Das stimmt zum Teil, allerdings muss man hier differenzieren:
Die Schallgeschwindigkeit beträgt 343 m/s (1235 km/h). Die Entfernung zwischen Motorraum und Fahrer dürfte bei einem Benz höchstens 1 ½ Meter betragen. Wie lange braucht wohl der Schall vom Motorraum zu den Ohren des Zuhörers? Länger als eine Milisekunde? Eine halbe oder eine viertel Millisekunde? Alles zu lang, denn um die Strecke zu bewältigen braucht der Schall Zeit, und dabei spielt es keine Rolle, wie lange er braucht, solange er überhaupt Zeit braucht.
Es ist ein Unterschied, ob ein Mikrofon den Schalldruck oder die Lautheit misst, und dann dementsprechend gegenläufige Sinuswellen aus den Boxen drückt, oder ob alles bis auf die letzte Frequenz live berechnet und umgesetzt wird. Die besten Aufnahmesysteme für Tonstudios haben eine Verzögerung von etwas mehr als einer halben Millisekunde, und die kosten bereits Aber-Tausende von Euro. Ein absolutes Echtzeitaufnahmesystem gibt es nicht.
Ein System, dass etwaige Geräusche zu 100% neutralisiert, kann es geben …
a) nur bei stationären Objekten
b) nur in akustisch abgeschotteten Räumen
c) nur bei vorheriger Kenntnis der auftretenden Frequenzen und sämtlicher Daten, die das Geräusch beschreiben.
Zwischendurch mal das Konzept des Ganzen zum Nachlesen in einer sehr groben Zusammenfassung:
http://www.ifl-Acoustics.de/pd…hallunterdr%C3%BCckung%22
http://www.ifl-acoustics.de/pd…hallunterdr%C3%BCckung%22
Das ganze klappt vornehmlich bei tiefen Frequenzen, da diese sich nicht so schnell ausbreiten, und auch weniger von anderen physikalischen Faktoren beeinflusst werden als hohe Frequenzen. Darüber hinaus wird das ganze ziemlich unzuverlässig, wenn nicht schon im Voraus bestimmte Frequenzbereiche definiert und eingeengt werden, die es dann zu neutralisieren gilt.
Sprich: Im Forschungswerk von Daimler Chrysler hocken die lieben Ingenieure im Windkanal und stellen dann fest, bei welchen Geschwindigkeit bei der verwendeten Fahrzeugform (Aerodynamik), und bei welchem Lärmdämmungsgrad der Scheiben und des Materials welche Geräusche im Innenraum auftreten. Da sich die Bedingungen im Labor nicht zufällig ändern können, treten also größtenteils immer wieder die gleichen Varianten der Stör- und Windgeräusche auf. Diese Frequenzen kann man festhalten und deren Verlauf speichern. So machen dies vor allem Automobilhersteller, aber auch z. B. Reedereien oder Flugzeughersteller, damit den Passagieren nicht das Kreischen und Quietschen des sich unter Druck verformenden Materials den Reisespass vermiesen.
In der täglichen Anwendung gestaltet sich das aber wesentlich komplizierter, da es so viele einflussnehmenden Faktoren gibt, die man nicht alle im Voraus genau bestimmen kann. Und selbst, wenn man diese Faktoren alle sofort bestimmen könnte, ist es physikalisch unmöglich, einen Ton abzuwarten, ihn auszuwerten und dann zeitgleich mit dem Aussenden des Originaltons (quasi in der Vergangenheit, Captain Janeway lässt grüßen) modifiziert auszugeben.
Wenn jetzt Du oder ich in demselben Benz irgendwo auf der Autobahn fahren, dann rekonstruiert (oder besser prognostiziert) das Anti-Lärm System aufgrund der Geschwindigkeit, der Drehzahl und der vorhandenen Messwerte aus dem Schallabor die wahrscheinlich auftretenden Störgeräusche und kann dort auch in etwa vorausberechnen, welche Frequenzen nun zur Negation des tatsächlichen Lärms aus den Boxen kommen müssen. Was man nicht im Voraus berechnen kann, sind die ganzen Faktoren, die sich ständig ändern: Lufttemperatur innen und außen, Dichte, Luftwiderstand und Luftdruck, sich ändernder Strassenbelag, Wettereinflüsse wie Regen, etc.
Aus diesen Gründen kann es eine 100% Negation einer dynamischen Geräuschquelle niemals geben. (Und aus demselben Grund wird es auch keine 100% Sichttarnung für einen sich bewegenden Menschen bei nicht statischem Licht geben.)
Nicht von so etwas komplexem wie der menschlichen Stimme, und schon gar nicht, wenn sich derjenige bewegt (bzw. nicht absolut still sitzt), nicht immer auf die gleiche Art Luft holt, und nicht vorher schon feststeht, was er in welcher Millisekunde mit welchem genauen Schalldruck sagen wird.
Es ist durchaus möglich, dass man die am häufigsten auftretenden Frequenzen einfach von Haus aus unterdrückt, was durch das Aussenden von mutmasslich entgegengesetzt gelagerten Tönen funktioniert, aber ohne die Original Sinuswellen hätte man dann mehr oder weniger den Effekt des Themagebers: Eines Störgeräuschgenerators. Bei nicht zu 100% perfekter Entgegensetzung der Sinuswellen kann man bestenfalls eine Reduzierung der Originalgeräusche erreichen, und die Wellen, die sich nicht mit vorhandenen Wellen negieren, sind dann für weitere Störgeräusche verantwortlich.