Vahrenheide, Hannover, ADL
( Coke85
: Kyle; Deevine Comeback
: Rick)
Rick hat es sich mit einem frischen Apfel auf seinen Lieblingssessel in Kyles Wohnzimmer bequem gemacht. Manchmal könnte man fast meinen er kommt nur wegen dem besseren Essen hierher, wenn sein erster Gang immer erstmal in die Küche geht. Und tatsächlich verbringt er mehr Zeit in dieser Wohnung als in seiner eigenen, na ja ist halt wesentlich besser als sein Loch im sicherlich ältesten Wohnsilo von Vahrenheide. Zwischen den Bissen hat er aber dann doch noch ein paar Fragen.
"Die brauchen also uns beide für einen Bodyguard-Job in Marokko, und die Bezahlung ist eigentlich schon klar ... für was genau ist dann so ein Treffen in der Matrix nötig?"
Kyle sieht von seiner Arbeit nicht auf, vor ihm aufgebaut sind Waffenöl, diverse kleine Bürsten, ein Tuch und, in viele Einzelteile zerlegt, sein Sturmgewehr von Heckler & Koch. Das G12A4 begleitet ihn nun schon Jahre. Es ist fast zeremoniell wie er es auseinander baut, grob reinigt und Stück für Stück, Teil für Teil mit Öl, Bürste und Tuch bearbeitet, um es danach wieder ehrfürchtig zusammenzusetzen.
Er denkt über Ricks Worte nach bevor er antwortet. Er ist nicht der Typ für Small Talk, aber dem Jungen scheint das egal zu sein… Auf diese nicht unberechtigte Frage allerdings, hat Kyle auch keine rechte Antwort. 25k für zwei Monate. Macht 12,5 für 4 Wochen. An diese Verdienstmöglichkeiten muss er sich noch gewöhnen. Er verdient jetzt in einer Woche soviel wie früher im Monat. Dafür ist das Einkommen aber unbeständig.
Diese Leute wollen uns kennenlernen. Sehen was für ein Team sie da zusammengestellt haben. Sie fühlen sich eben besser, wenn sie ein Briefing abhalten. Sieh es als Teil des Services den wir anbieten und denk einfach dran:
"Hast Du nichts Nettes zu sagen…"
Das bringt Rick tatsächlich zum Lachen.
"... dann sag' besser gar nichts." Bringt er trotzdem noch den Satz zu Ende. Er erinnert sich gut an die Zeit als diese Sprüche von Kyle ihn noch zum Augen rollen gebracht haben. Und viele davon hat er mittlerweile so verinnerlicht, dass sie auch seine eigenen Grundsätze geworden sind. Schnell wird er wieder ruhig, er wollte sowieso so wenig wie möglich sagen.
Er liest sich nochmal die Notiz zum Treffen durch, es überrascht ihn nicht, dass Kyles Timing genau so gewählt ist, dass er locker ein wenig vor dem Meeting fertig sein wird. Er hat ihm schon oft genug bei dieser Arbeit zugesehen um genau die nächsten Schritte zu kennen, deshalb überbrückt er lieber die Zeit sich ein paar Fakten zu Konstantinopel durchzulesen. Manche würden vielleicht eher mehr über den Einsatzort erfahren wollen, aber dafür war später immer noch Zeit.
Etwa 10 Minuten vor dem Treffzeitpunkt lädt Kyle das zusammengesetzte Gewehr einmal durch. Er ist zufrieden. Er ist immer zufrieden, denn er er könnte das mit verbundenen Augen tun.
"Guter Junge!"
Erwidert Kyle ein wenig zu spät auf die Vollendung seines Ratschlages. Er meint das nicht herabwürdigend oder wertend. Er nennt Rick „Junge“, seit er ihn damals in Manaus aufgegabelt hat. Und auch wenn er es nie zugeben würde, aber ihm gefällt, das Rick ihm das Gefühl gibt, ihn irgendwie mitgezuformt zu haben. Das nämlich wäre etwas worauf man stolz sein könnte. Er IST ein guter Junge, dieser erwachsene Mann dort auf seiner Couch.
Rick schnaubt ein wenig, mit dem Altersunterschied der sich nun mal nicht ändert, wird er für Kyle wohl immer der Junge bleiben, der vor über 10 Jahren seinen Weg auf den Straßen von Manaus kreuzte. Trotzdem ...
"Du weißt, dass ich Dir die Hölle heiß machen könnte, wenn Du das in der Öffentlichkeit beibehältst."
Aber vermutlich nicht würde, denn Kyle weist ihm immer noch oft genug den Weg.
Kyle erhebt sich von seinem Platz, hängt das G12 an die Wand, wo es hingehört und holt sich sein Komlink. Siemens… Kyle besitzt, sofern möglich, deutsche Produkte. Er hat für sich die Erfahrung gemacht, dass das Klischee mit der Wertarbeit stimmt.
Wieder sitzt er an seinem Schreibtisch mit dem Rücken zu Rick.
"Wir gehen rein!"
Keine Frage, eine Feststellung. Rick wird schon folgen. Der Junge hat viel durchgemacht, so viel, das Kyle sich einredet, dass die Struktur die er ihm bietet, der eigentliche Grund ist, der Rick so oft hier sein lässt.
Rick muss schmunzeln, dass Kyles Aufforderung danach klingt als würden sie jetzt das nächste Haus mit Feindkontakt stürmen.
Er schiebt das AR Fenster mit den Informationen zu Konstantinopel an den Rand und ruft das öffentliche Stadtgitter von Konstantinopel auf, um dann in dieses zu wechseln. Als er dann ganz in die virtuelle Welt eintaucht und seine Persona die ersten Schritte auf den Pflastersteinen macht, sind die Informationen zu einem Icon am Rande seines Blickfelds geschrumpft, die er jederzeit bei Bedarf einfach wieder vergrößern könnte. Seine jetzige Persona sah grob aus wie die meisten Touristen, die hier mit irgendwelchen Standardpersonas herumliefen. Nur die Grafik auf der Kappe ist etwas besonderes, und sein Gesicht bleibt ein dunkler Schatten egal aus welchem Winkel man es betrachtet, so als würde eine dunkle Wolke unter dem Schild der Kappe hängen. Nach ein paar falschen Rückschlüssen hält er seine Persona lieber minimalisiert.
Seine Persona schließt sich der von Kyle an, fast automatisch geht er versetzt und etwa einen halben Schritt hinter ihm. Einfach aus der Gewohnheit heraus, weil sie sich so besser gegenseitig Deckung geben können.
"Wusstest Du, dass Konstantinopel total die bewegte Geschichte hat, da haben sich die verschiedensten Völker die Klinke in die Hand gegeben." Wenn Kyle ihn nicht unterbricht, wird er das noch mit einigen Details die er eben noch gelesen hatte weiter ausführen, während er interessiert die virtuelle Kopie des echten Konstantinopel betrachtet.
Kyle ist im Modus, er hört Rick zwar reden, er unterbricht ihn aber nicht. Nicht weil er gerne hören will, was dieser alles so über Konstantinopel zu erzählen hat, sondern weil er weiß, dass sie beide arg unterschiedlich funktionieren. Kyle selbst wird sehr ruhig, wenn es an die Arbeit geht.
Kyles Persona is so langweilig wie standardisiert. Ein Soldat mit Vollhelm, marschiert die langen Gänge entlang, bis er beim Philosophie Kurs anklopft, den betritt
"Kyle Palmer!"
Sagt und sich, die Hände hinter dem Rücken ineinandergelegt in die Ecke stellt und wartet bis es losgeht. Seine Bewegungen wirken, wie die eines Nutzers, der die Matrix nur AR nutzt… und auch das nicht sehr versiert.
Als sie das Gebäude betreten hört Rick dann von selber auf Fakten aufzuzählen und schweigend gehen sie das letzte Stück. Einen Schritt hinter Kyle betritt er den Raum und hebt zum Gruß die Hand. Der Name Rick Mayer erscheint für seine Persona. Er zögert kurz, doch setzt sich dann auf einen der schwarzen Stühle in der Nähe von Kyle, da von den anderen Anwesenden ja auch nicht mehr alle stehen.