[IP] Electric Dreams

  • 708-
    Lak verabschiedet sich von Indra. Sicherlich hat er ebensoviel zu verarbeiten wie sie seit ihre Magie gewachsen ist. Der Javane wirkt auch in der Gruppe einsam, aber er scheint seinen Plazu besser zu kennen als sie.


    "Ich habe in der Matrix leider nicht viel über unsere Zielpersonen herausfinden können. Selani ist einer der einflussreichsten Drogenbarone der Gegend und scheint seine Leute in Pontianak gut platziert zu haben, um einen reibungslosen Abtransport von Yaa-Baa und seltenen Pflanzen aus den Urwäldern Kalimantans nach Makassar sicher zu stellen. Selanis wichtigster Mann in Pontianak ist ein gewisser Marahr, Wortführer einer sufistischen Bewegung in der Hafenstadt, der auch das örtliche Schutzgeldgeschäft Selanis zu leiten scheint. Nach Hongkong und Jakarta sind solche Gangster ja nix neues für uns. Wir sollten bei Rata also vorsichtig sein."


    Inzwischen macht sich trotz des Kaffees auch bei Lak die Müdigkeit bemerkbar.
    "Wenn ihr verzeiht werde ich auch das großzügige Angebot unseres Käptens annehmen und ein paar Stunden Schlaf nachholen"
    und dabei versuchen den Rat eines mächtigen Phi zu erbitten.
    Aber damit niemand mit einer Beschwörung in der Kabine beunruhigt wird erwähnt sie dies nach typisch thailändischer Art nicht.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -709-


    Im Morgengrauen war Croaker aufgestanden, um den letzten Teil seiner Vorbereitungen in die Tat umzusetzen.
    Er hatte sich entschlossen, die Beschwörung auf dem Oberdeck, unter dem freien Himmel, durchzuführen.
    Eine sinnvolle Maßnahme, um die Geister des Himmels ruhig zu stellen.
    Neben sich platzierte er ein weiteres, mit Schnitzwerk verziertes Holzkästchen.
    Wirklich hübsch, welche Mühe sich der Hersteller mit den Bindungsmaterialien gegeben hatte.


    Der Schamane murmelte als erstes ein paar Worte vor sich hin, starrte in den Himmel und spürte bald eine machtvolle Präsenz in seiner Nähe.
    Er blickte beeindruckt in den Astralraum und bat den Geist ehrfürchtig um seine Hilfe im Kampf gegen die Dunkelheit, teilte ihm auch mit, dass er diese Hilfe für längere Zeit brauchen, aber auch die Macht des Geistes verstärken würde.
    Zufrieden nickte das Wesen, aber war da nicht ein hintergründiger, unheilvoller Glanz in seinen Augen?
    Croaker kümmerte sich nicht darum, seine Mission war zu wichtig, um sich damit aufzuhalten.
    Er machte sich ans Werk und entnahm dem Kästchen die nötigen Materialien.
    Zuerst wurde ein edler Weihrauch auf einer kleinen Schale aufgeschichtet und entzündet.
    Während sich blaugrauer Rauch ausbreitete, nahm Croaker einen breiten Pinsel mit einem Schaft aus dunklem Holz und eine pulverförmige Mischung für eine spezielle Farbe, die er mit Regenwasser anrührte.
    Die nächsten drei Stunden war er damit beschäftigt, ein Muster auf den Boden zu zeichnen, ähnlich komplex wie die Beschwörungskreise der Hermetiker, aber mit deutlich weicheren, fließenderen Linien.
    Bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass der Rand des Kreises, mit rechteckigen Auswüchsen versehen, fast so aussah wie die Skyline einer Großstadt, dass die Wellenlinien in seinem Inneren immer wieder Aussparungen ließen für Abbilder von menschenähnlichen Gestalten, Tieren und Pflanzen.
    Inmitten dieses Kreises nahm schließlich der Schamane Platz und begann, wieder vor sich hin zu murmeln, mit geschlossenen Augen, völlig von seiner Umgebung entrückt.
    Manchmal blickte er auf und sah, mit einem triumphierenden Lächeln, wie der Himmel sich mit dunklen Wolken bezog.
    Schließlich, weitere drei Stunden nach Vollenduing des Kreises, stand er auf, breitete die Arme aus und hob sie zum Himmel.
    Im gleichen Moment rasten die Wolken heran, verdunkelten den Himmel über dem Boot, Regen peitschte das Meer, Wind kam auf, Blitze gingen in der Ferne nieder.
    Die Luft über dem Kreis begann unübersehbar zu flimmern, Croaker starrte völlig gebannt in das Leuchten.
    Zeig dich. Wir wollen unseren neuen Verbündeten begrüßen.


    Das Wesen, das sich in der Luft materialisierte, hatte nur noch wenig mit den Geistern gemein, die Croaker sonst zu seiner Hilfe anrief.
    Groß wie ein Troll, trotzdem von ätherischer Leichtigkeit, schwebte eine menschenähnliche Gestalt in einer schweren, dunkelgrauen Robe über dem Vordeck.
    Unter der Kapuze, die ihren Kopf bedeckte, war nur wirbelnde Dunkelheit, wie schwarze Sturmwolken, auszumachen.
    Sechs mächtige Rabenflügel spannten sich hinter ihrem Rücken auf, während Elmsfeuer über ihre Oberfläche tänzelten.


    Es ist jetzt an der Zeit, deinen Preis für meine Dienste zu bezahlen bemerkte die Kreatur mit Grabesstimme.
    Dann fuhr ein Blitz auf das Boot nieder, traf Croaker und schleuderte ihn in die Luft.
    Reglos schlug er auf dem Deck auf, der Geist und die Wolekn lösten sich auf, nur ein seltsam verkrümmt daliegender Croaker blieb zurück.
    Krächzend richtete er sich auf, sich mit der Hand abstützend, das Gesicht schmerzverzerrt, aber grinsend.


    Wow...verdammt. Das tut weh.


    Sein Grinsen weitete sich.


    Okay, moment, wenn es weh tut, lebe ich noch.


    Er macht einen Versuch aufzustehen, stürzte fast wieder, drehte sich schwerfällig um und hinkte auf seine Teamkollegen zu.
    Ein Hustenanfall schüttelte ihn und etwas irritiert versuchte er, das Brandloch zu begutachten, dass der Blitz in seine rechte Schulter geschlagen hatte.
    Dann wurde ihm klar, warum er plötzlich den linken Fuß nachschleifte und er sackte zusammen, um sich die Austrittsstelle des Blitzes anzusehen.


    Eigentlich sollte ich tot sein.
    Hey, dieser Auftrag fängt gut an.


    Seine Umgebung schien er kaum wahrzunehmen, während er in seinen Taschen nach Zigaretten zu suchen begann.

  • -710-


    Datu saß wieder auf seiner Kiste und beschäftigte sich weiter mit der neuen Elektronik. Es dauerte eine Weile, jedoch schaffte er es schließlich sich ein wenig an die verwirrende Doppelsicht des Displays und dem normalen Hintergrund anzufreunden.


    Als die Frage der Gruppenteilung auf kam, fügte er nur hinzu "Wie schon erwähnt, kenne ich noch ein par Freunde, die uns vielleicht helfen können. Ich würde sie daher möglichst früh aufsuchen, sofern sie sich gerade in der Stadt befinden. Wenn dieser Suyono wirklich unter Drogeneinwirkung stand, hat dies nichts gutes zu bedeuten. Ich kenne ihn nicht persönlich, allerdings konnte ich auf den Ausführungen von Agung heraushören, dass es sich um eine Person wie ihr selbst gehandelt haben muss. Ich bezweifle daher sehr stark, dass er diese freiwillig eingenommen hat, zumal er noch nicht sehr lange in der Stadt war. Dies würde bedeuten, dass er Ärger bekommen hat. Womöglich weil er zu viel 'Staub' aufgewirbelt hat und die Augen der Stadt auf ihn aufmerksam geworden sind. Es wird schon schwierig werden nicht den gleichen Schicksal zu verfallen, da wir hinter der gleichen Sache her sind, doch würde ich vorerst abraten ihm als erstes nach zu gehen. Dies könnte womöglich zusätzliche Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Sollte diese nicht unumgänglich sein, können wir immer noch nach ihm Ausschau halten. Mein Vorschlag wäre, wir versuchen uns erst bei einer der Organisationen anzuschließen und dort erstmal die Situation in der Stadt zu klären. Vielleicht haben meine Freunde auch ein par Gerüchte auf geschnappt was dieses Buch, Suyono oder Rata betrifft. Wir sollten nicht gleich mit dem Knüppel auf den Boden klopfen um die Schlangen aufzuschrecken. Nicht auf einer Insel der Schlangen."


    Die Beschwörungen des Magier begutachtete er mit viel Misstrauen, bis Indra sich entschuldigte und sich in eine Kabine zurück zog.


    Als Lak sie von ihren Nachforschungen aus der Matrix informierte. Wurde Datu bei dem Namen Marahr etwas aufmerksamer, sagte aber nichts weiter bis auch Lak sich schließlich in eine Kabine zurück zog.


    Datu legt das Kommlink weg und teilte den übrigen kurz mit "Ich bin an Deck wenn ihr mich sucht." und verließ die Kabine wieder.


    Den restlichen Tag blieb er an Deck betrachtete das Meer oder ging den Fischern bei ihrer Arbeit zur Hand.


    Erst Abends, lange nach dem Sonnenuntergang, betrat er wieder die Kabine und grüßte die Anderen noch ehe er sich ebenfalls in eine Koje verzog.


    Datu nahm in der Kombüse mit einigen Fischern gerade etwas zu sich, als er ein Donnern an Deck hörte. Er sprang auf und stürmte an Deck. Seine Blicke fielen zu erst auf das Brandloch auf den Planken des Schiffes und dann auf den Magier, welcher fast Bewusstlos am Boden lag.


    "Was ist los? Was ist passiert?" Er blickte sich schnell um, allerdings konnte er keine feindlichen Schiffe entdecken. "Was hast du gemacht verdammt?" Noch bevor er eine Antwort erhielt, holte er ein Erste Hilfe Kit aus der Kabine und begann ihn zu untersuchen.

  • -711-


    Na, ich hab uns Verstärkung besorgt.
    Pass auf.


    Er schnippte mit den Fingern und die Kapuzengestalt tauchte wieder über dem Deck auf.


    Mukunda, das ist Sommersturm.
    Sommersturm, das ist Mukunda.


    Sterblicher Wurm! Du wagst es, mich schon wieder zu rufen?


    Na, musst doch unsere Kollegen kennenlernen.


    Croaker hatte mittlerweile seine Zigaretten gefunden.
    Dummerweise verursachte der Geist so viel Wind, dass sein Feuerzeug ständig ausging.
    Er gestikulierte kurz in Richtung des Wesens, dann zündete er die Zigarette an und inhalierte zufrieden grinsend.


    Sie mal, du musst nicht so nen Wind machen.
    Du brauchst ja auch nicht dauernd hier rumzuhängen, aber wir brauchen nun mal deine Hilfe.
    Hab ich dir ja schon erklärt.
    Gab ja auch diese ganzen Opfergaben und all das.
    Darüber hast du dich doch gefreut, nicht?
    Anschließend tu ich auch was für die Geister und das Land und all das, hab ich ja auch versprochen.
    Und Rabe meinte, das ich auf deine Hilfe zählen kann.


    Der Geist wirkte etwas verblüfft, sofern man das bei einem Wesen ohne Gesichtszüge sagen konnte.


    Nun, Rabe wird schon wissen, was er sich dabei denkt...


    Na siehst du, siehst du!
    Das ist doch ein Argument.


    Eigentlich will ich nur zusehen, wie du trotz meiner Hilfe bei deinem Vorhaben scheiterst.
    Ich glaube, du überschätzt deine Macht etwas.
    Sonst hättest du auch nicht mich, sondern meinen jüngeren Bruder gerufen.


    Ja, aber bei dir gibts mehr Blitze und so... hustete Croaker, kurz vor dem Zusammenbrechen.
    Er wandte sich wieder an Datu.


    Du kennst dich nicht zufällig mit der Behandlung von Blitzschlägen aus?
    Hab da was abbekommen.


    Er verrenkte sich mühsam, um auf seine Schulter zu deuten.

  • -713-


    Noch bevor Datu mit der Versorgung Croakers beginnen kann, kommt auch Mike dazu, der ihm seine Hilfe anbietet. Die Beiden staunen nicht schlecht, als ihnen Gewahr wird, wie schwer der Magier eigentlich verwundet ist. Schnell steht fest, dass Croaker dem Tod nur knapp entronnen ist, es aber keinesfalls sicher ist, dass sich sein Zustand nicht auch noch verschlechtern könnte. Der Schamane selbst scheint - vielleicht aufgrund des Schocks - kaum zu realisieren, dass sein Leben an einem seidenen Faden hängt, und schwingt wie üblich seine lockeren Reden, während Mike das Medkit auspackt und Datu die Wunde freilegt. Croakers Schulter zeigt schwere Verbrennungen, nicht nur in direkter Nähe zu dem, was der Schamane selbst als einen Blitzeinschlag beschrieben hat. Dann scheint auch Croaker plötzlich wahr zu nehmen, wie groß seine Schmerzen wirklich sind. Sein ohnehin schon bleiches Gesicht verliert noch ein wenig mehr von seiner Farbe und verkrampft sich schmerzerfüllt, während aus seinem Mund keine weiteren Reden zu seinen Kollegen vordringen, was Mike - der den Schamanen mittlerweile gut genug kennt - als alarmierendes Zeichen auffasst. Schnell hat er das Medkit entpackt, aktiviert, an Croaker angeschlossen und unterstützt nach besten Kräften Datus Erste Hilfe-Leistungen.
    Dann wird Croaker bewusstlos; der Blutverlust scheint ein kritisches Maß angenommen zu haben. Mit furchtsamen Blicken in Richtung der unheimlichen, geflügelten Kreatur, die noch immer über dem Deck thront und selbst Mike einen Schauer über den Rücken jagt, nähern sich schließlich einige der Crew-Mitglieder und bringen weitere Verbände und sauberes Wasser. Doch sie verweilen nicht lange, denn die Präsenz des Geistes scheint sie zu sehr zu beunruhigen. So kommt es, dass Mike und Datu nach kurzer Zeit wieder alleine mit dem verwundeten Magier sind - abgesehen von der trollgroßen, verhüllten Kreatur in ihrem Nacken. Erst als es so aussieht, als hätte Croaker den kritischsten Punkt hinter sich gebracht, ist ein krächzendes Lachen von dem Geisterwesen zu hören, bevor die Kreatur so still verschwindet wie sie erschienen ist. Vorsichtig heben die Beiden den Körper des Magiers vom Deck und tragen ihn in eine der Kojen.



    Datu und Mike sind sich sicher: irgendetwas hat Croaker gerettet - und sie sind es nicht gewesen.

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    #714


    Armitage hatte das Donnern auf dem Oberdeck ebenso wie Mike vernommen und lief mit dem vorher zusammengebauten Ares Alpha im Anschlag hinterher. Fast hätte er auf den Geist geschossen.


    Die riesenhafte, wehende Gestalt war wahrlich beeindruckend; noch nie hatte er einen derart mächtigen Geist gesehen. Sommersturm – der Geist hat einen Namen. Für ihn waren es bislang lediglich Auswüchse des Astralraums gewesen, die mit einer Pseudo-Persönlichkeit angefüllt waren – so ähnlich wie es auch in seiner Magietheorie-Wissenssoft geschildert wurde. Mit Unbehagen erfüllte ihn die schleichende Erkenntnis, dass die Geisterwelt Indonesiens von den Daten nur unzureichend erklärt werden konnte.


    Er fühlte sich unwohl. Magie im Allgemeinen war nicht sein Fachgebiet. „Geekt den Magier zuerst“ war ihm als Lehrspruch in Erinnerung geblieben, im Hinblick auf die Ausbildung bei der Navy kein Wunder – schließlich hielt er sich damals einen großen Teil seiner aktiven Zeit im Wasser auf, einem Element, dass von einem Zauberkundigen beschworen und gegen ihn eingesetzt werden konnte.


    Mike und Mukunda kümmerten sich um den verletzten Croaker, helfen konnte er ihnen dabei nicht; unter den wachsamen Augen des über dem Vordeck schwebenden Wesens stabilisierten sie seinen Zustand. Anscheinend hatte er sich bei der Beschwörung überschätzt - seine markigen Sprüche ließen darauf schließen. Armitage war erleichtert als das geflügelte Ding verschwand, aber ein unbestimmtes Gefühl blieb. Es war mehr eine Ahnung, ein Hauch, er konnte es nicht in Worte fassen und war sich dessen auch nicht bewusst. Doch auf einer unterschwelligen Ebene blieb etwas zurück; wie ein schaler Geschmack im Mund nachdem man Blut gespuckt hat.

    Minion - Blutsbande | Impro #1 | Grendel - Bewährungsprobe | Bio Pharmaceuticals | Armitage - Gambit | Tantri Kamandaka | Marksman - Waffenbrüder | Quigg - Verrat | Dunkel | Padre Miguel - Frei | Bear - Halbgötter in Weiß |


    Waffen, Cyberware, Fahrzeuge und mehr: Data Haven North - UPDATE: 09.04.2010

  • -715-


    Nur kurze Zeit nachdem Mike und Datu den bewusstlosen Croaker unter Deck gebracht haben, versammelt sich die Crew der "Ratu Kidul" in der nähe des Bugs und beginnt vorbereitete Bündel aus bunten Blüten sowie einige eigentlich für den Verzehr bestimmte Tiere, welche zuvor rituell getötet wurden, über Bord zu werfen. All dies geschieht in Begleitung anmutiger Gesten, indem die Männer ihre Hände aufeinander falten und über die Stirn gehn Himmel heben.


    Mike und Datu:


    Unter Deck gesellt sich derweil Käpt'n Wayan zu Datu und Mike, welche Croaker vorsichtig in eine der Kojen gelegt haben und seinen Zustand nun weiterhin überwachen wollen.


    "Was war denn da draußen eben los? Die Männer sind richtig aufgebracht und fürchten eine Vergeltung durch die Götter, weil euer Freund angeblich den Zorn eines Geistes herauf beschworen haben soll... ist das wahr?"


    Fragt Wayan die Beiden mit der typischen asiatischen Höflichkeit, auch wenn vor allem Datu die Nuance einer Vibration in der Stimme des Mannes ausmachen kann, welche vermutlich daher rührt, dass die "Ratu Kidul" die Küste Kalimantans bald erreicht haben wird und Datu - genau wie Käpt'n Wayan - weiß, dass diese Region vor Piratenschiffen nur so wimmelt, die Crew des Schiffes also ein fehlerfreies Zusammenspiel zu leisten hat.

  • -716-


    Mike konnte zum Teil nur mutmaßen, als Käptn Wayan ihm und Mukunda die Frage stellte. Er war erstmal froh, dass sie Croaker überhaupt soweit stabilisert hatten und der Schamane die Sache überleben würde.


    Mit einem leichten Kratzen am Kopf meinte er zum Käptn:
    "Ich denke ihr könnt eure Männer beruhigen. Unser Schamane hier HAT einen mächtigen Geist beschworen. Und dafür anscheinend einen hohen Preis, wenn auch nicht den höchsten, bezahlt. Aber nur wenn er er vollkommen hinüber gewesen wäre, müssten wir jetzt die Rache der Geister fürchten. Dieses Wesen - Sommersturm nannte er es - hat uns friedlich zugesehen, wie wir Croaker verarztet haben. Soweit ich weiß, wäre der Geist unokntrolliert AMok gelaufen, wenn er außer Kontrolle des Beschwörers geraten wäre."


    Mit einem Blick auf den schwerverletzten Croaker fügte er hinzu:
    "Das hat ihn wohl richtig heftig mitgenommen. Er wird Ruhe brauchen und wenn wir in Pontianak sind, würde ich ihn gern in die beste ärztliche Fürsorge geben. Wir haben auf Deck nicht viel mehr al Flickschusterei betreiben können."

  • Lak bekam von den Ereignissen in ihrer Kapitänskabine zunächst nichts mit obwohl sie sich ebenfalls den Wecker gestellt hatte. Nachdem sie sich über dem Waschbecken gewaschen hatte, wobei sie sogar die Haare waschen konnte, wickelte sie sich ein Handtuch um die nassen Haare und begann ebenfalls eine Beschwörung.


    Nicht so spektakulär wie bei Croaker und auch mit weniger Aufwand. Diesmal stellte sie nur ein kurzes Räucherstäbchen in eins von Käpten Wayan zweckentfremdete Teetasse welche sie zuvor mit Reis gefüllt hat.
    Normalerweise werden für Rituale 5 oder 9 Räucherstäbchen angezündet.
    Ein einzelnes Räucherstäbchen wird in Thailand nur für die Toten angezündet.


    Diesmal würde sie keinen Phi zur Abwehr von Gefahren, sondern einen weisen Ratgeber aus dem Reich der Toten herbeirufen.
    Denn zu viele Fragen waren unklar. Hatte Ratu das heilige Buch? Hatte es Selani oder gar Suyono? Wenn der Geist wüsste wo das Buch ist könnten sie es einfach schnappen und sich die lästige Beinarbeit sparen.
    Leider hat kaum ein Volk so große Angst vor den Toten wie die Thais. Lak entscheidet sich für Lung Kwanthawee Simmaluang – schließlich war der verstorbene Bruder ihres Großvaters der letzte wirkliche Berufsmönch der Familie. Alle anderen männlichen Mitglieder, wie Pi Nüng, hatten nur die vorgeschriebenen 2 Wochen nach ihrer Volljährigkeit im Kloster gedient.


    Lak versucht sich beim Meditieren das alte Foto von Lung Kwanthawee vorzustellen.
    Und tatsächlich vermeint sie ein leises Glockenklingeln wie in einem Tempel zu hören.
    Sie schlägt erstaunt die Augen auf ... und Lung Kwanthawee steht leibhaftig (wenn auch leicht durchsichtig) vor ihr.
    Der alte, glatzköpfige Mann mit der altmodischen Brille ist in eine orange Mönchsrobe gehüllt und stützt sich auf einen hölzernen Wanderstab mit weisen Isaan-Glücksbändern.


    Lak verneigt sich bis ihre Stirn fast den Boden berührt und sagt:
    „Sawaddi kah, Lung Kwanthawee. Chan Khoo na nam dtua ennh na kah?“


    „LUNG?“ erwidert Kwanthawee verärgert und haut Lak mit dem Stock auf den Kopf das sie kurz Sterne sieht.


    „Aua“


    „Das heisst Thaan Kwanthawee! Du unverschämtes Mädchen.“


    Lak reibt sich die Beule und erinnert sich, dass Lung ...äh ... Thaan Kwanthawee ja aus einer Zeit Jahren stammt als man in Thailand noch mehr wert auf die höfliche korrekte Anrede legte als heute. Zumal sie als Frau einen Mönch sowieso mehr Respekt zeigen muss als ein Mann das ohnehin schon tut.


    „Ich weiss genau wer du bist! Die ungezogene Enkelin meines armen Bruders. Du bist eine Diebin in den Schatten geworden und machst uns allen Schande. Wie sollst du jemals einen anständigen Ehemann finden?“
    Lak überlegt kurz ob sie auf Pi Nüngs Werdegang verweisen soll, aber der hat als Mann ja sicher Sonderrechte.


    „Bitte verzeiht mir meine Unhöflichkeit höchst ehrenwerter Thaan Kwanthawee. Ich hätte euch nicht gerufen wenn die Sicherheit eines heiligen Buches des Ramakien gefährdet ist. Ich bitte euch mir euren weisen Rat zu geben.
    Meine einzige Frage an euch ist: was...“


    Da hört sie plötzlich einen Tumult oben auf Deck
    „Was geht da oben vor sich?“


    „Das ist alles?! Du hast die Unverschämtheit mich zu rufen um herauszufinden was deine verdorbenen Freunde da oben auf Deck treiben?“
    jetzt ist Thaan Kwanthawee wirklich sauer!
    „Äh ... NEIN! Das war nicht meine Frage. Kann ich sie später stellen ehrenwerter Thaan Kwanthawee?“


    Die Augen des alten Mönches blitzen jetzt echt böse auf. Aber er verschwindet grußlos im Astralraum als Lak auch schon zur Tür hinausrennt.



    Dort läuft sie gleich in Mike und Käpten Wayan
    "Was war denn da draußen eben los? Die Männer sind richtig aufgebracht und fürchten eine Vergeltung durch die Götter, weil euer Freund angeblich den Zorn eines Geistes herauf beschworen haben soll... ist das wahr?"


    Mit einem leichten Kratzen am Kopf entgegnet Mike:
    "Ich denke ihr könnt eure Männer beruhigen. Unser Schamane hier HAT einen mächtigen Geist beschworen. Und dafür anscheinend einen hohen Preis, wenn auch nicht den höchsten, bezahlt. Aber nur wenn er er vollkommen hinüber gewesen wäre, müssten wir jetzt die Rache der Geister fürchten. Dieses Wesen - Sommersturm nannte er es - hat uns friedlich zugesehen, wie wir Croaker verarztet haben. Soweit ich weiß, wäre der Geist unokntrolliert AMok gelaufen, wenn er außer Kontrolle des Beschwörers geraten wäre."


    Mit einem Blick auf den schwerverletzten Croaker fügte er hinzu:
    "Das hat ihn wohl richtig heftig mitgenommen. Er wird Ruhe brauchen und wenn wir in Pontianak sind, würde ich ihn gern in die beste ärztliche Fürsorge geben. Wir haben auf Deck nicht viel mehr al Flickschusterei betreiben können."


    Arai? Da sieht sie erst den übel zugerichteten Croaker in der Koje liegen.
    „Croaker, Drek was ist passiert!“
    besorgt streicht sie dem Schamanen einige verklebte Haarstränen aus der Stirn.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • Datu hatte den letzten Verband gerade befestigt als er die Stimme des Kapitäns hinter sich vernahm und Mike versuchte ihn zu beruhigen. Er drehte sich zu den Beiden um und fügte Mikes Worten noch hinzu "Ich verstehe nichts von diesen Dingen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die Götter nach dem was ihm hier passiert ist, zumindest erst einmal genug haben."


    Im nächsten Moment stürmte Lak in die Kajüte um sich nach Croaker zu informieren.


    "Er wird schon wieder, aber er braucht einen richtigen Arzt. Bis wir allerdings in Pontianaks sind wird es noch etwas dauern und wir könnten ganz andere Probleme bis dahin bekommen."
    Datu blickte den Kapitän an, der zu wissen schien was er meinte. "Vielleicht kann ich euch an Deck in der Zwischenzeit helfen."


    Dann blickte er wieder auf den verletzten Schamanen. "Für ihn kann ich im Moment nichts mehr tun. Er braucht jetzt viel ruhe, damit sein Herz zur Ruhe kommt. Die Verbrennungen werden sicherlich heilen, vielleicht wird eine Narbe zurück bleiben. Ob allerdings irgendwelche Schäden an den Nerven oder andere bleibende Schäden durch den Blitz erlitten hat, kann ich nicht sage. Dies muss der Arzt feststellen."


    Plötzlich kam ihm ein Gedanke, wie er der unglücklichen Lage vielleicht doch noch etwas gutes Abringen konnte.


    Er blickte wieder zu Mike und dem Kapitän und schlug vor. "Vielleicht kann uns seine Verletzung sogar hilfreich sein." Datu schunzelte kurz bevor er fort fuhr. "Falls wir auf dem letzten Stück auf Piraten stoßen sollten, erklären wir einfach, dass wir von der Balinesischen Marine angegriffen wurden und auf der Flucht sind und Verletzte habe. Vielleicht sind sie Gleichgesinnten aufgeschlossen genug und lassen uns passieren. Falls nicht" der deutete auf den verletzten Schamanen "zeigen wir ihnen einfach unseren Schamanen als Beweis. Als Söldnertrupp gehen wir genauso wie Sie als Schmugglerboot bei ihnen schon durch."


    Sicherlich lag ein gesunder Optimismus in seinem Vorschlag, allerdings hoffte auch er, gar nicht erst auf Piraten zu stoßen.

  • -719-


    Piraten? Mike war durch Croakers Beschwörung und der Versorgung des Schamanen so abgelenkt, dass er gar nicht an die möglichen Gefahren gedacht hatte, die ihre Reise noch so mit sich bringen könnte. Er programmierte das Medkit, an das Croaker immer noch angeschlossen war so, dass es die Vitalwerte auf das Gruppen-PAN weiterleitete, dann machte er sich wieder auf den Weg an Deck zu ihrem Bus und holte sicherheitshalber noch das Sturmgewehr sowie zwei Ersatzclips, mit weiterer regulärer Munition. Zumindest falls irgendwelche Piraten der Meinung waren, einfach ein kleines Boot mit ein paar wehrlosen Fischern zu entern, würden sie ihr blaues trolliges Wunder erleben!

  • -720-


    Als Lak herbei geeilt kommt, macht Wayan ihr respektvoll Platz, so dass sie die Koje betreten und zu Croaker gelangen kann. Dann wendet er sich wieder Datu zu.


    "Hm... ich glaube, es wäre besser, wenn wir Croaker auch im Notfall hier unten lassen. Ein zusätzlicher Transport an Deck wäre seiner Gesundheit sicherlich nicht förderlich, und ich möchte es auch vermeiden, dass etwaige Piraten auf die Idee kommen könnten, uns Croaker für ihre Organbank abzukaufen, als Ausgleich für eine Verschonung des Schiffes... ."


    Sein Blick richtet sich nun auch an Mike, der schon im Begriff dazu ist, wieder nach oben zu gehen.


    "Was ich aber vorschlagen möchte, ist, dass alle kampffähigen Männer ihre Waffen bereit machen und oben auf Deck eine sichtbare Präsenz vorweisen. Die Molukken-Piraten sind zwar wagemutig, aber nicht dumm. Wenn sie sehen, dass unser Frachter ausreichend verteidigt wird, dann werden sie sich sicherlich ein leichteres und lohnenderes Ziel aussuchen."


    Mit diesen Worten begleitet Wayan Mike auf Deck und sorgt dafür, dass seine Männer nach der Opferung, wieder auf ihre Posten gehen.
    Nur kurze Zeit später wimmelt es auf Deck von sorgsam positionierten Deckungsmöglichkeiten und einer Schar mit Sturmgewehren und Maschinenpistolen bewaffneter Männer, die sich Wayans Anweisungen nach auf dem Deck positioniert haben. Auch Mike hat sich sein Sturmgewehr gegriffen und der Crew anschließend geholfen, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste zu machen. Ein wenig fühlt er sich an Kowloon erinnert, an die 'Electric Waves' und sein Zusammenspiel mit Tao, als beide die Gangmitglieder zu einer strategischen Verteidigung zusammen geschlossen hatten.


    Es dauert nicht lange, bis schließlich auch die Küste Kalimantans in Sicht kommt. Der Anblick hat etwas Atemberaubendes. So weit das Auge reicht, erstreckt sich die Küste dieser Insel, deren Ausmaße größer sind als so mancher Staat, am Horizont entlang und offenbart den Blick auf eine von Sümpfen durchzogene Küstenzeile und ein undurchdringlich scheinendes Hinterland aus dichtem Regenwald. Ein wenig fühlen sich die Runner ob dieses Anblickes wie die Entdecker in den alten Tagen, die ausgezogen sind, um fremdes Land zu entdecken.

  • [IMG:http://s10b.directupload.net/images/user/090319/28gkj7x6.jpg]
    #721


    Nachdem die Lage soweit geklärt war – Croaker war medizinisch versorgt, das EKG zeigte im PAN regelmäßige Herzaktivitäten, und Kapitän Wayan hatte seine Männer bewaffnet – folgte Armitage dem Aufruf zur Stärkedemonstration und bezog einen Posten auf den Aufbauten der Ratu Kidul; verborgen hinter einer kleinen Radarkuppel hatte er einen guten Ausblick. Er sog die frische Meeresluft ein um die merkwürdige Ahnung abzuschütteln, ließ sich ordentlich durchwehen und sich dann im Schneidersitz nieder. Das Gewehr lag auf seinen Knien.


    Vor ihm schaukelte die gigantische Insel am Horizont, rückte schleichend näher und offenbarte immer mehr von ihrer dichten Vegetation. Er konnte sich nicht lange dem Anblick hingeben, Erinnerungsfetzen zerstörten die beruhigende Atmosphäre. Vor nicht allzu langer Zeit – gerade mal zwei Wochen war es her – hatte er sich auch mit einem Boot einer der vielen namenlosen Inseln genähert, unter ihm bewaffnete Männer und vor ihm die Ungewissheit. Sie waren unentdeckt in das Lager der Piraten gekommen. Schreie im Morgengrauen, durch Explosionen aufgeschreckte Vogelschwärme, durchsiebte Körper. Der Wert eines Lebens galt nicht mehr viel, ein Grund mehr für Armitage wieder in die Heimat zurück zu kehren. Dort war es nicht unbedingt friedlicher, aber er kannte sich immerhin aus.


    Er wischte die aufdringlichen Gedanken beiseite und richtete seinen grauäugigen Blick wieder auf das größer werdende Kalimantan.

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    Waffen, Cyberware, Fahrzeuge und mehr: Data Haven North - UPDATE: 09.04.2010

  • -722-


    Über den endlosen Wucherungen des Urwaldes liegen dichte Nebelschleier, die hin und wieder auch die sumpfige Küste Kalimantans in Besitz genommen haben. Dann lichten sich die Sümpfe und geben den Blick auf ein gewaltiges, kaum zu überblickendes Flussdelta frei, welches niemand anderem gehört, als dem mächtigsten Fluss des indonesischen Archipels, dem uralten, geheimnisumwitterten Kapuas. Umgeben vom stechenden Grün erwachter Flora ruht Pontianak, ein Meer aus grauen Gebäuden und trostlosen Fassaden, inmitten des Deltas und fristet das Dasein einer verwahrlosten Industriestadt. Gemächlich sucht sich die "Ratu Kidul" ihren Weg an Schiffswrack und Schrottteilen vorbei, nachdem sie die Küste ohne Piratenkontakt hinter sich gebracht hat. Erst nachdem die Küste längst wieder am Horizont zurück gefallen ist, kommt Pontianak in Sicht. Im faden Tageslicht eines bewölkten Tages schweift der Blick der Runner über Reihen leerer Lagerhäuser, alter Werftanlagen und verkommener Verladedocks. Dennoch sind die weitläufigen Hafenbereiche der Stadt unverkennbar mit Leben gefüllt. Straßenmärkte räkeln sich entlang der alten Gebäudestrukturen, während ein buntes Sammelsurium unterschiedlichster Schifftypen das Manövrieren im Hafenbereich zu einem Kunststück werden lässt. Bei dem Großteil der im Delta verkehrenden Waserfahrzeuge handelt es sich um einfache Motorboote oder kleine Kutter, aber auch der ein oder andere Frachter, alte Küstenschutzfahrzeuge oder der bizarr anmutende Blick auf eine makellose Luxusyacht bleiben den Runnern nicht verborgen. Eine Hafenbehörde scheint es in Pontianak nicht zu geben, denn ohne mit irgendeiner Institution Kontakt aufgenommen zu haben, steuert Käpt'n Wayan seinen Kutter durch das Gewirr und sucht sich eine freie Anlegestellte jenseits des allgemeinen Trubels. Als diese nach einer längeren Suche schließlich gefunden ist, verläuft das weitere Anlegen ohne Probleme und äußerst reibungslos. Mit teilweise waghalsigen Sprüngen von Deck erreichen die Männer aus Wayans Crew den Steg und helfen der Besatzung, welche an Bord verblieben ist, die "Ratu Kidul" zu vertauen. Dann geht ein Ruck durch den Schiffskörper und die Motoren verklingen. Der Geruch von Abgasen und Motorenöl weht in einer leichten Brise am Steg entlang, und bereits jetzt können die Runner von Deck aus beobachten, wie die ersten Fahrer und selbst ernannten Stadtführer, sich dem Schiff zu nähern beginnen.

  • -723-


    Nachdem die Motoren heruntergefahren sind, kommt Käpt'n Wayan aus seiner Brücke hervor und begibt sich zu den Runnern auf Deck. Nachdem er den Stummel einer Kretek-Zigarette ins trübe Wasser des Hafenbeckens geschnippt, die zerknüllte Packung den Runnern angeboten und sich anschließend umgehend eine neue Nelkenzigarette angezündet hat, meint er mit einem Grinsen,welches seine schiefen Zähne enthüllt:


    "Da wären wir. Mittem im Sumpf der Verzweifelten und Wagemutigen. Wir werden hier auf euch warten. Einen Landgang werde ich später hinter mich bringen. Mal schauen, was es auf dem Straßenmarkt dort drüben alles zu kaufen gibt. Danach werde ich die Leute mal ein oder zwei Hafenbars abklappern lassen, aber keine Sorge, wenn ihr die 'Ratu Kidul' braucht, dann steht sie voll einsatzbereit zur Verfügung."


    Er hält kurz inne und atmet die von Motorenöl-Geruch geschwängerte Hafenluft ein, so als kämen dadurch alte Erinnerungen in ihm zum Vorschein.


    "Zuerst sollten wir vielleicht überlegen, was mit unserem Geisterbeschwörer geschehen soll... ."

  • 724-


    Lak hatte sich vor der Ankunft umgezogen. Normalerweise schätzte sie elegante o Kleidung die ihre weibliche Figur gut betonte. Aber in diesem Piratennest würde dies sicher die falschen Signale aussenden.
    Also zwängte sie sich in den unerotischen Victory-Globetrotter-Tarnanzug, der sich jedoch mit der kühlfunktion als überraschend bequem erwieß. Die Ares Viper und die Colt Government steckte sie "piratenmässig" in ihren violetten Gürtel (der zerstörte den Pirateneindruck etwas, mai pen rai - sie war halt eine durchgeknallte Piratin). Über die Naniten-Eletroden band sie dann noch ein schwarzes Stirnband mit vielen kleinen Totenköpfen, das sie auf dem Touristenbasar in Bali eingekauft hatte.
    Dann hatte sie noch versucht im Spiegel möglichst grimmig auszusehen was ihr aber nicht gelang.


    Auch nicht als sie an Croakers Verletzung dachte. Sie hatte ihm auch nicht mehr helfen können als die Erste Hilfe schon geleistet hatte.


    "Zuerst sollten wir vielleicht überlegen, was mit unserem Geisterbeschwörer geschehen soll... ." stellt Käpt'n Wayan eine nicht unberechtigte Frage.
    "Wie ich ihn kenne, wird er sicher mitkommen wollen. Gibt es hier einen vertrauenswürdigen Heiler?"
    bei der letzten Frage blickt sie Mukunda an.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -725-


    Die Vorsichtsmaßnahmen des Käptns im Bezug auf eventuelle Piraten hatten sich grundlos oder wirkungsvoll genug gezeigt - je nachdem, wie unauffällig die Piraten sie gegebenfalls observiert hatten. Beim Anblick Pontianaks musste Mike unwillkürlich an die schlimmeren Gegenden der Barrens denken, in denen ähnliche Anarchie herrrschte.


    Der Troll verstaute beim Anlegen das Sturmgewehr samt den Clips wieder im Bus, prüfte nochmal den Sitz des Holsters der Predator und der Granaten, dann fühlte er sich weitestgehend gerüstet für das Chaos an Land.


    Auf Wayans Frage konnte er nur zustimmend nach Laks Antowrt nicken.
    "Ich denke auch wir sollten als allererstes einen Heiler aufsuchen. Entweder Mukunda kennt jemand kompetenten und vertrauenswürdigen oder wir fragen einfach die Meute an Land."


    Dabei glitt sein Blick über die heranwogende, lärmende Meute von selbsterannten Stadtführern und Taxifahrern, die versuchten, sich gegenseitig die besten Plätze zum "Abfangen" der Neuankömmlinge mit der Rata Kidul abzuluchsen. Bestechung in Verbindung mit ein wenig Einschüchterung würde da hoffentlich helfen, das beste Angebot herauszufiltern. Oder er trat damit schon jemandem auf die Füße ...

  • -726-


    Es war ein komisches, aber auch vertrautes Gefühl welches Datu bei der Einfahrt in den Hafen Pontianak empfand. Erst vor zwei Monaten hatte er diesen, wie er dachte für immer verlassen und nun war er wieder hier. Viel hatte sich sicherlich nicht verändert.


    Datu zog das Oberteil seines Tarnanzuges an und schulterte seinen Rucksack, welcher nun auch sein Überlebensmesser verdeckte. Als Käpt'n Wayan zu ihnen sprach und Croakers Zustand ansprach, dachte Datu bereits über einen passenden Arzt nach. Laks und Mikes Hinweis auf einen vertrauenswürdigen und kompetenten Arzt war genau der Punkt an dem er festhing. Es sicherlich einige Ärzte in Pontianak, jedoch waren die Qualitätsunterschiede sehr groß. Croaker brauchte allerdings einen richtigen Arzt, der sein Handwerk verstand und nicht einfach nur mit einer abgekochten Nadel eine Wunde zunähen konnte. Dies Handvoll qualifizierten Ärzten waren jedoch fast ausschließlich für ein der größeren kriminellen Organisation in Pontianak zuständig. Sicherlich gab es da noch das Krankenhaus, allerdings war dies auch nicht eigenständig. Soviel Datu schon gehört hatte, war dies zudem kein Ort an dem nur den 'Bedürftigen' geholfen wurde, sondern auch ganz andere Dinge betrieben worden. Sie Sterberate von Patienten mit Implantaten war dort seltsamerweise sehr hoch. Nein das Krankenhaus war sicherlich nicht der richtige Ort für den Schamanen. Er Atmete tief ein und wieder aus als er einen Entschluss fasste.


    "Kompetente Ärzte? Ja. Vertrauenswürdige? Nein." gab er knapp als Antwort wieder. "Ihr vertraut hier besser niemanden, denn für den richtigen Preis ist hier absolut jeder zu kaufen. Allerdings kenne ich noch jemanden, der mich früher immer zusammengeflickt hat." Datu war nicht sonderlich begeistert wieder bei ihr aufzutauchen, allerdings hatte er kaum eine Wahl.


    Während die Crew der 'Ratu Kidul' dabei war ihren Bus an Land zu verfrachten, ging er wieder unter Deck und überprüfte noch einmal die Daten des Medkids bei Croaker. Zusammen mit Lak half er dem Schamanen hoch und begleitete ihn von Bord zu ihrem Bus. Datu verscheuchte die ersten Personen, die auf sie zutraten um ihnen eine Führung oder andere Dinge anzudrehen versuchten. Er verwies sie auf die Mannschaft des Schiffes, welche wohl in einiger Zeit ihre 'Dienste' vielleicht in Anspruch nehmen würden.


    "Es ist besser wenn jemand von euch den Wagen steuert. Ich zeige euch den Weg." Damit stieg er vorne in den Bus auf der Beifahrerseite ein und hielt ein wachsames Auge auf den Leute um sie herum.

  • -227-


    Ein wenig erinnert die Fahrt durch Pontianak an die Suche, welche die Runner haben hinter sich bringen müssen, um im Zentrum Jakarta Selatans die zerfallenen, vergessenen Schulgebäude aufzufinden, in denen sich Indras selbsternannte Gruppe ehemaliger Pencak Silat-Anhänger zu einem gemeinsamen Interessensbund zusammengeschlossen haben. Doch auch wenn Jakarta Selatans hauptsächlich von Slums durchzogen gewesen ist, von Wellblechhütten und schmucklosen Häusern gesäumt wurde, so ist die Atmosphäre in den Straßen Pontianaks doch eine ganz andere als jene im javanischen Moloch. Bereits bei der nervenaufreibenden Durchquerung des ausufernden Straßenmarktes, welche allenfalls im Schritttempo möglich ist, sticht dem aufmerksamen Betrachter die kulturelle und ethnische Vielfalt Pontianaks ins Auge. Der endlos scheinende Straßenmarkt mit seinen dicht beieinander stehenden Händlersständen, den kaki-lima*, den Tierkäfigen und dampfenden, über offener Flamme ruhenden Woks, scheint ein Schmelztiegel für jenes bunte und doch düstere Volk zu sein, welches in Pontianak sein Dasein fristet. Javanen, Maduresen, Sundanesen, gar einige Batak bilden als Händler, Stammgäste und Durchlaufpublikum einen kulturellen Flickenteppich, und jeder entlang der verwinkelten Straßen und Gassen scheint seinen ganz eigenen Zielen nach zu hängen. Auffällig ist auch die Zahl der Ausländer: Chinesen, Japaner, Vietnamesen, Kaukasier. Doch nicht durch die Vielzahl der Ethnien verwandelt Pontianaks graue, oft baufällige Straßen in einen bunten, aber zwielichtigen Reigen, auch das Arsenal an Waffen, welches hier jeder Zweite mit sich zu führen scheint. Oft handelt es sich dabei offensichtlich um Jagdwaffen, große Buschmesser, alte Macheten, Jagdgewehre für die Großwildjagd, die ein oder andere Sturmschrotflinte oder ein Sturmgewehr aus alten Militärbeständen. Wer näher hinschaut erkennt hauptsächlich Fabrikate aus japanischen Waffenschmieden, oft sogar noch mit dem goldenen TNI-Symbol versehen, einem deutlichen Zeichen dafür, dass die javanische Armee genau so sehr ihre Finger im Waffengeschäft hat wie die zahlreichen Syndikate.


    Vom Hafen geht es stadteinwärts. Oft müssen Umwege in Kauf genommen werden, da die enge Bauweise größeren Fahrzeugen nur selten ein Durchkommen ermöglicht. Jenseits einiger verwahrloster Lagerhallen erreicht die Gruppe ihr Ziel. Ein größerer Durchbruch in einer alten Backsteinmauer ermöglicht den Blick auf einen Innenhof, in dem unter einer dreckigen Wellblechüberdachung lange Bänke und bunte Plastikstühle stehen, die einigen Gästen der hiesigen Garküche als Sitzmöglichkeit dienen. Auf der anderen Straßenseite, ohne das es in diesem Teil der Stadt eine erkennbare Differenz zwischen dem Fußweg und der Fahrbahn gäbe, thront über einer endlosen Zeile aus brüchigem Beton eine düster anmutende Neonreklame, welche eine kunstvoll stilisierte Wayang-Maske zeigt, die das Abbild Rahwanas offenbart. Der Anblick ruft Lak sofort einen Schauer über den Rücken und auch Croaker, der mittlerweile wieder wach, aber noch immer entkräftet ist, spürt, wie sich zum wiederholten Male sein Magen umdreht. Doch Datu führt die Gruppe rasch weiter, durch den Riss in der Mauer und zu einer hinter gelegenen Tür, über der ein rotes Kreuz auf weißem Grund aufgemalt wurde, welches aber kaum noch zu erkennen ist.

  • [IMG:http://s10b.directupload.net/images/user/090319/28gkj7x6.jpg]
    #728


    Der heraneilenden Masse von aufdringlichen Verkäufern und selbsternannten Führern blickte Armitage mit Unbehagen entgegen. Er hasste es belästigt zu werden, besaß einfach nicht die indonesische Ruhe um das Gegrabbel, Geschwatze und Gefeilsche mit Gelassenheit über sich ergehen zu lassen. Er befürchtete, dass besonders er in dieser Menage übermäßig auffallen würde. Seine Bedenken wurden zum Glück rasch zerstreut, die Besatzung der Ratu Kidul nahm die meisten Einheimischen in Anspruch, der Rest wurde freundlich aber bestimmt auf das Desinteresse der Neuankömmlinge hingewiesen.


    Der Bus quälte sich durch die engen Gassen und offenbarte Armitage völlig neue Einsichten in die menschliche Existenz. Die Barrens in Seattle waren schon schlimm, wurde jedoch von Pontianak übertroffen. Die Lebensumstände waren ungefähr die gleichen, was Sicherheit, Wohnkomfort und Hygiene anging, aber hier kam noch das tropische Klima hinzu.
    Alles lag auf dem Boden; Gemüse, Reis, Fisch, Fleisch, Hundescheiße. Er war sich sicher, dass ihm auf dem weitläufigen und verwinkelten Straßenmarkt jeder noch so abstruse Wunsch erfüllt werden konnte. Es gab Dinge, die wollte er gar nicht wissen. Er saß auf der Rückbank und bestaunte die Umgebung wie ein Tourist – nein, eher wie ein Besucher im Zoo. Wortlos stierte er während der Fahrt aus dem Fenster.
    Das Sturmgewehr lag verdeckt aber schussbereit, schließlich konnte man nie wissen, wer in dem Bus ein lohnendes Ziel sah. Misstrauisch prägte er sich die Umgebung ein und erstellte zur Sicherheit mit dem Radarsensor eine Karte ihrer Fahrtroute. Er war zum Einen erleichtert, dass er sich so nicht verlaufen konnte und zum Anderen, dass er recht viele Ausländer auf den Straßen sah. Er würde also nicht besonders auffallen, eine Sorge weniger.

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    Waffen, Cyberware, Fahrzeuge und mehr: Data Haven North - UPDATE: 09.04.2010