Void: Klingt in meinen Ohren ein ganz klein wenig selbstverliebt, so nach dem Motto: "Ich weiß wie es ist und wer was dagegen sagt, hat doch keine Ahnung..." Ich denke, die meisten Shadorwunspieler wissen, daß es schwarz und weiß nicht so einfach gibt. Nach dem, was ich von Ares gelesen habe, kann ich kein Spielkonzept wie bei dieser ekelhaften Wolf und Rabe-Sache erkennen. Er zieht lediglich eine gewisse Grenze. So nach dem Motto - dafür sind die Leute sich eben zu fein. Es muß ja noch jemanden geben, den auch sie verachten können. Nach dem Motto "So was mache ich doch nicht - das tut der Abschaum." Und schon hat der Runner jemanden indentifiziert, auf den er herabblicken kann. Wenn man schon für Geld Verbrechen begeht, dann ist so ein Hilfskonstrukt für die Seele sehr hilfreich.
Und ich denke, der "psychotische Rigger" oder der "landesweit gesuchte Magier" - nun das sind natürlich Leute, die es gibt (obwohl - landesweit gesucht? Da müssen wir aber ziemlich auf den Putz gehauen haben...).
Möglicherweise legt man jemanden um, der gegen die eigenen Vorstellungen verstößt. Wenn man sich für was besseres hält (was nicht mal stimmen muß - der Profikämpfer, der bestimmt ein Dutzend Leute auf dem Gewissen hat - ist der besser als der Ganger, der ein Mädchen vergewaltigt oder einen Passanten zum Krüppel schlägt? In seinem Selbstverständnis ja. Und er blickt auf den Ganger herab, weil er einfach gerne etwas hat, von dem er sich distanziert.
Die Frage ist auch, ob Shadowrun nur Cyberpunk ist. Meiner Ansicht nach spätestens seit der 3. Edition nicht mehr - denn die fördert eher professionelle Leute (das Risiko ist gewachsen, und wer nicht SEHR überlegt vorgeht, ist sehr schnell hin). Dieses ständige "ach das System ist so böse und schlecht und wir sind es auch" - nun, das ist Geschmackssache. Ich halte Runner eher für einen Teil des Systems, einen, der (wenn er Glück hat - wenn er Pech hat ist er Geschichte) auch halbwegs davon profitieren kann.
Menschliche Abgründe aber tun sich auf viele Art und Weise auf. Ein Runner kann auch ein Problem damit haben, befehlsgemäß einen Kollegen umzulegen. Oder ein Ziel zu eleminieren. Oder mit den Folgen klarzukommen (wenn die Sabotage eben etwas zu gut ausfällt). Dazu muß man nicht schändend durch die Lande ziehen, zu jedem Frühstück ein Kind erschießen und Abens einen Wohnblock sprengen (wenn ich mal übertreiben darf).
Wie weit man es treiben will, ist nun wirklich Ansichtssache. Ich sehe Ares und Konsorten (und ich orte mich auch etwas dort ein) eher so, daß man sich mit der einen Hand noch an etwas klammert, um nicht völlig abzurutschen. Irgendwie will man sich selber noch was vorgaukeln können )als Char). Das ist vor allem für Leute so, die nicht aus der Gosse kommen, sondern (oft durch eigene Schuld, daß heißt aber nicht unbedingt absichtlich) von "weiter oben" in der sozialen Leiter - und abgerutscht sind.
Wie Ares es schon mal angebracht hat. Als ein russischer Offizier wegen Vergewaltigung und Ermordung eines tschetschenischen Mädchens angeklagt wurde (und er wurde auch verurteilt), da sprachen sich etliche seiner Kollegen wie folgt aus: Das er sie umgebracht hat, das war in Ordnung, sie war ja Terroristin (ob sie es in Wahrheit war, sei mal dahingestellt). Aber die Vergewaltigung - die lehnte man ab. Ähnlich machen es wohl auch Runner. Den "Feind" - selbstdefiniert - zu töten, das ist in Ordnung. Aber Vergewaltigung und so, das lehnt man ab. Ich finde das keineswegs unrealistisch - Beispiele für solche selektiven Moralvorstellungen gibt es zur Genüge. Das hat wenig mit Hollywood zu tun...
Ich hoffe ich konnte das rüberbringen, ohne mir mal wieder neue Feinde zu machen