Faith
Langsam wurde die Müdigkeit aus meinem Blick verdrängt. Ich stecke mir eine zigarette an, mehr Gewohnheit als Verlangen. Die Halbtote Göre lag immer noch auf meinem Bett, die Augen halb geöffnet, schwer atmend. Ihre Jungfräulichkeit hatte sie mir "geschenkt", ich gab ihr im Gegenzug das volle Programm. Sie würde sich nicht mehr an mich erinnern, was passiert war. Doch ab heute würde sie nie wieder in ihre kleine Wohlbehütete Welt einer etwas zu verwöhnten Teenie Göre zurückkehren. Sie würde mit den Erinnerungen einer Straßenhure aufwachen. Sie kannte die Hölle, obwohl sie sie nie geschmeckt hatte.
Ich hingegen kannte ihren Geschmack nur zu gut. Die Wirkung der Droge hatte längst nachgelasen, zurück blieb nur die ewige Leere, die sich nicht mit dem Übermaß an Sex, Drogen und Gewalt stopfen lies, welcher mich täglich noch tiefer in den Abgrund riss.
Wahrscheinlich war ich das Ideal tausender Kiddies da draußen, die auch so "frei" sein wollten wie ich. Doch mein Leben war wie Krieg: Von außen betrachtet Glorreich und Erregend. Aber frag einmal jemanden, der gekämpft hatte.
Eine jehe Zornwelle durchfuhr meinen Körper. Die aggressive Depression, welche die Droge hinterlies begann in mir zu wüten. Ich torkelte zu meiner Uzi, stolperte aber über die Beine der Frau. Du scheiß Schlampe, verpiss dich endlich! Ich will dein hässliches Gesicht hier nicht sehen! schrie ich ihr in's Gesicht. Während sie langsam erwachte, begann ich, meine magazine zu füllen und meine Jacke anzuziehen. Zeit hier zu verschwinden, ich brauchte Abregung- sonst würde mein kleines Experiment all zu früh das zeitliche segnen.
Mit ein paar Tritten beförderte ich die Göre aus meinem Zimmer, ihre lächerliche syntleder Tasche warf ich ihr an den Kopf. Kaum war sie aus der Tür gestolpert, knallte ich diese auch schon hinter ihr zu. Diejenigen, die mich wirklich kannten, nannten mich Ikarus. zu nah an die Sonne gekommen, das traff zu. Die Kunst war es, immer wieder ein Stück Himmel zu nehmen, bevor man in den Tiefen des Meeres versank.
Ich fischte den kleinen Beutel mit dem hellen Pulver aus meiner Westentasche, und begann damit, alles für meinen erneuten Startversuch vorzubereiten, bevor ich noch begann, Schießübungen an der zimmereinrichtung vorzunehmen. Wenn man wusste, dass man fliegen konnte, war es umso trauriger, zu sehen, dass man trotzdem die meiste zeit am Boden verbringen musste. zeit, sich neue Flügel wachsen zu lassen.
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Durch das Grau strahlt Licht, hinterlässt Streifen von Weiß in meinem Bewusstsein. Alles ist klar, strukturiert, schärfer. Ich höre das dumpfe Pochen meiner Schritte auf feuchtem Asphalt, sehe wie sich die Schallwellen ausbreiten. Ich sehe die Magie, den Fluss wie er meine Hand umspielt, die Macht. Ich betrachte kurz das intensive Grün meines Mantels, sehe die tausendfache Reflexion der farben in meiner Schweißerbrille.
Dann steige ich auf mein Motorrad. Starte. Der harte Neo Rave gibt mir die Energie und Wut, um jederzeit in das tiefe Rot der Gewalt abzutauchen, das ich jetzt brauche. Ich sehe, wie sich die Noten vor meinen Augen zerfassern, ich höre jede Bewegung in der membran der Kopfhöhrer. Die Maschine startet. ich spüre die auputschende Präsenz der Wärme, welche mein bis zum letzten Limit ausgereizter Motor absondert. Hinter mir sehe ich, wie sich der Lärm ausbreitet, ich ziehe eine Spur neonfarbenes Licht hinter mir her.
An mir vorbei fliegen die farben der Stadt, Braun, Grau. Doch auch die hellen Lichter, welche an mir wie in zeitlupe vorbei ziehen, von Schildern, Straßenläden, Autos. Ich bin gefüllt mit Euphorie. Die Erde hat mich wieder.