Privatdetektive in der 6. Welt

  • Das kann man nicht verallgemeinern.


    Als jemand, der einen PI als Charakter spielt und sich intensiv damit beschäftigt hat, kann ich dazu folgendes sagen:

    • Von Land zu Land sind die gesetzlichen Regularien, wer als PI arbeiten darf, extrem unterschiedlich. Das geht vom absoluten Laien, der sich einfach als freier Unternehmer dazu erklärt bis hin zu staatlichen Lizenzen, die durch regelmäßige Auditings aufgefrischt werden müssen.
    • Im Schnitt braucht es meist (wie bei der Kopfgeldjagd) eine Genehmigung durch die Behörden. Dazu gehört mindestens ein Backgroundcheck (bzgl. Strafregister und persönlicher Beziehungen), manchmal jedoch eine Sicherheitsüberprüfung durch die Exektive.


    Relevant für uns werden natürlich vor allem die UCAS und die ADL sein. Meine Angaben beziehen sich auf die Gesetzgebung heutzutage, die - wie ich denke - sich nur minimal zu 2070+ unterscheiden wird.
    Dazu folgendes:

    • UCAS: Von Bundesstaat zu Bundesstaat ist es teilweise schwankend, welche Bedingungen man erfüllen muss, um als PI arbeiten zu dürfen. Gemein ist jedoch allen, das die Beweise und Ermittlungen eines PI niemals dieselbe Gewichtung haben wie die eines Beamten. Gleichfalls haben PIs keinen Sonderstatus was ihre Ermittlungsmethoden anbelangt, sie dürfen also so einiges nicht, was Beamte dürfen (Festnahmen [Hier gibt es wieder unterschiedliche Regelungen ob man als PI auch als Kopfgeldjäger arbeiten darf, oder eine gesonderte Lizenz braucht, bzw. das überhaupt erlaubt ist], Leibes- und Hausdurchsuchungen, Überwachung die über persönliche Beschattung hinausgehen). In den meisten Bundesstaaten muss man eine Lizenz erwerben, um als PI arbeiten zu dürfen. Heisst man darf eine Prüfung anbelegen, deren Inhalt VOR ALLEM in einer Belehrung der Rechte und Pflichten eines PI besteht. Obiges gilt es also zu lernen und zu verinnerlichen.
    • ADL: Auch hier gilt, das man als Privatdetektiv keine Sonderrechte hat. Darüber hinaus gelten jedoch sämtliche Foto- und Videoaufnahmen, sowie Audiomitschnitte als "unsachgemäße Beweisführung", sind also vor Gericht nicht verwendbar (Ausnahme ist die Beauftragung eines PI durch eine der beiden Streitparteien als unabhängiger "Gutachter", doch selbst dann können die Beweise angefochten werden). Dadurch engt sich das Tätigkeitsfeld für PIs hierzulande stark ein, da sie in der Verbrechensaufklärung maximal als Zeuge bzw. Gutachter auftreten können. Beweise können sie praktisch keine liefern, wenn sie nicht eine Straftat direkt beobachtet und aufgezeichnet haben.


    Was braucht ein PI um erfolgreich zu sein?

    • Vor allem eines: Geduld. Ich denke kaum jemand von uns hier wird jemals mit einem wirklichen Privatermittler zutun gehabt haben. Die Fälle in denen tatsächlich der klassische Gumshoe gewünscht wird, sind eher selten. Meist geht es um beratende Funktionen, beispielsweise bzgl. Industrieinformationssicherheit sowie Privatsicherheit. Zivilrechtliche Angelegenheiten sind das zweite Feld. Die meisten PIs werden in ihrer Laufbahn sicherlich niemals auch nur in die Nähe einer strafrechtlichen Angelegenheit kommen, da sie verpflichtet sind, eng mit der Polizei zu kooperieren diesbezüglich und als Zivilisten (und sie SIND Zivilisten!) eher aussen vorgelassen werden, um den Dienstweg nicht unnötig zu behindern.
    • Die meisten PIs haben entweder bereits einen ermittlungstechnischen Hintergrund oder sind in diesem Bereich bewandert. Dinge wie Informationstechnik, Personenschutz usw. sind meist Ausbildungsfelder aus anderen Berufsrichtungen, das heisst die meisten PIs sind quereinsteiger. Das klassische Bild des Ex-Cops ist diesbezüglich zumindest in den UCAS nicht verkehrt.


    Was bedeutet das nun für einen Shadowrun-PI?
    Er braucht eine Lizenz. Eine verdammt gute gefälschte oder besser noch eine echte inklusive SIN.
    Er braucht Erfahrung. Privatermittlungen sind ein eher "dreckiger" Berufszweig weil man mit Dingen zutun hat, mit denen andere Menschen sich nicht auseinandersetzen wollen und diesbezüglich selbst sich nicht involvieren möchten, bzw. die Behörden. Ein PI lebt von seiner Reputation. Er MUSS gut sein.
    Er braucht Ausrüstung. Ein PI braucht Mittel zur Matrixüberwachung. Und er muss wissen wie er die Quellen dieser Überwachung verschleiert. Ausrüstungsverschleiß und viel Matrixbeinarbeit ist also wichtig, damit er nicht seine Lizenz verliert bei etwas... heikleren Ermittlungen.
    Er braucht gute Intuition, Logik und Charisma. Den richtigen Riecher, das Kombinationsvermögen und die Mittel, Informationen aus Interviews zu ziehen, um seine Ermittlungen vorran zu treiben. Beschatten, Wahrnehmung, Gebräuche, Verhandlungen, Überreden, Fahrzeuge, Computer, Datensuche.


    Diesbezüglich kommt oft die Frage auf, wie es mit der Bewaffnung aussieht: Ein PI ist NICHT von sich aus dazu berechtigt eine Waffe zu tragen. In den ADL darf er als Zivilist nur Selbstschutzmittel nutzen (unter Berücksichtigung des Gewaltmonopols schon garkeine Angriffs- bzw. Schusswaffen mit lethaler Munition), in den Staaten muss er einen Waffenschein regulär erwerben -> weitere Lizenz. Diesbezüglich empfehle ich, sich mal über "Concealed Weapons Carry"-Permission schlau zu machen (kurz CWC), welche in den Staaten reguliert, wer welche Waffen wie tragen darf.


    Unter Berücksichtigung der dystopischen Zukunft Shadowruns muss man manche dieser Aussagen natürlich abstrahieren. Es wird sicher einige Freischaffende geben, die keine offizielle Lizenz haben und mehr als "Problemlöser" auftreten. Genauso kann es sein, das ein regulär lizensierter PI einige Gesetzesverstöße begeht um an seine Informationen zu kommen. Das ist in Ordnung, solange er a) seine Quellen entsprechend verschleiern kann und b) die Beweise so stichhaltig sind, das niemand mehr genau nachfragt, wie er das nun herausbekommen hat. Er muss sich auch auf einige Schikane seitens der offiziellen Sicherheitsbehörden gefasst machen, da er direkte Konkurrenz darstellt. Und wir alle wissen, was Konkurrenz bedeutet. Mehraufwand. Cops HASSEN Mehraufwand.


    Kommen wir also zur finalen Frage: Was unterscheidet einen PI von einem Shadowrunner?
    Grundsätzlich erstmal, das sein Job mehr damit zutun hat, die Geheimnisse anderer Leute entweder zu bewahren ODER offenzulegen. Das ist die Hauptaufgabe eines PIs und eine Betätigung, die Shadowrunner genauso erledigen KÖNNEN. Jedoch sind Shadowrunner komplett Black Ops, wenn man so möchte, während ein PI je nach Sachlage dazu gezwungen ist, grey collar oder sogar white collar business zu betreiben. Heisst entweder in der gesetzlichen Grauzone oder sogar vollkommen legal.


    Ich hoffe, das ist schonmal eine gute Diskussionsgrundlage und würde mich über weitere Details bzw. Themen in diesem Komplex sicher genauso wie UV freuen.

  • Bei einer Lizenz kommt es ganz auf die örtlichen Gesetze an, vermutlich benötigt man meistens keine,
    aber wenn es eine offizielle gibt, dann ist das auch nur eine recht vertrauenswürdig aussehende Visitenkarte.
    Schließlich hat ein PI in den allermeisten fällen keinerlei Sonderrechte, also sollte ja auch jeder den job machen dürfen, ist ja alles legal.


    Was für Training man braucht hängt ganz davon ab wie viel Geld man verdienen bzw. wie lange man überleben möchte. :wink:
    Je mehr Ahnung man hat desto erfolgreicher ist man logischerweise, und die 6. Welt ist gefährlich.
    Sehr brauchbar sind definitiv spezialisierte Rechtskentnisse, schließlich müssen die Beweise ja oft gerichtlich Verwertbar sein,
    und man ist ja kein untergetauchter Krimineller am Rande der Gesellschaft, also muss man sich an die Regeln halten. Oder zumindest wissen wann man sie nicht brechen darf.


    Ansonsten: Wissen über die Technik die man nutzt, Nahkampf und Feuerwaffen (wenn man das länger macht absolut zwingend, wie gesagt die 6. Welt ist einfach gefährlich),
    Magisches Wissen (auch für nicht-Magier praktisch), Ahnung über die Verhaltens- und Vorgehensweisen der Leute die man untersucht, Softskills für Befragungen etc.,
    je nach Schwerpunkt mehr oder weniger Matrix-Skills, allgemein Erfahrung mit den ganzen Mechaniken die den jeweiligen Bereich, der untersucht wird, am Laufen halten.


    Je nachdem was eben legal anwendbar ist, kann ein PI alles an Überwachungskram haben was auf dem Markt verfügbar ist. Dazu kommen Eloka Geräte und Matrixausrüstung, besonders Sensorsoftware.
    Eine Feuerwaffe und noch wichtiger; gute Schutzkleidung, es gibt einfach zu viele Bewaffnete und aggressive Personen in einer Dystopie.


    Der Unterschied zwischen dem Privatdetektiv und einem Shadowrunner ist wohl recht groß.


    Ersterer hält sich (meistens) ans Gesetz und operiert in einem, im Vergleich, kleinen Bereich.
    Letzterer pfeift auf jegliche offizielle Gesetze und tut weit mehr als ein PI, dessen Aufgaben er wohl übernehmen könnte.


    Jedoch wird ein Shadowrunner meistens nicht so elegant und gerissen vorgehen, wie der PI, der seine gesamte Zeit mit einem Teilbereich des Shadowrunnens verbringt und demnach spezialisiert ist.
    Der Shadowrunner muss auch nicht so gerissen sein, illegal ist größtenteils einfach einfacher. Aber er wird wohl in gewissen Bereichen (Affären in der Ehe z.B.) weniger Ahnung haben.
    Wobei man den Shadowrunner nunmal auch nicht verallgemeinern kann, es gibt sicher auch Ex-PIs unter ihnen, ist halt eine Frage der Teamaufteilung.
    Manchmal machen alle Zusammen die Beinarbeit, manchmal gibt es dafür einen dedizierten Spezialisten.

  • Die wichtigsten Fähigkeiten dürften Beschatten und Autofahren sein, wenns etwas weniger spannend sein soll: Bestechen (überreden) um an die nötigen Infos zu kommen.


    Minikameras, RFID Marker und Lasermikro sind sicher hilfreich, sowie zumindest Grundkenntnisse in eletronischer Kriegsführung wg. SIgnalreichweite der eigenen Wanzen, andere Snoops finden und stören...


    Eine hohe Monotonieresistenz ist hilfreich um nicht im entscheidenenden Augenblick hinterm Objektiv zu schlafen.

  • Die wichtigsten Fähigkeiten dürften eher Computerrecherche und Netzwerkanalyse sein (also vom sozialen Netzwerk). ;-)


    Wobei es natürlich auch sehr darauf ankommt, was genau für einen Privatdetektiv man haben will. Der Schnüffler, der den Ehebruch dokumentiert? Der Ermittler, der ein verschwundenes Kind finden soll? Der Spitzel, welche unliebsame Konkurrenten erpresserische Details entlocken soll?


    Lisbeth Salander aus der Milleniumtrilogie dürfte in ihren Fertigkeiten ein gutes Beispiel darstellen für einen Privatdetektiv 2070 mit Hacker-Ausrichtung. Gerade in einer futuristischen Dystopie dürfte so etwas sehr gut passen.


    SYL

  • apple : Ich hätte der Beschreibung nach Fräulein Salander eher für eine Elitehackerin gehalten, vor der nichts gut zu verstecken ist...
    Zumal sie ja nebenher ihre finanzielle Unabhängigkeit bei der Recherche sichert!



    Gruß H

  • Sicher, Lisbet geht sehr stark in die Hackerrichtung. Nur: wer 2070 Informationen über andere Menschen finen will, MUSS zwangsweise in der Matrix anfangen. Beinarbeit schön und gut, dies ist eine notwendige und klassische Ergänzung. Sofern wir aber von einer Industriegesellschaft reden (Dritte Welt / Slum Szenarien sind natürlich etwas anderes) läuft aber erstmal alles über die Matrix. Wobei natürlich auch der Hackenteil von einem Agenten u nterstützt werden kann.


    SYL

  • Spencer aus der gleichnamigen 80er-Jahre Serie dürfte mit seiner engen Freundschaft zum Auftragskiller Hawk auch ne gute Inspiration abgeben, wie man sich bei SR nen PI, der mit nem Runner befreundet ist, vorstellen kann. Also auf der sozialen Ebene.

    "As the sagest of sages have said: Not attempt to male-bovine defecate unto a male-bovine defecator!"
    -the fusion-phallused violator of worlds
    "Oil the squids, I'm going in!"
    -the dreaded captain Fang