Für einen jungen Ork gab es nichts schlimmeres als früh aus den Fängen des Schlafes gerissen zu werden, aber daß gutgebaute Mädchen neben ihm nahm darauf keine Rücksicht. "Verdammt du Penner, du hättest mich wecken müssen, jetzt komm' ich schon wieder zu spät zur Schicht" fluchte sie und sprang aus dem Bett. In fließenden Bewegungen sprang sie in ihre Uniform der privaten Sicherheit der größten Musikhalle in Kiel. Noch einen Kuß auf die Wange des verdatterten Orks gehaucht und mit einem "ich ruf' dich an verließ sie die schäbige Bude.
Der Ork warf einen müden Blick auf die Uhr auf seinem Komgerät, "is doch erst 0800, wat will'n die bloß?". Sich wieder umdrehen und weiterschlafen hatte keinen Sinn, denn die Straße in Gaarden war schon zum Leben erweckt, also sprang er auf und vollführte sein übliches Morgenritual bevor er sich zum Frühstück unten in der 'Bambule' mit seinen Chummers, wie er sie zu nennen pflegte traf.
Mit den Gedanken an die niedliche Schnalle ging er duschen, kalt, denn warmes Wasser gab es hier nicht, aber einen harten Ork störte so etwas nicht. "Das könnt wat ernste werden mit der Süssen" grinste er ich sich hinein. Für ihn lief es auch schon lange, denn seit fünf Monaten waren die beiden ein Paar und er war zum ersten Mal auch monogam.
Ein Blick aus dem Fenster bestätigte seine Vermutung, daß es ein heißer Tag werden wird und so entschied er sich für seine Weste, schließlich war er ja ein harter Runner. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm einen ca. 20 Jahre alten Ork mit hellblauen Augen, ein Überbleibsel aus seiner Kindheit. Seine Hauer waren elfenbeinfarbend und gerade. Sein Gesicht zeigte die orktypischen Merkmale – häßlich ohne Ende, aber zumindest waren beiden Augen auf gleicher Höhe, nicht wie bei Glubschi, einer seiner Orkfreunde. Sein 195cm großer, untersetzter aber kräftiger Körper sah gut aus in der schwarzen Jeans, den Motorradstiefeln und den nackten Oberkörper, den bloß eine Weste zierte.
Die Atmosphäre in der 'Bambulle' entschied sich nicht von denen in anderen Unterschichtkneipen, altes Bier, Exkremente, Erbrochenes und die Ausdünstungen der Gescheiterten lagen in der Luft. Trotz des frühen Morgens war der Schuppen gut besetzt, Frühaufsteher und Überlebende der vergangenen Nacht saßen zusammen und begrüßten den Tag aufs Neue. Hinrich fand seine Freunde auf anhieb und stapfte durch den Laden. Das schummrige Licht, erzeugt durch die mangelnden Beleuchtung und die mittlerweise schwarzen Wände. Keiner wagte es, den finster dreinblickenden Ork anzurempeln oder auch nur zu protestieren, wenn er einen anschupste, weil er im Wege stand.
Am Tisch angekommen, begrüßten sich die vier mit der komplizierten Begrüßungsritual, wie sie es vor Jahren in einem 2D-Film gesehen hatten. "Hey Fischkopp, wat läuft heute" sprach Hinrich den Ältesten an. "Friese, wir wollen heute nach Hamburg, dort soll ne neue Lieferung Filme ankommen, mal sehen ob ein oder zwei vom Laster fallen, willste mit?" Hinrich hatte aber keine Lust und wollte lieber in Kiel bleiben, sein Gefühl riet ihm dazu.
Nach mehreren Stunden ausgiebiges Frühstück für Werftarbeiter verließ Hinrich leicht taummelnd die Kneipe und schleppte sich zu seinem Wagen, sein ganzer Stolz. Er fuhr Richtung Californien zu den Stränden, die so gestaltet waren, wie der Venice-Beach aus dem 20. Jahrhundert. Hier setzte er sich er in ein Cafè und genoß die Wärme auf seinem Bauch. Es war wie im Paradies, nur die Blicke einiger Menschen störte ihn, auch jetzt noch hatten sich viele noch nicht an die Metamenschheit gewöhnt. Aber wie so oft, keiner kam ihm zu nahe, was ihm momentan ganz recht war. Er genoß auch den Anblick der kräftigen Orks und Trolle, die unter dem freien Himmel trainierten. Noch mehr aber genoß er den Anblick der mehr oder weniger bekleideten weiblichen Bevölkerung, er machte keine rassischen Unterschiede, wenn die Mädels gut gebaut waren. Er beschloß mit den anderen zu trainieren und ein wenig zu schwitzen.
Die Stunden verflogen, die Stimmung war gut, das Wetter ebenfalls. Seinen müden Körper in den BMW zwängend fuhr er nach Hause, nicht in seine Bleibe in Gaarden. Duschen, diesmal mit Warmwasser, und etwas Essen waren seine Beschäftigung der nächsten Stunde. "Wat nun, sprach Odin" dachte er und überlegte, was er diesen Abend machen konnte. Er rief seine Chummers an, keiner hatte Zeit. Arbeit, Ehefrauen oder das heutige Combat-Bike-Spiel waren die Ausreden. Letzteres ließ Hinrich als Ausrede durchgehen. Sein Handy einpackend stolzierte er aus der Wohnung und verließ Klausbrook Richtung Zentrum. Sein Ziel war die Sportbar im Redlightbezirk. Da würde heute die Hölle los sein und richtig, war die Hölle. Voll wie eine Ölsadinendose und heiß, wie Mercuriell war die Bar genau das, was Hinrich jetzt brauchte. Er wollte gerade tief Luft holen und sich durchkämpfen, als sein Handy klingelte. Knurrig meldete er sich:"Mach hinne, hab' keene Tied, wat gibs?"
Der Friese