur von Cons regiert.

    Richtig und falsch.
    Es gibt sehr wohl noch Staaten und Städte. Es gibt auch noch Regierungen, Präsidenten, Bürgermeister, Wahlen, staatliche Armeen, Geheimdienste,...
    Aber die großen Kons haben den gleichen Status wie Staaten (eigene Rechte, eigene Währung, eigenes Land, eigene Verteidigung, eigene Botschafter,...). Das macht eine detailierte politische Landkarte zum Fleckenteppich in SR. Seattle ist zwar Staatsgebiet der UCAS... bis auf die Teile die eben Staatsgebiet von Ares, SK, Wuxing,... sind. Aber im großen und Ganzen ist für die Stadt immer noch die Stadtregierung zuständig.
    Allerdings muss man auch dazu sagen dass Korruption in SR blüht und die staatliche Regierung in vielen Teilen der Welt nicht mehr als ein Marionettentheater für die Kons darstellt. Wohl in den meisten Teilen der Welt. Dementsprechend gibt es die Fassade der zivilen Regierung schon noch... aber tatsächlich sitzen meist Kons am Hebel.