[IP] Verrat

Wäre Kim nicht unsichtbar, könnte man einen kurzen Moment des Erstaunens auf seinem Gesicht sehen. Dann zuckt er mit den Schultern und holt den Stoffbeutel. Eine nette Abwechslung wenn heute mal niemand sterben soll.

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#204

Verzweifelt klammerte sich Quigg an das Revers der bewusstlosen Wache, schleifte ihn in Richtung des Zauns – weg von dem in sich kollabierenden Gebäude. Weg von der Zerstörung, dem Tod dutzender - wenn nicht gar hunderter – Menschen, weg von dem Staub und den einstürzenden Stahlträgern an denen der güldene Zierrat hing. Weg von der Todesfalle, in der seine Chummer krepierten. Was auch immer dort passiert war – zumindest Cat hatte es erwischt, Kim hatte nicht unbedingt; wer versicherte ihm, dass er dort gewesen war? Wer versicherte ihm, dass Kim nicht der Urheber der Explosion gewesen war? Er schob die zynische Stimme der Paranoia beseite, in diesem Moment zählte Handeln und nicht zögerliches Denken. Nur subjektiv wenige Meter von ihm entfernt stürzte das große Kuppeldach ein, Plastahlträger – durch die Detonation ihrer Verglasung beraubt – ächzten und stöhnten wie Verwundete als ihre Belastunggrenzen erreicht wurden, die Mall glich einen sterbendem Tier, das sich im Todeskampf wälzte. „Los, holen sie Hilfe!“ schrie er den wie durch ein Wunder unverletzten Wachmann an und zerrte weiter den schlaff in seinen Armen hängenden Wachmann aus dem Gefahrengebiet.

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#206

Mit letzter Kraftanstrengung war Quigg am Zaun abgelangt hinter dem er vor nicht allzu langer Zeit bei den anderen Squattern nach Informationen gesucht hatte; diese waren innerhalb von wenigen Augenblicken von der Bildfläche verschwunden, ein größeres Aufgebot von LoneStar stand bevor und sie wollten den Ordnungskräften aus jeweils sehr unterschiedlichen Gründen nicht im Wege stehen – verständlich wie Quigg befand.

Er wies den verletzten Wachmann an, zwischen den platt getrampelten Büschen eine Decke oder ähnliches für seinen Kollegen zu finden. Währenddessen versuchte er ein Lebenszeichen des Bewusstlosen zu finden, tastete dessen Hals nach einem Pulsschlag ab und hielt Ausschau nach starken Blutungen, die er provisorisch stoppen musste. Ahnung von dem, was er tat, hatte er keine, er wusste lediglich dass das einzig Falsche war gar nichts zu tun. Von völligem Altruismus geleitet war sein Handeln nicht, unbemerkt wanderte eine Dienstpistole in die unerfindlichen Weiten seines Mantels – wer weiß wann Quigg die noch mal gebrauchen könnte.

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#208

Mit einem dankbaren Nicken verabschiedet sich von dem Wachmann und verdrückt sich. Er hatte zwar eine SIN aber einen ganz bestimmten Grund das Weite zu suchen. Genauer gesagt suchte er den Van von Grimm, den er in einem weitläufigen Bogen zu erreichen versuchte. Wenn er schon die Kohle für den Run vergessen konnte, dann wollte er wenigsten dem Rigger Bericht erstatten und sich mit ihm den Erlös des restlichen Diebesguts teilen.

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#210

Quigg schaute sich hektisch nach allen Seiten um. „Na los, Grimm, mach schon auf!“ forderte er den Wagen auf.

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#212

Quigg sprang förmlich in den Wagen. Er hatte es äußerst eilig möglichst weit weg von der einstürzenden Mall, den verlorenen Nuyen und den verratenen Chummer zu kommen. „Vergiss sie, sie waren in der Mall.“ stellte er als Tatsache in den Raum. „Nein, ich weiß auch nicht was für ein Drek da gelaufen ist!“ nahm er die Antwort auf Grimms nächste Frage voraus. „Gib Gas!“

Kim hört entfernt die Wellen rauschen. Er schlägt die Augen auf. Helles Sonnenlicht blendet ihn und er kann die Gestalt die sich über ihn beugt erst nicht genau erkennen.

„Willkommen Geliebter, ich hatte schon nicht mehr gehofft das Chesok uns zusammenführt...“
Sung-Yons Stimme verstummt und sie hat Mühe die Tränen zu unterdrücken als sie Kim beim Aufstehen hilft.
Sie hat immer noch die Motorrad-Lederkluft mit den unzähligen Reissverschlüssen an in der sie damals gestorben ist.

Kim schießen tausend Fragen durch den Kopf.

Wo ist er? Ist das der Pazifik? Wie kommt Sung-Yon hierher? Was ist mit der Mall? Quigg? Lonestar?
Doch all diese Fragen sind unwichtig – er und Sung-Yon sind wieder vereint!

Sie stehen eng umschlungen am menschenleeren Strand. Ihr Haar duftet nach Jasmin. Ihr Körper fühlt sich so vertraut an als sei sie nie von Ihm getrennt gewesen.
Als er sie Küsst schmecken ihre Lippen sogar immer noch nach echten koreanischen BlackJack-Zigaretten...

Nach einer Weile die 10 Minuten oder 10.000 Jahre gedauert hat siegt doch die Neugier in ihm:

„Wo sind wir? Die Mall, die Explosion...sind wir tot?“

„Das Wo ist schwer zu erklären...aber es war wohl ganz gut das du dein Implantiertes Kommlink immer im Hot-Sim-Modus laufen lässt. Nun können wir für immer zusammen sein. Bis Buddhas Weisheit uns zur Wiedergeburt verhilft.“

Sung-Yon bückt sich um eine Handvoll Sand aufzuheben. Lächelnd pustet sie ihn von sich und aus jedem Sandkorn wächst eine Verbindung zu einem Knoten der Matrix.
Zuviele Knoten um sie in einem Menschenleben jemals zu besuchen. Es sei den man lebt ewig.

Auch Kim bückt sich um etwas aus dem Sand zu heben. Es ist sein altes Katana. Er schnallt es sich auf den Rücken und greift nach Sung-Yons Hand.

„Na dann, lasst uns aufbrechen. Eine Neue Welt erwartet uns...“

ENDE