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Zeit vergeht - doch es fällt nicht viel Regen, bevor die Hitze des Sprawl erneut nach dem batin der Menschen greift. Dinge geschehen, koinzidieren miteinander, gehen Bindungen ein wie die Daten im unfassbar komplexen Ineinandergreifen des javanischen Kalenders.
Als Azahari das nächste Mal erwacht, ist Srrroook verschwunden. Niemand hat die Naga verschwinden sehen. Vielleicht hat sie Magie eingesetzt, um ihre Abreise vor den Blades zu verbergen, geht es ihm durch den Kopf. Andererseits ist es natürlich offensichtlich, dass das Wesen nicht mehr im Fabrikgebäude weilt. Wenn die Fäden zusammenlaufen, dann werden wir uns wiedersehen, meint Azahari die näselnde Stimme der Naga in seinem Kopf zu vernehmen, aber vielleicht hat er das auch nur geträumt und die Worte sind die Schatten der Traumfetzen, die noch in seinem Inneren herumspuken. Srrroook hat viel erzählt, aber nichts davon wies eine Struktur auf, der Azahari hätte folgen können. Als würde die Naga zwar eine Geschichte erzählen, aber eben nicht auf die Weise, wie ein Mensch es zu tun pflegt. Azahari erinnert sich daran, dass Srrroook von einer anderen Schlange gesprochen hat. Der Name Nislim hallt in seinen Gedanken wider. Schlangen und Menschen auf derselben Seite, vereint im Kampf gegen einen Mann namens Mbah Suro - irgendwo weit fort, wo die Gesetze des Menschen nur noch flüchtige Schatten sind. Die Quelle ist dieselbe, hatte Srrrook verkündet, und Azahari erschien es so, als habe die Naga damit nicht nur das Wasser gemeint, sondern auch den Ursprung. Aber den Ursprung wovon?
Seine Überlegungen kommen nicht weit, denn Aktivität bahnt sich an. Er kann sie spüren - fühlt, wie sie um ihn herum erwacht. Die Zeit ist gekommen - für ihn, für Spark und die anderen Offiziere der Blades, für Eko und Rara Sirianti, für Scar, für die Nao Hsin Feng, für Daiyu und Chang, für Labah und auch für die Red Suns und die Kebatinan. Alles läuft auf ein Zusammentreffen hin, auf das nächste Ineinandergreifen im niemals endenden Gefüge, dem Ort und der Zeit, wenn gong ageng erschallt und Anfang und Ende eines neues Zyklus im ewig währenden gongan markiert.
Während die Instrumente des Gamelan immer wilder auf diesen einen Punkt zusteuern, sind es die kleinen Zyklen, die sich nun mit Bedeutung füllen. Mei Ling hat den Blades Unterstützung zugesagt. Viele Ganger sind es nicht, die die Chinesen den Blades zur Seite stellen, aber die acht jungen Männer und Frauen sind ihre Besten, wie Mei Ling den Offizieren versichert hat. Und alleine ihre Zahl wird als gutes Omen dienen.
Daiyus Nachricht kommt nicht gänzlich unerwartet. Irgendetwas liegt in der Luft, wieder einmal. Und alle spüren es. Heute Nacht geht es los.
Rico setzt Scar in Kenntnis, sobald er davon erfährt. Fast wie aus einem Traum erwacht die Silberne aus ihrer gemeinsamen Zeit mit Kaze. Die Japanerin hat darauf bestanden, dass Scar sich etwas anzieht, auch wenn der Blick ihrer dunklen Augen eine andere Sprache gesprochen hat. Draußen auf der Straße hat Scar den Grund erkannt. Die Moschee ist nicht weit, und es ist besser, hier nicht mehr aufzufallen, als es bei ihr nicht ohnehin schon überall der Fall ist.
Ein kleiner Zyklus beginnt und endet, als Kaze und Scar im Gemenge der Straße an Eko und Rara Sirianti vorbeilaufen, die Garküchen entlang der Kanalmauer zwischen ihnen. Warum es sein Blut hat sein müssen, erfährt der Oni an diesem Tage nicht mehr von dem zierlichen Mädchen. Und erneut drängt er sie nicht. Sie wird ihm ihre Geschichte schon erzählen, dessen ist er sich sicher. Nun hat er andere Gedanken. Die Zeit des Treffens ist nahe. Bald schon wird er den Dukun sehen, und Rara Sirianti wird ihn begleiten.