Als alle gut im Auto waren und sie den unmittelbaren Gefahrenradius hinter sich hatten, ließ sich Betsy in die Polster sinken und überließ es dem Autopiloten, sie zur Lagerhalle zu bringen.
Was für eine Scheiße. Was für eine große Scheiße.
Diese Operation hatten sie ordentlich in den Sand gesetzt. Tschang entkommen, Masters und Isidor um ein Haar draufgegangen, der Feind nun gewarnt.
Und natürlich war es ihre Schuld. Klar hatten sich Dozor und Isidor bei der Verfolgung durch ihre Übereifrigkeit auch nicht mit Ruhm bekleckert. Aber all das wäre nicht notwendig gewesen, wenn sie nicht wie eine verfluchte Anfängerin alleine zu West Cost Cargo gefahren wäre. "Niemals ohne PartnerIn"
Wirklich niemals. Ein paar Sprüche aus der Ausbildung waren einfach wahr. Und sie hatte es mal wieder versaut. Wenn sie noch beim FBI gewesen wäre, wäre jetzt der Moment gewesen, ins Büro ihrer Vorgesetzten zu marschieren und Waffe und Marke auf den Tisch zu legen. Um einer Versetzung zur Sitte in Salt Lake City zuvorzukommen. Oder der Moment, sich auf eine Zukunft als Treseninventar der nächsten BTL Kneipe vorzubereiten.
So elegante Möglichkeiten hatte Betsy hier leider nicht. Sie war Raven was schuldig. Und ihrem Team auch. Aufgeben galt nicht.
Schöne Scheiße. Und weiter. Geräteneustart. Und dann weiter.
>> Bin gleich bei euch << Zunächst führte Betsy ein knappes Telefonat mit Ms. Silver Deer und Mr. Harper. Noch einmal die Marschroute durchgehen. Ruhe bewahren. Keine Bullen. Angestellte beruhigen. BlaBla.
Dann kurze Nachricht an Raven. >> Tschang entkommen, ggf. Koshari Beteiligung. Wir setzen den Job fort.>>
Dann war ihr Team an der Reihe. Die Moral war logischerweise im Keller. Motivierende Reden waren nicht drin. Vielleicht würde Arbeit helfen.
>> Ok, Leute ist wirklich Scheiße gelaufen. Ich bin heilfroh, dass wir noch leben. Lasst uns den Einsatz später analysieren. Jetzt müssen wir irgendwie versuchen, den Job zu Ende zu bringen.
Dozor, kannst du dir die Kommlinks ansehen? Und eins davon mit vollem Zugriff preparieren?
Isidor, du siehst wirklich Scheiße aus. Auch, wenn es dir jetzt schwerfällt, solltest du dich ein bisschen ausruhen. Wir brauchen dich beim Zugriff aufs Lagerhaus in voller Stärke. Betsy schloss das Medkit an und begutachtete Isidors Wunden. Er hatte in der Tat eine angeknackste Rippe, die Kugel hatte Panzerung und Haut durschlagen und steckte noch im Rippenknochen. Das Medkit wies sie an, die Kugel mit einer stabilen Pinzette zu entfernen und dann den Schlauch auf die Wunde aufzusetzen. Am Monitor konnte Betsy sehen, wie das Medkit den beschädigten Knochen mit einer dünnen, aber harten Plastickschicht überzog. Die würde den Knochen schützen und sich von selbst auflösen, sobald der Knochen natürlich verheilt war.
Cleo, können wir das Verhör machen? Bad Cleo, good Betsy? Folgender Vorschlag.
Trennt die beiden. So dass, sie sich nicht sehen und nur schlecht hören können.
Du knöpfst dir den Fahrer vor und gehst ihn hart an. Also verbal. Keine Folter.
Zu den Koshari kann ich dir nicht viel sagen. Sie sind eigentlich nicht in Seatle aktiv. Verbindungen zu KondOrchid oder den Blue Mountain Boys sind mir nicht bekannt. Aber sie bestehen ausschließlich aus Amerindianern. Blackfeather könnte also zu Ihnen gehören. Den Namen könntest du also fallen lassen.
Du hast mich beim Verhör die ganze Zeit auf dem Ohr, ich versuche ein bisschen zu helfen.
Ich versuche mit dem Ork zu sprechen. GGF. werde ich ein paar seiner "Schmerzensschreie" imitieren, um den Fahrer gefügiger zu machen.
Falls das nichts hilft, werde ich beim Fahrer übernehmen und versuchen als Amerindianerin durchzugehen und ihm Hilfe anbieten. Vielleicht macht er dann einen Fehler.
Franklin, kannst du uns per Fernsteuerung ein weiteres Gefährt besorgen? Und ausserdem die Umgebung im Blick behalten?
An alle: Auch weiterhin ballistische Masken, Helme oder ähnliches tragen. Muss ja nicht sein, dass diese Vögel euch wiedererkennen können.
Was haltet Ihr von dem Plan? Gibts noch weitere Vorschläge?<<
Hoffentlich kommt irgendwas bei rum. Ihnen lief langsam die Zeit davon und sie hatten wenig Spuren. Keine Ahnung, wo der Kryptoschlüssel war und auch sonst wenig hilfreiche Ansätze für einen eleganten Zugriff im Lagerhaus. Trotzdem musste sie Zuversicht ausstrahlen, mit Selbstzweifeln würden sie die Verbrecher sicherlich nicht zur Strecke bringen...