#001
Prolog
Aller Anfang ist schwer?
Ja, der gute Charlie. „Klar, nehm' ich dich für 'ne Weile auf“, hatte er gesagt. „Auf mich ist verlass, ich zeig dir wie der Hase läuft, bei uns, in Heavensport, beschaff dir auch wat zu arbeiten und so, hohl dich sogar selbst ab!“, hatte er stolz von sich gegeben. Sogar einen Unterschlupf hätte er schon organisiert hieß es. „Punkt 14 Uhr bin ich da, und hohl dich ab!“, meinte er.
So wie es kommen musste kam um 13.21 eine Textnachticht:
Für Jou-Chan und Doc gilt:
„Sorry, mir ist was megawichtiges dazwischen gekommen! Muss für n paar Tage aus Heavensport raus, is wichtig, wirklich. N Kumpel hohlt euch ab, is nen echt netter Feck, n Zwerg, hohlt euch mit seiner Karre ab. 14 am Hafen, also , da an so ner Kreuzzug, is direkt am Hafen, findet ihr sofort! Komme dann die Tage bei euch vorbei.
- Charlie"
Was meint er mit „euch“? Er meinte nichts davon, dass er noch jemanden aufnimmt. Nun ja, umkehren geht ja schlecht wenn man schon im übelriechenden Lagerraum eines Frachtschiffes hockt und auf dem besten, so wurde zum mindestens angepriesen, oder eher billigstem Wege nach Heavensport gebracht wird. "Aber alles ohne Kontrolle oder sowas", wurde viel versprechend gesagt.
Jede dritte Leuchtstoffröhre an der Decke des Frachtraumes hüllt die verwitterten Wänden und den kalten Boden in ein diffuses Licht. Der Lagerraum ist mit mannshohen Plastikkisten die bis zur Decke ragen und anderen Leuten gefüllt. Er ist aber recht geräumig, somit ist euch die Privatsphäre gewährt. Es befindet sich eine fünfköpfige Familie in zerlumpten Decken gehüllt in einer der vier Ecken des Raumes. Dunkle Haut, dunkle Haare und Augen sowie fremde Sprache lassen auf eine südöstliche Abstammungen vermuten. Sie alle machen einen geplagten und hungernden, ungesunden Eindruck, der von einem scheußlich rasselndem Husten gestützt wird, alle scheinen darunter zu leiden, selbst die zwei Kleinkinder husten ununterbrochen. Gegenüber sind zwei Jungs in blauen Hosen und Syntlederjacken die sich lautstark über das Rauchverbotschild beklagen, aber es bisher noch nicht gewagt haben das ungewisse Risiko einzugehen. Das leise Schwappen der Wellen lässt sich im innen Raum des Schiffes vernehmen. Lange kann die Fahrt nicht mehr dauern.
Für David gilt:
„Hey Daveee, all right? Mir ist ein wichtiges Stück Arbeit in die Hände gefallen, kann dich nicht abholen und so. Tut mir Leid, ist voll wichtig, bin in n paar Tagen wieder da! Kannste mir den gefallen tun und zwei andere Kumpels von mir abholen? Die sind um 14 Uhr an ner Kreuzzug im Hafenviertel: Kleiststraße 143. Der eine heißt Doc, is n Norm, die andere is ne Elfe und heißt Jo Schan oder so, is glaub ich ma is ne Japse. Aber die ist in Ordnung und so, keine Sorge. Danke!!! Wenn ich wieder da bin geb ich dir einen aus! Wegen der Wohung, fahrt dann mal zusammen zu Gordon, der wartet um 16 Uhr 63ste Ecke Albertusstraße. Danke, Peace! - Charlie“
Keine 15 Minuten bist du von der Autobahn runter und in der Stadt da musst du schon gleich weiterfahren. Die Straßenlichter ziehen an dir und deinem Van rauschend vorbei, die Müdigkeit nach der langen Fahrt macht sich bemerkbar. Kleiststraße 143 im Hafenviertel, laut Navi sind es 45 Minuten, wird wohl eher knapp. Der Verkehr läuft recht reibungsfrei, bis auf den Typen der im Schneckentempo vor dir schleicht.
Für Gordon jedoch gilt:
Das Klingeln für einen eingehenden Anruf ertönt, irgendjemand legt Wert auf Konversation. Wenn man dem Display trauen darf ist es Charlie, seine nette und zu vorkommende Stimme ertönt, dass heißt er will etwas:
“Peace Man! Na, alles fit? Wie läuft's so? Ey, ich bin gerade an einem total geilem Geschäft dran, muss aber dafür kurz mal nach München. Muss den Kugan-Jungs zu vorkommen, verstehste? Und die Sache mal abchecken. Da is' 'ne menge Zeug mit im Spiel! Muss mich da halt mal reinhängen und so. Aber ich bekomme demnächst Besuch, also heute... Könntest du für mich die Leute abholen? Und in diese Kunert-Bude da bringen? Weil, die würden da ja alleine nicht reinkommen und so. Wär' auch gut wenn du den ein bisschen sagen könntest wie es hier so abläuft, sind neu hier und so. In der Bude is' n bisschen Deng, nimm 50 Nuyen. Hab' den auch die Adresse von Kaspar dagelassen, wegen Jobs und sowas, kannst dich ja mit einklinken, bisschen Geld verdienen ist immer gut, nicht wahr? Würdest du das für mich machen?“