"Splinter" schrieb:
Guck lieber in ein großes schlaues Buch, was dieses Thema behandelt, wenn du mehr über Systeme erfahren willst. Das müsste schon in jedem Physik-LK Buch der Fall sein.
Das Thema ist recht abstrakt und schwierig zu erklären
Danke, mein Studium hat mich damals ausreichend firm im Thema gemacht, war Systemanaylse doch netterweise auch gleich noch mein Hassfach, in Physik und Chemie war ich übrigens Semesterbester.
Auch habe ich hier hinter mir knapp anderthalb Festmeter Literatur zum Thema in der Bibliothek, die sich mit der Materie beschäftigt, zum (kleinen) Teil selbst publiziert.
Das Problem dabei ist halt, dass diese Literatur dummerweise mir Recht gibt und nicht Dir.
Du verrennst Dich in recht abstruse Begründungen für Deine vorgefasste Meinung und merkst leider nicht, dass Du den Boden der Physik dabei verlässt.
Vielleicht erwischst Du Deinen Professor ja in der nächsten Woche mal und kannst ihn dazu interviewen, denn irgendwie scheinst Du meinen Beispielen leider nicht folgen zu wollen, vielleicht hilft ja, wenn Du das Gleiche auch nochmal aus anderem Munde hörst.
Ein Anfang wäre da z.B.:
http://dr-gmuender.de/inforueckstoss.html
Und auch auf den Rückstossrechner kann ich nur nochmal verweisen, spiel' einfach mal damit rum:
http://home.snafu.de/l.moeller…Rueckstoss/Rueckstoss.htm
Alternativ kannst Du Dir z.B. auch folgende Literatur anschauen.
- Beat P. Kneubuehl, Geschosse - Ballistik, Treffsicherheit, Wirkungsweise, Verlag Stocker Schmidt, Zürich 1994
- Beat P. Kneubuehl, Geschosse - Ballistik, Wirksamkeit, Messtechnik , Verlag Stocker Schmidt, Zürich 2004
- Heinz Dathan, Waffenlehre für die Bundeswehr, Mittler Verlag 1980
- Rheinmetall, Waffentechnisches Handbuch, Düsseldorf 1985
Die scheinen sich auch alle irgendwie zu irren... :wink:
Kurz noch zu Deinem letzten Beispiel (zum Rest spare ich mir ersmal meinen Kommentar, bis Du mal mit Deinem Professor drüber gesprochen hast, spart vermutlich Zeit):
Mit den von Dir angenommenen Werten
Masse Geschoss m[G]= 3,5 g
Mündungsgeschwindigkeit V(o)= 920 m/s
Und den Werten aus Tabellen
Masse Waffe m[W]= 3600 g
Masse Ladung m[L]= 1,5 g
Ergibt sich ein Geschossimpuls von 3,7 Ns, ein Ladungsimpuls von 0,9 Ns und damit ein Rückstossimpuls von zusammen 4,6 Ns
Mit dem Nachströmimpuls (1,477 Ns) zusammen ergbit sich dann ein Gesamtimpuls von 6,077 Ns.
Gesamtimpuls durch Waffenmasse ergibt die Rücklaufgeschwindigkeit der Waffe, das wären dann 1,73 m/s, also 6,25 km/h - und keine 101 km/h.
Die Rückstossenergie der Waffe (0,5 x R[G+L]² / m[W]) beträgt damit etwa 3 Joule, keine 1480, wie Du hier behauptest.
"Splinter" schrieb:
...aber er ist so starrköpfig :wink:
Dito...
Nicht falsch verstehen, das hier soll kein Pissing-Contest werden, unsere Diskussion macht mir echt Spass, da hier klassisch argumentiert wird. Gefällt mir.
Meinetwegen kannst Du auch Deine Physik behalten, ich wollte Dir nur die Physik der Ballistiker näherbringen.
"Splinter" schrieb:
Du wirst mir als geübter Schütze rechtgeben, dass der Rückstoß erst auftritt, wenn das Geschoss die Waffe lägst verlassen hat und erst eine Rolle für einen evt. zweiten Schuss hat(mal abgesehen, von der Luft die vor dem Geschoss aus dem Lauf gepresst wird, da unsere Welt nicht wie S2 ist).
Der Rückstoss wirkt auf Waffenteile (z.B. einem Masseverschluss) sofort, auch wenn man davon zu Beginn noch nicht wirklich viel merkt (noch vergleichsweise kleiner Betrag der Geschossenergie, Massenträgheit der Waffe).
Im Prinzip ist der Rückstoss z.B. bein einem sich öffnenden Masseverschluss schon zu einem äusserst kleinen Betrag beim Schützen messbar, da ja der Verschluss gegen die Verschlussfeder Arbeit verrichtet und diese wiederum mit Waffe und Schulterstütze verbunden ist.
Allerdings sprechen wir hier von einem Masseverhältnis, das je nach Waffe und Kaliber/Geschossgewicht so zwischen 1:500 und 1:1500 - durch die Masseträgheit ist das Fühlen des Rückstosses zeitlich sowieso verzögert.
Insofern korrigiere ich meine Aussage von ein paar Posts weiter vorne, dass der Rückstoss der Waffe erst beim Verlassen des Geschosses aus der Mündung spürbar wird - beide Massen erfahren erstmal die gleiche Beschleunigungsenergie in entgegengesetzten Richtungen.
Hier hast Du es echt geschafft, mich zu verwirren und ich hab' Mist erzählt.
Nach der Separation des Geschosses von der Mündung kommt dann bei der Waffe noch der Nachströmimpuls hinzu und der Gesamtrückstoss wird so bei einer einfachen Mündung verstärkt, durch eine Mündungsbremse und einer Umleitung des Nachströmimpulses ggf. aber auch verringert.
"Splinter" schrieb:
Das ist nur eine Veränderung des Zeitpunktes zu dem der Schlagbolzen aufs Zündplättchen trifft. Beide Waffen sind zu Zeitpunkt der Explosion verrigelt! Der Rückstoß der den Nachlademechanismus bedient tritt später ein siehe Bsp. 2
Nein - Der Verschluss einer Uzi ist im Prinzip nichts anderes als ein Metallklotz, der mittels Federkraft und seinem eigenen Impuls aus der Vorwärtsbewegung gegen das Ende des Laufes gepresst wird.
Verriegelt ist da gar nichts! Glaub's mir...
"Splinter" schrieb:
Im Vergleich zu den Kräften, die im Lauf zu früheren Zeitpunkten Gewirkt haben ist dieser Anteil winzig. Klar reicht er aus um diese arbeit zu verrichten. Aber die Energie mit der der Verschluss nach hinten gedrückt wird ist nur noch ein Bruchteil von der, die zum Zeitpunkt der Explosion der Treibladung zur verfügung gestatten hätte.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass Du von den Werteverhältnissen nicht wirklich Ahnung hast.
Du wirfst dauernd mit Begriffen wie "winzig" und "Bruchteil" oder "Grossteil" und "riesig" um Dich.
Nur mal so als Beispiel: Der Gasdruck zum Zeitpunkt, zu der der Verschluss entriegelt wird, beträgt in etwa 1/4 bis 1/8 des Höchstgasdruckes.
Die Energie, die z.B. zum Entriegeln des G36 verwendet wird, wird aus einer Laufbohrung abgezapft, die ca. 20 cm vor Laufende liegt, der Gasdruck ist also zu diesem Zeitpunkt noch deutlich höher als der Mündungsgasdruck (der im Lauf herrschende Druck zum Zeitpunkt, zu dem das Geschoss den Lauf verlässt).
Der über den Gaszylinder an den Verschluss über ein Gestänge übertragene Impuls ist also keinesfalls nur irgendein "Bruchteil" der Gesamtenergie sondern eine durchaus messbare Grösse - wieviel Kraftaufwand dazu notwendig ist, kann man einfach durch manuelles Durchladen der abgeschlagenen Waffe ausprobieren.
"Splinter" schrieb:
Bitte was? Welches?
Ich beziehe mich auf den Energie Erhaltungssatz, der besagt, dass Energie nicht aus dem nichts erscheint, und nicht verschwindet in einem geschlossenen System.
Richtig - und exakt aus diesem Grund verschwindet auch die der Geschossbewegung entgegengesetzte Bewegung der Waffe nicht, auch nicht zurück in Form von "potentieller Energie", wie Du sie nennst.
Übrigens ist der Begriff "potentielle Energie" was ganz was anderes und schon anderswo in der Physik belegt.
"Splinter" schrieb:
Zu jedem Zeitpunkt wirkt eine Kraft auf das Projektil, und eine in entgegengesetzte Richtung(trifft auf den Patronenboden und versucht diesen zu Beschleunigen, was nicht geht.
Doch, der Patronenboden bewegt sich zusammen mit dem Rest der Waffe - mit dem er durch den verriegelten Verschluss fest verbunden ist - in die der Geschossbewegung entgegengesetzte Richtung - oder an welchem imaginären Lufthaken hast Du die Waffe befestigt?
Nur das G36 in unserem obigen Beispiel wiegt 1000mal soviel wie das Geschoss, was eine deutliche Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den beiden Bewegungen bedeutet.