Beiträge von Dschinn

    Wenn in Neo-Tokyo alle Kellner so schnell sind, haben wir ja schlechte Karten... :|


    Wenn Arashi den Eindruck hätte, dass das Glas ihn treffen könnte, dann würde er eine schnelle Ausweichbewegung machen (INT + REA = 12W6 => 6 Erfolge). Hättest Du eine Überraschungsprobe machen wollen?


    Dann läuft er (Freie Handlung) auf die nächstgelegene Seite des Tresens zu (die sollte max. so ca. 10-12 Meter entfernt sein), geht an der Tresenseite in Deckung (Einfache Handlung) und schießt mit dem Krime Tingler (Einfache Handlung) hinter dem Tresen auf Suheimi (GES + Pistolen (Halbautomatik) = 17 +2 (Smartgun) -2 (Laufen) = 17W6 => 2 Erfolge). 2 Erfolge?! Gibt's ja gar nicht... ?(

    Scar, Deine Elfe hat eine natürliche Restlichtverstärkung, keine IR-Sicht. Natürliche IR-Sicht (bei Zwergen und Trollen) würde auch nicht ab- und angeschaltet werden können, sondern überlagert die normale Sicht.

    Unmittelbar vor dem Ende des Ganges blieb Arashi stehen und drehte sich mit dem ganzem Körper in einer absolut präzisen Vierteldrehung nach links. Der Taser blieb während der Bewegung ununterbrochen im Anschlag, die Mündung nun nur noch fünf Zentimeter von der Wand entfernt. „Ein perfekter Abstand zur Deckung“, dachte er. „Vielleicht übertreibe ich es ein bisschen. Für einen Kellner ist das doch eigentlich zu viel des Guten.“             


    Dennoch lehnte er sich eher vorsichtig nach rechts, um nur die Mündung des Tinglers und sein rechtes Auge aus der Deckung zu bewegen. Seinen erstklassigen Cyberaugen reichte die halbdunkle Beleuchtung völlig aus, um mit dem Restlichtverstärker den Raum taghell zu erleuchten.

    Mit einer präzisen Bewegung zupfte Arashi das Datenkabel aus der gehackten Kamera und hüpfte elegant vom Geländer auf die Treppenplattform. Er landete unmittelbar neben Red, die noch vor der, nun unverschlossenen, Tür kauerte und gerade das Magschlossgehäuse wieder provisorisch befestigte.


    <Ich gehe zuerst rein>, verkündete er selbstsicher. Mit einem mentalen Befehl aktivierte Arashi seinen Reflexbooster. Dank einer genetischen Anpassung war dieser schon einen Wimpernschlag später aktiv und sandte einen Schauer elektrischer Impulse durch seine Nervenbahnen. Adrenalin schoss durch seine Adern. Und die Welt verlangsamte sich.


    Blitzschnell zog er den einschüchternd großen Taser von seinem Oberschenkel, der Geckogriff löste sich nahezu ohne Verzögerung, und er ging unwillkürlich sofort in Anschlag. Sein hevorragend trainiertes Mindset schaltete von orange auf rot. Viele Stadtkrieger wurden darauf getrimmt, ihre Umgebung in Gefahrenstufen einzugruppieren und taten dies irgendwann automatisch. Dadurch war es schwer, sie zu überraschen. Der Versuch führte nur dazu, dass Arashi sofort handelte, während seine Gegner zögerten. Sein Vater war ein strenger Verfechter dieser Trainingsmethode gewesen und hatte ihm das Konzept schon als Kind vermittelt.


    Mit der linken Hand drückte er ohne Zögern die Tür auf und schob sich hindurch. Das leuchtendblaue Fadenkreuz des Smartlinks suchte dabei bereits nach einem Ziel. <Gebt mir bitte Deckung und checkt die Blickrichtung, in die ich nicht zuerst schaue>, sendete er noch.

    Arashi erreichte den verlassenen Hinterhof und erfasste sofort die Position und Ausrichtung der Überwachungskamera. <Sanro-kai, macht euch bitte bereit, eine nur temporär bestehende Direktverbindung zur Kamera zu nutzen, um sie mit einer Endlosschleife zu überschreiben.>


    Er griff die nachtschwarze, ballistische Maske aus dem Rucksack, setzte sie routiniert auf und nahm dann noch einen zweischüssigen Taser vom Typ ‚Krime Tingler‘ heraus und befestigte diesen mit der Geckofunktion an seinem rechten Oberschenkel. Schließlich schlang er sich den kaum noch spürbaren Rucksack wieder über die Schultern.


    Nun atmete er noch einmal tief ein. Dann wieder aus. Spannte für einen Moment die Muskeln an und lief dann mit schnellen, weit ausholenden Schritten auf die alte Ziegelsteinmauer zu. Direkt unter der Kamera sprang er kraftvoll nach oben und nutze kleinste Mauerunebenheiten der senkrechten Wand, um sich mit blitzschnellem Abstoßen der Füße noch weiter nach oben zu katapultieren. Ohne Schwierigkeit erreichte er mit der rechten Hand die stählerne Halterung des Kameragehäuses und hielt sich fest, während er den rechten Kampfstiefel auf das Geländer der Treppenplattform setzte. Mit dem linken Fuß stützte er sich an der Wand ab. Arashi grinste, unsichtbar unter der militärischen Maske. „Ich bin wohl doch nicht völlig außer Form, Schwesterherz.“


    Er griff mit der freien Linken nach seinem rechten Handgelenk. Dort trug er ein geflochtenes Armband aus grünen und orangen Lederschnüren, aus welchem er das dünne Kabel einer Datenwanze herauszog und am, wenige Zentimeter von seinem Handgelenk entfernten, Universalport der Überwachungskamera befestigte. <Jetzt, Sanro-kai!> Arashi öffnete eine Datenverbindung für ihren Teamhacker und ermöglichte den Zugriff auf seine Datenwanze.

    <Check, Hachidori-san. Red, kannst du nach hinten kommen und die Tür öffnen, oder soll ich mich daran versuchen?> Arashi zog hauchdünne, aber sogar gegen Monofilament noch schnittfeste, Kletterhandschuhe aus einer Seitentasche des Argentum und streifte sie im Gehen über. <Ich beherrsche allerdings nur die absoluten Grundzüge.> Er ließ den kleinen Rucksack von den Schultern gleiten und tastete nach der darin verstauten ballistischen Maske und dem ebenso darin befindlichen schweren Taser, zog beide aber noch nicht heraus.


    <Hachidori-san, gebt ihr mir Deckung?> Sein Vitalmonitor meldete ein leichtes Ansteigen von Herzschlag und Puls, als er sich dem hinteren Eingang des ‚Rainbow Dancer‘ näherte. Er begann bewusst langsamer zu atmen, um die Pulsfrequenz konstant zu halten.

    <Hai, das denke ich auch, Hachidori-san>, erwiderte Arashi ruhig, als die von Sanro-kai markierten Kommlinks in ihrem Netzwerk erschienen. <Treffen wir uns dort?> Er bog ab und schlenderte in Richtung des rückwärtigen Eingangs. Er beäugte das Icon des Mitarbeiter-Kommlinks misstrauisch. <Was ist ihre Meinung, sollen wir einbrechen und die anwesende Person gegebenenfalls überwältigen, oder versuchen wir es mit Überredungskunst?>

    Arashi nahm mit einem leisen „Arigato“ die dampfende Nudelbox entgegen und griff sich zwei Wegwerfstäbchen von einem, auf der Theke bereitstehenden, Tablett aus Bambusimitat. Er tippte auf das ‚Bezahlen‘-ARO und sein Kommlink überwies den geringen Betrag. Dabei widmete er den beiden langsam davonrollenden Go-Gangern noch einen nachdenklichen Blick, bevor er sich vorsichtig einen Bissen gebratene Nudeln in den Mund schob. Durch seine mit Biowarefasern durchzogene, und auf extreme Geschicklichkeit ausgelegte, Muskulatur erschien die nicht gerade einfache Handhabung der Stäbchen in Arashis Händen geradezu widernatürlich elegant.


    Die Schärfe der ausgezeichneten Würzmischung trieb ihm beinahe die Tränen in die Augen. „Nicht schlecht!“, dachte er überrascht. Anerkennend hob er eine Augenbraue und nickte dem alten Koch mit dem runzligen Gesicht beeindruckt zu. Sein Orientierungssystem zeigte ihm währenddessen, dass sich seine attraktive, rothaarige Teamkollegin außerhalb seines Sichtbereichs bereits ein ganzes Stück entfernt hatte. Auch Hachidoris Icon begann sich hinter seinem Rücken in Reds grobe Richtung zu bewegen. Plötzlich hungrig, stopfte er sich gleich noch ein Stück Soyhühnchen in den Mund, während er unter der Überdachung hervor auf die schmale Straße trat und Red mit langsamen Schritten folgte.

    <Meine Spezialgebiete sind Feuerkampf und Taktik>, gab Arashi zurück, während er beiläufig ein verblichenes Schild betrachtete, das überschwänglich mit dem Kanji für ‚Speisekarte‘ beschriftet war.


    <Ich stimme ihnen zu, Hachidori-san. Wir wissen nicht, wer noch an der Sache beteiligt ist und uns vielleicht zuvorkommen möchte. Lassen wir uns also nicht zu viel Zeit.> Er näherte sich der Theke und bestellte eine Box-to-Go mit gebratenen Nudeln und Soyhühnchen. <Red, wenn ich deinen Aufgabenbereich richtig interpretiere, bist du der Scout? Wenn niemand etwas dagegen hat, schlage ich vor, dass du zuerst aufbrichst, am Zielobjekt vorbeigehst und nach einem schnellen Weg für einen unbemerkten Einstieg suchst. Wir folgen dir in ausreichendem Abstand.> Mit desinteressiertem Gesichtsausdruck sah er sich aufmerksam um, während er auf seine Nudelbox wartete.


    <Ach, Sanro-kai?>, fiel ihm noch ein. <Könnten sie sich bereits Zugriff auf die äußeren Überwachungskameras verschaffen und diese im richtigen Augenblick lahmlegen? Wenn sie beim Hacken der Geräte feststellen, dass auch in der Bar Überwachungsgeräte vorhanden sind, wäre es perfekt, wenn wir diese nutzen könnten.> Er überlegte einen Moment. <Und wenn sich dabei Aufnahmen vom Tod unserer Zielperson finden würden, wäre wohl unser Glückstag.>

    Der metallicschwarze BMW 400 GT schlängelte sich elegant durch den dichten Verkehr. Arashis vercyberte Reflexe ermöglichten es ihm, selbst kleine Lücken zwischen den dahinströmenden Fahrzeugen für schnelle Spurwechsel zu nutzen. Sein integrales Orientierungssystem zeichnete die jeweils empfohlene Fahrspur als leuchtendgrünen Richtungsanzeiger in seinem Blickfeld auf den Asphalt. Das Navigationssystem des Autos hatte er noch nie benutzt. Viel zu langsam. Der Richtungspfeil zeigte nach links in eine schmale Einbahnstraße. Noch 152 Meter bis zum Ziel. Er bog ab.


    Die enge Fahrbahn wurde auf der linken Seite von einem nicht besonders breiten Gehweg gesäumt, rechts parkten scheinbar lückenlos Autos parallel zur Straße. Sechs Fahrzeuge weiter zoomten seine Cyberaugen eine der seltenen Parklücken heran. „Ja!“, dachte er begeistert und lenkte die Sportlimousine auf die Parkfläche. Schnell griff er sich einen kleinen, anthrazitfarbenen Rucksack vom Beifahrersitz und stieg aus. Mit drei schnellen Schritten überquerte er die kaum befahrene Einbahnstraße und trat auf den Gehweg. Für einen Moment blieb er stehen, klickte gedanklich auf den, schon auf halber Strecke angenommenen, Marker des mit ‚Akai Chimu‘ beschrifteten Netzwerks. <Ich bin Arashi. ETA, eine Minute>, sendete er und schlang sich den, bei jungen Konzernangehörigen gerade sehr angesagten, Rucksack über die Schultern, während er mit zügigen Schritten durch eine rechtwinklig abzweigende, und Fußgängern vorbehaltene, Straße dem Treffpunkt zustrebte.


    Während des Gehens rückte er das am linken Handgelenk getragene blaue Armband seines Blue Defender Kommlinks von Mitsuhama zurecht. Ein kleines AR-Statusfenster zeigte ihm kurz, dass es schier mit Werbe-Spams überflutet wurde. Kein Problem. Sein integrales Fairlight-Kommlink lief permanent auf Schleichfahrt und schützte seine wichtigen Geräte. Der Spam fand es gar nicht erst.


    Wenige Augenblicke später trat er unter die Überdachung der schäbigen Nudelbude. Arashi blieb stehen und sah sich ruhig um. Seine AR markierte zwei Personen als Teammitglieder. <Hallo>, subvokalisierte er.

    <Ich verstehe, Takashi-chan>, erwiderte Arashi ruhig. <Sendest Du mir bitte noch Informationen zur Kontaktaufnahme mit den Teammitgliedern, bis ich in Roppongi eintreffe? Ich mache mich gleich auf den Weg. Saikai.*> Er beendete das Gespräch und sein Kommlink blendete das Anrufdisplay aus. Das kam überraschend. Nach der für ihn scheinbar endlosen Zeit ohne Arbeit in den Schatten war er sogar einen Hauch aufgeregt. Er atmete tief und bedächtig ein und wieder aus. „Also gut.“


    Das bedrohliche Grollen des sich nähernden Motorrads war auch über den Hintergrundgeräuschen des starken Verkehrs der sechsspurigen Straße schon von weitem zu hören. Arashi drehte der hellen Fassade in Marmoroptik den Rücken zu, in welcher sich das exklusive Fitness-Zentrum befand, das er gerade betreten wollte.


    Die in gelbem Metalliclack und Chrom glänzende Suzuki Hayabusa X schlängelte sich fließend durch die nur stockend vorankommenden Autos und stoppte unmittelbar vor ihm auf dem schmalen Parkstreifen. Naomi setzte einen kleinen Fuß auf den Bürgersteig. Ihre schlanken Beine waren in eng anliegende, kanariengelbe Chinohosen gehüllt. Sogar die dazu passenden Sneakers waren farblich auf das wuchtige Motorrad abgestimmt, bemerkte Arashi. Sie lächelte ihn mit einem warmen Blick aus jadegrünen Augen an, während sie sich die langen, nachtschwarzen Haare über der rechten Schulter zurechtlegte.


    „Hey“. Er lächelte zurück. „Schicke Jacke.“ Naomi glitt elegant von der schweren Maschine und umarmte ihren älteren Bruder fest. „Ein Kompliment“, staunte sie übertrieben und strich sich dabei den dezent gepanzerten, taillierten und mit gelben Ziersäumen versehenen, schwarzen Blazer glatt. „Du möchtest mir doch nur die blauen Flecken versüßen, die Du mir beim Training verpassen wirst.“


    Seit Arashi vor acht Wochen mit Jinx auf einem Containerschiff in Neo-Tokyo angekommen war, hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht seine Schwester in Aikido und einigen Parcourstechniken zu unterrichten. Nicht, dass sie hilflos gewesen wäre, aber er war der Ansicht, dass man nie austrainiert genug sein konnte. Naomi arbeitete neben ihrem Studium an der Universität von Tokyo als Personal-Trainerin in dem hochpreisigen Fitness-Zentrum im Bezirk Shibuya, das die untersten fünf Stockwerke des fünfzehnstöckigen Hochhauses vereinnahmte, vor welchem sie gerade standen. Zumeist trainierten sie dort in einem großzügigen, mit durchsichtigen Shoji-Wänden abgegrenzten, Studioraum. Die starrenden Blicke der vorbeikommenden Kunden, wenn sie komplizierte Schlagfolgen austauschten, mit übermenschlicher Geschwindigkeit auswichen und anspruchsvolle Griffe ansetzten, waren unbezahlbar. Aber zugegeben, manchmal trug Naomi tatsächlich auch einmal einen blauen Fleck davon.


    „Mir ist etwas dazwischengekommen“, sagte er unvermittelt. „Ich habe einen kurzfristigen Job. Takashi stellt früher als gedacht ein Team zusammen.“ Sie schaute ihn ernst an. Sie war besorgt. Er sah es in ihren Augen. „Du weißt, ich laufe schon einige Jahre in den Schatten. Das kann ich gut, keine Sorge“, fügte er weich hinzu. Sie drehten sich gemeinsam zum Eingang des Zentrums um und legten die wenigen Schritte bis zur Tür schweigend zurück. Bevor sie in den Erfassungsbereich des Türsensors gelangten, sagte er noch: „Wir sind eben für den Kampf geschaffen. Das ist es, was ich am besten kann.“ Er zuckte mit den Schultern. Naomi seufzte. „Schon gut. Pass nur auf dich auf.“ Sie sah ihn an und verzog spöttisch den Mundwinkel. „Zum Glück konnten wir die letzten Wochen trainieren, damit du wenigstens ein bisschen in Form bist.“ Der Sensor erfasste sie und die zweiflügelige Tür öffnete sich. „Melde Dich bald, so ka?“ Er nickte bestätigend. Naomi drehte sich um und betrat das Gebäude. Nun seufzte auch Arashi und wandte sich seinem nur einige Meter entfernt geparkten BMW 400 GT zu.


    * japanisch „Wiedersehen“

    #the guardian


    Wenig überraschend führte sie der Weg nach Minato. Dort in einem großen Geschäftshaus befindet sich eine ausgedehnte Mall. Darin ein kleines japanisches Teehaus, welches von Teeliebhabern sehr geschätzt wird, da es nicht nur exotische Teesorten sondern auch liebevoll verzierte kleine Kuchen serviert. Außerdem ist es der bevorzugte Treffpunkt von Takashi "Kage" Arasaka.


    Takashi gilt als ausgezeichnet vernetzter Schieber hier in Neo Tokyo. Spezialisiert ist er dabei auf die Vermittlung von "besonderem Personal für besondere Aufträgen." Was allgemein als Shadowrun bekannt ist wird hier in Japan oft the Gaijin's Game genannt. Dies rührt daher, weil Gaijin (Ausländer) diese Art von Jobs erledigen können, ohne von in Japan so tief verwurzelten Traditionen wie Ehre, Giri und das Gesicht zu wahren auseinander setzen zu müssen. So ist es nicht verwunderlich, dass Personen die talentierte Leute für solch speziellen Arbeiten kennen sehr gesucht sind und in der Regel auch sehr gut bezahlt werden.

    Kage-sans Kundenkreis besteht nicht nur aus den üblichen einheimischen Auftraggebern, sondern deckt auch internationales Klientel, welches hier in der Greater Tokyo Metropolitan Area, ihre Interessen durchsetzen und erfolgreich operieren wollen.


    Als Arashi das Teehaus betritt wird er sofort von der Dame des Hauses freundlichst begrüßt. Er gehört zwar nicht unbedingt zu den Stammgästen, war aber schon oft genug hier um wie einer behandelt zu werden. Höflich bittet sie ihn in den inneren Teil des kleinen Teehauses zu treten, welches liebevoll mit vielen Pflanzen und Shoji-Wänden, ganz im traditionellen japanischen Stil eingerichtet ist. Der Duft von frischem Backwerk und feinsten Teesorten umschmeicheln den Geruchsinn und die dezente, unauffällige Beleuchtung geben dem Ganzen eine Heimelige Note.


    Wie nicht anders zu erwarten sitzt Takashi in seiner bevorzugten Nische, Diese ist nur von den benachbarten Tischen einsehbar, welche wie immer von zwei Herren in dunklen Anzügen besetzt sind, Takashi's Leibwächter.

    Takashi selbst ist ein großer, kräftig gebauter, Man würde ihn auf Anfang 30 schätzen, auch wenn seine kurzen nachtschwarzen Haare bereits ein paar graue Strähnen zeigen. Sein moderner Anzug spiegelt seine Arbeitsphilosophie wieder. Ein respektvoller Umgang mit seinen Kunden ganz egal ob es sich dabei jetzt um Auftraggeber oder Auftragnehmer handelt. Offen für Neues und doch der Tradition verhaftet , ohne die, bei Japanern manchmal übertrieben ausgeprägt Förmlichkeit, überzustrapazieren.


    Als er Arashi eintreten sieht erhebt er sich und empfängt ihn freundlich.


    "Arashi-chan, mein Freund. Ich freue mich dich zu sehen. Wie geht es dir?" Er verbeugt sich und bietet Arashi einen Platz an.

    "Bitte, nimm doch Platz. Möchtest du Tee?" Sie nehmen Platz und Takashi nickt kurz der Bedienung zu damit diese Arashis Bestellung entgegen nimmt.

    Während sie warten, tauschen beide Höflichkeiten aus. "Wie geht es der Schwester? Ich hoffe sie ist wohlauf, ja?"

    Nachdem der Tee gebracht wurde und der Etiquette des höflichen Gespräches Genüge getan wurde, kommt Takashi zum Grund der heutigen Einladung. Arashi weiß, dass sie durch die beiden Bodyguards und den unauffällig, im Mobiliar verbauten, erstklassigen White Noise Generator hier ungestört über geschäftliche Dinge sprechen können.


    "Arashi-chan. Du bist jetzt schon einige Zeit hier in Neo Tokyo und wir haben auch schon des Öfteren miteinander geschäftlich zu tun gehabt. Du weißt welche Kunden ich vertrete und ich weiß mittlerweile über welche Talente du verfügst. Aus diesem Grund möchte ich dir eine Gelegenheit anbieten. Ich vertrete seit neuestem ein internationales Konsortium, welches hier in Neo Tokyo einige Projekte umsetzen will und dafür ist es notwendig ein neues Team zusammenzustellen. Was hältst du davon?"



    #Dschinn


    „Ich freue mich, dass wir uns treffen, Takashi-chan“, antwortete Arashi entspannt und blickte dann auf das vor ihm, auf einem kleinen Porzellanteller, angerichtete Küchlein. Genüsslich biss er ein kleines Stück des liebevoll mit Marzipan verzierten Konditorenkunstwerks ab. Köstlich. „Naomi geht es gut. Und sie macht große Fortschritte im Aikido-Training“, fügte er noch mit einem Lächeln hinzu. Nach einem weiteren Moment angenehmen Schweigens und einem Schluck echten Schokominz-Tees beugte er sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab. „Ich habe großes Interesse an einer neuen Aufgabe. Um was geht es?“



    #the guardian


    In Ruhe nimmt Kage einen Schluck von seinem Tee bevor er fortfährt.


    "Nun. Scheinbar gibt es einen neuen Player hier in Neo Tokyo. Ich habe den Auftrag für ihn ein Team zusammenzustellen. Genaueres ist mir selbst noch nicht bekannt, aber es gibt immer die Möglichkeit abzulehnen. Und die Bezahlung ist gut. Wenn du einwilligst, werden wir ein Teamtreffen arrangieren."



    #Dschinn


    Arashi musste nicht lange nachdenken. Er war bereit für eine neue Aufgabe. Auf jeden Fall. Entschlossen nickte er Kage zu. „Wann soll es losgehen?“


    Dann nahm er einen weiteren Schluck des würzigen Tees. „Ehrlich gesagt, mir fehlt nicht nur die Beschäftigung. Ich kann auch die Nuyen gut gebrauchen. Mich hier zu etablieren, war teuer. Ich muss noch einige Schulden tilgen“, ergänzte er erklärend.



    #the guardian


    Kage-sans Lächeln könnte man fast als wohl wissend interpretieren. Nur zu gut scheint er zu wissen welche Kosten und Mühen Arashi auf sich genommen hat um hier in Neo Tokyo Fuss fassen zu können.

    "Nun gut. Dann wäre dies geklärt. Es freut mich, dass du dich so entschieden habt. Weitere Informationen folgen"


    Sie plaudern noch ein wenig über die Familie, Sport und die neuesten Weltnachrichten, bis es für Kage-san es Zeit ist sich zu verabschieden. Es gibt noch viele Sachen zu erledigen und Leute zu treffen.


    "Jya, Genki de ne. Und richte deiner Schwester meine Grüße aus." Mit diesen Worten und einer leichten Verbeugung verabschiedet sich Kage-san und verlässt dann, gefolgt von seinen beiden Leibwächtern das Teehaus.


    Sofort erscheint eine der angestellten Damen und fragt Arashi höflich ob er noch einen Wunsch habe.



    #Dschinn


    Arashi bestellte ein weiteres Kännchen des vorzüglichen Schokominz-Tees bei der traditionell geschminkten Teedame. Er verweilte noch eine Zeitlang allein in der ruhigen Nische, verfolgte in mehreren AR-Fenstern die aktuellen Nachrichten und genoß das heiße Getränk. Er freute sich schon auf den vor ihm liegenden Shadowrun.

    #the guardian


    Eine Woche zuvor.


    Arashi kommt gerade von seinem Training nach Hause als sein Commlink läutet. Das Ikon zeigt eine unbekannte Nummer, aber dies ist nicht weiter verwunderlich, da viele Personen in Business es vorziehen ihre Nummern oft zu wechseln. Nachdem seine Analysesoftware grünes Licht signalisiert hebt er ab und die zarte Gestalt von Mikiyu, der Sekretärin von Takeshi-san, materialisiert sich mit einem strahlenden Lächeln in seinem Display.


    "Ohaiyou Gozaimasu, Arashi-san. Es freut mich Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?"


    "Takashi-san würde Sie heute Nachmittag gerne zum Tee treffen. Wäre dies möglich?"


    #falls möglich


    "Wie erfreulich. Ich schicke einen Wagen zu der mir bekannten Adresse. Domo Arigatou. Auf Wiedersehen."


    Zum vereinbarten Zeitpunkt kommt eine Limousine um Arashi abzuholen. Die Limousine ist nicht besonders protzig. Sie ist zweckmäßig, neutral und unauffällig gepanzert, Arashi hat Takashi-san schon des Öfteren mit dieser Limousine gesehen. Der Fahrer steigt aus und öffnet mit einer Verbeugung die hintere Türe für Arashi.

    Nachdem dieser eingestiegen ist, fährt die Limousine los. Die Verblendung zum Fahrer ist geschlossen und schenkt Arashi ein wenig Privatsphäre während sie sich ihrem Ziel nähert.



    #Dschinn


    „Ohayu Gozaimasu, Mikiyu-san“, erwiderte Arashi mit einem Lächeln. „Ich freue mich von Ihnen zu hören. Ich hoffe Ihnen geht es auch gut? Bitte richten Sie Takashi-chan aus, dass ich mich gerne mit ihm treffe. Domo Arigatou, Mikiyu-san.“ Er verbeugte sich leicht und beendete das Gespräch.


    Etwas später legte Arashi frisch geduscht sein modulares Holstersystems aus einem strapazierfähigen, schwarzen Kelvar-Nylon-Gemisch an. Der perfekt ausbalancierte Colt Manhunter mit aufgesetztem, kurzem Schalldämpfer fand seinen gewohnten Platz unter der linken Achsel, das angepasste Griffstück nach vorn gerichtet. Unter der rechten Achsel prüfte er, ob die Ersatzmagazine und das nützliche Multitool sicher verstaut waren. Auf der rechten Leiste steckte er die gefährliche Ares Viper Slivergun in das nach links gerichtete Schnellzieh-Tarnholster und rückte den Griff schräg nach oben, optimal für das Ziehen mit der linken Hand. Schließlich schob er noch die handliche und leichte Colt America L36 in ein weiteres Schnellzieh-Holster waagerecht auf seinem Rücken. Das Griffstück richtete er nach rechts. Bewaffnung, check. Schließlich prüfte er schnell die Funktionalität der hellgrauen Unterarmschützer aus Dermaplast, beide vollgestopft mit modernster Gefechtselektronik, legte sie routiniert an, verband sie mit seinem integralen Kommlink und zog den Mantel darüber. Fertig. Er blickte in den Spiegel seines kompakten Wandschranks. Nichts mehr zu erkennen. „Dann kann es ja losgehen“, dachte er gut gelaunt, verließ die Wohnung und machte sich auf, im Treppenhaus entlang der glattgeschliffenen Betonwände mit federnden Schritten, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die 21 Stockwerke bis zur Straße abwärts zu laufen.


    Im Erdgeschoß angelangt, trat Arashi in die einfach gestaltete, aber liebevoll mit Pflanzen dekorierte, Lobby des Wohnhauses. Hinter dem geschwungenen Tresen in heller Birkenholzoptik standen zwei Wachleute in der schlichten, dunkelblauen Uniform von Fushida Security, einem mittelständischen Sicherheitsunternehmen. Beide trugen einen Yamaha Pulsar Taser in einem Holster an der rechten Hüfte und links einen Betäubungsschlagstock, wie Arashi sofort erkannte. Für die Megakons war die Bewachung von vergleichsweise kleinen Wohngebäuden eher uninteressant, der einzige Grund, weshalb kleine Dienstleister wie Fushida bestehen konnten.


    Die beiden verbeugten sich grüßend. „Konnichi wa, Hinamori-san“, sagte der augenscheinlich führende Wachmann. Und meinte damit Arashi, der seine Wohnung mit einer falschen japanischen SIN unter dem Namen ‚Kazuya Hinamori‘ registriert hatte. Gushiken, las Arashi auf dem Namensschild der akkuraten Uniformjacke des kleinen Japaners. Die glatten schwarzen Haare trug er zu einem traditionellen Samurai-Knoten gebunden.


    „Konnichi wa“, erwiderte Arashi und verbeugte sich leicht aus der Hüfte. Sein Gegenüber lächelte japanisch höflich und unverbindlich, der Ausdruck in seinen Augen änderte sich aber nicht. Arashi schloss daraus, dass der Japaner nicht über ausreichende Kampferfahrung verfügte, um ihn als gefährlich einzustufen.


    Für seinen Partner galt das nicht. Taylor, so stand auf seiner gestärkten Uniformbrust, ein großgewachsener, junger Mann westlicher Abstammung mit kurzgeschorenen, blonden Haaren und modisch gestutztem Vollbart, hatte die Augen eines Veteranen. Sein aufmerksamer Blick verriet, dass er Arashis Gefahrenpotential sehr gut einschätzen konnte. Sie sahen sich für einen Wimpernschlag in die Augen, von einem Krieger zum anderen. Es war aber nicht überraschend, fand Arashi, dass der japanische Wachmann das Sagen hatte, obwohl der jüngere Taylor deutlich kompetenter erschien. Bei der Vergabe von Führungspositionen zogen die Japaner Einheimische eben immer vor. Arashi nickte Taylor noch unmerklich zu, bevor er mit lockeren Schritten die Lobby durchquerte.


    Kaum war er aus dem großzügigen Eingangsbereich auf die belebte Straße getreten, stoppte auch schon Takashis Limousine unmittelbar vor ihm. Er nickte dem Fahrer, einem unauffälligen Japaner in einem schlichten, schwarzen Anzug, freundlich zu und stieg durch die aufgehaltene Tür in den Fond des Wagens. Die Tür schloss sich, der Fahrer stieg ebenfalls ein und ließ die schicke Limousine leise anrollen. Arashi steckte sich beiläufig ein Betel-Kaugummi in den Mund, genoss die durch den enthaltenen Wirkstoff eintretende Schärfung seiner Wahrnehmung und erfreute sich an der gemütlichen Fahrt.

    Das Magschloss klickte leise. Arashi drückte die Gittertür der Feuertreppe lässig auf und trat in den breiten Korridor, der zu den Toiletten der angesagten Cocktailbar ‚Imperial‘ führte. Da er nur zwei Stockwerke über die besagte Treppe und das Dach eines weiteren Gebäudes von seiner kleinen, aber ansprechenden Wohnung im 21. Stockwerk eines gepflegten Wohnhauses entfernt war, fühlte er sich sicher genug, um nur in Jeans und T-Shirt auszugehen. Die Kleidung war allerdings leicht gepanzert. Natürlich. Und unter dem dunkelgrauen Shirt von S-K-Puma, das über einer stilisierten, springenden Raubkatze stilecht den Saeder-Krupp-Schriftzug in silbernen Lettern trug, verbarg sich eine Colt America L36 in einem Schnellzieh-Tarnhalfter auf seinem Rücken. Er wollte sein Sicherheitsgefühl nicht überstrapazieren. Die extrem modifizierte leichte Pistole war aber klein genug, um nicht aufzutragen und in seinen Händen dennoch eine tödliche Bedrohung.


    Er bog in die, den Toiletten entgegengesetzte, Richtung ab und befand sich nach wenigen Metern und einer Korridorbiegung im rückwärtigen Bereich der Bar nahe des langen Tresens in edler Kirschbaumoptik. Hinter diesem stand der übliche Barkeeper, ein drahtiger Koreaner mit hochgestylten blauen Haaren und eisblauen Cyberaugen. Ansonsten herrschte in dem großzügigen und liebevoll dekorierten Gastraum gähnende Leere. Sie nickten sich grüßend zu, während Arashi auf die weit geöffnete, doppelflügelige Glastür zuging, die zum Außenbereich führte.


    Auch auf der weitläufigen Dachterrasse des ‚Imperial‘ war es ruhig. Nur wenige Tische waren besetzt. Es war aber auch gerade erst dunkel geworden. 18.39 Uhr gab die Zeitanzeige am Rand seines Blickfelds an. Für die langen Arbeitstage der Lohnsklaven war es einfach noch zu früh. Auf der halbhoch gemauerten Brüstung verlief ringsum eine zwei Meter hohe Wand aus stabilem Plastglas, die dafür sorgte, dass es trotz der Höhe angenehm windstill war. Schließlich befanden sie sich im 22. Stockwerk. Die transparente Front bot zudem einen beeindruckenden Ausblick auf die von unzähligen bunten Lichtern erhellte Skyline des Metroplexes. Atemberaubend.


    Arashi ließ sich an einem abgelegenen Tisch nieder, von dem aus er den Barbereich gerade noch aus dem Augenwinkel beobachten konnte, aber auch einen guten Blick auf das scheunentorgroße ARO hatte, das sich über nahezu die gesamte Terrassenbreite zog. Die virtuelle Leinwand schien über dem Abgrund zu schweben und zeigte im Breitbildformat ein laufendes Urban-Brawl-Match. Bedingt durch die Zeitverschiebung wurden nordamerikanische Spiele im Japanischen Kaiserreich meist vier Stunden verzögert gestreamt. Tacoma Wings gegen Portland Paladines im dritten Spielviertel, erkannte Arashi sofort. Er scrollte schnell durch die AR-basierte Cocktailkarte, die auf den Tisch projiziert wurde, bestellte einen Mai Tai und klinkte sich mit seinem implantierten Kommlink in den Audiofeed des Spiels ein.


    Um die Torzone der Wings war ein hitziges Feuergefecht entbrannt, das die meisten Spieler beider Teams in einem wilden Geballer band. Der japanisch sprechende Kommentator versorgte die Zuschauer in einem unaufhörlichen Redeschwall mit Details wie Trefferquoten und Chancen. Mit einem schnellen Schnitt wechselte die Sicht des Kommentators schlagartig zu einer verlassenen Straße, auf der in einiger Entfernung der vier Meter durchmessende Kreis der Torzone Portlands zu sehen war. Das Gelände lag offenbar in den Barrens von Seattle und war wohl schon seit Längerem verlassen, wie die leeren Fensteröffnungen, die auf der Straße verteilten Trümmer und das sich durch den Beton kämpfende Unkraut, verrieten. Unvermittelt sprang aus einem nahe gelegenen Fenster ein schlanker Elf in den Farben der Tacoma Wings auf die Straße und poste für einen Moment arrogant in die Kamera. Orlando Oakhart. Der Kamerarigger ließ es sich natürlich nicht nehmen, das Gesicht des fotogenen Wings-Spielers im Großformat heranzuzoomen.


    Arashi schreckte zurück. „Verdammter Mistkerl!“, platzte es aus ihm heraus, als er so plötzlich und unerwartet mit der metergroßen Nahaufnahme seines ehemaligen Teamkollegen und Widersachers konfrontiert wurde. Der soeben an seinem Tisch aufgetauchte, und von Arashis Ausbruch ebenfalls erschrockene, Kellner, hatte alle Mühe den bestellten Mai Tai nicht zu verschütten. Hastig stellte er das Glas vor Arashi auf den Tisch und verschwand eilig aus seinem Blickfeld.


    Der unsichtbare Kommentator faselte etwas vom fulminanten Einstieg des neuen Lead Scouts der Tacoma Wings, während Oakhart mit der übermenschlichen Geschwindigkeit eines erstklassigen Reflexboosters in Richtung der gegnerischen Torzone davonjagte und seine chromglänzende Ares Predator V vorsorglich in Anschlag brachte, obwohl kein Feind zu sehen war. Zwei weitere Wings-Spieler kamen ins Bild. Mauricio Jimenez, ein schlanker Troll mit stark zurückgebogenen Hörnern, der routinierte, chilenische Banger mit seiner Colt Government 2066. Er versuchte in alle Richtugen gleichzeitig zu sichern. Ihm folgte Julian Arctic Bear, ein muskelbepackter Amerindianer aus dem Algonkin Manitou Council, der außer seiner Savalette Guardian-Pistole auch den Ball der Tacoma Wings trug, eine fußballgroße Kugel aus neongelbem Plastschaum. Als Arashi und Orlando noch für die, inzwischen aus der NAUBL ausgeschiedenen Los Angeles Bolts spielten, hatte er dem damals noch in der Ausbildung befindlichen Julian den einen oder anderen Trick beigebracht. Und auch mit Mauricio einige Drinks geleert. Die drei Spieler gruppierten sich hinter Orlando zu einer Dreiecksformation. Dieser führte sie schnurstracks auf den gelb leuchtenden Zielkreis zu.


    „Was soll das?“, fragte sich Arashi. Eine unbewachte Torzone gab es nicht, das musste sogar Orlando klar sein, dem man noch nie einen taktischen Verstand hatte vorwerfen können. Offenbar rechnete er damit, dass sie zu dritt eine leichte Verteidigung aus einem, oder zwei Scouts und Bangern auf Abstand halten könnten, bis Julian den Ball in der Torzone ablegen, und damit den Spielzug beenden, konnte. Diese direkte Annäherung ohne große Deckung war einfach dreist. „Genau dein Stil, was?“ Arashi hatte plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengrube. Irgendetwas stimmte hier nicht. Im Hintergrund hörte man das unablässige Schießen um die Torzone der Wings. Pistolen und Sturmgewehre, hin und wieder unterbrochen vom charakteristischen Hämmern eines leichten Maschinengewehrs. „Moment mal, wieso nur ein Maschinengewehr?“ Arashi sprang alarmiert auf und stieß dabei fast seinen Stuhl um. „Nein, nein, nein!“, flüsterte er. „Wo ist der Shooter, Orlando?“


    Einen Sekundenbruchteil später eröffnete der gegnerische Shooter das Schnellfeuer. Um das Trio stoben Wolken aus Putz und Staub in die Höhe, als die Geschosse überall um sie herum in Hauswände und Boden einschlugen. Mauricio richtete blitzschnell seine Pistole auf das Fenster im ersten Stock eines Gebäudes hinter der Torzone, aus dem der Beschuss auf sie einprasselte. Dann wurde der Troll schon von mehreren Geschossen getroffen und rücklings auf den Boden geschleudert. Arashi ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Sein Instinkt sagte ihm, dass das Trefferbild wahrscheinlich nicht zu einer tödlichen Verletzung geführt hatte. Einen Moment später rollte sich Mauricio auch bereits unbeholfen hinter die spärliche Deckung eines halb ausgebrannten Ford Americar, hinter dem sich Orlando schon auf den Boden gekauert hatte und von dem massiven Sperrfeuer immer wieder nur knapp verfehlt wurde. Stattdessen fetzten die großkalibrigen Geschosse Stücke aus dem ramponierten Blech und nagelte die beiden Spieler hinter dem Wagenwrack fest.


    Nun war nur noch Julian frei und versuchte mit einem hektischen Sprint, den Ball doch noch in den Zielkreis zu bringen. Er war kaum ein paar Meter weit gekommen, als eine hochgewachsene schmale Elfe in der Panzerung der Paladines mit angelegter Ruger Super Warhawk hinter einer Hausecke hervorkam und den jungen Amerindianer schon mit dem ersten Schuß in den linken Oberschenkel traf und auf den Asphalt schickte. Julian rollte verzweifelt hinter einen erhöhten Bordstein und versuchte ein möglichst kleines Ziel abzugeben. Bamm! Zwei. Bamm! Drei. Die Kugeln der elfischen Stadtkriegerin rissen nur Löcher in den Asphalt und bespritzten den Wings-Spieler mit Split, aber die Elfe bewegte sich zur Seite, um Julians Deckung zu umgehen. Dieser versuchte sich erfolglos Luft zu verschaffen, indem er das Magazin seiner Guardian ungezielt im Salvenmodus leerschoss. Er lag meilenweit daneben. Vier. Fünf. Die Einschläge kamen näher. Die Elfe trat auf den Bordstein und setzte zum Fangschuß an. Julian ließ die leere Pistole sinken und presste den Ball an sich. Der Spielzug endete abrupt mit einem Gong. Mit einem bedauernden Achselzucken nahm die Paladines-Spielerin den Finger vom Abzug. Werbung.


    „Hab ich was verpaßt?“ Jinx stand auf einmal neben ihm. Arashi stieß ruckartig den Atem aus, gerade als sein Vitalmonitor eine blinkende Warnung in sein Blickfeld projizierte. Sauerstoffsättigung im gelben Bereich. Es war ihm gar nicht aufgefallen, dass er die Luft angehalten hatte. Er atmete tief ein. Und aus. Und noch einmal. Das Blinken verschwand. Dann erst blickte er sie an. „Orlando ist ein Vollidiot.“ Sie verdrehte die Augen. „Und das ist dir jetzt gerade erst aufgefallen?“

    Vor dem aufwändig dekorierten Schaufenster eines kleinen Ladengeschäfts für angesagte japanische Herrenmode blieb Arashi unvermittelt stehen. Die warmen Sonnenstrahlen durchdrangen mühelos den leichten Smognebel über Neo-Tokyo und reflektierten sich in der polierten Schaufensterscheibe. In seiner AR-Sicht legten sich, schwebend neben den ausgestellten Kleidungsstücken, virtuelle Displays über die reale Welt und boten detailverliebte Informationen und gehobene Preise. Während er interessiert die Auslage zu betrachten schien, suchte sein aufmerksamer Blick im spiegelnden Schaufensterglas nach Anzeichen von Verfolgern hinter seinem Rücken. Die, für japanische Verhältnisse, überschaubare Menge an Passanten schob sich, ohne erkennbares Muster und auf den unterschiedlichsten Vektoren, über die breiten Fußwege beidseits der stark befahrenen, vierspurigen Straße. Nichts Verdächtiges zu sehen. Auch an den vorbeigleitenden Autos und den hoch darüber hinwegschwebenden Lieferdrohnen war nichts Auffälliges zu bemerken.


    Spiegelnde Schaufensterscheiben. Ein uralter Trick. Funktionierte aber immer noch. Arashi verzog amüsiert die Mundwinkel. Sein Spiegelbild lächelte zurück. Ein gut aussehender, menschlicher Mann in den späten Zwanzigern mit athletischer Figur. Seine strubbelig gestylten, nachtschwarzen Haare und die mandelförmigen Augen verrieten das genetische Erbe seiner japanischen Mutter, das markante Kinn hingegen verdankte er eindeutig der väterlichen, amerikanischen Abstammung.


    <Und? Siehst Du etwas?>, erklang plötzlich Jinx vertraute Sopranstimme in Arashis Kopf. Er zupfte den kurzen Stehkragen seines geliebten, plasstahlgrauen und unglaublich leichten, Argentum-Mantels zurecht. Das maßgefertigte, oberschenkellange und sehr exklusive Stück aus Mortimers ‚Far-East‘-Sommerkollektion schien eng an seinem Oberkörper anzuliegen, darunter verbarg sich aber ein furchteinflößendes Arsenal an Faustfeuerwaffen. Er trug seinen Lieblingsmantel stets geöffnet, um die angepassten Griffstücke seiner beiden primären Pistolen schnell erreichen zu können. Zugegeben, ‚schnell‘ war angesichts seiner vercyberten Reflexe und der in sein Muskelgedächtnis durch jahrelanges Training förmlich eingemeißelten, und zusätzlich genetisch verbesserten, Bewegungsabläufe ein recht schwaches Wort.


    <Alles ruhig>, sendete er über sein implantiertes Kommlink zurück und bog in die, an das Bekleidungsgeschäft angrenzende, Gasse ein. Seine natürlich wirkenden, grasgrünen Cyberaugen passten sich unmittelbar an den in ihr herrschenden halbdunklen Schatten an. Der vier Meter breite Durchgang mündete am Ende des Blocks in eine weitere Hauptverkehrsstraße. In der ein wenig verwahrlost wirkenden Gasse standen einige Müllcontainer neben den stark gesicherten Hintertüren verschiedener Unternehmen. Eine einsame Ratte huschte in die tieferen Schatten unter einem rollbaren Abfallbehälter, als Arashi langsam an diesem vorbeiging. Die Sohlen seiner dunkelgrauen taktischen Kampfstiefel verursachten leise knirschende Geräusche, als er hin und wieder auf herumliegenden Plastikmüll trat. Sein Orientierungssystem kartografierte währenddessen automatisch die Umgebung und zeichnete eine detaillierte Karte am Rande seines Blickfeldes.


    Auf halber Höhe der Gasse, etwa dreißig Meter entfernt, lief eine zierliche menschliche Frau in modischer Sportkleidung. Da sie sich langsam von ihm entfernte, konnte er den kurzen Schopf brünetter Haare nicht sehen, der von der dünnen Kapuze des atmungsaktiven Tops verdeckt wurde. Jinx. Einen Moment später blieb sie stehen, stützte sich mit einer Hand an einem übervollen Müllcontainer ab und schien sich zu dehnen.


    Die Gasse war ansonsten weiterhin verlassen. <Los>, subvokalisierte er. Jinx machte einen Schritt zur Seite, verschwand hinter dem Container und hatte einen Augenblick später bereits mit Hilfe eines Multitools die Verkleidung eines kleinen, in die verwitterte Hauswand eingelassenen, Kästchens gelöst und stöpselte ein dünnes Glasfaserkabel ein.


    Früher waren sie zusammen in den Schatten gelaufen, Jinx und er. Aber sie war dem Tod einmal zu oft nur um Haaresbreite entkommen und hatte bereits vor ihrem gemeinsamen Umzug nach Neo-Tokyo beschlossen keine Shadowruns mehr anzunehmen. Aber auch als unabhängige ‚Sicherheitsexpertin‘ war Jinx nun erfolgreich und beschäftigte sich mit ungefährlichen Datenbeschaffungsaktionen wie dieser hier. Und wenn er nichts zu tun hatte, war er ihr gerne als Rückendeckung behilflich. Es war fast ein bisschen wie in alten Zeiten.


    Arashi passierte mit ruhigen Schritten ihre Position, ohne sich zu ihr umzusehen. Einige Sekunden später meldete sie sich schon. <Erledigt.>


    Jinx Auftrag war erfüllt. Sie hatte die in das Steuergerät der Abwasserleitung des Gebäudes geladenen Daten über eine Direktverbindung aus dem Gerät extrahiert. Ein Insider des Auftraggebers hatte sie zuvor darin versteckt, ohne die Firewall des Unternehmens-Hosts umgehen zu müssen. Eine interessante Vorgehensweise, fand Arashi. Jinx hatte nur noch die in der Außenwand verbaute Steuerungseinheit hacken müssen, um an die Daten zu kommen. Keine Schwierigkeit für sie.


    Er spürte, wie Jinx hinter seinem Rücken aus dem Schatten des Müllcontainers auftauchte und wieder zu joggen begann. Kurz darauf überholte sie ihn, zwinkerte ihm aus dem Augenwinkel mit leuchtend blauen Augen zu, bog aus der halbdunklen Gasse nach rechts in den Sonnenschein des Straßenzuges und verschwand. <Danke!>, sendete sie noch. <Wir sehen uns heute Abend auf einen Cocktail?>


    Arashi erreichte das Ende der Gasse und trat auf den Bürgersteig. Die allgegenwärtigen Passanten flossen um ihn herum, ohne ihren Schritt merklich zu verlangsamen. Er sah sich kurz um, augenscheinlich um sich zu orientieren, konnte erneut keine potentiellen Gefahrenquellen ausmachen und folgte der Hauptverkehrsstraße in die entgegengesetzte Richtung. <Na klar. Du zahlst>, erwiderte er.

    Arashi (japanisch für Sturm) ist ein 1,89m großer Mensch amerikanisch-japanischer Abstammung. Er ist ein gut aussehender Mann Mitte bis Ende Zwanzig mit strubbelig gestylten, nachtschwarzen Haaren und natürlich wirkenden grasgrünen Cyberaugen. Die Mandelform seiner Augen zeigt die japanische Abstammung mütterlicherseits, das markante Kinn die väterlicherseits amerikanischen Wurzeln. Er hat eine ausgesprochen athletische Figur, aus der man auf unablässiges Training schließen kann. Seine Bewegungen sind für den kampferfahrenen Beobachter etwas zu schnell, zu fließend und zu präzise, um natürlich zu sein. Die Datenbuchse hinter seinem rechten Ohr ist ansonsten jedoch die einzig weitere sichtbare Verbesserung.


    Gekleidet ist er in einen plasstahlgrauen Argentum-Mantel aus der Far-East-Kollektion von Mortimer of London. Das oberschenkellange Kleidungsstück mit kurzem Stehkragen scheint zwar eng anzuliegen, verbirgt aber dennoch eine etwaige, darunter getragene, Bewaffnung. Unter dem Mantel trägt er modische Panzerkleidung in Form einer dunkelblauen Jeans und eines dunkelgrauen T-Shirts von S-K-Puma mit silberfarbenem Saeder-Krupp-Schriftzug über einem stilisierten, springenden Puma. An den Füßen trägt er taktische Kampfstiefel im schmalen Schnitt des Apachen-Stils, farblich passend zum Shirt. Am linken Handgelenk befindet sich das blaue Armband eines Kommlinks der Marke MCT Blue Defender.