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München 2071.
Eine Stadt wie keine andere in den ADL. Müll und Glitter, Porno-BTLs und SIM-Blockbuster, Drogenhandel und die Wiesn. Es gibt kaum einen zweiten Ort in der Sechsten Welt, wo Licht und Schatten, Arm und Reich so nahe nebeneinander existieren. Nach einem turbulenten Jahr 2070, in welchem ein neoanarchistischer Terrorist die Stadt in Atem hielt, scheinen die schnelllebigen Münchner in ihren Alltag zurückgefunden zu haben. Bavaria plant seinen nächsten großen Coup, um das gemeine Volk auch weiterhin in einer illusionären Welt aus Schnulzen und Spezialeffekten gefangen zu halten, die Vorbereitungen für das kommende Oktoberfest laufen auf Hochtouren, die Schwarzen Sheriffs prügeln mit Enthusiasmus auf die SINlosen ein. Status quo. Der Frühling hat sich angekündigt und obwohl der Plex nicht in einer schwülen Umklammerung zu ersticken droht, ertrinkt er zumindest in den alljährlichen Frühlingsgewittern, die bereits seit einigen Tagen wüten. Der Sommer steht vor der Tür und jeder halbwegs klar denkende Schattenläufer kennt die Devise: Im Frühling wird gearbeitet, im Sommer wird entspannt. Zeit auf Jobsuche zu gehen.
@Velvet
Ein Strom verschiedenster Düfte ergiest sich über dich, nimmt dich gefangen mit seinen seidenen Krallen. Die Miko hatte recht, dass stimulierende Duftstoffe förderlich für die nötige Meditation seien. Selten hast du dich derart in Einklang mit deiner Umwelt befunden. Die Miko hatte stets recht behalten. Ein tiefsitzender Schmerz macht sich bemerkbar und drohte deine Konzentration zu Nichte zu machen. Du hast dir geschworen, stark zu sein, die Vergangenheit hinter dir zu lassen. Doch es war stets ein neuer Kampf. Dich und deine Gefühle unter Kontrolle bringend, vernimmst du plötzlich ein rhytmisches dumpfes Pochen. Mehr und mehr entweichst du dem transzendentem Zustand deiner Meditation und unbewusst kannst du die Quelle des Pochens ausmachen: Sie stammt vom Fussboden her, genauer gesagt aus Simsims Zimmer unter dir. Klasse, damit wäre die Meditiationsstunde für heute beendet.
@Fux
Es regnet in Strömen, Schatzi ist auf irgendeiner Motortuning Messe im Rhein-Ruhr-Plex und das Trideo verspricht nichts Interessantes. Was also gab es schöneres, als sich voll und ganz seinem Hobby zu widmen? Dein zweites Zuhause - ein etwa 60 qm² umfassender Raum angefüllt mit allerlei handwerklichem Gerät - bot die nötige Diskretion, um diesem nachzukommen. Seit deinem letzten Ausflug in die Alpen vor einer halben Woche hattest du dir eingeredet, dass dein Mannlicher den Hauch einer Spur verzog. Wie konnte es auch anders sein, schließlich hätte es sonst Gebirgsbockbraten gegeben. Da zahlreiche Verpflichtungen dich bisher davon abhielten, die Sache ein wenig näher unter die Lupe zu nehmen, widmest du dich nun voll und ganz deinem Spielzeug. Fast wäre dabei auch das Signal unbemerkt geblieben, welches eine ankommende Mail auf dein Kommlink ankündigt.
@Steffen
Stechen. Schlagen. Parieren. Wieder und wieder erfüllen diese drei Worte dein Unterbewusstsein. Sie waren es, die dich lenkten. Sie waren es, die über Sieg oder Niederlage entschieden. Dein Sensei setzt erbarmungslos nach. Nur mit Mühe kannst du die rafinierte Finte durchschauen, den Angriff an dir vorbeigleiten lassen und mit einer eleganten Drehung deine Riposte einleiten. Natürlich sahen die Augen deines Senseis, welche wachsam hinter der Schutzmaske funkelten, das Kommende und eure schwitzenden Körper prallen aneinander. Im Klinsch vermochte keiner der beiden Kombatanten einen siegreichen Streich zu vollführen, aber dafür war das zufriedene Lächeln des Senseis umso deutlicher zu erkennen. Er löst seinen Griff und tritt zwei Schritte zurück. Deine Muskeln entspannen sich langsam und die leichte Verbeugung deines Gegenübers verrät dir, dass du nichts falsch gemacht hast. Ein kalte Dusche später packst du deine sieben Sachen, um den Dojo für heute zu verlassen, als du eine neue Mail auf deinem Kommlink entdeckst.
John Doe
La Famme ist schon eine Kuriosität. Sie ist alles andere als unbegabt in der Matrix und dennoch wiedert sie diese digitale Parallelwelt an. Wenn man sie nicht besser kannte, könnte man meinen, dass sie sie förmlich hasste. Aber glücklicherweise gehörst du zu den wenigen Auserwählten, denen die erfahrene Elfe auch ihre Schokoladenseite zeigte. Ein Bierchen auf ihrer Couch, du bist wirklich ein Glückspilz. Sicherlich gehörte nicht nur Glück dazu, denn nicht nur einmal hast du einen ihrer Jobs mit Bravur gemeistert. Vom Schüler zum Lehrer? Träum' weiter! Aber es hat gereicht, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken und dich in ihre ganz persönliche Oberliga zu katapultieren. Die Kühlschranktür knallt zu und du hörst ihre Schritte aus der Küche. Schnell glättest du eine Falte aus deinem Actioneer Sacko, denn ein gepflegtes Äußeres schätzte La Famme sehr. Angekündigt hatte sie nichts, aber du weißt genau, weshalb du eingeladen wurdest: Es ging um einen Job.