Chili
Die Schicht war ein Reinfall. Irgendeinen sadistischen Vollidioten mit Knarre aus den Fängen einer Barrens-Gang retten. Perfekt. Noch dazu ein Lad, der die Bedeutung von Befehlen nicht verstanden hat und die ganze Truppe gefährdete. Ein Verletzter im Team. Ein übel zugerichtetes Mädchen, ohne dass man den Täter zur Rechenschaft ziehen konnte. Chili seufzte allein beim Gedanken an die Schicht. Und ist froh, als sie nach Schichtende im "Silver Bullet" auftaucht, wo ein paar ehemalige SWAT-Team-Kollegen den Geburtstag von Mikael, eines Teammitglieds feiern. Chili freut sich sichtlich, dass sie noch eingeladen wurde, obwohl sie nicht mehr im Team ist. Zur Feier des Tages dürfen es sogar ein enges schwarzes Etuikleid und Abendmake-up und schön gelegte Haare sein. Die Witze bleiben allerdings, wie immer, eher un-ladylike. Der Abend war lang und lustig, und am nächsten Morgen ist es ein Kampf, aus dem Bett zu kommen um joggen zu gehen.
Als sie am Nachmittag gerade auf dem Weg zu ihrem Bruder ist, ruft Amy an - ein Teammitglied von früher. Als sie Amys Nummer auf dem Com sieht, kommt ihr kurz der Gedanke, dass sie gestern abend vielleicht irgendwas im "Bullet" vergessen hat, und Amy deswegen anruft. Aber dann fällt ihr ein, dass gerade Schicht sein müsste. Und als sie abnimmt, bestätigt sich das schlechte Gefühl. Amy schluchzt, Chili versteht sie daher schlecht. Bei einer Razzia in Snowhomish ist Greg schwer verletzt worden, Micky - der gestern noch Geburtstag hatte - hat's erwischt. Kurz raubt es Chili den Atem. Zwar gehört es dazu, dass es beim SWAT manchmal Kollegen erwischt, aber es bewahrt einen leider nicht vor dem Schmerz, wenn es das eigene Team erwischt. Das Team hat weiter Schicht, aber sie hat frei. Sie versucht Amy so gut es geht aufzubauen und zu trösten, sie irgendwie so "hinzudrehen", dass sie für die restliche Schicht genug konzentriert ist, um nicht selbst draufzugehen. Der neue Teamleiter, ein externer, hat was falsch gemacht. Er hat zwei Mitglieder ihres Teams auf dem Gewissen, am liebsten würde sie ihn eigenhändig zusammenschlagen. Hätte sie ihre Jungs nur doch nie im Stich gelassen....
Ein illegaler U-Turn wird zum Glück von keinem Verkehrspolizisten gesehen, und auch die leicht überhöhte Geschwindigkeit, mit der sie zum Krankenhaus fährt, fällt niemandem auf. Greg wird es schaffen, er hat es schließlich ins KKH geschafft. Aber die Ärzte und Magier mühen sich 7 Stunden mit ihm ab. Chili tröstet seine Frau, die wenige Minuten nach ihr eintrifft. Man kennt sich. Als klar ist, dass Greg durchkommt, darf sie zu ihm. Er ist echt mies drauf. Offenbar hätte er Micky Deckung geben müssen, aber irgendwas ist schiefgelaufen, und jetzt war Micky tot. Es war immer wieder unangenehm berührend, erwachsene, harte Männer weinen zu sehen. Sie versucht ihm so gut es geht, die Moral zu heben. Aber es funktioniert nicht. Mickys Totenwache wird wohl nach Schichtende losgehen, und Greg besteht darauf, dass Chili ihre Zeit nicht bei ihm verbringt, sondern Micky die letzte Ehre erweist.
Nach einem kurzen Abstecher nach Hause und schnellem Umziehen in schwarze Klamotten - Uniform trägt sie ja nicht mehr - fährt sie zu Micky nach Hause. Dort sind seine Eltern, wenigstens war er unverheiratet, und der Rest des Teams tröpfelt langsam rein. Sie hatte Micky selbst ausgebildet, und freute sich, als sie ihn ins Team bekam. Scheinbar war sie nicht gründlich genug. Natürlich weiß sie, wie es läuft, dass es manchmal einfach passiert - aber die Zweifel bleiben. Die Wut wächst. Die nächsten 24 Stunden vergehen mit der Totenwache. Nicht gerade erholsam. Die Textnachricht von Veronique ist dabei völlig unwichtig und wird nicht beantwortet. Danach fährt Chili auf den Schießstand und lässt ihre Wut, sowie Trauer, in nicht weniger als 1200 Schuß Munition raus. Das ist selbst für sie am Stück nicht wenig. Erschöpft fällt sie an diesem Abend ins Bett und lädt ihren Schlafregulator auf. Es werden beschissen lange Schichten.
Der nächste Morgen verläuft leise. Nach dem Aufstehen läuft sie eine Stunde - ohne Musik. Dusche, Kaffee, schwarze Klamotten, Arbeit. Der Geruch nach Krankenhaus macht sie nach den letzten Tagen leicht wütend. Besprechung direkt am Morgen? Super. Eine Neue. Aber irgendwie ist heute die Gefühlswelt zu stumpf um neugierig, oder anderweitig emotional zu sein. Auch die Ansprache des Captains geht irgendwie halb an ihr vorbei. Sie nickt aus reiner Höflichkeit der Neuen, sowie dem Team zu, als sie im Besprechungsraum sitzt. Ansonsten schweigt sie. Ace sieht so aus, wie sie sich fühlt. Dann geht's in den Einsatz....Chili rennt zum Waffenraum....das angenehme Gefühl des Adrenalins und der Fokussierung auf den Einsatz betäubt etwas den Schmerz.