[IP] Electric Dreams

  • -336-


    Hektisch-rhythmisches Trommeln von Fingerknöcheln auf der nächstbesten Tischplatte erklang, während sich die meisten anderen Anwesenden mit gemurmelten Theorien in Hinblick auf die mögliche Identität der Angreifer beschäftigten.


    "Entschuldigt mal, Leute... Ich unterbreche Euren gemeinsamen, fröhlichen, spekulativen Kaffeekranz ja nur höchst ungern, aber ich finde, wir sollten uns erstmal um die Dinge kümmern, bei denen uns die Tatsachen bekannt sind, statt uns in Spekulationen und Überlegungen zu verlaufen."


    Azrael räusperte sich kurz, bevor er fortfuhr, und wechselte auf einen langsameren Rhythmus.


    "Also...


    Ich bin dafür, jetzt erstmal mit dem Van zum Apartment zu fahren, alles rauszuholen, was wir gebrauchen können, und wieder hierher zurück zu kommen. In meinem Falle liegt das Hauptinteresse bei den beiden Ingram Smartgun X und der dazugehörigen Munition sowie bei meiner Panzerjacke - hab ich ja alles nicht mitgeschleppt, als wir unser kleines, leider nutzloses Ablenkungsmanöver durchgezogen haben.


    Wenn wir unser Zeug haben, fahren wir bei eurem Freund Wei vorbei, und zerren ihn aus egal welchem Versteck ans Tageslicht. Und wenn wir ihn hergebracht haben, können wir ihm alle zusammen mal ein bisschen auf die Finger klopfen.


    In der Zwischenzeit könntet ihr Waves euch um eine sichere Unterkunft kümmern - ob ihr dabei die Stellungen hier befestigt oder lieber gleich ein besser geschütztes Versteck organisiert... das müsst ihr entscheiden, zumal wir mit den hiesigen Begebenheiten naturgemäß nicht so vertraut sind wie ihr.


    Achja, wenn ihr nen vernünftigen Wanzenscanner oder etwas in der Art habt, könnten wir damit die Wohnung und gerne auch den Van und die sonstige Ausrüstung überprüfen - wenn wir etwas finden, lassen sich sicher auch Rückschlüsse darauf ziehen, wer uns da bespitzeln möchte."


    Den Gedanken, dass er schon wieder selber relativ lange redete, statt zu handeln, verdrängte Azrael erfolgreich, daher konnte er am Schluss seines Monologs auch ruhigen Gewissens noch eine kleine Redepause unterbringen, die von dem getrommelten Äquivalent eines sinnlosen Schlussakkords gefüllt wurde.


    "Klar soweit? Irgendwelche Einwände? Ansonsten würd ich sagen, lasst uns endlich loslegen."

  • -337-


    "Wir werden versuchen, den Laden hier etwas besser abzusichern. Verlassen kommt eigentlich derzeit nicht in Frage, dafür liegt hier noch zu viel von unserem Zeug herum. Das alles hier raus zu bekommen, könnte eine Weile dauern... ."


    Yu hält kurz inne, scheint nachdenklich.


    "Wie lange meint ihr werdet ihr brauchen, bis ihr wieder hier seit? Je schneller wir zu Wei kommen, desto besser... ."


    Fügt er noch hinzu, gibt damit aber auch gleichzeitg bekannt, dass er mit der Vorgehensweise einverstanden zu sein scheint. Noch während er spricht holt Tao einige der Ganger an seine Seite und scheint einen Verteidigungsplan zu entwerfen. Es ist dem ansonsten eher stillen Chinesen anzusehen, dass er nun voll in seinem Element ist und obwohl er auch jetzt nicht gerade viel, sondern eher sehr bedacht und ruhig spricht, scheinen alle Ganger großes Vertrauen in sein Können zu haben.

  • -338-


    Lak erinnert sich wieder an den Augenblick als Yu versucht hat ihr Leben zu retten. Sie weiß die Geister verlangen, dass sie nun auch ihm beisteht.


    Außerdem was hatte Pi Nüng ihr heute morgen noch über die Schlacht von Ban Chiang gesagt? „Es ist nicht wichtig ob man den Kampf gewinnen kann, es ist wichtig überhaupt zu kämpfen!“ Oder so ähnlich.


    Sie wendet sich wieder an Yu:
    „Ich werde bei euch bleiben und euch bei der Verteidigung helfen wenn du erlaubst. Ich bin zwar eine miserable Schützin aber im Matrixkampf und bei der Abwehr böser Geister kann ich euch sicher helfen.“


    An Azrael gewand fährt sie fort:
    "Ich habe einen der beiden Matrix-Agenten im den Van geladen und keine Peilsender gefunden. Zumindest keine die momentan senden. Der Wagen dürfte sicher sein. Es reicht wenn ein paar von uns die Ausrüstung holen.


    Ich bräuchte nur meinen kleinen Koffer mit den Klamotten und die Tüte mit den Parfum aus dem Duty Free-Shop die im Bad steht, wenn das keine Umstände macht.“ fügt sie lächelnd hinzu.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -339-


    Yu schenkt Lak ein dankendes Nicken, obwohl Lak in seinen Augen lesen kann, dass er sich wünscht, dass es gar nicht erst zu einem Konflikt im Lager der Waves kommen wird. Dann nickt er noch einmal den Runnern zu, so als würde er ihnen viel Erfolg wünschen und geht dann zu Tao hinüber, um mit diesem zu beratschlagen.


    Später, als die Runner bereits weg sind, und Yu mit Tao scheinbar alles geklärt hat, kommt er wieder an Laks Seite.


    "Es gibt eine Art Turm hier, der an dieses Gebäude angrenzt. Ich wollte dort hoch; von dort oben hat man eine exzellente Aussicht und sollte jedes Fahrzeug bemerken, welches sich diesem Gelände hier nähert. Möchtest du mit?"

  • -340-


    Mike ist mit Tao im hinteren Teil der Halle verschwunden, während Lak Yu zum Turm gefolgt ist. Nachdem die beiden einen Wall aus alten Frachtkisten passiert haben, führt Yu sie zu einer Tür, die zum Turm führt. Dahinter verbirgt sich eine staubige, düstere Treppe, deren Ende nicht sofort zu erkennen ist. Langsam steigen Yu und Lak die Stufen hinauf, bis sie bei einer weiteren Türe angelangt sind. Yu öffnet auch diese und tritt gemeinsam mit Lak in die Nacht hinaus. Sie befinden sich auf einer Art Aussichtsplattform eines alten Sendeturmes und blicken von dessen Brüstung hinab auf das Betonlabyrinth von Kowloon. Irgendwo in der Ferne sind die Lichter von Mong Kok und anderer Distrikte wie unter einem schwachen Graufilm zu erkennen, doch der Anblick Kowloons ist, trotz seiner Dunkelheit, um einiges fesselnder. Erst von hier oben erahnt man die ungeheure Komplexität der verwinkelten Bauten Kowloons, seine innere Struktur, die unheimlich und machtvoll zu gleich erscheint. Yu hat die Hände an die Brüstung gelegt und mehrmals tief eingeatmet. Den Blick auf den Asphaltdschungel geworfen sagt er:


    "Wenn ich nachdenklich bin, komme ich oft hier hoch. Hätte nicht gedacht, dass ich den Turm mal für eine solche Situation benötigen würde... ."


    Unten ist eine Bewegung zu erkennen. Der Van der Runner, welcher sich langsam vom Gelände entfernt und in Kowloons Straßenlabyrinth eintaucht. Yu hatte recht; jedes Fahrzeug, das sich dem Gelände näherte, sollte früh genug zu sehen sein. Innerlich hofften natürlich alle, dass es nicht dazu kommen würde.


    Langsam entfernt sich der Van vom Quartier der Waves. Die Straßen Kowloons sind dunkel, die Gebäudefassaden ein einziges Grau. Es ist schwer, irgendetwas wieder zu erkennen, Bezugspunkte zu finden, an denen man sich orientieren könnte. Nach einiger Zeit ist das erste Licht zu erkennen, die Straßen Mong Koks sind nun nicht mehr fern. Der Van schlängelt sich vorbei an Straßenständen und Fußgängern, bis er in die Seitenstraße einbiegt, in der sich euer Appartment befindet. Der Imbissstand in der Straße hat noch immer geöffnet und ist nach wie vor gut besucht. Wachsam betretet ihr das Haus und nehmt die Treppe nach oben. Irgendwo ist ein Geräusch zu hören und ihr haltet gespannt inne, beruhigt euch jedoch wieder, als ihr feststellt, dass es sich nur um feiernde Nachbarn handelt. Nachdem das Magschloss der Eingangstür zurückgefahren ist betretet ihr die Wohnung. Alles sieht so aus wie vorher, nichts hat sich verändert.

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    Der Anblick des Häusermeers bis zum Horizont des Megaplex (und im gegensatz zu Seattle ist Hongkong wirklich ein Megaplex) wirkt wirklich beeindruckend. Wie unwichtig erscheint dagegen das Schicksal eines einzelnen Menschen.
    Menschen wie Yu und Nicole. Zwei kleine Lichter in dem unendlichen Lichtermeer.
    Was können sie schon gegen das Feuer der Triaden oder anderer großen Lichter ausrichten?


    Nun gegen zuviel Licht hilft Schatten. Und Lucky Lak ist Schatten.


    „Nicole ...“ beginnt sie leise „wollte sie wirklich wiederkommen? Ihre Familie hätte das sicher nicht gerne gesehen. Andererseits wenn ich die Amerikanerinnen für etwas bewundere, dann ist es ihre Art dem Ruf des Herzens zu folgen. Ohne Rücksicht auf Verluste.“ fügt sie aufmunternd lächelnd hinzu.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    "Ich weiß es nicht... ".


    Antwortet Yu resigniert.


    "Wir hatten uns auch nicht wirklich Gedanken über etwas gemacht, das man als "Zukunft" bezeichnen könnte. Als sie hier war haben wir für den Tag gelebt, ein einziger Rausch an Leben. Für mich war das nichts neues, denn so ist mein Leben hier. Aber für sie war es schon neu, und es hat sie in einen Bann gezogen...
    Sie sagte sie wolle sich melden, sobald sie zurück sei, aber das hat sie nicht getan. Das du nun neben mir stehst, gibt mir die Gewissheit, dass ihr etwas geschehen ist und ich weiß nicht, wie ich darüber denken soll, ob es gut oder schlecht ist, dass ich es weiß. Vielleicht wäre es auch besser gewesen, es nicht zu wissen, und anzunehmen, dass sie mich vergessen hat... manchmal ist es besser, etwas nicht zu wissen... ."


    Nach diesem längeren Monolog schweigt Yu wieder, während sein Blick kein einziges Mal vom nächtlichen Kowloon gewichen ist.

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    Laks Blick schweift von Yu wieder in die Ferne. Der leichte Windhauch vertreibt kurz die schwüle Hitze die hier auch Nachts herrscht.
    Jetzt könnte ich eine Zigarette vertragen. Warum hab ich bloß mit dem Rauchen aufgehört?


    „Da hast du Recht. Glück ist es manche Dinge nicht zu wissen. Jedoch würde ich sehr gerne wissen wer uns umbringen will.“


    Lak überlegt kurz ob sie sich nun wenigstens unter ihrem Straßennamen vorstellen soll. Yu denkt ja immer noch sie heiße Nit Noi. Aber eigentlich passt Nit Noi momentan auch gut zu ihr.


    Thailänderinnen nennen ihren wahren Namen ohnehin nur den besten Freunden. Aus Angst vor bösen Geistern die ihren wahren Namen gegen sie verwenden könnten, geben sie sich kurze chü len. Eine Art Spitznamen. Diese wechseln sie je nach Lust und Laune so wie sie zu ihrem derzeitigen Leben passen. Für Yu wird sie einfach Nit Noi sein.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Mike ist Tao gefolgt und hat noch gesehen, wie Lak zusammen mit dem Anführer der Waves in den Schatten des hinteren Hallenbereiches verschwunden ist. Zeit zum Nachdenken bleibt ihm keine. Tao ist richtig in Fahrt und völlig in seinem Element, zeigt aber ebenfalls das Geschick, Mikes Wissen in seine Überlegungen miteinzubeziehen. Gemeinsam gehen sie alle möglichen Zugänge des alten Gebäudekomplexes ab, postieren bewaffnete Mitlglieder der Waves und arbeiten eine Art Notfall-Plan aus, sollte es tatsächlich in nächster Zeit zu einem Konflikt kommen. Mike erkennt schnell, wie auch schon im Shar-Pei, das Tao seine Arbeit beherrscht, routiniert vorgeht und eindeutig nicht schon immer auf der Straße gelebt hat. Vielmehr scheint es ihm nun sogar, als würden Teile dieser "alten Persönlichkeit" Taos aus dem ansonsten schweigsamen Mann hervorbrechen, während er, fast schon verbissen, versucht sein bestes zu geben, um die Menschen um ihn herum zu schützen und vorzubereiten. Nachdem sie fertig sind, kehren sie zum Eingangsbereich zurück. Miu hat sich auf eines der Feldbetten gelegt. Zielstrebig geht Tao auf das Mädchen zu und schaut sich ihre Prellungen und das verletzte Bein an. Als Mike sieht, dass der andere scheinbar Ahnung von erster Hilfe hat, spricht er Tao höflich auf seine Verletzungen an. Jetzt wo die emotionale Angespanntheit des Kampfes und der Vorbereitungen von Tao gewichen sind, bemerkt Mike zum ersten Mal, dass der Mann nur schwer zu verstehen ist, da er stark stottert. Es scheint Tao sogar peinlich zu sein und er entschuldigt sich dafür, während er nebenbei das Medkit auf eine der Transportkisten stellt und Mike verarztet.


    "Wenn n n nicht Ka a a ampf o o o der annnggespannt, ich kann n n nnicht gut sprchnn, verzei ei eihung. Ist we e egen den BTLs vo o n frü ü üher."

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    „Da hast du Recht. Glück ist es manche Dinge nicht zu wissen. Jedoch würde ich sehr gerne wissen wer uns umbringen will.“


    Yu nickte, die Arme immer noch auf der Brüstung der kleinen Aussichtsplattform verschränkt.


    "Vielleicht kann uns Wei ja ein paar Antworten liefern... ."


    Antwortet Yu und Lak erkennt die Unsicherheit in seiner Stimme, obwohl er sie zu überspielen versucht. Die Möglichkeit, dass einer Waves sie alle verraten haben könnte, wiegt schwer im Herzen ihres Anführers...

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    Tao hatte ihn in dem "Behelfslazarett", dass zugleich so eine Art Unterkunft für die Waves zu sein scheint, so gut es ebend ging versorgt und die Schusswunde erst gereinigt, die Kugel entfernt und dann das ganze mit Pflasterspray versiegelt. Angenehm war es nicht, aber Mike biss die Zähne zusammen. Die Leidenschaft, mit der Tao vorher so gut es ging eine Verteidigung organisiert hatte, beeindruckte den Troll.
    Er muss wirklich mal Profi gewesen sein. Gut so jemanden dabei zu haben.


    Dann bemerkte er das Stottern des Asiaten - und die Entschuldigung weckte üble Erinnerungen.


    Schmerzen, Schreie, wilde Lichtblitze und überbordende Emotionen brachen aus seinem Gedächtnis hervor. Gleichzeitig spürte er aber auch die Versuchung, die noch immer in ihm lauerte - die Intensität, gegen die alles Reale verblasste, die einen antriebslos zurückließ auf der Suche nach dem nächsten Kick.


    Mike erschauderte kurz, dann antwortete er leise, so dass nur Tao ihn hören konnte:
    "Kein Problem Chummer - ich kenne den Teufelskreis. Bin genauso durch diese Hölle gegangen. Und es ist reines Glück, dass ich mir damals nicht das Gehirn völlig rausgeröstet habe."


    Dann zieht er das blutbefleckte Hemd wieder über die ramponierte Flakweste, die er vorher notdürftig geflickt hatte.


    "Wenn die anderen alles mitbringen, werden wir deutlich mehr Feuerpower für unsere Verteidigung zur Verfügung haben." wendet er sich abschließend an Tao, während er die Predator noch einmal checkt und durchlädt, bevor sie in ihr Holster unter der Schulter wandert.
    "Wo nütze ich dir am meisten?" ist die professionelle Frage eines Bodyguards, der Taos Plan so gut es geht unterstützen will.

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    @Croaker, Azrael und Dexter:


    Das Appartment scheint sauber. Routiniert packt ihr eure Sachen zusammen und nehmt auch das Zeug von Mike und Lak mit. Auf dem selben Weg wie ihr rein gekommen seit, verlasst ihr das Gebäude schließlich auch wieder , während Dexter wieder die heimliche Vorhut übernommen hat. Unten angekommen schaut ihr euch noch einmal um, aber die Umgebung in der Seitenstraße scheint nach wie vor unverändert. Ihr ladet das Gepäck in den Van und fahrt zügig los, ohne aber großes Aufsehen zu erregen. Schon wenige Augenblicke später seit ihr wieder mitten im Getümmel des Straßenmarktes, kämpft euch im Schritttempo über die überfüllte Straße, während ein bunt gemischter Strom an Menschen an euch vorbei zieht. Mittlerweile habt ihr in Mong Kok einige architektonische Bezugspunkte ausgemacht, an denen ihr euch orientieren könnt. Vom fließenden Neonlicht der engen Häuserschluchten im Straßendschungel von Mong Kok kommt ihr bald wieder in Kowloons trostlose Finsternis. Der Übergang erscheint fließend, so dass man erst wesentlich später merkt, dass zwischen den baufälligen Häuserfassaden irgendetwas fehlt, und dieses etwas nicht etwa die ansonsten allgegenwärtigen Neonreklamen sind, sondern die Menschen selbst. Die trostlosen, rissigen Straßen Kowloons führen euch durch die Nacht, zurück zu dem verlassenen Gelände, auf dem die Waves ihr Zwischenlager aufgeschlagen haben. Vorbei an alten Kasernengebäuden und niedergerissenen Maschendrahtzäunen, nähert ihr euch der Halle, in der man bereits auf euch wartet. Langsam gleitet der Wagen bis unter das rostige Wellblechdach direkt vor der Halle. Niemand hat euch aufgehalten, aber ihr seid euch sicher, dass man euch bereits seit geraumer Zeit beobachtet.


    @Lak


    Während Lak neben Yu oben auf der Aussichtsplattform des Turmes steht, bleibt das nächtliche Kowloon angenehm ruhig, liegt in einer Art düsterem Frieden. Dann nähert sich dem Gelände ein Fahrzeug. Eine eingegangene Nachricht auf Laks Kommlink, bestätigt, dass es sich um die Appartment-Truppe handelt. Unter der Sichtverstärkung ist der Van zudem, als derjenige des Teams zu erkennen. Dennoch geht Yu kein (weiteres) Risiko ein und verständigt Tao.


    Mike :


    Tao hat Mike einen "würdigen" Platz direkt am Haupteingang zugewiesen. Der Andere hat sofort erkannt, dass Mikes Kampfkraft, die der anderen Waves um einiges übersteigt, und ihn deshalb zur Sicherung der kritischsten Zone, direkt am Haupteingang eingeteilt.


    "Ein Fahrzeug nähert sich. Yu meint, es wäre euer Van. Außerdem haben wir eine Bestätigungsbotschaft von euren Kollegen erhalten. Du solltest dir die Sache sicherheitshalber trotzdem mal anschauen."


    Gibt Tao über Komm an Mike durch.

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    Lak zoomt mit der Restlichtverstärkung und der Sichtvergrößerung ihrer Multifunktions-Sonnenbrille das Bild des Vans heran.


    „Keine Sorge. Es sind meine Freunde. Die ID stimmt zumindest.“


    Sie zieht wieder den Blumenmali hervor und summt eine leise Melodie. Wieder liegt ein leichter Jasminduft in der Luft als sich der Pflanzengeist als kaum wahrnehmbares Flimmern zeigt.
    Yu betrachtet Laks Beschwörung fasziniert aber ohne Scheu. Geister sind in Hongkong etwas alltägliches. Alle benutzen sie. Leider auch die Triaden.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Wie schon bereits in dem düsteren Gassen-Tunnel nahe des Shar-Peis beobachtet Yu Lak fasziniert dabei, wie sie ihre Beschwörung vollzieht. Obwohl Yu, wie auch die anderen Waves, eher modernen Technologien zu fröhnen scheinen, ist der Respekt, den Yu vor dem Wesen der Geister hat, in seinem Gesicht deutlich zu erkennen. Still wartet er, bis Lak geendet hat, als hätte er angst, sie zu unterbrechen und damit das Missfallen der Geister auf sich zu ziehen.


    Nach einer Weile spricht er sie dann an:


    "Du kannst ruhig schon mal runter gehen, Nit Noi. Ich bleibe noch etwas hier oben. Lass mich wissen, wenn Du und deine Freunde abreise bereit seit."

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    "Du kannst ruhig schon mal runter gehen, Nit Noi. Ich bleibe noch etwas hier oben. Lass mich wissen, wenn Du und deine Freunde abreise bereit seit."


    Lak versteht das Yu nun alleine sein will. Sie schämt sich etwas, dass sie mit ihren persönlichen Fragen wohl etwas zu tief in ihn gedrungen ist. Die Freundin entführt, vom Gefolgsmann verraten, von Gangstern beschossen, das überleben seiner Gang gefährdet – das alles kann einem schon den Tag versauen.


    Lak schenkt im ein aufmunterndes Lächeln und verneigt sich: „Natürlich Yu. Ich danke dir für deine Freundlichkeit.“


    Dann steigt sie hinunter ohne noch einmal zurückzublicken.


    Unten bietet sich ihr ein erfreulicher Anblick. Mikes Wunde scheint versorgt und er wieder ganz der alte zu sein.


    „Na Großer? Geht es dir besser? Es scheint hier leider zur Gewohnheit zu werden, dass du für uns die Kugeln einfängst. Das Los der Leibwächter. Jedenfalls hat Mr Smith mit dir eine gute Wahl getroffen. Wer weiss ob ich jetzt noch lebend hier wäre, wenn du nicht bei uns wärst?“

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -351-


    Nachdem Mike dem Van per Nachricht an das "HQ-Team" befoghlen hatte zu stoppen war er mit gezogener Waffe hinübergegangen und hatte sich versichert, dass auch tatsächlich nur seiner Mitrunner da drin saßen. Mochten sie ihn für paranoid oder professionell halten, aber zweimal in zwei zwei Tagen angeschossen zu werden ließ ihn lieber vorsichtig sein.


    Die Kisten waren schnell entladen und als Lak wieder zu ihnen stieß hatte Mike sich schon umgezogen und neben der Predator ein paar Granaten in der Tasche seiner dunklen Jacke sowie die AK umhängen.


    Nachdem die Schusswunde zwar immer noch ein wenig schmezte, aber nicht mehr so schlimm, konnte er sich sogar ein Lächeln ob Laks Dank nicht verkneifen.
    "Tja Lak, das ist der Los derer, die groß und auffällig sind", zwinkerte er ihr zu. "Und danke für das Lob, ich scheine noch nichts verlernt zu haben. Aber so langsam würde ich mich gerne mal bei den Verantwortlichen revanchieren. Hat Yu irgendwas gesagt, wann wir diesen Typen, Wei oder wie er hieß, suchen? Ich hoffe, dass nicht noch ein Angriff hier stattfindet, wenn bisher alles ruhig ist. Ich würde Ao nur ungern allein mit der Verantwortung hier zurücklassen."

  • Dexter steigt mit seinen Koffern aus und schaut sich kurz um, dann geht er kurz zu Mike und Lak hinüber: "Ich gehe mich kurz umziehen und ein paar Sachen einpacken - irgendwie scheint es mir, als ob der Anzug nicht ganz die richtige Kleidung für unseren bevorstehenden Ausflug ist. Ihr entschuldigt mich kurz? Ich bin in fünf Minuten wieder da."


    Er wartet kurz auf eine zustimmende Antwort, bevor er mit seinen Sachen verschwindet und sich umzieht. Einige Zeit später - es sind tatsächlich knapp 5 Minuten vergangen - kommt er in einem anthrazitfarbenen Urban Explorer-Jumpsuit wieder, dessen Taschen alle mehr oder weniger ausgebeult sind. Ebenso hat er auch seinen Rucksack wieder bei sich.


    "So, ich wäre soweit fertig. Wenn wir in den nächsten Tagen nochmal ans Einkaufen kommen, würde ich gerne wieder einige Mikrokameras aufstocken, aber das kann noch warten. Soll ich in Wei's Wohnung die Vorhut übernehmen und mir die Bude mal ansehen?"

  • -352-


    Nachdem Lak Yu benachrichtigt hat, dass die Gruppe Abreise bereit ist, erscheint auch der Anführer der Waves wieder in der Halle. Die Stimmung ist noch immer gespannt, die einzelnen Ganger versuchen Taos Ansprüchen gerecht zu werden, doch die Angst auf einen bevorstehenden Konflikt mit einem skrupellosen und vermutlich auch überlegenen Gegner ist deutlich in ihre Gesichter geschrieben. Um so mehr scheint Yu nun darauf zu drängen, möglichst schnell abzureisen. Zwischen ihm und Tao herrscht für einige Augenblicke lang fast so etwas wie ein Meinungskonflikt, als sich beide einfach nur anstarren, den Blick in das ausdruckslose und doch so vielsagende Gesicht des anderen versenkt. Doch Kritik ist nicht erwünscht; Yu sein Gesicht verlieren zu lassen, in dem er seine Entscheidung, Tao im HQ zu belassen, anfechten würde, würde den massigen Chinesen vermutlich in den Wahnsinn treiben. So bleibt Tao mit den anderen Waves zurück, um das Hab und Gut der Gang vor den unbekannten Angreifern zu schützen. Yu begleitet euch nach draußen. Gemeinsam verlasst ihr das zertrümmerte Gelände und durchquert zum erneuten Male die Dunkelheit von Kowloon, diesmal allerdings in nordöstlicher Richtung fahrend. Langsam nähert ihr euch Kwun Tong. Yu kann seine Anspannung kaum noch zurückhalten, innerlich qäulen ihn die Gedanke an das, was kommen mag. Vor euch ragen die grauen Schemen gigantischer Fabrikationsgebäude und Industrieanlagen aus der Dunkelheit von Kowloon empor und kündigen Kwun Tong, das industrielle Herz Hong Kongs, an. In einem Grenzgebiet, nahe der Schlote der Fabriken und ihren schwarzen Rauchschleiern, steht eine Reihe alter Häuser; arm, aber nicht herunter gekommen. Einige kleinere Läden säumen die Straße, die zwar über keine Straßenbeleuchtung verfügt, aber vom bunten Licht einiger Neonreklamen in ein diffuses Zwielicht getaucht wird. Ihr werdet langsamer, Yu weist euch den Weg. Auf der Fahrt hat er euch in knappen Worten erzählt, dass hier Weis Schwester wohnen würde. Wei läge sehr viel an seiner Schwester. Sollte es Probleme geben, würde er sich sicherlich zuerst hierher zurückziehen. Vor dem Treppenaufgang zum Haus steht ein schnittiges Motorrad auf dessen Chrom sich das Licht der Neonreklamen verwaschen widerspiegelt; es ist Weis Maschine. Die Hände in die Taschen seiner weiten Jacke vergraben, steigt Yu aus, hält sich aber dicht bei euch, so als würde ihm eure Nähe ein gewisses Gefühl der Sicherheit geben. Ihr schaut euch um, doch die Straße ist leer, wird einzig durch das Flackern der Leuchtreklamen mit einer verzerrten Erscheinung von Leben erfüllt.

  • -353-


    TypeRyder :


    Dexter gelingt es mühelos, sich an der mit zahlreichen, ineinander verschachtelten Ausbauten versehenen Fassade entlang zu hangeln und dabei auch noch völlig geräuschlos zu werke zu gehen. Fast könnte man meinen, er sei eine Art Gecko.
    Die meisten Wohnungen scheinen bewohnt zu sein, immer wieder erkennt er Lichtschimmer aus den einzelnen Fenstern, an denen er vorbei klettert, heraus scheinen. Am zweiten Stockwerk angekommen und irgendwo neben dem Fenster zur Wohnung von Weis Schwester hockend, kann er zunächst kein Licht ausmachen. Ein kurzer Blick auf seinen Bewegungsmelder verrät ihm jedoch, dass er mehrere Bewegungsimpulse aus der Wohnung empfängt, von denen einer äußerst schnell und abrupt ist, während sich der andere eher langsam fortbewegend irgendwo im hinteren Teil der Wohnung aufhalten muss.

  • -354-


    Lak sieht mit Erstaunen wie Dexter elegant wie der Held in einem Hongkong-Action-Sim die Hauswand hochklettert. Wie passend da wir ja in Hongkong sind.


    Damit sie die Zeit unten sinnvoll nutzt öffnet sie mit einem mentalen Befehl ihr Suchmnaschinen-Schmöcker-Proramm in einem AR-Fenster:


    SUCHE: Isman Soedarno + Javanischen Republik + Konsulat Hong Kong + Aussenpolitik + Diplomatische Beziehungen + General Sudarso


    Lak glaubt sich zumindest zu erinnern das der Oberboss in Java Sudarso hieß. Ansonsten wusste sie wenig über den Inselstaat aber das würde sich bald ändern.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)