"Ich bewohne in eine geräumige Mietwohnung, die etwa das halbe Stockwerk eines Wohnturms in Caieieras, Sao Paulo, Metropole in Anspruch nimmt. Ich lebe dort alleine, aber ich verbringe nicht viel Zeit dort; während meinerAbwesenheit kümmert sich das Personal darum, dass alles in Ordnung ist. An derWohnung sind mir lediglich zwei Dinge wichtig - dass sie nach aktuellem Designeingerichtet und somit präsentabel ist, und dass die Adresse repräsentativ ist.
Grundlage meines Tagesablaufs ist tägliches, frühmorgendliches Training, das mich sowohl fit hält als auch dabei hilft, die durch eine Hyperschilddrüse bedingte Hyperaktivität abzubauen. Ich treibe den Frühsport an der 'frischen' Luft, soweit es die hier im Süden von Metropole überhaupt gibt. Ausdauer, Kraft, Koordination - in urbaner Umgebung. Ich schwimme regelmäßig und bezahle einen Mestre für Privatunterricht in Capoeira Regional. Das sind dieGrundlagen.
Ich lege - neben einem austrainierten Körper - sehr großen Wert aufmakelloses Aussehen, daher steht in meinem Terminkalender mindestens je ein wöchentlicher Termin bei einem prominenten Friseur, einer exklusiven Kosmetikerin, sowie Maniküre und Pediküre. Eine optimale, gesunde Bräune ist Pflicht, und lässt sich nicht zuletzt auch Dank der Seidenhaut mit passablem Aufwand erreichen.
Ich zähle mich zur Oberschicht und finanziere, nachdem der Crash meine Familie ruinierte, meinen Lebensstil durch Runs. Ich verbringe daher privat meine Zeit offiziell damit, mein Privatvermögen bzw. Familienerbe zu verprassen; inoffiziell verdiene ich das zu verprassende Vermögen in den Schatten. Privat nehme ich viele Termine wahr, bei denen man sich als Teil der High Society einfach blicken lassen muss - Regatten, Polo und Pferderennen, Premieren und Vernissagen, Partys bei angesagten Gastgebern, und was sonst noch alles anfällt. Wieso das Leben nicht auch ein wenig genießen? Das gehört für mich dazu, Pflichtprogramm, ich mache es gerne und es liegt immer etwas an; die Schwierigkeit liegt darin zu erkennen, wo sich die wichtigen Leute blicken lassen werden und wo nicht,also welche Veranstaltung „in“ ist und welche man besser meiden sollte.
Ich bin Elf und weiß, dass ich nicht ewig in den Schatten sein möchte, um dort meinen Lebensstandard zu verdienen. Daher habe ich das Maschinenbaustudium mit Ausrichtung auf Fahrzeugtechnik, das ich nach dem Crash abbrechen musste, inzwischen wieder aufgenommen. Inoffiziell jedenfalls, da ich an keiner Universität eingeschrieben bin. Ein Business-Abschluss steht anschließend auf der To-Do-Liste.
Ich besuche viele Messen. Metropole ist groß und es gibt viele Messezentren, ich kann immer etwas von Interesse finden. Ich teile die verfügbaren Messen in zwei Gruppen - privat und "beruflich" - und ich versuche da eine Balance zu halten. Messen, die private Interessen bedienen, drehen sich zum Beispiel um gehobene Freizeitgestaltung, Lifestyle, Design und Mode (dress for the job that you want, not for the job that you have!), Medien und Unterhaltungselektronik, Fahrzeuge und Fahrzeugtuning mit besonderem Augenmerkauf Motorräder, Erotik und alles, was in Richtung Fitness, Gesundheit, Beauty und Outdoor geht.
"Berufliche" Messen befassen sich mit Themen wie Drohnen- oder Biodrohnen, aber auch Baumessen (speziell Aspekte der Gebäudesicherheit), Sicherheitstechnik und -Sensorik, Jobmessen kleiner und großer Konzerne, Neuentwicklungen im Bereich Cyber-und Bioware sowie Waffen und Zubehör. Bei diesen Messen versuche ich Zugang zu den verschiedenen Veranstaltungen der Austeller zu bekommen, die nach dem Ende des Messetags stattfinden, um dort persönliche Kontakte zu knüpfen.
Ich gehe trotz aller Schicksalsschläge in die Kirche. Eines Tages wird Gott mich richten... und bei der Gelegenheit werde ich dem Drekhead die Meinung sagen. Im Anschluss an die Heilige Messe gehe ich die wenigen Schritte zum Grab meiner kleinen Schwester.
Meine tatsächlichen Kathedralen sind allerdings die Garage mit den Bikes einerseits und das Stadion der Corinthians andererseits.Ich liebe diesen Verein. Ich habe natürlich eine Dauerkarte in einem manchmal etwas raubeinigen Stehblock, aber ich fahre auch zu Auswärtsspielen - jedoch 1. nur wenn sie in Metropole stattfinden, z.B. bei den verhassten Palmeiras hier in SaoPaulo oder bei Botafogo oder Fluminense in Rio, und 2. niemals, NIEMALS unbewaffnet oder unvorbereitet. Fussball ist hier Krieg! Ich bin zwar weder Ultra noch Hooligan, aber neben frechen Sprüchen über meine verstorbene Schwester sind abfällige Bemerkungen über meinen Verein der sicherste Weg ins Krankenhaus... oder in die Urne."
- Limpo