[IP] Sinar Temaram / Zwielicht

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    Das Chaos an der Unglücksstelle war noch nicht wirklich besser geworden, eher schlimmer durch die vielen Rettungskräfte. Sie waren recht unbehelligt bis zu der Stelle vorgedrungen, wo Spark vermutete, dass er Iesyes und die anderen gefunden hatte. Und tatsächlich lag die nach wie vor schwer verletzte Gangerin dort, Gede hatte mehr schlecht als recht die weitere Versorgung übernommen.


    "Was ist mit ihr, Spark? Können wir sie transportieren oder musst du sie hier heilen?" fragte Li ihn.


    Babang musste das mit einem Kopfschütteln verneinen. "Sorry Boss, aber das mit dem Heilen geht nicht. Mein Geist hat das bereits versucht und mehr als einmal funktioniert es nicht. Von hier an kann ihr nur noch Medizin und Zeit helfen. Wir müssen sie also abtransportieren. Vielleicht könnte ein Geist sie aber auf dem Motorad festhalten. Oder wir koppeln unsere Maschinen per Comm und einer von uns hält sie vom Sozius aus fest."



    Er wollte vor allem schnell von hier weg, der Nachhall des Anschlages im Astralraum hatte noch absolut nichts von seiner Stärke eingebüßt und das Chaos der Rettungs- und Sicherheitskräfte machte die Sache nicht besser. Er hatte das Gefühl, als würde er mit seinem inneren Ohr einer Kakophonie lauschen, die beständigt an seinem Nervenkostüm zerrte. Li als Drake musste es fast noch schlimmer ergehen, da er die Astralebene ja permanent direkt wahrnahm.

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    Als Scar das Tatoo lobt, formt die Chinesin ein Lächeln, das fast so raubtierhaft erscheint wie dasjenige der Tigerfrau, die ihren Halsansatz ziert.


    "Das ist Tik, eine von den legendären Pemburu. Sie ist mein Idol", verkündet die Chinesin stolz und blickt dabei kurz auf ihr Tatoo hinab.


    "Ich heiße Siara. Wenn du sagst, du bist mit dem Schiff gekommen, von wo kommst du?"


    Siara greift in ihr Täschchen und holt eine Schachtel chinesische Zigaretten heraus, die sie Scar entgegenhält.


    "Möchtest du?"


    Siara macht es ganz klassisch, gilt doch das gemeinsame Rauchen bei vielen Chinesen noch immer als erste Bande der Kontaktknüpfung. Und auch die anderen Sondai sind nicht mehr fern. Aus dem Augenwinkel erkennt Scar, wie eine Gruppe schrill gekleideter Chinesinnen auf sie und Siara zuhält.

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    Als Scar hört, das Tik von ihrem Idol spricht schaut sie bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit in den Astralraum um sich ihr gegenüber zu betrachten. "Das ist Tik, eine von den legendären Pemburu. Sie ist mein Idol" "Ich heiße Siara. Wenn du sagst, du bist mit dem Schiff gekommen, von wo kommst du?" „Das ist aber toll Siara eine Schwester im Geiste auch ich habe einen Jäger an meiner Seite. Ich komme von weit her. Aus den UCAS. Besser gesagt aus Seattle.“ "Möchtest du?" „Ja danke, Siara gerne.“ Eigentlich rauchte Scar nicht, aber in ihrem Reiseführer hatte sie gelesen, daß eine Ablehnung extrem unhöflich wäre. Scar nahm einen Zug und dann fuhr sie fort. "Ich möchte gerne was Neues kennen lernen. Und Jakarta schien mir eine tolle Möglichkeit." Scar wartet bis die Gruppe Sondai näher gekommen ist. "Hallo ich bin Scar. Ich finde eure Klamotten toll."

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    Als Scar die UCAS erwähnt, hat sie sofort die volle Aufmerksamkeit der jungen Frauen und Mädchen, die sie nun umgeben wie bunte Motten das elektrische Licht. Und auch das Kompliment bezüglich ihrer Klamotten haben die Sondai wohlwollend aufgenommen und zurückgegeben. Um sie herum wogt noch immer die Party. Mit der Zahl der Menschen im Lager steigt auch die Temperatur der schwül-warmen Luft, die ohnehin von den altmodischen Ventilatoren nicht gekühlt, sondern nur umhergeschoben wird. Doch das scheint die Sondai nicht zu kümmern. Sie alle sind in bester Feierlaune, wobei Scar bemerkt, dass einige von ihnen auch bereits eindeutig irgendwelche Drogen eingeworfen oder Patches gesetzt haben.


    Zuerst fällt es Scar schwierig, herauszufinden, welcher Hierarchie sie sich bei den Sondai gegenübersieht, doch im Verlaufe des Abends wird ihr zumindest immer stärker bewusst, dass Siara eindeutig den Ton in der Gruppe angibt. Während die anderen Sondai auch wieder untereinander zu plaudern anfangen oder sich unter das Partyvolk mischen, bleibt Siara in Scars Nähe und schlägt bald auch einen direkteren Ton an.


    "Du bist mit Jing gekommen, nicht? Läuft da was zwischen euch beiden?", fragt sie plötzlich und mustert Scar neugierig und auch ein wenig lauernd.

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    Scar plaudert freimütig über die UCAS, vorallem der Modemetropole Manhattan. Bald kommt das Gespräch auf Mode zu sprechen. Hier kann Scar aus dem vollen schöpfen. Sie feiert mit den Mädels und nimmt auch die eine oder andere Partydroge. Siara ist Scar gleich sympatisch, aber als sie direkter wird wird Scar vorsichtiger.


    "Du bist mit Jing gekommen, nicht? Läuft da was zwischen euch beiden?" "Ich habe Jing auf dem Schiff kennen gelernt. Er hat mir viel geholfen auch hat er mich gestern mitgenommen, da ich hier komplett neu bin." und dann sagt sie bestimmt und direkt. "Und nein da läuft nichts zwischen uns beiden." Irgendwie hatte diese Frage Scar ein wenig die Laune verdorben. Damit habe ich rechnen müssen, wenn ich mich in einen Käfig voller Tiger begebe. Sie meinen ich wildere in ihrem Gebiet. "Können wir das Thema wechseln?"

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    Siara lächelt entwaffnend.


    "Natürlich"


    Doch es kommt zu keinem Themenwechsel. Plötzlich steht Jing bei Scar und mustert kurz Siara.


    "Es wird langsam Zeit, zu gehen", informiert er sie, den Blick auf Siara ruhend.


    Siara lächelt wieder, diesmal fast herausfordernd.


    "Hast du Angst um deine Freundin?"


    "Es gibt wichtige Dinge zu besprechen", weicht Jing Siaras unterschwelliger Bissigkeit aus.


    Plötzlich schauen Siaras Augen in einer Mischung aus Anklage und Furcht.


    "Ihr werdet Unheil über Glodok bringen", murmelt sie, sodass es wegen der lauten Musik kaum zu verstehen ist.


    "Komm, wir gehen", spricht Jing nun Scar direkt an, ohne auf Siaras unheilvolle Botschaft zu antworten.

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    "Jing was meint Siara mit ihr werdet Unheil über Glodok bringen? Ich dachte der Ort ist dir wichtig."


    Fragt Scar Jing vor Siara geradeheraus. Es war ihr egal ob sie die Etikette gerade mit Füßen trat. Sie war so oder so hin und her gerissen zwischen Jing und den Mädels. Sie wusste irgendwie, daß ihre Entscheidung jetzt Wegweisend sein würde. Daher wollte sie Antworten. Ihre ganze Körpersprache zeigte, daß sie eine Antwort wollte und nicht einfach billig abgespeist oder auf später vertröstet werden wollte.

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    Für einen kurzen Moment entgleitet Jings Gesicht im Stroboskop der Lichter die sorgsam gewahrte Fassung. Als er Scar vorwurfsvoll anschaut, ist aber gleichzeitig erkennbar, dass er selbst erkannt hat, dass er aus dieser Nummer nicht ohne eine direkte Antwort herauskommen wird, zumal Siara, lässig, aber erwartungsvoll an den Tresen der Bar gelehnt, ein siegessicheres Lächeln aufblitzen lässt.


    Jing atmet tief ein und wieder aus. Dann hat sein Gesicht die Fassade zurückgewonnen, obwohl seine bedeutungsschweren Worte diese Lügen strafen.


    "Auf der Straße herrscht Krieg, auch wenn man das nicht sieht. Die Unterwelt ist in Aufruhe und das sehr verschachtelte und komplexe Beziehungsgeflecht der Kräfte ist aus den Fugen geraten. Im Moment werden Positionen gewechselt und neue Bündnisse geschlossen. Die Chinesen und Javaner rücken näher aneinander, aber manche sind der Ansicht, dass wir uns heraushalten sollten, da es sonst Unheil über Glodok bringen würde. Aber diese Leute erkennen nicht, oder wollen nicht erkennen, dass sich dem Schicksal fügen nicht bedeutet, nichts zu tun."


    Siara rollt mit dem Augen, als Jings Monolog philosophische Dimensionen eröffnet und zündet sich fast schon ein wenig gelangweilt eine neue Zigarette an.


    "Deine Konfuzius-Weisheiten werden nicht ausreichen, wenn die Untergebenen der Rising Sun zurückschlagen. Es wird Blut fließen und es wird chinesisches Blut sein. Das war in diesem Land schon immer so", gibt sie zurück, doch ihre Körperhaltung zeigt, dass sie des Gesprächs bereits überdrüssig geworden ist.


    "Ich gehe tanzen", sagt sie und lächelt beiden zu, den Blick indirekt auf Scar gerichtet, neugierig, wie diese reagieren würde.

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    Scar rollt mit den Augen und blickt kurz zu dem nicht sichtbaren Himmel und seufzte. Sie hatte sich schon entschieden. Obwohl es so einfach wäre und weiterhin oberflächlich mit Klamotten im Kopf dahin zu leben. Siara schuldete sie nichts.
    "Sorry Siara aber Jing hat mir geholfen als es mir schlecht ging. nun ist es an mir dies ihm gleich zu tun."
    Man merkte, das ihr die Antwort schwer viel aber sie zu der Aussage stand. Als Siara außer hörreichweite war sagte sie seufzend zu Jing
    "Komm gehen wir Jing. Bevor ich es mir noch anders überlege."
    Auf dem Weg fragt Scar Jing. "Zwischen dir und Siara ist mehr als nur die Meinungsverschiedenheit ob ihr euch in den Konflikt einmischen sollt oder nicht."
    Was sie nicht fragt, ob die beiden mal was hatten. Oder ob da immer noch was ist. Ob sie sicht sehen dürfen weswegen auch immer. Aber eigentlich ist es genau das was sie wissen möchte.Sie hätte sich bei den Mädels wahrscheinlich wohl gefühlt.

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    Siara lächelt ihr noch einmal zu. Dann verschwindet sie wortlos in der tanzenden Menge. Dann nickt Jing und führt sie wieder hinaus. Obwohl es ganz sicher nicht der Fall ist, erscheint Scar die Luft draußen plötzlich kühl und erfrischend. Noch immer stehen vereinzelte Gruppen im Zwielicht der alten Neonröhren vor dem Eingang der Lagerhalle und unterhalten sich. Jing geht ein paar Schritte, während er doziert:


    "Die Probleme eines einzelnen sind selten so wichtig wie die der Gruppe."


    Damit scheint für ihn die Sache erledigt. Nachdem er sich mit Scar einige Schritte vom Eingang entfernt hat, bleibt er stehen und schaut sie nun an.


    "Bist du bereit für ein wirklich wichtiges Treffen?"

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    Langsam, aber sicher ziehen sich die Blades vom Ort des Anschlages zurück. Darul Islam hat, zumindest sofern die Information des Majors stimmt, ganze Arbeit geleistet. Das Viertel ist in Aufruhe, und das Bild von Tod und Zerstörung allgegenwärtig. Alle Blades sind deshalb mehr als nur froh, als sie wieder die ruhigeren Geflde inmitten Jakarta Selatans erreichen und damit ein Territorium, das sie wie ihre Westentasche kennen. Die anderen Gangmitglieder, die noch im Quartier verblieben waren, begrüßen die Heimkehrer stürmisch und mit großer Freude. Aus den verfügbaren Mitteln wurde ein wahrer Festschmaus gezaubert, sodass es nach Satespießen, Rendang, Reis und Sambal duftet. Für Iesye indessen können die Blades nicht mehr tun, als sie vorerst ruhen zu lassen. Li und den anderen ist allerdings klar, dass sie schnellst möglich medizinische Versorgung benötigt.

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    "Bist du bereit für ein wirklich wichtiges Treffen?" "Klar wann soll es stattfinden?" Scar schaut während des gehens Jing an. "Muss ich vorher noch irgendwas wissen, zum Beispiel worum es sich hier um den Unterweltkonflikt dreht? Alles was ich weis ist, daß die Einheimischen mit den Suns, wer auch immer die sein sollen Stress haben und die Chinesen den Kopf hinhalten sollen. Oder so ähnlich."

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    "Es ist gut, Bescheid zu wissen", stimmt Jing ihr zu, nur im nächsten Moment seine Aussage bereits wieder zu relativieren.


    "Zuerst kümmern wir uns um dein Schicksal. Alles weitere wird sich dann ergeben."


    Er lächelt wieder.


    "Wir können zu Fuß gehen. Komm."


    Jing verschwindet mit Scar wieder im schillernden Reigen des Nachtmarktes und der belebten Straßenzüge Glodoks.

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    Scar ist gar nicht mit der Antwort zufrieden. Irgendwie fühlt sie sich wie ein Pingpongball. Als dann noch Jing sagt "Zuerst kümmern wir uns um dein Schicksal. Super irgendwie wollte ich das gar nicht hören. Alles weitere wird sich dann ergeben." Als Jing lächelt lächelt Scar gequält zurück. Scar reiß dich zusammen. Du hast es dir gerade selbst eingebrockt. Hättest ja bei den Sondai bleiben können.
    "Wir können zu Fuß gehen. Komm."
    Scar nockt nur und folgt Jing wortlos. Zum Glück hatte sie anständige Klamotten an.

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    Der nächtliche Fußmarsch durch die Straßen Jakartas gleicht einer aufregenden Mischung aus Nervenkitzel und Fremdartigkeit. Nachdem sie den Nachtmarkt hinter sich gelassen haben, arbeiten sich Scar und Jing über die chaotische und vielbefahrene Jl. Gajah Mada vor. Die große Verkehrsachse, die Glodok wie ein scharfes Messer aus einem Strom von Metall durchschneidet, stellt eine ehrfurchtgebietende Barriere für jeden Fußgänger dar. Obwohl das Verkehrsleitsystem Jakartas prinzipiell jedes Vergehen automatisch in Rechnung stellt, ist Scar bereits bei ihrer gestrigen Fahrt bewusst geworden, dass das System restlos überlastet ist. Zudem kommen die Horden an vorzeitlichen Fahrzeugen hinzu, die außerhalb des Systems fahren und mangels SIN ihrer Besitzer nicht bei der Verkehrsbehörde registiert wurden. Niemand stoppt, als die Drohnenampeln und ihre zusätzlich geschalteten AR-Abbilder auf rot schalten. Scar und Jing müssen sich, wie die anderen, teils mit Waren beladenen Fußgänger auch, einem Katz- und Mausspiel gleich über die gewaltige Fahrbahn schlängeln. Mehrmals bleiben sie ihm chaotischen Verkehr stecken und können weder vor noch zurück, während Motorroller sie wie ein Schwarm wilder Hornissen umfahren. Scar steht der Schweiß auf der Stirn, als sie endlich die andere Seite erreichen. Entsetzt stellt sie fest, dass die Gajah Mada eine ebenso große Parallelstraße hat, die sie nun ebenfalls überkehren müssen.


    Eine gefühlte Ewigkeit später befinden sich Scar und Jing im Ostteil Glodoks. Schmale Gassen mit überhängenden Stromkabeln führen sie am alten Metropole Hospital vorbei, dessen Klimaanlagenauslassöffnungen monoton rattern. Dicht beinander stehende Gebäude, Lagerhallen und Depots säumen den Weg. Bald schon hat Scar jede natürliche Orientierung verloren. Schließlich erreichen sie einen Kanal - sie haben die Ostgrenze Chinatowns erreicht. Alte Neonröhren flackern unter der Allee aus Bäumen, die am Kanalufer ruhen. Eine Schar aus mobilen Imissständen hat das Ufer okkupiert und der würzige Duft von Satespießen vermischt sich mit dem Geruch von Öl und Benzin, das in Jakarta nach wie vor einen ernstzunehmenden Konkurrenten zu moderneren Antriebsmitteln darstellt.


    Jing schlägt die Uferstraße in Richtung Süden ein, biegt in eine Seitenstraße und schließlich eine noch unübersichtlichere Gasse ein und stoppt schließlich vor der bunten AR-Reklame eines Nachtclubs. Eine Gruppe männlicher Chinesen tummelt sich vor dem Eingang und Scar weiß intuitiv, dass es sich bei ihnen um Gangster handelt. Jing grüßt die Gruppe knapp und führt Scar dann eine kahle Betontreppe hinab.

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    Scar steht der Schweiß auf der Stirn, als sie endlich die andere Seite erreichen. Entsetzt stellt sie fest, dass die Gajah Mada eine ebenso große Parallelstraße hat, die sie nun ebenfalls überkehren müssen.


    „Also Jing ich kenne da einen angenehmeren Weg, und der ist echt sicherer. Ich könnte uns rüber levitieren und wenn du Sorgen hast, daß uns jemand sieht rufe ich Sylvie. Die sorgt dafür, dass uns keiner sieht.“ Da Jing keine Einwände hat ruft Scar Sylvie. Sylvie ein Luftgeist in Gestalt einer jungen Frau mit langen wehenden Haaren und einem geblümten Sommerkleidchen, das an den Rändern zu Nebel wird erscheint. „Hi Sylvie kannst du uns beide.“ - Scar deutet auf Jing – „bitte verschleiern wenn ich uns über die Straße hier levitiere. Es muss ja nicht jeder sehen, daß es einen angenehmeren Weg gibt diese Todeszonen zu überqueren.“ Sylvie lacht glockenhell. „Da hast du echt Recht. Stell dir mal vor wie der Luftraum dann aussehen würde.“ Scar fällt in das ansteckende Lachen von Sylvie ein. Etwas Anspannung weicht von ihr. Die vertraute Anwesenheit des Geistes macht vieles leichter. Nachdem die beiden die Straße über die Luftbrücke überquert haben wendet sich Scar Sylvie zu. „Danke meine Teuerste. Treib nicht zu viel Unfug zuhause.“ Sylvie antwortet darauf gespielt entrüstet. „Das würde ich doch nie tun.“ Sie gibt Scar einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Lass dich nicht unterkriegen Kismet.“ Und Sylvie verschwindet langsam indem sie immer mehr zu Nebel wird und sich in der Nacht verflüchtigt. Zurück bleibt ein leichter Duft einer Blumenwiese im Sommer.
    Scar und Jing laufen weiter durch Glodok. Scar ist viel beschwingter, nachdem sie Sylvie gerufen hatte. Bei dem Nachtclub angekommen mustert Scar die Gangster kurz um einzuschätzen wie gefährlich die werden können. Dann folgt sie Jing die kahle Betontreppe hinab. Bin gespannt wen ich nun hier treffen soll. Auf jeden Fall werden es Chinesen und evtl. Javaner sein. Beide Gruppen in der Unterwelt ansässig. Sie wappnet sich innerlich bevor sie durch die Tür tritt, in der alle versammelt sind. Scar konzentriert sich noch mal auf ihre Maskierung. Muss ja nicht jeder gleich wissen wer ich bin.

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    Aufmerksam hatte Jing Scars magische Fähigkeiten und vor allem die Beschwörung des Geistes verfolgt.

    "Es ist gut, dass du dich mit den Geistern verstehst. Das schätzen wir Chinesen sehr. Aber sei vorsichtig, wem du deine Fähigkeiten zeigst. Jakarta ist ein übervölkerter Ort und Indonesier sind vermutlich die geschwätzigsten Menschen, die es gibt. So etwas bleibt nicht lange verborgen, wenn man nicht sehr vorsichtig ist"
    , erteilt er ihr schließlich seinen Rat, kurz bevor sie Gasse mit dem Nachtclub erreichen.


    Das Innere des Clubs strahlt eine ganz andere Atmosphäre aus, als der Lagerhausschuppen, in dem die Party stattgefunden hat. Es ist kühl, denn die Klimaanlage ist hochwertiger und funktioniert offensichtlich einwandfrei. Der Großteil der Personen, der um die leicht erhöhten, pagodenförmigen kleinen Bühnen verteilt sitzt, ist eindeutig chinesischer Herkunft. Im Dämmerlicht des Clubs räkeln sich auf den Podesten hübsche, leicht bekleidete Chinesinnen zum Beat elektronisch geprägter Popmusik. Jing schenkt ihnen keine Beachtung und führt Scar rasch durch das Clubinnere in einen abgetrennten und etwas ruhigeren Bereich. Hier betreten die beiden ein großes Eckseparee, das von einem guten Dutzend Personen bevölkert wird, bei denen es sich um junge chinesische Frauen und Männer handelt. Der ein oder andere hat sogar noch jugendliche Züge. Es wird feierlich getrunken und gemeinsam gespeist, wobei die Personen chaotisch verteilt in kleinen Gruppen beieinander sitzen und miteinander plaudern. Im Mittelpunkt der Szenerie thront eine reizvolle Chinesin, deren schwarz-violettes Haar hochgesteckt ist und deren schlanker, ansehnlicher Körper sich in einem modern geschnittenen, knallig-roten Qipao, einem eigentlich traditionellen chinesischen Kleid, räkelt. Das eigentlich lange Kleid wurde bewusst gekürzt und enthüllt nackte, helle Haut unterhalb der Knie, während es oben rum die Arme freilässt und über der Brust halbtransparent zum Hals hin zuläuft. Jing führt Scar zu Mei Ling und vollführt eine leichte Verbeugung gegenüber der jungen Frau. Diese mustert Scar neugierig und schenkt ihr ein Lächeln ihrer knallig-roten Lippen.

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    Durch die Magie, wenn auch kleine Magie, hat sich Scar wieder lebendig gefühlt. Das war ihre Welt so verliehren sich Jings Worte im Rausch.


    Scar ist etwas verwirrt durch die starken und fremden Eindrücke im Club. Die fremde Musik, das Licht und die fremden Menschen. Als sie dann das Eckseparee bertitt fängt sie sich wieder. Hier sind weniger Menschen und sie kann wieder fokussieren. Als sie dann die reizvolle Chninesin in ihrem traditionellen, doch kurzen Kleid erblickt muss sie zwei mal schauen. Instinktiv, weis Scar, daß dies die Gastgeberin ist. Es ist besagte 'Große Schwester Ling'. Scar ist fasziniert von dem Kleid, und von der Ausstrahlung der Chinesin. Scar mustert die vermeintliche Ling ebenfalls neugierig. Scar erwiedert das Lächeln leicht schüchtern. Dann schaut sie kurz fragend zu Jing um sich zu vergewissern ob es wirklich Ling ist. Als dieser kaum merklich nickt sagt Scar in einer Verbeugung zu Ling "Große Schwester Ling es ist mir eine Ehre Eure Bekanntschaft zu machen." Scar versucht selbstbewusst aber respektvoll rüber zu kommen. Zum Glück habe ich nicht meine abgerissenen Klamotten von vorhin an. Die lila enanliegende Hose und das Tubetop gaben einen starken Kontrast zu ihrem Scmuck und der chromfarbenen silbernen Haut und dem leichten funkeln der grünen Schuppen. Die Glasarmreifen klimperten leicht. Am liebsten hätte sie sich in ihrer vollen Pracht gezeigt. "Jing sagte mir hier würde sich mein Schicksal erfüllen."

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    Ling lächelt, erfreut über Scars Höflichkeit. Scheinbar hat sie bisher alles richtig gemacht. Mit einem Seitenblick zu Jing, antwortet die Chinesin schließlich:


    "So, hat er das... am besten setzt du dich erstmal."


    Mei Ling klopft mit ihrer Hand auf den Platz neben sich und wartet dann, bis Scar sich zu ihr gesetzt hat.


    "Möchtest du etwas trinken oder essen?"

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    "So, hat er das... am besten setzt du dich erstmal." Scar setzt sich auf den ihr zugewiesenen Platz. Der betörende Duft Mei Lings Parfum umweht Scar. Die Chinesin war aus der Nähe noch beeindruckender.
    "Möchtest du etwas trinken oder essen?" Scar entgegnet darauf "Ja Danke. Das wäre sehr nett." Scar wartet bis sie bedient werden und beteibt solange smaltalk mit Mei Ling.