16. November 2078
Moskau –Meshchansky District
(Innenstadt) Azimut Hotel – Restaurant
Puh, da spricht der Junge was Wahres an. Peinlich. Doch Frau Smirnow hat keine Zeit, da jetzt drüber nach zu denken. Und sie wird sich auch nicht die Blöße geben, zugugeben, dass sie was übersehen hat.
"6 Ziele sind richtig. Die Fünf hatte ich noch im Kopf von meiner letzten Besprechung, das ist nicht mehr aktuell."
Gut, dann als nächstes die Fragen beantworten. Eine nach der anderen.
Sie wendet sich zunächst Fairy zu:
"Informationen dazu haben wir keine. Es wirkt im Gegenteil sogar mehr so, als kennen sich einige von denen nicht einmal. Sie arbeiten recht professionel zusammen, aber mehr auf allgemeiner militärischer Ebene.
Ich denke, Miri und Dimitrij kennen sich. Ben scheint das Team Alpha zu kennen, hier ist die Zusammenarbeit vielleicht am stärksten.
Ob sich die Teams untereinander schon zuvor gesehen haben, kann ich nicht sicher sagen. Es gibt weder Hinweise dafür, noch dagegen. Für mich sieht das nach einem zwar professionellen, aber zusammen gewürfelten Team aus."
Dann zu der nächsten Frage. Warum diese. Ist nicht so, dass Nikogo seine Entscheidungen rechtfertigen würde.
"Ich mach es kurz: Ich weiß es nicht. Ich vermute, es ist die Gefahrenstufe. Vielleicht will Herr Nikogo sie auch befragen."
Dann schaut sie JC nochmal an.
"Mit Einem liegen Sie teilweise falsch. SIE müssen herausfinden, wo die Infos her kommen. Natürlich tun wir unser Bestes, um das Leck zu finden und zu schließen. Wenn Sie aber beim Aufspüren der Gegenseite Informationen erlangen, gehört das natürlich zu Ihrem Auftrag, uns diese mitzuteilen, ebenso wie weitere Hintermänner offen zu legen.
Ich denke, das Eine oder Andere können wir durchaus noch auftreiben, auch wenn ich mir Sicher bin, dass die Meisten schon haben, was sie brauchen."
Natürlich können sie. Wer will sie daran hindern?
Im Grunde hat sie ja ihre Hausaufgaben gemacht. Ein paar der Leute kommen von hier. Was sie an Ausrüstung noch nicht haben, brauchen sie offenbar nicht, sonst hätten sie es sich bereits früher besorgt. Die Ausländer sind ja im Grunde nur JC und Fairy. Zu den beiden hat sie auch nicht allzu viele Informationen, aber es wirkt, als wäre das Wichtigste bereits über die Grenzen. Und Iwan? Der war schlau genug, sich um seine Ausrüstung zu kümmern.
"Wenn Sie aber noch etwas brauchen, scheuen Sie nicht, mir eine Nachricht zu hinterlassen. Ich sehe dann, was ich tun kann."
Sie stellt eine Nummer in die AR. Das ist natürlich nur ein Postfach, nichts, wo man sie ans Telefon bekommt oder gar physisch orten könnte, aber doch eine Möglichkeit, sie zu erreichen.
Zu JCs weiteren Überlegungen bezüglich Hans sagt sie nichts weiter. Das ist sein Job, und der Job des Teams, dem nach zu gehen. Auch seine Vermutung zu dem Kopf hinter allem…
"Wie gesagt, sollten Sie Anzeichen oder Hinweise finden, ist Herr Nikogo großzügig bereit, Sie dafür weiter zu entlohnen."
Eigentlich schon beantwortet, geht sie dennoch auf Mackenzies Frage ein. Das hier ist wichtig, Missverständnisse sind unnötig hinderlich.
"Soweit wir wissen, gibt es keine Kommunikation untereinander. Allerdings waren wir auch nicht in der Lage, die Teams weiter zu verfolgen, das ist Ihr Job. Gut möglich, dass sie sich nun verständigen, verständigt haben oder auch direkt wieder zerstreut haben.
Die Forschungseinrichtungen haben je einen eigenen Host, ja. Regulär... eher nicht. Nichts, was man vom öffentlich Gitter einfach so findet. Die Sicherheit ist ziemlich hoch. Eigentlich. Entweder ist Evolution sehr gut, oder er kannte Schlupflöcher. Das Wissen über die Positionen der Geschütze spricht für letzteres. Ebenso, dass auch die anderen Hacker es geschafft haben."
Dann zu Iwan.
"Sie haben Recht. Es ist fordernd. Deshalb sind Sie hier, ebenso wie die anderen Spezialisten. Man hat mir versichert, jeder hier ist gut auf seinem Gebiet, beweisen Sie es.
Zu der Ausrüstung: Ich hänge eine Liste an die Datei. Hauptsächlich Laborausrüstung. Tische, Betten, Autodocs, Drohnen, so Zeugs zur Forschung eben. Das Meiste verstehe ich nicht."
Ein Ordner setzt sich neben die Bilder in die AR. Öffnet man ihn, finden sich darin vier Ordner, Alpha, Bravo, Charlie, Delta.
"Weiterhin die Forschungsobjekte. Ein paar Prototypen, einige Critter. Genaue Auflistungen sind angehängt. Die Critter sind Gechippt. Das reicht nicht, um sie zu orten, aber um sie zu identifizieren. Um die Forschungen fortsetzen zu können ist es nötig, dass die Tiere dieselben sind, nicht nur die gleiche Gattung. Wegen Mutationen und Studien, sowie Auswirkungen von Medikamenten und Ähnliches. Ich bin kein Biologe, aber es klingt logisch.
Bei der Ausrüstung wird von uns eine Summe von bis zu 65% des Neupreises gezahlt, je nach Zustand.
Was die Critter angeht, nun, es gibt keine üblichen Marktpreise für die meisten Exemplare. Herr Nikogo versicherte mir jedoch, dass die Bezahlung angemessen wäre, auch in Anbetracht der Schwierigkeit, die Tiere lebendig abzuliefern. Bitte beachten Sie, dass die Tiere tot für uns wertlos sind."
In jedem der vier Ordner sind zwei Liste zu finden. Die erste zeigt lang und langweilig eine Auflistung von allem, was in diesen Laboren vermisst wird. Eine Inventur.
Die zweite Liste nennt Bezeichnung und Seriennummer der Forschungsobjekte nebst kurzer Beschreibung. Ein flüchtiger Blick zeigt: Ein Großteil sind Critter, nur wenige Gegenstände sind rein materiell. Neue Protesen, eine neue Waffe, anderes "Spielzeug". Ein paar Bio-Prothesen und Klon-Experimente.
Die Daten sind natürlich frei gegeben, und jeder kann sich kopieren, was er braucht. Im Zweifel also alles. Sie sind ebenfalls mit einer Kopiersperre versehen, welche die Daten zerstört, wenn sie nochmals verschoben oder kopiert werden sollen, außerdem mit einem Zeitstempel. Eine Woche ab Kopie.
"Wenn ich raten müsste, würde ich vermuten, dass ein Teil direkt auf dem Neu-Khitrovka verkauft, und ein Teil ins Ausland verschifft wird. Einige der Waren sind ziemlich auffällig, und wir halten weiter unsere Fühler ausgestreckt. Natürlich werde ich neue Erkenntnisse mit Ihnen teilen, wenn Sie mir eine Kontaktnummer geben."
Dann wendet sie sich an Billy:
"Wenn Sie die Möglichkeit haben, oder es eilt, dann ja, über die Grenzen hinweg. Dabei werden wir unser möglichstes Tun, Sie zu unterstützen, Transporte organisieren und ähnliches. Die Fahrerin, die einen Teil von Ihnen vom Scheremetjewo abgeholt hat, arbeitet auch weiter für uns.
Im Grunde erledigen Sie den Job aber auch, indem Sie uns Hinweise zum Aufenthalt mitteilen. Wenn dadurch die Ziele von unseren Kräften gefasst werden können, erhalten Sie zumindest einen hälftigen Abschlag."
Natürlich gibt es weniger Kopfgeld, wenn nicht alle Ziele verfolgt und eliminiert werden. Das müssen sie dann selbst entscheiden, ob es den Mehraufwand wert ist.