Hallo zusammen. Frisch angemeldet will ich auch gleich mal eine meiner Shadowrungeschichten hier reinstellen. Ich hab kein eigenes Geschichtenforum gefunden. Sollte es sowas doch geben, bitte ich einen Moderator das Thema entsprechend zu verschieben.
Die Story dreht sich hauptsächlich um meinen alten Hauptcharakter und spielt so ungefähr in den frühen 2060ern. Ich stelle erstmal nur den Prolog rein. Wenn mehr gewünscht ist bring ich natürlich gerne was nach. Ich würde mich über Resonanz freuen. Kritik ist ausdrücklich erwünscht und auch über Lob würd ich mich freuen ;).
ZitatAlles anzeigenBarrens Rushhour
Es regnete mal wieder. Kleine Tropfen trafen auf die Windschutzscheibe und begannen ein Rennen hin zum unteren Rand, kleine Pfade aus Wasser hinter sich herziehend. Der Scheibenwischer beendete das Rennen frühzeitig.
Typisches Seattler Stadtwetter, grau in grau. Wenn es nicht regnete hingen die Wolken tief bis zu den Spitzen der Wolkenkratzer.
Gemächlich schob sich der schwere Transporter eine leere Straße entlang. Die Scheiben waren getönt, um die Insassen vor neugierigen Blicken zu schützen. Sie verhinderten jedoch nicht, dass die Augen des Fahrers durch das Draußen beleidigt wurden. Die Straße war trostlos und leer. Der Asphalt war zu großen Teilen von Schlaglöchern übersäht in denen sich schales Wasser zu Pfützen sammelte. Mülleimer gab es in diesem Teil der Stadt nicht, der Müll wurde einfach auf die Straße geworfen, wo er unter dem häufigen leicht sauren Regen zu einer gräulich-bräunlichen Schlacke zusammenschrumpfte. Der Geruch, der durch das Gebläse in den Innenraum des Transporters gesogen wurde, ließ vermuten, dass auch Toiletten hier nicht allzu häufig waren. Der Fahrer schaltete angeekelt grunzend auf Umluft.
Polternd trafen die schweren Reifen erneut ein Schlagloch, die Erschütterung wurde jedoch von der Radaufhängung aufgefangen, sodass der Lastzug samt der beiden Anhänger nur leicht schaukelte.
Braunes Wasser spritze auf, als der Wagen eine besonders tiefe Pfütze durchfuhr. Teile des Brackwassers trafen auf ausgeblichene Grafitti an den Wänden, die die Reviere rivalisierender Gangs kennzeichneten. Die aufgesprühten Symbole hatten wie alles in diesem Viertel ebenfalls unter der andauernden chemischen Keule aus den Wolken zu leiden.
Der Blick des Fahrers registrierte frisch aufgesprühte farbenfrohe Zeichnungen auf der Wand der alten Stadtmission. Die Brauen zogen sich zusammen. Es hatte Krieg unter den Banden gegeben und dieser Teil der Stadt gehörte nun zu einem anderen Revier. Der Transporter wurde noch langsamer und näherte sich der Mission nun fast in Schritttempo.
Plötzlich öffnete sich die stark angerostete Eisentür des ehrwürdigen Gebäudes und mehrere Gestalten betraten die Straße und stellten sich dem tonnenschweren Transporter in den Weg.
Die bunten Haarkämme leuchteten mit den fluoreszierenden Tätowierungen um die Wette und bildeten so einen scharfen Kontrast zum Einheitsgrau der Umgebung.
Mit einem hydraulischen Pfeifen kam der Zugwagen knapp zwei Meter vor dem offensichtlichen Anführer zum stehen.
Der etwa zwanzig Jahre alte Ork starrte arrogant zur Windschutzscheibe hoch, wo sich der Scheibenwischer noch immer im langsamen Takt bewegte.
Mit einem Handzeichen bedeutete der Anführer seinen sechs Gefolgsleuten die Türen des Wagens im Auge zu behalten, während er mit behänden Bewegungen auf den Kühlergrill kletterte und nun in leicht hockender Haltung vor dem Fahrersitz hing.
Mit einem breiten Grinsen entblößte der Ork seine gewaltigen Eckzähne und begann einen schnellen Rhythmus gegen den Kunststoff der Windschutzscheibe zu hämmern.
„Na, komm schon raus, Bonze, wenn dir dein Leben lieb ist!“ rief der junge Mann dem Fahrer unter dem Johlen seiner Anhänger zu. Bedeutungsschwer ließ einer von ihnen eine Motorsäge aufheulen. Braunrote Flecken auf der Verschalung ließen vermuten, dass mit diesem Werkzeug nicht nur Holz zersägt worden war. Die anderen ließen Ketten kreisen oder luden lautstark ihre Waffen durch. Von Schrotflinten über Maschinenpistolen war praktisch alles dabei.
Als die Reaktion des Fahrers ausblieb schwang sich der Ork am Seitenspiegel auf das flache Dach des Triebwagens. Und erneut trommelte er seinen stakkatoartigen Rhythmus, dieses Mal jedoch mit den schweren Stahlkappenstiefeln. Lack platze ab und Dellen begannen sich zu formen.
„Lass das sein!“
von der befehlsgewohnten Stimme erschrocken brach der Ork seinen Stepptanz auf dem Dach ab. Schnell gewann er seine Fassung zurück und sprang mit einem Satz vom Wagen. Er landete federnd in der Hocke vor dem Fahrer, der mittlerweile ausgestiegen war.
Das Grinsen im Gesicht des Orks wurde noch breiter und er richtete sich zu vollen Größe auf.
Selbst ohne seinen hohen Haarkamm überragte er sein Gegenüber um mehr als zwei Köpfe.
„Sieh an, unser Bonze ist ein Smurf.“ Pflichtbewusst lachten die übrigen Bandenmitglieder schallend auf. Langsam begannen sie die etwa ein Meter dreißig große Gestalt einzukreisen. Sie trug einen langen Mantel und einen breitkrempigen Filzhut, von dem nun in langen Fäden Wasser herunter zu rinnen begann. Der Regen war stärker geworden. Irgendwo blitze es, kurz darauf ertönt der Donner.
Außer de Klatschen des Regens, das rhythmische Quietschen der Scheibenwischer und das leise Klacken von Metall auf Metall, dass die Ketten der Bandenmitglieder verursachten, als sie den Fahrer umrundeten, gab es keinerlei Geräusche.
Knurrend erklang erneut die Stimme des Fahrers: „Lasst mich in Ruhe, ich will keinen Ärger.
Lasst mich vorbei, Punks!“ Das letzte Wort hatte er beinahe ausgespuckt.
Das Grinsen im Gesicht des Orks gefror und der Schalk in seinen Augen wurde durch Ernst beiseite gewischt.
„Schwing hier nicht solche Reden, Smurf! Dies ist unser Gebiet. Wer hier auch nur atmen will, braucht unsere Erlaubnis. Ein ganzer Lastzug mit vielen schönen Dingelchen erst recht.“
„Ich würde euch nicht raten an meiner Ladung herumzufummeln.“ Die kleine Gestalt im Mantel bewegte sich noch immer nicht.
„Willst du mir etwa drohen, Smurf?“ Mit einem rauen Lachen bedeutete der Ork zwei seiner Gefolgsleute den hinteren Anhänger zu öffnen.
Die beiden schlurften in Richtung der Ladeklappe, surrend von einer kleinen Kamera am oberen Rand des Anhängers ins Visier genommen. Zuversichtlich griff der erste der beiden nach dem Hebel, mit dem die hintere Klappe geöffnet würde. Kaum hatte er das Metall berührt zuckte er auch schon zusammen und fiel mit einem stummen Schrei auf den Lippen rücklings zurück auf die Straße. Ein hässliches Knacken begleitete seinen Aufprall.
Der zweite war sofort bei ihm und beugte sich besorgt über den Gestürzten.
Der Ork hatte die Szene mit offnem Mund verfolgt, wandte sich nun jedoch mit vor Wut blitzenden Augen an den Fahrer: „ Schalt die Sicherung aus, sonst…“
„Sonst was?“ unterbrach der Zwerg.
Zornig wischte der Ork ihm den Hut vom Kopf und erstarrte.
Er blickte in eine Trümmerlandschaft, die nur mit viel guten Willen noch als Gesicht bezeichnet werden konnte. Narbiges Gewebe beherrschte die rechte Gesichtshälfte, stellenweise schien die Haut so dünn, dass eine faserige Struktur darunter durch die Haut hindurch schimmerte. Eine Datenbuchse wirkte wie ein Fremdkörper in der rechten Schläfe und es blitzte erneut Chrom auf, als der starre Blick der Cyberaugen den Ork fixierte.
Der Ork taumelte zwei schritt zurück fasste sich jedoch schnell wieder.
„Sonst siehst du nachher noch schlimmer aus, als jetzt!“
Der Zwerg wischte sich mit der rechten durch das dünne, militärisch kurz getrimmte Haar und fuhr sich durch den kurzen Vollbart. Das rötlichblonde Haar begann sich durch das Regenwasser bereits dunkler zu verfärben.
„Ich schätze, das Risiko geh ich ein.“
Langsam begannen die Bandenmitglieder nun ihren Kreis um den Zwerg enger zu ziehen.
Die Motorsäge heulte erneut auf.
Mit einem Mal schlug der Zwerg seinen Mantel zur Seite und griff in einen eingenähten Holster. Ein bulliges Gewehr rutschte wie von selbst in die Hand des Zwergen, der es mit schnellen und geübten Griffen in Anschlag brachte.
„Verzieht euch, ich will euch nicht töten.“, zischte er.
Mit einem Lachen taten die Bandenmitglieder die Warnung ab und begannen auf den Zwerg einzudringen.
Ehe sie jedoch einen Schritt getan hatten hämmerte das Sturmschrotgewehr schon los. Einem zweiten Donner ähnlich hallte der Knall durch die leeren Straßen. Einer der Ganger ging mit zerfetzter Brust zu Boden, ein anderer hatte die Knie weggeschossen bekommen und kippte nun wie ein nasser Sack auf den brüchigen Asphalt.
Schon war das Schrotgewehr erneut in seinem Holster verschwunden und eine Axt erschien in der Hand des Zwergen.
Gekonnt duckte er sich unter einem Hieb mit einer Kette hindurch und rammte das Axtblatt tief in den unterleib seines Gegners. Zwei kleine Laserstrahlen am Axtkopf erhöhten den Schaden noch, als sie das Fleisch zusätzlich schwer versengten. Der Gestank von verkohltem Menschenfleisch stieg auf.
Der Träger der Kettensäge drang nun auf den Zwerg ein. Die rotierenden Klingen hieben in Richtung des vernarbten Gesichts, doch der hochgerissen linke Unterarm fing die Säge ab. Mit einem Kreischen fraß sich diese in den Stoff des Mantels und verfing sich darin. Mit einem Röcheln erstarb der Motor. Gleichzeitig zerschmetterte die Laseraxt die Hüfte des Sägers. Der letzte Ganger außer dem Anführer versuchte hektisch seine Maschinenpistole bereit zu machen und schaffte es sogar eine schlecht gezielte Salve auf den Zwerg abzufeuern. Mehrere Kugeln trafen den Oberkörper und ließen den Zwergen kurz zurücktaumeln. Ein Geschoss hatte den Mantel am rechten Arm durchbohrt und der schwere Stoff verfärbte sich leicht Rot.
Der Zwerg schien seine Verletzungen gar nicht zu bemerken, vielmehr schritt er nun langsam auf den Schützen zu. Angesichts dieser Wirkung seiner Kugeln verlor das Bandenmitglied den Mut und stürmte hastig die Straße hinunter.
Nun war nur noch der Ork übrig geblieben.
Um seinen rechten Arm hatte er eine lange Kette gewickelt, die er nun bedrohlich kreisen ließ.
„Ok, du bist gut. Aber mich schaffst du nicht!“ Muskelberge setzten sich unter der Haut der Oberarme des Orks in Bewegung als er zu schlag mit der Kette ausholte. Der Schlag war gut gezielt und umwickelte klirrend die Axt.
„Hab dich!“, triumphierte der Punk.
Ein stummes Tauziehen begann, dass der Zwerg mit einem raschen Ruck am Axtgriff beendete. Die Kette wurde schlaffer als das Schultergelenk aus der Pfanne gerissen wurde.
Mit dem lahmen Arm konnte der Ork nur zusehen wie der Zwerg näher kam. Er holte aus und versetzte dem jungen Mann einen Schlag in die Magengrube, die diesen mittig zusammenklappen ließ. Als er am Boden lag und nach Luft röchelte versetzte ihm der Zwerg einen Tritt in die Seite. Von der Wucht des Treffers in die Luft gehoben wirbelte er mehrere Meter weit um von der Wand der alten Mission abgebremst zu werden. Mit einem Seufzen sank er an der Wand zusammen.
Das letzte was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war wie der Zwerg seine Axt der Kette entwand. Lässig schlurfte er zwischen den blutenden Gangern zu seinem Hut, der in einer
Pfütze lag. Tropfnass wie dieser war setzte er sich ihn wieder auf den Kopf. Am Wagen angekommen erklomm er die hydraulisch abgesenkte Treppe und schwang sich auf den angepassten Fahrersitz. Mit einem Zischen löste er die Bremse und fuhr bereits los, während sich die Tür noch schloss.
Eine halbe Stunde später rollte der Transporter auf einen abgelegenen Innenhof. Der Fahrer stieg aus und eilte einem anderen Zwerg entgegen, der sich mit einem Lappen Schmiere von den Händen wischte.
Die beiden begrüßten sich mit einem herzlichen Handschlag.
„Na, Greg. Irgendwas besonderes auf der Tour erlebt?“
„Ne Frank, ein ganz normaler Tag.“