Hallo Dead-Eye,
leider handelt es sich bei Shadowrun als solches um eines der 5 bekanntesten RPG's in Deutschland (reine Schätzung meinerseits), dementsprechend viele Spieler sind in diesen Gefilden unterwegs.
In den vergangenen Jahren konnte ich vermerkt feststellen, wie viele dieser Spieler durch ein stark ausgeprägtes Wissen um Wirtschaft, Politik, Technik, Militär, Mathematik, Statistik und Psychologie begonnen haben, Fehler im Hintergrund und den Regeln von SR zu kritisieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Ein mMn sehr eindrucksvolles Beispiel hierfür ist SR 4, hierbei waren die ersten umfassenden Hausregelsätze zur Korrektur der „unglaublichsten Fehler des Regelwerkes“ bereits 7 Tage nach dem Erscheinen des GRW (in Englisch, das Deutsche Regelwerk brauchte hierzu keiner) veröffentlicht und kommentiert. Und die Leute fühlen sich gut dabei.
Aufgrund der Vielzahl der Spieler lässt es sich nicht vermeiden, das sich verschiedene Ansichten, Hausregelwerke und Weltbilder existieren, die teilweise mehr als nur heftig kollidieren. Alleine schon aufgrund dieser Tatsache wedele ich, wenn ich mit wildfremden Menschen zu einem SR-Thema diskutiere, mit generell bekanntem und offiziellen Hintergrund, nachdem die SR-Spielwelt nun mal aufgesetzt worden ist. Der offizielle Hintergrund ist in diesem Fall eine grundlegende Basis des Verständnisses, die allen Spielern bekannt sein sollte, was bei der z.T. begründeten Meinung der einzelnen Spieler nicht gilt.
Das Problem gilt bei jedem fiktiven Hintergrund. Z.B. wird oft darüber gewitzelt, wie in Star Wars die Flugmanöver der Kampfjäger im Weltall aussehen, die dort völlig ohne Reibung oder Gravitation wenden, wie sie wollen. Kennst Du jemanden, der beim Star Wars-RPG die Manöver anders beschreibt?
Ob diese herumgewedelten Fakten der Halbrealität tatsächlich Hilfe bietet, mache grundsätzlich an der Intention des Hilfesuchenden ab.
"Japan001" schrieb:
Hi!
Wie ist es eigentlich mit dem Völkerrecht? Das wird es ja 2060 immer noch geben. Da die Megas ja nun de jure Staaten sind und ja dann auch mit in UN Insitutionen sitzen, oder wie bei der NEEC dann Mitglieder sind, gilt dann für sie auch das Völkerrecht unabhängig davon, wie das Völkerrecht faktisch einen Einfluß hat.
Ich fand in dieser eingehenden Frage, die Du beim überfliegen bestimmt gesehen hast, keinerlei Wunsch nach eigener Interpretation des SR-Hintergrundes. Auf die Frage, wie die Rechtstellung der Konzerne anzusehen ist, habe ich Antworten des offiziellen Kanons angefügt, der vllt nicht immer faktisch richtig ist, aber im SR nun mal verankert ist und daher, außer in z.B. Deiner Runde, meiner alten Runde und einer Reihe anderer Runden Anwendung findet. Was in der Runde des Thread-Erstellers Anwendung findet, wirst Du vermutlich ebenso wenig wissen wie ich. Womit ich „herumgewedelt“ habe, ist der offizielle Hintergrund. Ein Char, der nach diesem Hintergrund gespielt wird, dürfte auch in anderen Runden, z.B. auf Cons oder bei anderen Runden, akzeptabel sein.
"Dead Eye" schrieb:
Das heisst, dass sie in keinster Weise der sie umgebenen Rechtsordnung unterliegen. Wer unterliegt nicht der Rechtsordnung? Hier haben wir schon das erste Problem. Wer ist denn hier gerade gemeint? Die vormals bestehende Juristische Person des Konzern in Form einer AG und ihre Organe? Oder alle Mitarbeiter? Gilt dies räumlich gesehen für alles Eigentum des Unternehmens? Was ist mit ausländischen Liegenschaften? Wer kann eigentlich Exterritorialität beantragen?
Zu diesem Fall möchte ich dich gerne an http://www.shadowrun.de verweisen, unter „Updates“ zu Brennpunkt:ADL findest Du einen gut geschriebenen Beitrag zu Extraterritorialität in der ADL. In Megakons wird die Extraterritorialität ebenfalls beschrieben, ich will jetzt nicht aus dem Kopf das ganze wiedergeben müssen. Dort sind alle deine Fragen beantwortet, wenn man sich die Mühe macht, sich durch die juristisch angehauchten Texte zu kämpfen.
In Kurzform: Tatsächlich sind nicht alle Einrichtungen der Megakons direkt extraterritorial. Lt. MegaKons müssen sie eindeutig von anderen Bereichen getrennt sein, z.B. ein Extra-Stockwerk, Extra-Gebäudeflügel, Extra-Stadtviertel, abgetrennt durch Zäune etc. Je nach Quelle muß das auch kenntlich gemacht werden, immerhin überschreitet man dort ja die Staatsgrenze. So wie ich das verstehe, gilt diese Extraterritorialität nur für einige Einrichtungen von AAA- & und einigen AA-Kons (sowie die Draco-Foundation, warum auch immer) und ist irgendwo vergleichbar zu handhaben. Es können auch Personen „Extraterritorial-Status“ erlangen, sie sind dann sozusagen nicht mehr ADL-Bürger, sondern SK-Bürger, vgl. SR4 GRW sowie o.a. Quellen. MMn wird das jedoch nicht jeden Mitarbeiter zugänglich gemacht, sondern eher nur diesen, die auf Extraterritorial-Gebiet arbeiten. Diese sind dann jedoch, genau wie spanische oder niederländische Staatsbürger auf ADL-Gebiet immer noch juristisch angreifbar, nur wenige wichtige Kon-Vertreter werden so etwas wie diplomatische Immunität haben (z.B. Kon-Botschafter in verschiedenen Staaten, Vertreter der Kons in der UN und der NEEC, Richter des Kon-Gerichtshofes, sofern sie noch Trips zur Erde unternehmen, usw). Für mehr Infos, wie das funktioniert, empfehle ich Dir einen Blick in o.a. Quellen, anstatt alles unbekannte einfach für unverständlich und nicht durchdacht zu erklären.
"Dead Eye" schrieb:
Dieses Ding mit der Exterritorialität bezieht sich ja nicht nur auf das Strafrecht und die staatlichen Hoheitsrechte. Damit ist ja auch weiteres Öffentliches Recht wie das Steuerrecht und Verwaltungsrecht und anderseits auch das Zivilrecht gemeint.
Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich, dass der Konzern eine eigene Justiz benötigt. Genauso wie eben auch Militär, Verwaltung oder andere Exekutivorgane.
Ist soweit richtig. Ein extraterritorialer Konzern besitzt sein eigenes Recht, sein eigenes Militär & Sicherheitskräfte (die sich auch prima für Wüstenkriege oder Konzernkriege wie bei Fuchi nutzen lassen), zwangsläufig eine Verwaltung uvm. Immerhin hat jede Firma auch eine Verwaltungs-Abteilung, die entsprechend klein bzw. groß ist. Ich nehme stark an, das auch die Renraku-Arkologie Seattle in irgendeiner Weise eine Verwaltung, Entsorgung usw. verfügt. Ich nehme an, das zumindest ein Teil dieser Institutionen in mehr als 90 % aller SR-Sichtweisen Einzug findet.
Das Justizwesen ist natürlich nicht so ausgeprägt wie das der Nationalstaaten, ggf. werden Gesetze auch rückwirkend erlassen, um Ärger zu verhindern oder Aktionen zu rechtfertigen (z.B. die Terroristen auf eigenem Gelände zu erschießen, ohne sie vorher verwarnt zu haben.) Das Zivilrecht ist natürlich so eine Sache. Es muß, imho, aufgrund der Tatsache der Extraterritorialität irgendwie verfasst sein und kann, aufgrund der internationalen Herkunft seiner „Einwohner“ (so ein Exec kann ja schon mal von einem Kontinent zu anderen versetzt werden), auch nicht immer dem jeweilig umliegenden Land entsprechend. Es wird aber auf jeden Fall stark vereinfacht werden, zur Not wird ein Urteil einfach nach Firmenpolitik und Firmennutzen improvisiert, wenn existierende Urteile nicht greifen. Es ist kein umfassender Rechtsstaat, wurde aber auch nie behauptet.
In Extraterritorialen Gebieten sind die Legalitäten z.B. auch anders geregelt. Einige spezielle BTL-Chips sind dort z.B. legal, weil sie als „Nebeneffekt“ die Loyalität der Nutzer zum Konzern verstärken (steht bei den BTL-Optionen im Arsenal irgendwo bei)
"Dead Eye" schrieb:
Korrigiert mich mal aber warum soll ein Konzern eigentlich Steuern zahlen, wenn er doch keiner Jurisdiktion der ADL unterliegt?
Vor ein/zwei Jahren wurde ein Politiker (ich glaube aus BaWü, könnte aber auch Stuttgart gewesen sein, oder irgendein Beamter/Behördenvorsteher oder sowas) gefragt, ob seine Stellungnahme gegen DaimlerChrysler so klug sei, schließlich ist DaimlerChrysler ja ein großer Steuerzahler. Seine Antwort lautete, das er froh wäre, wenn DaimlerChrysler mal wieder Steuern zahlen würden.
MMn zahlen extraterritoriale Kons auch keine Steuern, dafür haben wie oben beschrieben, auch heute die Konzerne schon mehr als genug Einfluß, höchstens für Tochterfirmen, die nicht den Extraterritorialstatus genießen. Und selbst hierfür gibt es eine Vielzahl an semilegalen (wobei im konzernrecht eigentlich legalen) Möglichkeiten, die Steuern zu umgehen.
Im Megakons steht eine imho zusammengewurschtelte Erklärung dafür, warum die Konzerne doch Steuern zahlen müssten, sowie einige Tricks, mit denen sie das quasi komplett umgehen können.
Der Staat profitiert immer noch stark von den Megakons, z.B. durch die geschaffenen Arbeitsplätze, andere Einkünfte wie Zoll etc., von der arbeitenden Bevölkerung bezahlte Steuern, direkte Spenden an die jeweiligen Staaten, usw. Kon-Ansiedelungen sind in den meisten Fällen ein Garant für den Staat, einen Großteil der Bevölkerung in Wohlstand und Sicherheit leben lassen zu können, ohne Aufstände befürchten zu müssen.
"Dead Eye" schrieb:
Mein großes Problem mit SR ist ja, dass vor allem der Hintergrund meist nur solange was taugt, wie man ihn nicht näher analysiert und sich ein paar Gedanken macht, denn dass haben viele Autoren anscheinend auch weniger getan.
Wie bereits beschrieben, ist im SR-Hintergrund einiges durchdacht, selbst wenn man ihn genauer analysiert. Fakt ist nur, das man sich die Mühe machen muß, die Details, die man nicht versteht, zu erfahren und zu durchschauen. Besonders, da SR zukünftige Entwicklungen beschreibt, lässt sich über solch fiktive Annahmen und Aussagen immer besser herziehen wie über vergangene. Daher müsste man sich eher Fragen, ob die bei SR bestehenden Hintergründe denkbar sind, ob sie möglicherweise vorkommen können, anstatt nur zu urteilen, wie realistisch sie sind.
Ohne Frage ist nicht alles, was im SR-Hintergrund steht, so auch korrekt durchdacht. Doch bei so wichtigen Sachen halte ich mich lieber an den offiziellen Kanon, wenn sie für das Setting als solches so wichtig sind.
Danke für Deine Aufmerksamkeit