[IP] Electric Dreams

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    Der Raum hinter der Tür hat scheinbar die selben Ausmaße wie der Vorraum hinter dem Gebäudeeingang. Es gibt zwei Türen, von denen eine die charakteristische rote Lackierung aufweist, die für Chans Sim-Studio maßgeblich scheint. Ein kurzer Blick genügt, um die Tür als Eingang zu den Toiletten zu identifizieren. Die andere Tür befindet sich nahe der unteren rechten Ecke des Raumes und besteht aus einem transparenten Material, welches vermutlich auf Befehl hin verdunkelt oder mit sonstigen Effekten belegt werden kann. Momentan befindet sich die Tür im transparenten Modus, so dass Mike dahinter einen geräumigen Aufenthaltsraum mit Sofas, Tridschirm und eigener Bar - alles in einem hybriden Stil zwischen Moderne und Tradition gehalten - erkennen kann. Auch hier ist alles still und es sind keine Personen zu erkennen. Somit bliebe noch die Treppe, welche in den Kellerbereich des Studios führt und das Team anscheinend seinem Ziel um einiges näher bringen wird.
    Mike will gerade weiter vorrücken, als der Schrei ertönt.


    Es ist wie ein Dejavu und zuerst glaubt ihr, es handele sich um Dexters Schmerzensschrei, noch bevor ihr den Flur betreten habt, und zu einem Zeitpunkt als Dexter noch lebte. Doch schnell registriert ihr, dass es eine Frauenstimme war, ein Mädchen, welches Schmerzen empfindet. Der einzelne Schrei hallt unwirklich in euren Ohren wider, denn er kontrastiert auf seltsame Art und Weise mit der eigentlich harmonisch-chinesischen Einrichtung des Gebäudes. Lak spricht ein kurzes Stoßgebet an die Geister, da sie sich sicher ist, dass dieses Gebäude durch und durch abartig ist.

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    Als Lak Dexters Leiche passiert murmelt sie ein kurzes Gebet das seine Seele den Weg in ein neues glücklicheres Leben findet. Diesmal ist es nicht so ausführlich wie bei dem toten Triadenboss den sie erschossen hat, denn schließlich wird Dexters Geist sie wohl kaum heimsuchen.


    Der ganze Ort fühlt sich verflucht an. Die Harmonie des Qi wurde empfindlich gestört.
    Lak hofft, daß der beschworene Geist ihnen noch einmal gegen die bösen Mächte beistehen kann.


    Als der Schrei ertöhnt ertarrt Mike für einen kurzen Moment.
    Lak wollte gerade nach der WiFi-Kommunikation ger Gegner scannen, doch dazu bleibt keine Zeit.


    Schnell lässt sie die FlySpy Drohne die Treppe runterschwirren auch wenn sie sicher ist, daß die Bilder die sie gleich sehen werden ihnen nicht gefallen werden.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Die Treppe führt in einen schmucklosen Flur. Auch hier findet sich der rote Teppichboden wieder, obwohl die Türen im Untergeschoss diesmal einen moderneren Eindruck machen.
    Durch die Wahrnehmung der kleinen Drohne erkennt Lak vier Türen im Flur, zwei zu jeder Wandseite. Alle Türen sehen gleich aus, doch vor der hinteren Tür auf der rechten Seite, also fast am Ende des Flures, ist der massige Chinese, die Sturmschrotflinte im Anschlag, in Verteidigungsposition gegangen, und schwenkt plötzlich die Waffe herum, als er die schwebende Drohne bemerkt. Ein Donnern geht durch den Flur, dass auch in eurem Raum noch deutlich zu hören ist, als die Geschosse der Schrotflinte die Drohne treffen und förmlich zerfetzen.
    Die Verbindung reißt sofort ab und Lak erhhält eine Fehlermeldung in der Verbindungsaufnahme auf ihrem AR-Display. Anscheinend ist der zähe Chinese durchaus noch dazu bereit, euch Widerstand zu leisten.

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    Lak lächelt verlegen als die Verbindung der Drohne zusammenbricht.


    "Ich hab noch die drei Schockgranaten vom Nachtmarkt, falls jemand damit umgehen kann. Nur leider wartet unser Freund ganz am Ende des Flurs. Aber uns kann der Geist nochmal verschleiern, so daß wir ungesehen die Treppe hinunterkommen."

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Gut, dann werde ich mich auch noch mal um etwas Unterstützung kümmern. Deine Partygirlande ist ja ganz nett, aber etwas mehr Rückendeckung kann nicht schaden.


    Croaker blickte kurz über die Schulter, starrte kurz ins Leere und machte dann eine winkende Handbewegung, so, als wolle er jemanden herbeibitten.

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    Mike hatte schon mit dem Gedanklen gespielt, seine HE-Granaten einzusetzen, aber Laks Vorschlag wahr sehr wahrscheinlich besser.


    "Schockgranten, hhm? Das könnte klappen. Wenn ich denen richtig Schwung gebe, könnte ich sehr wahrscheinlich bis zum Flurende kommen. Gib mal her die Dinger. Und das mit dem Geist klingt gut. Besser, als wenn ich blind um die Ecke werfen muss. Sagt ihr Bescheid, wenn es losgehen kann?"


    Mike nahm von Lak die drei Granaten entgegen und stopfte sich zwei davon in die Taschen des Tarnanzuges. Das Gewehr wanderte wieder in die linke Hand, während er mit der Rechten prüfend die Granate in den Finger wog. Er war zwar kein Experte im Umgang mit Granaten, aber da der Chinese am Ende des Ganges stand, war Mike guter Dinge. Außerdem hatte er noch zwei weitere Versuche ...

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    Die Granaten einsatzbereit, arbeitet sich Mike die Kellertreppe entlang, bis er an die Flurecke kommt. Geschützt durch die Verschleierung von Laks astralem Verbündeten, streckt er den Kopf um die Ecke und erkennt den massigen Chinesen, der am Ende des Flures in Deckung gegangen ist. Der Mann zielt genau in Mikes Richtung, scheint diesen aber nicht wahrzunehmen. Mike glaubt schon an leichtes Spiel, als es ihn plötzlich wie mit einem Presslufthammer mitten im Schädel erwischt und er zu taumeln beginnt. Für einen kurzen Moment verschwimmt Mikes Blickfeld zu einem verzerrten Rauschen, doch gelingt es ihm trotzdem noch, die Granate aus seiner Hand schnellen zu lassen, und sich nach hinten auf die Treppe zu werfen, um vor der Detonation geschützt zu sein. Ein dumpfer Knall hallt durch den Flur und lässt den Teppichboden erbeben. Dann - Stille. Mike zieht sich am Geländer der Treppe wieder nach oben und lauscht. Als er sich sicher ist, dass keine Gefahr mehr droht, riskiert er einen zweiten Blick. Der Teppichboden ist durch die Explosion der Schockgranate aufgewellt und statt einer, liegen gar zwei Personen, bewusstlos am Ende des Flures. Die massiven Betonwände haben die Explosionsgewalt in einen tödlichen Rückkopplungs-Korridor verwandelt und beide Männer - den massigen Chinesen mit der Sturmschrotflinte und einen hageren Chinesen im Konfuzius-Look - unsanft zu Boden gerissen.

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    Oh Fuck, was ist jetzt schon wieder?


    Croaker tastete sich, den Revolver im Anschlag, an die Ecke heran.
    Neben ihm sah man, wie die Luft flirrte und sich zu wölben schien.
    Etwas Großes, etwas, das eine gewaltige Schwere und Massigkeit ausstrahlte, schien sich neben ihm zu bewegen.
    Kurz meinte man, einen breiten, vierbeinigen Umriss zu entdecken.


    Der Schamane wirbelte um die Ecke herum, riss den Arm hoch, wollte schon einen Angriffsbefehl brüllen, dann blieb er verdutzt stehen.


    Oh.
    Äh...ja.
    Gute Arbeit.
    Dann...moment, den Vogel kenn ich doch!


    Ein Ausdruck von Empörung trat auf sein unrasiertes, mittlerweile völlig übernächtigtes Gesicht, er lief den Gang hinunter, zu der Konfuzius-Gestalt und trat ihm mit Anlauf in die Seite.


    Was?
    Das ist der Wichser, der mich eben kaltmachen wollte!
    Du weißt schon, als ich projiziert hab.
    Scheiße, hast Du Handschellen dabei?
    Wir müssen die fesseln.
    Oder...


    Er warf einen Blick auf seinen Revolver.


    Bei dem hier...


    Er deutete auf den Wujen, blickte dann zu Mike.


    Eigentlich dürften wir kein Risiko eingehen.
    Wir müssen ihm die Augen verbinden, aber auch dann kann es sein, dass er aufwacht, es vieleicht hinkriegt, nen Geist zu rufen oder zu projizieren und Hilfe zu rufen...


    Er blickte noch mal auf die Waffe, dann schüttelte er den Kopf.


    Fuck.
    Das pack ich nicht.


    Er lies sich von Mike ein paar Kabelbinder geben, riss Stoffstreifen aus der Kleidung der beiden Bewusstlosen und sah zu, dass er sie mit Hilfe der übrigen Teammitglieder so gut es ging fesselte, knebelte und dem Wujen auch die Augen verband.


    Dabei durchwühlte er auch ihre Taschen, um zu sehen, ob er etwas Nützliches finden konnte.


    Ich werd das noch bereuen.
    Verdammt.

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    Azrael fluchte, weil bei jeder Bewegeung die Halsverletzung schmerzte. Gott sei dank hatte die Bioware die Blutung schnell gestoppt. Er folgte den anderen die treppe hinunter, wobei er die sichernde Nachhut übernahm. Unten auf dem Treppenabsatz saß Mike und sah so aus, als ob er ziemlich fiese Kopfschmerzen hätte.


    Der Elf grinste den troll an, der gerade wieder aufstand und dem Magier folgte. Als sie um die Ecke bogen, kriegte Azrael gerade noch mit, wie der Mage eine der beiden am Boden liegenden Gestalten mit seinem Stiefel voll erwischte.


    Wird wohl der Magier von vorhin gewesen sein, dachte er sich. Ein wenig hektisch näherte er sich dem Gangende und unterstütze Croaker bei seinen Fesselungs- und Durchsuchungsbemühungen.


    Mike nahm die Stim-Patches sehr erfreut zur Kenntnis und knallte sich eines davon ohne großes Zögern auf die Innenseite des rechten Arms, woraufhin seine Züge sichtbar entspannter wurden.


    Dann überspielte ein diabolisches Grinsen seine Lippen, als er Croakers Warnung vernahm, das Zögern des Magiers bemerkte und die beiden Tranq-Patches sah. Kurzentschlossen klebte er beiden Bewusstlosen jei einen Patch auf den Hals, was ihnen ein keurzes Stöhnen entlockte und anscheinend auch sonst nicht gut bekam, da bei beiden Nasenbluetn ausbrach.
    "Die sollten so schnell keinen Ärger mehr machen. Leider haben wir nicht mehr Zeit, mit dem da" - dabei stieß er den massigen Chines mit der Stiefelspitze recht unsanft an - "hätte ich noch ein Hühnchen zu rupfen."


    Vielleicht war Croakers Impuls doch richtig, dachte sich Azrael. Den Gegner ausschalten und sicherstellen, dass er keine Gefahr mehr darstellt. Aber der Gedanke steigerte die Nervosität nur noch. Leute kalblütig umzubringen war nicht so einfach, wie es das anayltische Denken mitunter vorgaukelte. Er begannwieder mit seinen Fingern zu trommeln, diesmal auf den griffen der MPs.


    Die Türen waren beide verbeult, ließen aber auch nicht erkennen, wohin sie sich wenden sollten. Azrael schaute kurz zu Mike, dann wandten sie sich der linken Tür zu. Ohne nähere gründe, aber mit der sich langsam einspielenden Routine. Nur dass diesmal Azrael die Tür öffnen würde.
    Halb bewusst bekam er noch mit, dass Croaker sich die Zigaretten einsteckte. Schade dass die Jungs kein Jazz dabei hatten ...

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    Azrael will sich gerade in Position begeben, um zu überprüfen, ob er die angebeulte Tür würde öffnen können, ohne das Magschloss überlisten zu müssen, als ihr plötzlich hört, wie sich das Magschloss entriegelt und die Tür vor euren Augen zur Seite gleitet.


    Dahinter befindet sich ein großer Raum - anscheinend ein Aufnahmeraum für SimSinn-Aufzeichnungen. Der Raum ist - einem alten Studio aus dem 20.Jhd. nachempfunden - durch eine transparente Scheibe in zwei Teile gegliedert: Dem Recording Room und dem Mixing Room. Im Zentrum des Aufnahmeraumes, in den die Tür vor der ihr steht mündet, befinden sich zwei festmontierte, große Sessel, welche mit diverser Hardware bestückt sind. Dabei fällt auf, dass diese mit Geräten auf mobilen Gestellen, die um die Sitze herum gruppiert sind, verkabelt wurden, und es sich nicht um drahtlose Geräte handelt. In einem der Sitze hockt Nicole Natalie Smith, das blonde Haar zerzaust und wirr im blassen, ausgelaugten Gesicht, während die Augen wie bei einem Drogentrip weit geöffnet sind und die Decke anstarren. Direkt neben Nicoles Sessel steht ein verstört wirkender schlanker Japaner in lässiger Kleidung, der schützend seine behandschuhten Hände über einem Aluminium-Koffer mit Injektionsspritzen und diversen Patches hält. Darum ringend, die verschiedenen Eindrücke, welche sich euch in diesem Raum bieten, richtig einzuordnen, bringt es euch vollends aus dem Konzept, als ihr die dritte Person als Ao identifiziert, welcher völlig ruhig und gelassen, ohne erkennbare Bewaffnung, vor euch steht, und sich zur Begrüßung leicht in eure Richtung verneigt.


    "Selamat Datang."


    - Hört ihr seine wohlmodulierte Stimme die Begrüßungsfloskel sprechen, mit welcher er euch bereits vor einigen Tagen am Flughafen empfangen hat.

  • -521-


    Da steht Ao wieder vor ihr. Wie beim Flughafen ist er ganz der smarte asiatische Gentleman.
    Komisch, irgendwie ist Lak enttäuscht von Ao und von ihr selbst.


    Enttäuscht von Ao weil sie bis zu letzt immer noch gehofft hatte das er doch zu „den Guten“ gehörte. Ein Undercover Agent den man auf Mr Chan angesetzt hatte.


    Enttäuscht von ihr selbst weil sie immer noch in ihrer asiatischen Weise dachte. Wer höflich, hübsch und erfolgreich wie Ao wirkte, dem erwies man (und vor allen Frau) Respekt und traute ihm keine Schlechtigkeit zu.


    Schieß! Töte ihn Pu Ying! Lak umklammert den Ares Predator mit beiden Händen aber sie schafft es nicht anzudrücken.


    “Sawaddi ka, Ao. Sag bitte dem Yiibpun er soll Nicole ausloggen. Es muss nicht so enden ...“


    Doch es wird so enden. Das wissen Ao und sie. Das ist die asiatische Weise.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Während Azrael sich auf die Tür zubewegt, hat Croaker gerade die Zigarettenpackung in seiner Jackentasche verstaut und die Tüte Reiscracker aufgerissen.


    Geistesabwesend wirft er eine Hand voll in den Mund.
    Samurai-Mix, lecker denkt er noch bei sich, als die Tür aufgleitet und der Brite erst in der Bewegung erstarrt, dann langsam die Tüte in die Außentasche seiner Jacke stopft und vorsichtig kauend auf die Tür zugeht.


    Während Lak die Waffe auf Ao richtet und ihn anfleht, diese Geschichte friedlich zu beenden, starrt Croaker nur mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck, noch im Gang stehend, am Türrahmen vorbei in seine Richtung.


    Der verschwommene Umriss neben ihm nimmt Gestalt an, die vertraute Rabengestalt erscheint neben ihm auf dem Boden, Gravitation scheint in schweren Wellen von ihr auszugehen, als sie in den Raum hinein trippelt.
    Wenn man genau hinsieht, kann man in den schwarzen Knopfaugen Reflektionen der rot lackierten Türen auf dem Gang erkennen, auch, wenn sie eigentlich von dem Aufenthaltsort des Raben aus jetzt nicht mehr sichtbar sein sollten.


    Ao.
    Schön, das wir uns wieder sehen
    bemerkt Croaker trocken.


    Er wirft einen Blick auf den Koffer mit den Patches und Spritzen.


    Auch, wenn wir diesmal eine andere Minibar dabei haben.


    Er wirft einen Blick auf Laks gezogene und entsicherte Predator, auf Az und Mike, dann auf den Geist, zuletzt auf Ao.


    Machen wir der Sache ein Ende.
    Ich nehme an, schnell und schmerzhaft ist okay für Dich?

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    Azrael ist kurz überrascht, dann richtet sich die MP in seiner Rechten auf Ao. Sicher ist sicher - der Wichser hat uns ja die ganze Zeit übers Ohr gehauen! denkt sich der Elf. Ihre Zielperson sieht mehr als schlecht aus, aber immerhin lebt sie noch.
    "Nett sie wiederzusehen, Mr. Ao!" meint der Elf dann mit einem leicht spöttischen Unterton und einer ebenso spöttisch angedeuteten Verbeugung zu ihrem ehemaligen Verbindungsmann.
    "Auch wenn mir die "harte" Lösung nicht unangenehm wäre nach den ganzen Strapazen, die sie uns eingebrockt haben, wäre ich zuerst einmal daran interessiert, was hier eigentlich gespielt wird. Und von mir aus können sie machen was sie wollen - mich interessiert das Mädchen." Dabei deutet er kurz mit dem Kopf in Richtung von Nicole. Die Nervosität pulsierte weiterhin in seinem Kopf, aber die Anspannung dieser unerwarteten Wendung ließen unterdrückten sie vorerst. Denk taktisch Azrael. Lass dich jetzt bloß nicht ablenken! Wie in alten Zeiten. Nur auf das übliche furiose Finale konnte er locker verzichten. Meistens gingen dabei nämlich nochmal eine Menge Leute drauf ...


    Mike hatte gerade wieder die AK erhoben und wollte Stellung an der Tür beziehen, als diese aufglitt. Kurz war der Troll etwas verdutzt, dass Ao scheinbar so friedlich vor ihnen stand nach der Gewalt der letzten Minuten, dann entrang sich seinem Mund ein tiefes Grollen:
    "Sag deinem Schergen bloß, er soll die Finger von Nicole lassen. Sonst ist er schneller im Nirvana, als er denkt!". Das Sturmgewehr richtete sich bei diesen Worten auf den Kopf des Japaners, was diesen scheinbar noch mehr verstörte.
    "Für meinen Geschmack habe ich die letzten Tage mehr als genug Gewalt gehabt, aber keine Angst, es sind noch genug Reserven da, Ao."
    Es wäre interessant, gegen ihn anzutreten. Aber Nicole hat Vorrang! Mike Augen suchten den Raum nach weiteren Gefahren ab und er versuchte abzuschätzen, wie schnell er im Notfall bei ihr sein konnte. Sein Körper war gespannt und er glaubte nicht, dass es viele Möglichkeiten gab, die 200 kg entschlossenen Troll im Sprint aufhalten konnten.

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    Während der Japaner sichtlich um sein Leben bangt, scheint es Ao völig selbstverständlich und auch nicht weiter störend, dass nun eine beträchtliche Anzahl weltlicher und magischer Waffen auf ihn gerichtet ist.
    Er schaut euch nicht direkt an, scheint aber auch nichts im Schilde zu führen. Vielmehr ist sein Blick ins Nirgendwo gerichtet, während er seine Worte zuerst an den Japaner richtet:


    "Ich denke, Sie können nun gehen, Tomi-San. Mr. Chan wird sicherlich nicht zurückkehren, um Sie für Ihre Dienste zu bezahlen."


    Der Andere zögert für einen Moment. Aus dieser Sache ohne Bezahlung auszusteigen, scheint ihm nicht zu gefallen, doch Mikes Waffe, welche direkt auf seinen Kopf gerichtet ist, belehrt ihn eines besseren. Vorsichtig schließt er den Aluminium-Koffer und verneigt sich zum Abschied, bevor er schnellen Schrittes durch die offene Tür zum Mixing Room verschwindet. Als eure Blicke ihm folgen, erkennt ihr, dass sich dort ebenfalls eine Treppe nach oben befindet - vielleicht so etwas wie eine Art Hinterausgang.
    Als der Japaner außer Sicht ist, setzt Ao wieder zum Sprechen an:


    "Die Geräte sind bereits abgeschaltet. Ich habe es veranlasst, nachdem Mr. Chan den Rückzug angetreten hat. Ich bin an Nicole nicht interessiert. Für mich zählt nur das Produkt, und dieses ist, wie es nun ausschaut, nicht mehr zu erhalten.
    Ihnen dürstet es vermutlich nach der Wahrheit, so wie es Fremden immer nach der Wahrheit verlangt. Da Mr. Chan nicht hier ist, um Ihnen seine Geschichte zu erzählen, müssen Sie mit meiner Vorlieb nehmen.
    Da er sein Gesicht bereits verloren hat, sollte die Wahrheit daran auch nichts mehr ändern können. Mr. Chan steckt seit einiger Zeit in größeren, finanziellen Schwierigkeiten. Er schuldet Leute Geld, die nicht so ohne weiteres mit sich reden lassen. Seine Geschäfte laufen schlecht, wie sie sicherlich gesehen haben. Sanierungen am Gebäude sind längst überfällig, die Limousine, mit denen ich Sie am Flughafen abgeholt habe, war nur gemietet, und auch der Rest dieser Studios steht größtenteils leer. Um das besagte Geld aufzutreiben, hat Mr. Chan einen waghalsigen Plan aufgestellt. Er arbeitete seit längerer Zeit an einem neuen SimSinn-Produkt, dessen Umsetzung sich jedoch als schwierig erwies, da man hierfür äußerst spezielle Testpersonen und Substanzen benötigte. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, auch finanzieller Art, doch Mr. Chan klammerte sich so sehr an diesen Strohhalm, dass er davon völlig besessen war, dieses Projekt würde ihn retten können. er beauftragte mich damit, meine alten Verbindungen zur javanischen Botschaft wieder herzustellen, und nach einem Käufer Ausschau zu halten. Diverse Personen in der Botschaft waren an dem Produkt für die High-Society Jakartas interessiert, um es einer völlig durchtriebenen Kundschaft anzubieten, die stets nach dem Extremsten lechzte. Für die SimSinn-Aufnahmen, welche unter Einfluss bestimmter Substanzen extremste psychische Eindrücke erzeugen sollten, die einer Transzendenz-Erfahrung gleich kamen, benötigte man allerdings Personen mit einer besonderen Wahrnehmungsstörung, die natürlich nur schwer zu finden war. Als Mr. Chan erkannte, dass Nicole genau eine dieser Personen war, lud er sie dazu ein, sein Studio zu besuchen und ein paar Probeaufnahmen zu machen. Und so begann die ganze Geschichte. Ihr Auftauchen hat Mr. Chans Pläne ins Chaos gestürzt und ihn in Panik geraten lassen, weshalb er sie unbedingt los werden wollte, und diese Gang am besten gleich mit. Für mich ist die Sache ein Geschäft gewesen, für Mr. Chan ein Spiel mit der Zeit und seinem Leben."

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    Tja, eigentlich schien der Auftrag gelaufen zu sein. Nicole Smith wurde gefunden. Lebend.


    Was mit Mr Chan passiert ist nicht ihre Angelegenheit. Rachegefühle wegen der Triaden Angriffe hat Lak nicht. Das gehört zum Job. Als Buddhistin weiß sie auch, dass Mr Chans schlechtes Karma auf ihn zurückfallen wird.


    Jetzt mussten sie nur Mr Smith anrufen und die Belohnung kassieren. Und dann war Zeit für Sanuk und Sabai. Sollten die Konzerntypen das unter sich ausmachen mit Anwälten oder Killern.


    ...obwohl ein Problem gab es noch.


    „Es tut mir leid, aber du kannst hier nicht einfach so rausspazieren ohne uns zu sagen wo sich Mr Chan aufhält. Wir müssen sichergehen, dass er uns auf dem Rückweg nicht die Triaden auf den Hals hetzt. Und die Angriffe auf die Electric Waves müssen eingestellt werden.“

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Ooookayyy war Mikes erster Gedanke, als er die Geschichte von Ao zu Ende angehört hatte. Wenn sie so stimmte,hatte Ao wirklich nur seinen Job gemacht und ihm war nichts vorzuwerfen. Wenn sie so stimmte. Allerdings klang sie ziemlich plausibel. Das wichtigste war jedoch, dass sie anscheinend Nicole lebend gefunden hatten. Auch wenn ihr Zustand mehr als bedenklich schien. Na ja, Mr Smith würde wahrscheinlich nicht allzu erfreut sein, aber immerhin bekam er seine Tochter zurück. Die Kon-Ärzte würde sie wahrscheinlich wieder brauchbar hinbiegen können.


    Laks Einwand war jedoch berechtigt. Mist, ich hätte doch die Autos verminen sollen! Dann gäbe es jetzt ein Problem weniger.


    "Da sie ja sicher auch Kontakte zu den Triaden haben, wäre es wahrscheinlich eine gute Idee, wenn sie uns begleiten, Mr. Ao. Zusammen mit Ms. Smith hier." Mike war bei seinen Worte zu Nicole hinübergetreten, wobei er den anderen Ausgang im Auge behielt. Vorher hatte er Azrael seinen Plan kurz per AR-Nachricht erläutert, der daraufhin weiter Ao in Schach hielt, nachdem er die zweite MP wieder aufgenommen hatte.


    Mike betrachtete die junge Frau, konnte jedoch ohne genauere Untersuchungen nicht feststellen, wie es ihr ging.
    "Ich hoffe sie haben gute Protokolle ihrer Machenschaften, die helfen, die junge Frau hier wieder auf die beine zu bringen."


    Dann sandte er eine Nachricht an das Team: --- Bin dafür, schleunigst von hier zu verschwinden. Wir können uns um Ao und Nicole auch wonaders kümmern und hier sitzen wir wie auf dem Präsentierteller! ---

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    Lak musste dem Großen rechtgeben. Sie antwortet auf dem Teamkanal.

    <<Chai, lasst uns schnell mit dem Van verschwinden. Sicher ist Nicole DocWagon versichert. Wenn Mr Smith es gestattet bringen wir sie in eine Yokogawa Klinik. Das ist DocWagons Vertragspartner hier. Dort wird man ihr helfen und sie bewachen. Und wir wären aus des Schußlinie.


    Ich lade die Daten hier noch runter und schicke Yu eine Nachricht, dass sie die Hardware hier ausschlachten können. Als kleine finanzielle Entschädigung.>>

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    <<Klingt gut. Dann los.>>


    Kümmer Du dich am besten um Nicole,


    meinte er zu Lak.
    Sie wirkte am wenigsten einschüchternd, vieleicht konnte sie bei der apathischen Person was ausrichten.


    Er ging auf Ao zu und deutete mit dem Revolver auf die Treppe.


    Gehen wir.
    Und wenn Du Scheiße baust, kriegt der Laden hier nen neuen Anstrich mit Deinem Hirn.


    Um seine Worte zu unterstreichen, setzte er die Waffe an Aos Schädel und drückte ihn damit leicht in Richtung des Ausgangs.

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    Ao setzt sich in Bewegung, während Croaker den Mann nicht aus den Augen lässt.


    "Mr. Chan wird nicht mehr lange überleben. Schon in sehr kurzer Zeit werden die Triaden die Geduld mit ihm verloren haben und ihn aus dem Weg räumen lassen. Wo er sich momentan befindet, weiß ich allerdings nicht."


    Erklärt euch der Javane nüchtern.


    Da Nicole anscheinend nicht dazu in der Lage ist, selbst zu gehen, beziehungsweise es Mike und Lak nicht gelingt, ihr auch nur irgendeine Reaktion abzuverlangen, bleibt Mike nichts anderes übrig, als die junge Frau behutsam aus dem Aufnahme-Sessel zu ziehen und sich über die Schulter zu werfen.


    Wachsam und auf alles gefasst verlasst ihr die Kellerebene und kommt wieder ins Erdgeschoss. Im Flur liegt noch immer Dexters Leiche, eingehüllt in die gespenstische Stille, welche sich im gesamten Gebäude ausgebreitet hat.

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    "Mr. Chan wird nicht mehr lange überleben. Schon in sehr kurzer Zeit werden die Triaden die Geduld mit ihm verloren haben und ihn aus dem Weg räumen lassen. Wo er sich momentan befindet, weiß ich allerdings nicht."


    Tragisch, tragisch. bemerkte Croaker süffisant.


    Als ob ich noch nie völlig abgebrannt gewesen wäre.
    Aber jedesmal, wenn die Triaden mich umnieten wollten, hatte es wenigstens nichts damit zu tuen, dass ich einen auf dicke Hose machen wollte.