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Die Wärme des heißen Pappbechers mit Soy-Kaffee wirkt wie der letzte Funke der Freundlichkeit in diesem verlassenen Bürogebäude. Auch der gelegentliche Austausch von Meinungen mit der gegenüber sitzenden Klara bringt nicht mehr als eine Reizung der Geduld.
"Was ist los mit dir, Boxter? Wenn dir kalt ist, dann kann ich dir auch nicht helfen."Boxter blinzelt einen visuellen Fluch in ihre Richtung und nimmt einen Schluck Kaffee.
"Wann sollten wir uns treffen?"Klara schaut auf die Uhr: "Vor fünfzehn Minuten..." Ihr Blick ist alles andere als nervös. Boxter weiß, dass Klara niemals aufgibt und eine Optimistin ersten Grades ist. Sie ist diejenige, die die ganze Gruppe zusammenhält. Ihre Weltanschauung, ihre Überzeugung, dass sie für eine gute Sache kämpfen, die Welt wieder reiner machen können... Aber in solchen Momenten starrt er in den Kaffee, als ob ihm dieser sagen wird, dass sie mit ihren Aktionen der Natur nicht helfen können.
Boxter ist seit mehreren Jahren bei den "Grimmigen Alligatoren" und ihre erfolgreiche Einsätze liegen auch schon ein Jahr zurück. Seit dem schief gegangenen Anschlag auf eine Anlange der Chemie AG in Leverkusen schrumpfte die Anzahl der Mitglieder von zehn auf fünf. Und die Begeisterung für den Einsatz für die Umweltrettung ließ nach. "Ohne Klara würden wir uns ganz auflösen. Aber sie gibt nicht auf und heute soll es wieder so weit sein, den Drekmachern zu zeigen, wo sie hingehören." denkt Boxter. Der Verlust seiner Freundin beim schief gegangenen Run auf die Chemie AG sitzt noch tief in Boxter und er trinkt seinen Kaffee aus.
Klaras Handy klingelt. "Ja? Sie sind da? Keine Verfolger? Ja ja.. Komm runter... Ja, dritter Stock, wo sonst..."
Klara schaut zu Boxter: "Walter und Sylvia haben schon unten geparkt. Steh auf, kleiner Waschbär. Heute ist ein wunderbarer frostiger Abend für ein Feuerwerk!"
Für einen Moment ist im Fenster ein Körper zu sehen, der schreiend in die Tiefe stürzt und dumpf unten auf dem Asphalt aufschlägt.
Klara springt zum Fenster und flüstert: "Jutz... Was..."
Währenddessen springt Boxter auf, um dann mit zittrigen Händen zu seiner Schrotflinte zu greifen. "Was zum Geier war das?! Es ist jemand auf dem Dach!" schreit er.
"Drek!" Klara schnappt sich das Handy und wartet auf die Antwort. "Walter? Ja, es war Jutz... Jemand hat auf dem Dach auf ihn gewartet. Wir verschwinden..." Rasch verschwindet das Handy in der Jackentasche. Bevor Boxter etwas sagen kann, ertönen schon die tiefen Laute von Walters Browning. Ein lautes Kreischen prallt von den Wänden der Bürogebäude ab und endet in einem gurgelnden Geräusch, das durch den leeren Parkplatz schwebt. Die Schüsse sind nicht mehr zu hören, nur eine kalte Brise wirbelt einzelne Blätter im plötzlich stillen Raum.
Boxter schaut zu Klara, die mit weit aufgerissen Augen ins Nichts starrt.
Als er dabei ist, sich umzudrehen, um durch die Tür ins Treppenhaus zu gelangen, spürt er eine kleine Bewegung am Fenster. Eine dunkle Gestalt klettert durch den oberen Rand des Fensters ins Zimmer und landet wie eine Katze mit einem leisen Rascheln auf einem Stapel Flugblätter der Gruppe. Dieser bringt die Gestalt aus dem Gleichgewicht, die zur Seite kippt. Als Boxter die Schrotflinte auf den Drekskerl richtet, hat Klara bereits einen Schuss aus ihrer Beretta abgegeben, der die Schulter des Eindringlings nach hinten reißt. Plötzlich wird sie von hinten wie weggefegt und landet mit einer weiteren sich windenden Gestalt am Boden, die mit mehreren blitzartigen Bewegung lautlos kurze Klingen auf ihr Opfer niedergehen lässt. Boxter drückt auf den Abzug seiner Schrotflinte, die den ersten Mistkerl kreischend wieder aus dem Fenster befördert. Als er doch dabei ist durch das Fenster nach draussen zu fallen, krallt er sich mit aller Kraft in den Fensterrahmen und federt zurück auf Boxter zu. Der zweite Schuss reißt das Biest noch in der Luft um, so dass es blutspritzend auf dem Boden landet. Boxter hat schon das nächste Biest im Visier, dass über dem bewegungslosen Körper Klaras hockt. Das Nachtsichtgerät starrt Boxter ausdruckslos an und bewegt sich nicht von der Stelle. Kaum will Boxter die automatisch nachgeladene Munition abschießen, fällt die Waffe aus seinen Hände, als er mehrere spitze Gegenstände in seinem Rücken spürt, die wieder aus seinem Rücken verschwinden und immer wieder reinstechen. Der Raum dreht sich in Boxter's Augen und er landet mit einem leisen Röcheln auf dem Boden. Bevor sich seine Augen schließen, erblickt er zwei grüne Linsen des Nachtsichtgeräts, die ihn irgendwie traurig anstarren, als ob sie sagen wollen, dass er mit seinen Aktionen der Natur nicht helfen kann.