• Ich war vor Kurzem in "Last Samurai" und war mehr als ausgesprochen positiv überrascht (Kann auch daran liegen, dass ich mit den schlimmsten Befürchtungen reingegangen bin :? ). Und da sich hier ja einige Leute für Japan bzw. Asien interessieren und/oder gut darüber Bescheid wissen, wollte ich mal horchen, wie die allgemeine Meinung zu dem Film aussieht (oder war etwas außer mir noch niemand drin).


    Also ich finde, dass der Film einen guten Einblick in die japanische Kultur und Geschichte bietet (Für Hollywood auf jeden Fall). Vor Allem konnte man einiges über die strengen "Gesetze" von Ehre, Loyalität, etc. im (feudalen) Japan erfahren (wenn man sie nicht schon vorher gekannt hat :wink: ).
    Es waren zwar auch ein paar (böse) Patzer drin (filmische wie geschichtliche), aber mir kam er sehr authentisch vor (bin aber auch kein Japanologe).


    Frage an die Japanologen und Historiker: Ist die Story historisch korrekt (Ich mein jetzt den Aufstand und den Waffenhandel, nicht Tom Cruise im 19. Jahrhundert in Japan :wink: )?

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • Ich habe schon befürchtet, daß dieser Thread kommen würde... :?


    "His Neutralness" schrieb:

    Frage an die Japanologen und Historiker: Ist die Story historisch korrekt (Ich mein jetzt den Aufstand und den Waffenhandel, nicht Tom Cruise im 19. Jahrhundert in Japan :wink: )?


    Der Film wird in Japanologen-Kreisen soweit ich bis jetzt mitbekommen habe nur zerrissen. Zitat einer amerikanischen Japanologen-Mailinglist: "lousy history, perfect set". Ich selbst werde wohl nächste Woche Donnerstag mit einem Japanologen-Pulk in's Kino gehen, und den Film danach diskutieren. Die Geschichtsexpertin unseres Instituts hat uns die Lektüre dieses Artikels vor dem Kinobesuch nahegelegt - ich denke da wirst du auch ein paar Antworten finden können. ;)

  • Ich war drin, und der Film war gut. Während dem Film bekommst du eine Wut gegen die Bösen und freust dich über die 'realistischen' Charaktere(definition 'realistisch' hier: sie tragen die konsequenzen für ihr tun und ändern nicht während dem film spontan ihre einstellung).
    Beim hinausgehen aus dem Kinosaal kam ich mir wie damals vor, bei Hero und Tiger&Dragon. Also wirklich sehenswerter Film.


    Hat sogar dazu geführt, dass ich mit meinen Kumpels, die den Film mit mir gesehen haben, ein spontanes Erzähl-only RPG eingeführt haben, das sich auf die Welt, die in The Last Samurai vorgestellt wird, bezieht (bzw man spielt einen Samurai). Naja, war lustig. War halt gagmässig und spontan (nein, ich werde keine Details sagen, da es WIRKLICH nichts mit dem Thema zu tun hat, um das es hier geht: der Film!).

  • Der Film ist historisch absolut lausig und verklärt einen politischen Konflikt zu einem vollkommen absurden Heldenepos. Konsequent wird ein absolut übelkeitserregendes gut vs. böse Feindbild aufgebaut, das in keiner Weise den Tatsachen entspricht und das vor allem nicht wirklich überzeugen kann.
    Eben typisch Hollywood. Man nehme einen realen, historischen Hintergrund, mache ihn sogar für Billy-Bob aus Kansas und Dulan-Sawa Patanesch aus Delhi verständlich und verpacke ihn in ein faschistoid-christliches Gut-Böse Konzept. Farbenprächtige Kostüme, tolle Musik und atemberaubende Schlachten dazu und der Zuschauer geht mit einem Kribbeln aus dem Bauch. Unterhaltung auf unterstem Niveau. Das heisst jetzt nicht das ich sowas nicht mag. Keineswegs. Ich finde nur die Illusion geschichtlicher Authentizität gefährlich und irreführend. Man konnte in den letzten zehn Jahren als aufmerksamer Beobachter schmerzlich spüren, wie solche Filme aus der Traumfabrik besonders bei Jugendlichen mehr und mehr gesunde Skepsis, taugliche Weltbilder und Geschichtskenntnisse in Dreck verwandeln.


    Wenn man sich den Film anschaut sollte man einfach als sehender Mensch da rein gehn und sich der Tatsache bewusst sein, das es ein hohles und substanzloses Spektakel ohne jede Glaubwürdigkeit und historische Korrektheit ist. Wenn man da rausgeht in dem Glauben etwas über das feudale Japan gelernt zu haben hat man zumindest einen zuverlässigen Indikator die eigene Intelligenz, Bildung und Kritikfähigkeit einmal gründlich in Frage zu stellen und vielleicht etwas an den eigenen Denkmustern zu justieren.


    Just my 2 Cents. :wink:

  • Hab den Artikel gelesen (Danke, Toa. War sehr interessant) ... Der Film ist historisch genauer als ich dachte (aber ich gehe ja auch meist vom schlimmsten Fall aus).


    VOID : Ts, ts, ts. Muss ich schon wieder auf das "Implizieren" verweisen? :wink:


    Ach ja, hab ich ganz vergessen. Sind Jemandem in dem Film die Kommentare über Custer aufgefallen? Etwas fragwürdig die Helden des Films mit ihm zu vergleichen, oder? :wink:

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • Warum fragwürdig? Custer war ein inkompetenter Idiot, der aus Aroganz und Selbstüberschätzung seine Leute in den Tod führte. Die aufständischen Samurai waren vielleicht nicht inkompetent und auch keine Idioten, aber sie gingen aus der gleichen Aroganz und Selbstüberschätzung in den Tod. Der einzige Unterschied ist, das sie es sehenden Auges taten. Das macht es eigentlich noch dümmer, denn sie haben es trotz ihrer Intelligenz nicht geschafft sich anzupassen.


    Der Konflikt war ja vor allem ein politischer Konflikt um Macht und Kontrolle. Mit Ehre hatte das grundsätzlich eigentlich garnichts zu tun. Die kam erst ins Spiel als sie sich in eine Lage gebracht hatten in der sie nicht mehr vor und zurück konnten.

  • Nein, ich meinte jetzt filmisch. Die Helden werden, wie es sich für einen Hollywood-Movie gehört, mit positiven Attributen (Mut, Ehre, Loyalität, ...) überschüttet, aber dann mit einer Person (Custer) verglichen, die allgemein mit negativen Attributen (Arroganz, Selbstüberschätzung, ...) verbunden wird. Nicht ganz geschickt.


    Ach, hab noch was vergessen. Ich glaube ich werde alt. :wink:


    "Void" schrieb:

    Wenn man sich den Film anschaut sollte man einfach als sehender Mensch da rein gehn und sich der Tatsache bewusst sein, das es ein hohles und substanzloses Spektakel ohne jede Glaubwürdigkeit und historische Korrektheit ist. Wenn man da rausgeht in dem Glauben etwas über das feudale Japan gelernt zu haben hat man zumindest einen zuverlässigen Indikator die eigene Intelligenz, Bildung und Kritikfähigkeit einmal gründlich in Frage zu stellen und vielleicht etwas an den eigenen Denkmustern zu justieren.


    Hierzu nur 2 Kommentare:
    1. "Selbst in der größten Lüge steckt ein Fünkchen Wahrheit."
    2. "Lernen ist wie Wasser trinken. Der eine quetscht aus einem Stein in der Wüste noch ein paar Tropfen, der andere verdurstet neben dem Wasserhahn."

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • Na also ich werde mir den Film wohl nur auf Video ansehen.
    Und wahrscheinlich ziemlich drüber ablästern :wink:


    Auch wenn der Film ja auf eine reale Situation aufbaut (Aufstände gegen die Modernisierung) machen es sich die Filmemacher wohl etwas zu einfach (jedenfalls aus dem, was ich gelesen u. - wenn auch nur ausschnittsweise - gesehen habe).
    Die Samurai-Kaste war doch zu dieser Zeit bereits wirtschaftlich ziemlich herunter und die alten trad. Ideale (die nebenbei eher in Zeiten des Friedens formuliert wurden, als eine Erinnerung an eine gloreiche kriegerische Vergangenheit) waren, glaube ich auch ohne die westliche Modernisierung schon ziemlich ins Wanken geraten.
    Einige Fragen zum Film:


    Wird in dem Film eigentlich auch dargestellt, was für eine doch recht gnadenlose und anachronistische Welt die Samurai ja wohl verteidigen (Mit Gefangenen ging man sehr rücksichtslos um - und die Stellung der Bauern...)
    Und ist es so einfach - Hier verwestlichte - dort Traditionalisten?
    Immerhin wurde die Modernisierung ja auch von Teilen der Elite getragen, die erkannt hatten, daß nur so Japan vermeiden konnte, am Ende zu einer Quasie-Kolonie zu werden.
    Und es blieb ja doch verdammt viel traditionelles erhalten - in Staat, Gesellschaft u. v. a. Militär.
    Es ist doch durchaus akzeptabel, von dem Geist der Samurai eine Linie zu ziehen zu den Kamikaze-Fliegern und Kaiten-Torpedos, zu den Banzai-Angriffen und zu den versprengten Soldaten, die teilweise erst 20 Jahre nach dem Krieg aufgaben.
    Und man könnte sich auch fragen, ob es nicht auch Linien gibt vom "Geist der Samurai" zu dem äußerst brutalen Umgang Japans mit Unterworfenen und Gefangenen im Zweiten Wltkrieg u. davor...


    O. K. das ist jetzt vielleicht etwas zu tiefschürfend - für einen Hollywoodfilm. Wer geht schon in so etwas rein, um etwas über die Wirklichkeit zu erfahren... :wink:


    Aber ich glaube, in solchen Filmen zeigt sich tw. eine gewisse Sehsucht in eine Zeit, da noch "ehrenhaft" gekämpft wurde...

  • In dem Film wird nur das Positive der Samurai gezeigt. Die Samurai sind halt die Guten, die "Wessis" die Bösen.
    Zu dem Geschichtlichen: Toa hat oben ne tolle Seite verlinkt.


    Dafür kommt das mit der Ehre ganz gut rüber (finde ich auf jeden Fall). Habe ich in dieser Form noch in keinem Hollywood-Film gesehen (gibt ja auch nicht besonders viele Hollywood-Filme über Japan). Und ich finde, dass er für einen Hollywood-Film sehr fundiert ist.

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • "VOID" schrieb:

    Warum fragwürdig? Custer war ein inkompetenter Idiot, der aus Aroganz und Selbstüberschätzung seine Leute in den Tod führte. Die aufständischen Samurai waren vielleicht nicht inkompetent und auch keine Idioten, aber sie gingen aus der gleichen Aroganz und Selbstüberschätzung in den Tod. Der einzige Unterschied ist, das sie es sehenden Auges taten. Das macht es eigentlich noch dümmer, denn sie haben es trotz ihrer Intelligenz nicht geschafft sich anzupassen.


    Die Glorifizierung des Todes gegenüber dem Leben liegt im Einfluss des Buddhismus auf das Bushido begründet. Wie bei jeder Art von philosophischem bzw. religiösem Einfluss sollte man hier nicht unbedingt von "Dummheit" sprechen, da die betroffenen Personen andere Maßstäbe anwenden als wir. Es gibt genug andere historische Beispiele, von der heutigen Zeit ganz zu schweigen, schaut nur mal in den Nahen Osten.


    Natürlich ist der Film ahistorisch. Wenn man aber Hollywoodfilme nicht für bare Münze nimmt kann man trotzdem 2 Stunden gut unterhalten werden :wink:

  • "Noir" schrieb:

    Natürlich ist der Film ahistorisch. Wenn man aber Hollywoodfilme nicht für bare Münze nimmt kann man trotzdem 2 Stunden gut unterhalten werden :wink:


    Man könnte auch den Spiess umdrehen: Solange man Hollywoodfilme als Fiktion annimmt, kann man durchaus 2 Stunden gut unterhalten werden.


    Womit man weiter folgern kann, das Filme sich durchaus als Grundlage für einen Run hernehmen kann, sofern der Film als unterhaltsam empfunden wurde. Denn es muss zwar nicht, kann aber durchaus ebenfalls zu der gewünschten Unterhaltung im Rollenspiel führen, wenn eine gute Geschichte, die beim Film bereits für Unterhaltung sorgte, selbst erlebt werden kann. (Stimmt die Grammatik? Bin zu faul es nochmal zu lesen)

  • "Toa" schrieb:

    Nicht vergessen: das Ideal des ehren- und tugendhaften Samurai war genau das. Ein Ideal. Nie mehr. ;)


    1. Es gibt immer Einen der ein Ideal annähernd erfüllt.
    2. Kennst du die Ideale einer Gesellschaft, hast du schon einen guten Einblick in die Gesellschaft (z.B. Arierkult im 3. Reich; Self-Made-Millionare in den USA).

    "Sea of living, sea of dying ... tired of both? ... call 555-NIRVANA, only 1.96$/min."

  • Habe den Film noch nicht gesehen, werde das sicher noch tun, aber das kommt mir irgendwie wieder mal so vor wie diese typische Masche: wir haben einen Star unter Vertrag und schneidern für den jetzt schnell Drehbücher aus jedem wesentlichen Filmgenre zurecht (SF="minority report"; agenten/action="mischen impossible"; western und eastern haben sie hier ja scheint´s in einem Aufwasch verwurstet etc).
    Und Akira Kurosawa ( [-o< ) schaut weinend zu seinem Regal, wo seine Kopie von "Ran" steht... Der wird glaube ich meine Massstab sein.

    " ... The only difference between me and this machine
    Is, I run on desparation, she runs on gasoline" steve earle

  • Ach du Scheisse... 8O :?
    Also wenn Akira Kurosawa dein Maßstab ist, dann tue dir selbst einen Gefallen und erspare dir den "Last Samurai". Das ist ja so als würde man "X-Tro III" an "Alien" messen. :lol: :wink:

  • :-s ...oh. Ääähmm... okay, setzen wir die Messlatte auf "Shogun" runter?

    " ... The only difference between me and this machine
    Is, I run on desparation, she runs on gasoline" steve earle

  • "His Neutralness" schrieb:

    Enzo : Film, Buch, oder Spiel?


    Au Weia... meinte eigentlich die Serie, die ich damals zwar echt gerne gesehen habe, aber da war ich auch 12. Habe neulich mal wieder ne Folge gesehen und fands eigentlich ziemlich versandhausmäßig. Sobald diese krassen Samuraischergen ins Bild kamen isses eindrucksvoll, aber im Ganzen irgendwie zu eindimensional.
    Das Spiel... nie gespielt (war das nicht sowas wie Mühle? Zumindest vom ungefähren Aussehen?).
    Das Buch: verschlungen - mit 13 dann; keine Ahnung, wie ich das heute finden würde. Wie is das denn?

    " ... The only difference between me and this machine
    Is, I run on desparation, she runs on gasoline" steve earle

  • Shogun? Hm... Ja, das könnte funktionieren. Also versuch es mit Shogun, dem Film, wie du ihn in der retrospektive zu damals siehst, wo du noch 12 warst. Das dürfte einen brauchbaren Erwartungshorizont liefern. Last Samurai ist farbenprächtiger und besser ausstaffiert als Shogun, inhaltlich aber flacher und von den schwammig-schmalzigen Dialogen deutlich simpler gestrickt.