[IP] Krakatau

  • Regenwolken verschleiern den Himmel über den Schiffswracks, Anbauten, Verbindungsbrücken und Pontons des Schmuggler- und Piratennestes Mompracen. Eine Sturmfront zieht heran, und wie fragile, aber mächtige Spinnennetze breiten sich Blitzkaskaden über dem grauschwarzen Himmel aus, während die Berge Sumbawas Feuer spucken und den Horizont verdunkeln. Die See ist unruhig, Kanjeng Ratu Kidul, die Göttin des Meeres, scheint aus ihrem trügerischen Schlummer erwacht und zügellos zu wüten. In der alt-javanischen Logik, dem Grundstein der einstigen, Inseln umspannenden Königreiche der hindu-javanischen Epoche, zeugten Naturkatastrophen, ein Aufbäumen der Umwelt stets den Beginn von Machtverschiebungen an. Aber in der javanischen Logik waren es nicht die Naturgewalten, die zum Sturz des Königs führten, da sie sein Land zerstörten, Hungersnöte herbeiführten oder Städte dem Erdboden gleich machten, sondern die schwindende Macht des Königs selbst, führte überhaupt erst dazu, dass diese Gewalten, die stets aufrechtzuerhalten gebotene Harmonie zwischen Mikro- und Makrokosmos irreparabel stören konnten. Sie waren ein Symbol für den Machtverlust, ein Zeichen für den Wechsel von Herrschaft oder den Tod eines Königs. Doch die wenigsten Bewohner Mompracens wissen um diesen Umstand, kennen das komplexe Gefüge javanischer Mythologie. Als der Regen mit zorniger Gewalt auf Mompracen niedergeht, flüchten die meisten in die umgebauten und modifizierten Schiffswracks oder verkriechen sich in anderen Löchern, die es in dem Schmugglernest zu Hauf gibt. Einige Wenige erinnern sich vielleicht der mächtigen, uralten Göttin der See und huldigen ihr, um größeres Übel abzuwenden. Doch für die meisten nimmt der Abend seinen gewöhnlichen Lauf, wäre da nicht dieses seltsame, unterbewusste Gefühl, dass weit entfernt, jenseits der Sturmfront, etwas Bedeutendes geschehen war.


    Einer der Männer, die es besser wissen, die die Geschichten der alt-javanischen Könige kennen und achten, ist Radil, Leutnant des mächtigen Drogenbarons Selani. Manche mögen ihn abergläubisch nennen, so wie von den meisten Javanern gesagt wird, sie seien es. Aber Radil kennt einige der Wahrheiten, die tief in den komplexen, auf Koinzidenz basierenden Erzählungen der alten Lontar-Bücher ruhen. Nur der Tod eines Königs oder die tiefe, reinigende Meditation eines der machtvollen pandawa-Krieger können solche Naturgewalten herbeiführen – so zumindest steht es geschrieben. Und Zufälle sind ohnehin dem javanischen Denken äußerst fremd. Ein Bote muss entsandt werden. Ein neuer Wayang-Schirm ist errichtet, auf das eine neue Lakon beginne. Und Radil wird nicht abseits stehen, wenn die Schatten tanzen.


    Als der Regen anbricht und Mompracen in seinen dichten Schleier hüllt, legt der Bote so eben das letzte Stück seines Weges zurück. Der kleine Mann ist äußerst flink, aber dennoch heimlich wie ein Schatten. Er scheint jeden Winkel des verzweigten Schmugglernestes zu kennen und legt seinen Weg unbeirrt zurück, ohne aber in Hast zu verfallen. Ein letztes Mal sucht er sich seinen Weg durch die düsteren Eingeweide eines aufgerissenen Schiffskörpers, aus denen Mompracen zu großen Teilen besteht – dann hat er den Liegeplatz der Shiva am nördlichen Rand, jenseits der mächtigen Korallenriffe erreicht. Obwohl sein Atem schnell geht, strahlt sein Körper Ruhe und Gelassenheit aus, als er sich dem ruhenden Piratenschiff und seinen Bewohnern nähert.

  • Auf der Shiva ist die Annäherung des Mannes, der augenscheinlich völlig alleine unterwegs ist, nicht unbemerkt geblieben. Vielmehr ist der Bote kein Fremder, sondern ein bekanntes Gesicht für jene, die sich in Radils Dunstkreis aufhalten. Sein Name ist Sartono, und die Crew kennt ihn als Radils persönlichen Adjudanten. Sartonos Auftauchen erweckt ambivalente Gefühle. Erst vor Kurzem ist innerhalb der Truppe darüber diskutiert worden, wie die Beziehungen zu Selanis Leutnant in Zukunft weitergeführt werden sollen. Sicherlich hat die Crew der Shiva in der Vergangenheit extrem von ihrer engen Bindung zu Radil profitiert - davon zeugt die Shiva selbst und auch das ein oder andere Kleinod aus der Waffenkammer der Truppe. Aber eben jene 'enge Bindung' ist es auch, die dem ein oder anderen Crewmitglied zunehmend Kopfschmerzen bereitet. Was wird Radils Bote wohl wollen? Welche Nachricht überbringt er? Wird Radil nun gewisse Gefallen für die Informationen zurückfordern, die der Crew in den letzten Monaten einige lukrative Fänge eingebracht haben? Oder ist der Mann vielleicht sogar gekommen, um das fragile, inoffizielle Bündnis auf eine neue Basis zu stellen? Ganz egal, was auch der Grund des Botenganges sein mag - die Ruhe der letzten Tage wird heute Nacht wohl ihr Ende finden.

  • -3-


    Ratu Kidul scheint erwacht zu sein und macht das Meer zum Spiel ihrer Launen. Redjack spürt ihren Atem der seine langen roten Haare wehen lässt. Das Volk seines Balinesischen Vaters erfüllt der Anblick des tosenden Meeres in dessen Untiefen die Dämone hausen mit Grauen. Das Erbe seiner holländischen Mutter hat ihn jedoch mit einer unendlichen Neugier und Liebe zum Meer ausgestattet. So fühlt er sich mal wieder als Wanderer zwischen zwei Welten als er auf die Wellen hinausblickt. Der nun stärker einsetzende Regen durchnässt sein buntes Batikhemd in Sekunden. Zeit ins Trockene zu kommen.


    Da stößt Kiki über ihm ein krächzen aus. Der Merlinfalke scheint etwas erspäht zu haben. Auf dem rostigen Pier, oder was hier zumindest als Pier durchgeht, nährt sich ein Mann.
    Redjack zoomt mit der Vergrößerung seiner Sonnenbrille heran.
    Es ist Sartono.
    Wenn der sich bei dem Regen hier rauswagt muss es wohl etwas wichtiges sein.
    Redjack streckt seine behandschuhte Hand aus. Das ist das Zeichen für Kiki zurückzukommen.
    Der Merlinfalke dreht eine letzte Runde im warmen Regen und setzt dann zur Landung auf Redjacks Handschuh an.
    Zu Beginn ihrer Freundschaft hat er Kiki immer nur auf seinem Handschuh gefüttert. So gewöhnte sich der kleine Merlinfalke an sich dort niederzulassen sobald Redjack den Arm in dieser Position ausstreckte.
    Doch diesmal hat er leider kein Leckerli für Kiki dabei, was seinen kleinen Freund schmollen lässt, sofern ein Vogel zu solch einem Gesichtsausdruck fähig wäre.


    Unterdessen hat Satrono das Schiff erreicht. Redjack winkt ihm mit der freien Hand zu und informiert gleichzeitig seine Kameraden über AR-Verbindung.
    <<Wir bekommen Besuch. Pak Sartono. Ich lass ihn mal an Bord, OK?>>

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -4-
    José


    Der Strand reichte so weit das Auge sehen kann. Das Meer umspülte sanft Josés Zehen, als er dort lag, rechts neben ihm sein Bruder, links eine nette Chica, in der einen Pranke ein Drink, in der anderen eine Brust, in der Fresse ein Joint. Oh ja, so ließ es sich leben...


    <<Wir bekommen Besuch. Pak Sartono. Ich lass ihn mal an Bord, OK?>>


    Unsanft wird José geweckt, reckt sich auf und stößt mit den Hörnern gegen die obere Pritsche, was den Schmerz wellenartig durch den gesamten Schädel schießen lässt und den Kater aktiviert. Instinktiv streckt er die Hand nach hinten aus und sucht die Flasche. Er findet zwei, aber nur eine davon verströmt den charakteristischen, scharfen Geruch. Er nimmt einen tiefen Zug und spielt dann die Nachricht über sein Kom ab. God bless the Speicherfunktion.
    <<<Oi, hier's José. Sartono komm'? 'ch schmeiss mich mal in Schale... Awgh, mein Kopf...>>>
    José schwingt sich aus der Pritsche. Sich die Pillenschachtel schnappen und sich eine gegen den Kater einzuwerfen geht in einer sehr lockeren Bewegung vonstatten, sodass man glaubt, er mache das nicht zum ersten Mal. Dann wäscht er sich, zieht sich den alten Militäroverall an, die zur Wollmütze zusammengerollte Sturmhaube und die Cargoweste, die sowohl Werkzeug als auch Munition und Granaten transportiert. Die praktische Remington wandert an die Hüfte, ein Kaffee in die Niere und ein Käsebrötchen in den Verdauungstrakt. All das geht so schnell vonstatten, wie es mit einem MBW-System nur möglich ist. Dann hastet José schon die Stufen hoch.
    <<<Redjack, ich bin bald da. Ich empfange unseren Gast dann, OK?>>>

  • -5-


    Mellow hatte sich den Tag über auf der Shiva geräkelt. Die letzten Tage hatten Mellow ein wenig nervös werden lassen, wie immer, wenn die Tage im Hafen ereignislos dahinstrichen. Er wusste, dass er es dann immer wieder schaffte sich in Probleme zu manövrieren, indem er Streit mit den falschen Leuten suchte, oder irgendeinen anderen Blödsinn anstellte. Nicht, dass er Angst haben musste körperliche Blessuren davonzutragen, aber Mompracen war ein unübersichtliches Geflecht von Verwandtschaften, Freundschaften und Verpflichtungen. So sehr Mellow auch einzelne Leute lesen konnte, so war er einfach blind was die Netzwerke anging und sein Aussehen machte es leicht ihn zu identifizieren. Er erzeugte zu oft Ärger und er wusste es. Er liebte die Spannung der Auseinandersetzung und so ertappte er sich immer wieder dabei, welche zu suchen statt sie zu vermeiden. Die Konsequenzen solcher Schlägereien lagen aber meistens jenseits seines Bewußtseins und sein Verstand schaffte es immer nur eine Weile lang, ihn davon abzuhalten sich in Situationen zu manövrieren, die zu Ärger führten. Vor seiner Zeit als Pirat und Schmuggler hatte er sich an den schnellen Lebensstil der Schatten gewöhnt und das Leben auf See forderte ihm manches mal eine Geduld ab, die ihm fremd war. So auch heute. Und die Spannung die in der Luft lag trug ihr übriges dazu bei. Nicht, dass er diese Spannung wirklich identifizieren oder gar lokalisieren konnte, so spürte er doch die Auswirkungen der Veränderung.


    Nervös ist er wie ein eingesperrter Tiger auf der Shiva herumspaziert, und hatte Ching Shih, seinen roten Ara auf dem Oberdeck unwirsch mit Nüssen gefüttert, bis der Regen die beiden an Deck überrascht hat. Ching Shih machte keine Anstalten sich mehr naß regnen zu lassen als nötig und verzog sich unter Deck, während Mellow den Regen auf sich niederprasseln ließ. Der Regen war wie eine Erlösung nach der Ungewißheit und Anspannug. Etwas würde passieren. Mellow wusste zwar nicht was, aber eigentlich war es ihm auch egal. Hauptsache etwas passierte. Durchnäßt und vom Sturm gepeitscht wartet Mellow der Dinge, die da kommen mögen. Ein wenig verloren in Details, wie es bei stark vercyberten Menschen häufiger vorkam, starrt er in die Dunkelheit und auf die fliegenden Wassertropfen. Wind und Regen ließen ihn sich am Leben spüren.


    <<Wir bekommen Besuch. Pak Sartono. Ich lass ihn mal an Bord, OK?>> unterbricht die Nachricht Redjacks seine Träumerei.


    <<<Aye>>> erwidert er ein wenig gedankenverloren und sammelte sich, bevor er sich auf dem Oberdeck erhebt und auf das Boot herunterschaut.

  • -6-


    José trifft Radils Adjudanten, der neben dem Troll wahrlich winzig erscheint, auf Deck. Trotz des aufziehenden Sturmes und der unbestimmten, aber spürbaren Anspannung, die Mompracen an diesem Abend erfasst hat, ist Sartono anscheinend bester Laune - aber etwas anderes hat Josè auch nicht erwartet. Nicht ein einziges Mal, seit der Troll nun im weitgefächerten Archipel weilt, hat er einen Einheimischen ohne ein Lächeln auf den Lippen gesehen. Nach einem grüßenden Nicken, reckt Sartono den Kopf nach oben, ohne allerdings direkten Augenkontakt zu suchen.


    "Selamat malam, Mas. Pak Radil schickt mich mit einer Einladung zu euch. Er möchte sich mit euch im Tulang treffen und hofft, auf zahlreiches Erscheinen."


    Verkündet Sartono die ihm aufgetragene Botschaft, ohne darauf zu warten, ob José ihn ins Schiffinnere bittet. Anscheinend ist Sartono doch angespannter, als es der erste, oberflächliche Blick offenbart hat. José weiß, dass die Art des Mannes zum Großteil Fassade ist, um die komplexe Etikette zu wahren, die von den hiesigen Gesellschaftsstrukturen geprägt ist - aber dass der Mann seine Botschaft sofort verkündet hat, zeugt davon, dass es sich um etwas sehr Wichtiges handeln muss. Etwas, das keinen Aufschub duldet.

  • -7-
    José


    José zieht die rechte Auenbraue ein winziges Stück hoch, sodass nur ein sehr guter Beobachter diese Geste bemerken kann. Die Nervosität des Adjudanten ist unübersehbar. Der Tag verspricht interessant zu werden.
    "Selamat malam, Mas. Natürlich werden wir der Einladung des sehr geehrten Pak Radil folgen. Wann sollen wir erscheinen?"

  • -8-
    Craig


    Craig war in seiner Kabine und machte einige Gymnastikübungen, damit er gelenkig blieb, ansonsten hatte er an Board kaum möglichkeiten sich fit zu halten also trainierte er so. Gerade als er begonnen hatte Handstandliegestütze zu machen kam die Nachricht von Redjack rein:
    <<Wir bekommen Besuch. Pak Sartono. Ich lass ihn mal an Bord, OK?>>
    Craig entschied sich weiter zu trainieren und ging anschließend als er fertig war duschen. Vorher schaltet er aber noch sein Com auf "passiv", nachdem er Redjack eine Bestätigung geschickt hat, was klar für die alle heißt das er sich gerade bereitmacht.
    Keine 5 Minuten später zieht er seine angepasste Ganzkörperpanzerung an sowie seine verhüllende Kleidung. Die Pred wandert in den Schnellziehhalfter am rechten Oberschenkel sowie die Messer in ihre Scheiden. Dann legt er noch die Atemschutzmaske sowie seine Spezialbrille an und sofort schickt sein Kom ein bereitschafts Signal. Er macht sich auf dem Weg an Deck.

  • -9-
    Ray


    Ein Sturm war herrausgezogen und lies die Wellen gegen die Shiva schlagen. Gegen den Wind, mit zugehaltenem Mantel und ins Gesicht gezogener Kaputze steht Ray an der Rehling und beobachtet die schaeumenden Wellen die sich gegen die Boardwaende der merkwuerdigen Stadt aus Schiffsruempfen warfen. Er liebte das Meer, heute war es Wild und ungezaehmt. Es machte den Eindruck als wollte es den Rost dieses Schiffsfriedhofs vernichten und in seien Tiefen reissen. Das Meer schien es einen Groll gegen irgendwas zu hegen. Ray mochte diese Vorstellung zumindestens irgendwie, auch wenn er sich nie wirklich dadrauf einlassen konnte. Zu tief sassen seine doch recht wissenschafltiche Weltsicht und Erziehung.
    Er hoert Jose mit jemandem reden, dessen Stimme er nicht zurechnen konnte. Sie schienen Besuch zu bekommen.
    Er drehte sich mit dem Ruecken in den Wind und bewegte sich langsam auf Jose und den Fremnden, den er jetzt als Sartono erkennen konnte zu. Der Wind schob ihn auf die beiden zu, er blieb allerdings in etwas mehr als einem Meter entfernung stehen. Leise begruesste er den Einheimischen. Er mochte die aufgesetze Froehlichkeit nicht wirklich und legte deshalb auch keinen grossen Wert dadrauf jetzt ein Gespraech zu fueheren. Das sollte Jose erledigen. Ihn verwunderte es allerdings dann doch als Sartono sofort zur Sache kam. Irgendetwas musste passiert sein.

    Ray: Elf mit schwarzen langen Haaren. Ehemals Kampftaucher der australischen Marine mittlerweile Pirat.
    Bonepicker: Aelterer leicht desillusionierter ehemaliger Militaerarzt. Hinkt leicht.
    Vagabond: Junger Squatter und Rumtreiber, immer auf Achse, ehemals in einem Zirkus als Messerwerfer aktiv.
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    Datenschützer sind empört, die Regierung aber beschwichtigt: Das alles geschehe sowieso längst.

  • -10-


    "Pak Radil möchte gerne baldmöglichst mit euch sprechen."


    Verkündet Sartono, nachdem er auch Ray ein grüßendes Lächeln und Kopfnicken geschenkt hat, in einem Ton, der einen Fremden dazu verleiten könnte, zu glauben, der Mann würde einen einfachen Smalltalk halten. Nach dem hiesigen Zeitverständnis, das im Allgemeinen nicht sehr exakt ausgeprägt ist, würden der Crew noch gut einige Stunden bleiben, bis man sie im Tulang wirklich vermissen würde.


    "Ich werde gerne auf euch warten, wenn ihr möchtet."


    Fügt er noch hinzu, denn schließlich liebten Javaner nichts mehr, als ihr Omong Kosong, ihr 'leeres Geschwätz', halten zu können und sich über alles und jeden in ausführlichster Art und Weise auszulassen. Hierzu ließen sie kaum eine Gelegenheit ungenutzt, selbst wenn es sich dabei um das Überbringen wichtiger Nachrichten handelte.

  • -11-
    José


    "Wenn es so dringend ist, sollten wir Pak Radil nicht warten lassen. Ich denke, zumindest ich sollte mich vorher passend anziehen. Ich versammele dann alle. Wenn sie wollen, können sie solange in die Kantine kommen. Ich könnte ihnen einen Tee aufbrühen, um die Wartezeit zu überbrücken."
    José machte eine einladende Geste, war jedoch innerlich um einiges angespannter, als er nach außen wirkte. Das Ganze... Nun ja, irgendwas schien da los zu sein.
    José schaltete das Subvocal-Mikro an.
    <<<Hier José. Wir sollen uns sofort mit Radil treffen. Am besten ziehen wir uns etwas halbwegs ansehnliches an. Ich bringe Sartono in die Kantine und putze mich raus, wir treffen uns dann dort, in Ordnung?"

  • -12-


    Mit einem unbestimmten Lächeln nimmt Sartono die Einladung an. Mittlerweile hat der tropische Regen, der von Sumbawa hergezogen ist, Mompracen in seinem Schleier gefangen und geht in Massen auf Deck und Aufbauten der Shiva nieder. Auf den Piers entlang des Randes spült das unbezwingbare Wasser Alles in Ratu Kiduls Rachen, was nicht angebunden oder anderweitig festgemacht ist. Die See bäumt sich auf, so als würden gewaltige Kreaturen in ihr wüten.


    In der Kantine angekommen, setzt sich Sartono auf eine der Sitzbänke und nimmt dankend seinen Tee in Empfang.


    "Etwas braut sich dort draußen zusammen... ."


    Meint der Javaner beiläufig, und doch ist ersichtlich, dass er damit mehr meint, als die aufziehende Sturmfront.

  • -13-



    Redjack geht in seine Kabine und zieht seine Panzerjacke über. Das ist zwar in der feuchte Hitze unangenehm macht ihm aber nach all den Jahren nichts aus. Das Tulang ist nicht mehr ganz so gefährlich wie in den 60ern (damals hatte die Tigergestaltwandlerin der legendären Pemburu-Crew mindestens einmal im Monat den Laden zerlegt) aber sicher ist sicher. Darum steckt er noch seine Steyr TMP in den Halfter.
    Er füttert Kiki noch mit einem getrockneten Gecko und lässt das Bullauge offen. So kann Kiki, sollte der Regen nachlassen rein und raus fliegen. Das ist zwar eine Sicherheitslücke, aber selbst ein Zwerg wäre zu groß um durch das Bullauge herein zu klettern.


    So gerüstet begibt er sich zur Kantine wo José, Ray und ihr Gast Sartono bereits warten.
    Redjack begrüßt die drei mit seinem freundlichsten indonesichen Lächeln (das überhebliche grinsen spart er sich für die Gegner auf). Und bieten jedem der will eine Zigarette (echter Tabak!) an.


    "Etwas braut sich dort draußen zusammen... ."


    Meint der Javaner beiläufig, und doch ist ersichtlich, dass er damit mehr meint, als die aufziehende Sturmfront.

    „Da hast du sicher recht. Das klingt jetzt nach billigem Trid – aber auch Kiki ist nervös, und der LIEBT normalerweise Stürme.“


    Redjack wischt mit einer Armbewegung irgendwelche leeren Schachteln und Plastikbecher von der Sitzbank und macht es sich bequem. Bis auf Kiowas peinlich saubere Brücke gleicht der Rest des Schiffes immer mehr einer Müllkippe aber darüber sehen Indonesier gerne hinweg.

    „Was gibt es sonst neues? Hast du was von den Idioten von der Jadekaiser oder der Gerhana gehört?“

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

  • -14-


    Mellow tritt vom Oberdeck in die Brücke, in der er eine Spur aus Tropfen hinterläßt, die von seiner Kleidung und aus seinen Dreadlocks auf den Boden fallen. Völlig durchnäßt durchquert er das Boot und erscheint auch derart in der Messe. Die Nässe machte ihm offenbar nichts aus und seine hellen Zähne blitzen zwischen den dunklen Lippen. Sein Commlink analysiert die Situation und Körpersprache aller Anwesenden. Eine wirklich nützliche Software. Schade, dass sie ihm nicht abnehmen konnte daran zu denken, mit wem jemand befreundet sein würde. Aber hier war es kein Problem, denn bei Sartono war es offensichtlich.


    "Apa khabar, Om? Wie ich sehe hat man dir schon Tee angeboten. Hast du Hunger?" begrüßt Mellow Sartono.

  • -15-
    José


    José eilt mittlerweile in seine Kabine und ersetzt den Tarnanzug durch legere, halbwegs elegante Freizeitkleidung: Hemd, Jeans, Jackett und ein wasserdichter Trenchcoat sollten reichen. Seine Remington hängt unter dem Trenchcoat. Er will durch seine Bewaffnung niemanden beleidigen, aber sicher ist sicher.
    Währenddessen grübelt er nach, was zum Teufel eigentlich los sein sollte. Er hatte die letzten Tage in der Tauchschule ausgeholfen und war daher nicht auf dem Laufenden. Aber irgendetwas war ganz offensichtlich passiert. Oder es würde noch passieren.
    Sobald er fertig ist, geht er wieder nach oben, wo Mellow, Redjack, Ray und Craig sich schon versammelt haben.
    "Wo ist der Rest?", fragt er, womit er besonders Kiowa meint. Er hatte sie schon lange nicht mehr gesehen.

  • -16-


    Das Tulang liegt nicht weit vom Liegeplatz der Shiva entfernt, aber Entfernung ist auf Mompracen ohnehin nur von relativer Bedeutung. Nicht alle der Schiffswracks sind untereinander verbunden, so dass es selten einen direkten Weg von Punkt A nach Punkt B gibt. Teilweise sind sogar ausgemachte Kletterpartien vonnöten, je nachdem welche Lokalität man aufzusuchen gedenkt, oder wem man gerade lieber aus dem Weg gehen möchte.


    Vorbei an altmodischen Papierlampen, die im nächtlichen Meereswind hin und her baumeln, aber trotz des unablässigen Regens äußerst stabil scheinen, durchschreitet die Crew den Korridor aus tanzenden Lichtern entlang der labyrinthartigen Stege. Mompracen ist ein Schmelztiegel, und das auf vielerlei Art und Weise. Unterschiedliche Ethnien haben sich hier zusammengefunden und leben auf dichtestem Raum. Doch Asiaten sind generell sehr gesellige Zeitgenossen, selbst wenn es sich bei ihnen - wie es bei den Bewohnern Mompracens durchaus der Fall ist - um Söldner, Piraten, Schmuggler oder Sklavenhändler handelt. Doch die sonst überquillenden Stege und Verbindungsbrücken sind in dieser Nacht kaum belebt. Der Sturm, der von Sumbawa herüber gezogen ist, hat die Ratten in ihre Löcher zurück getrieben. Dann liegt das Tulang in Sichtweite. Der Eingang befindet sich am Bug einer alten Yacht, der fast vollständig zerstört worden ist und erst später wieder mit Metallplatten unterschiedlicher Größe ausgebessert wurde, so dass der Durchgang seltsam eingebettet wirkt. Die doppelflügelige Tür wird von zwei ausgehölten, hölzernen Säulen mit filigranen Musterungen flankiert, von denen bekannt ist, dass sie in Dörfern üblicherweise als Alarmglocken oder ähnliches verwendet werden.


    Als Sartono die Tür öffnet, welche nach innen hin aufschwingt, kommt der Crew ein Schwall trockener, warmer Luft entgegen, auf dem eine Brise aus Nelkenzigaretten und Alkohol mitschwingt. Der gesamte vordere Teil der Yacht wurde in einen einzigen Raum verwandelt, in dem sich das Hauptgeschehen im Tulang abspielt. Auf der linken Seite erstreckt sich ein langer Tresen, dahinter, auf metallenen Ablagen, Hunderte Flaschen mit diversen alkoholischen Getränken, und im Innenraum steht ein Sammelsurium aus schweren Tischen unterschiedlichster Formen und Größen. Ravi, ein junger Inder, der das Tulang von seinem Vater übernommen hat, steht wie immer hinter dem Tresen und mustert die neuen Gäste, die soeben seinen Laden betreten haben, mit dem üblichen Desinteresse, das der junge Mann allem entgegenbringt, das nicht über mindestens 40 Prozent Alkohol verfügt.


    An diesem Abend ist das Tulang noch überfüllter als sonst. Ein freier Tisch ist unter der Masse an spielenden, rauchenden, trinkenden und sich lautstark unterhaltenden Piraten und Schmugglern nicht mehr zu erkennen. Doch das stört Sartono nicht im Geringsten. Zielstrebig, zumindest was einen Javaner angeht, der beim Durchqueren des Raumes zumindest einige Male seine Chance nutzt, Omong Kossong zu betreiben, führt Radils Adjudant die Crew, die in der Menge durchaus das ein oder andere bekannte Gesicht ausmachen kann, in Richtung der Hinterzimmer. Doch die gut ausgestatteten Besprechungsräume des Tulang sind anscheinend nicht das Ziel des Mannes. Stattdessen begibt sich Sartono zu einer größeren Türe mit zwei Flügeln, die sich am Ende des kurzen Flures befindet. Keiner aus der Crew ist jemals dort gewesen, obwohl des Öfteren die Frage aufgekommen war, was sich wohl hinter der stattlichen Tür verbergen mochte.


    Als Sartono die Türe schließlich öffnet, erblickt die Truppe der Shiva einen ansehnlich großen Raum, in dessen vorderem Teil mehrere Reihen hölzerner Bänke fixiert wurden. Dahinter erstreckt sich eine ebene Fläche mit Bambusmatten, auf denen ehrwürdige Gamelan-Instrumente, mächtige Gongs, mit Batik verzierte Xylophone, Fasstrommeln und einige hölzerne Saiteninstrumente, ruhen, während sich im hinteren Teil der mächtige Wayang Kulit-Schirm erhebt, über dem, an einer Metallkette befestigt, die Beloncong thront, die Öllampe, welche die Schattenwelt zum Leben erweckt.


    Ein einzelner Mann sitzt im Schneidersitz auf dem Boden vor dem Schirm – der Position, die sonst, während einer Vorführung, üblicherweise vom Dalang, dem Puppenspieler, eingenommen wird. Radil ist alleine. Keine Wachen, keine Dienstleute oder Berater sind zu erkennen. Der drahtige Mann trägt einen mit stilisierten Batik-Mustern verzierten Sarong und ein einfaches weißes Hemd. Seine Augen glimmen schwach im Dämmerlicht der Lampe und ihr Blick scheint in die Ferne, in eine andere Welt gerichtet. Dann kommt Regung in den Mann. Ein unbestimmtes Lächeln huscht über seine Züge, so als habe er die Crew erst jetzt bemerkt, was bei Mellows und Josès gewaltigem Körperbau allerdings nur schwer vorstellbar scheint.


    „Die Schatten sind in Bewegung, meine Freunde.“


    Eröffnet Radil die Zusammenkunft, während ein leichter Wink seiner Hand die Crew dazu einlädt, sich zu ihm zu setzen.


    „Ratu Kiduls Zorn ist entfacht. Die See ist unruhig und nachtragend, denn der Kraton ist erschüttert. Das Zentrum der Macht hat keinen Fokus mehr, nichts, das es vermag, die Energie zu bündeln.“


    Berichtet der Mann mit ruhiger, aber bestimmender Stimme, die dennoch frei von Emotionen scheint. Seine Wortwahl ist der Crew bekannt. Wie viele Javaner pflegt auch Radil einen engen Hang zur javanischen Mystik und ihren uralten Kunstformen. Nicht umsonst hat Selanis Leutnant den Vorführraum für die Besprechung ausgesucht. Vielmehr ist jedem Teil im javanischen Denken ein fest zugewiesener Platz bestimmt, ein Standort im zyklischen Gefüge. Sowohl das Wayang Kulit als auch die kostbaren Gamelan-Instrumente stehen in diesem System für Symbole zur Bündelung kultureller und kosmischer Macht. Sie sind pusaka, mächtige Objekte und Fixpunkte endloser Tradition. Radils Botschaft muss wichtig sein, wenn er sie an einem solchen Ort offenbart. Die pusaka bedeuten gleichzeitig Schutz und Machtanspruch. Ein zweischneidiges Schwert.


    „Ich habe Kunde erhalten, dass Selani nicht mehr im Diesseits weilt.“


    Spricht Radil endlich den ersten Satz aus, den jeder von der Shiva ohne Umschweife verstehen kann. Mehr noch überschlagen sich nun förmlich die Gedanken. Kann es wirklich wahr sein?


    Selani ist seit über zwei Jahrzehnten in der Unterwelt des Archipels eine unumstößliche Größe. Als einer der (wenn nicht sogar der) einflussreichste(n) Drogenbarone hat er durch ein großes Netzwerk an Organisationen und Einzelpersonen, einen gewieften Geschäftssinn und vor allem einer harten Führungshand den bedeutenden Markt für Drogen aller Formen und Arten im Archipel für sich behaupten können. Seine Macht basiert dabei vor allem aus seiner Bezugsquelle seltener erwachter Pflanzen, aus denen seine Chemiker und Magier erwachte Substanzen entwickelten haben, die nicht nur im Archipel, sondern auch weit darüber hinaus in die Philippinen, nach Hong Kong oder China exportiert werden. Manche munkeln, Selani würde über einen speziellen Kontakt zu den Dayak verfügen, doch niemand scheint Genaueres darüber zu wissen. Sein weitgespanntes Netz aus Leutnants, Agenten und Crews führt Selani von seiner Bergfestung im Toraja Hochland Sulawesis aus, wobei die berüchtigte Hafenstadt Makassar hierbei als sein Hauptumschlageplatz fungiert. In den letzten Jahren ist es allerdings eher still um Selani geworden. Immer stärker hat dieser die Wesenszüge alt-javanischer Könige angenommen, nur noch durch seine Präsenz und unterschwellige, vieldeutige Hinweise geherrscht, was es noch schwerer gemacht hat, seine Politik zu durchschauen. Gerüchten zur Folge soll es im letzten Jahr zu einem Machtkampf in Selanis wichtigstem Hafen Pontianak gekommen sein, bei der die Sufis unter Leutnant Marahr eine wichtige Rolle gespielt haben…


    Rekapituliert die Truppe in ihren Gedanken, das, was sie über den wichtigsten Verbündeten oder mächtigsten Feind im Archipel weiß. Sollte es tatsächlich wahr sein, dass Selani nicht mehr lebt, dann wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis ein Krieg niemals gekannten Ausmaßes die komplexen Unterweltstrukturen Indonesiens in seine Fänge zieht. Und die Shiva wäre mittendrin; ein Spielstein im Gefüge des Wayang Kulit.


    Zum ersten Mal hebt Radil den Blick. Stille liegt über dem Raum.


    „Ich habe einen Handel für euch – den größten, den ich euch jemals angeboten habe. Seid ihr bereit, ihn euch anzuhören?“

  • -17-
    José


    Selani ist tot? Verdammt, mit "Die Schatten sind in Bewegung" hat Radil genau richtig gelegen. Vielleicht hat er sich in der Zeit vertan...


    "Die Schatten sind in Bewegung? Ich glaube, dass in diesem Fall eher das Futur angebracht wäre. Zumindest, wenn Selani tatsächlich in selbige eingetreten ist."
    José platziert seine Körpermasse auf dem Boden, auch im Schneidersitz. Er setzt sich so nah an Radil wie es möglich ist ohne aufdringlich zu wirken. Bei einem Troll ist das noch etwas weiter weg als bei einem Menschen.
    "Natürlich sind wir bereit uns anzuhören was ihr zu verkünden habt. Zumindest ich für meinen Teil bin äusserst interessiert."
    Er sieht die anderen an.
    "Was meint ihr?"

  • -18-
    Craig


    Craig setzt sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze auf höhe José's hin, bleibt ruhig und hört den Worten Radil's zu. Er sagt dazu nichts, überlässt José und den anderen das reden und nickt anschließend als José in die Runde schaut. Sein Gesicht lässt er weiterhin unter Maske, Brille und dem schwarzen Stoff verhüllt. Von außen wirkt er entspannt, fast teilnahmslos aber der Schein trügt.
    Hmm größter Handel den er uns je angeboten hat? Hört sich verdammt gut an...aber das bedeutet sicherlich auch, dass es gleich schwerer wird...ich warte lieber erstmal die Reaktion der anderen ab...und stimme zu...
    Er mustert seine Chummer aus den Augenwinkeln ohne dabei seinen Kopf zu drehen oder sonstwie von außen sichtbar zu zeigen das er deren Reaktionen abwartet.

  • -19-


    Mit Ratu Kiduls Zorn soll man nicht spassen. Unzählige Menschen sind ihm schon zum Opfer gefallen. Andererseits verliebte sie sich gelegentlich in Sterbliche, wie den Prinzen Panembahan Senopati, den angehenden Gründer des muslimischen Reiches von Mataram. Sie nahm ihn als Gemahl mit ihn ihr unterseeisches Reich und versprach ihm und seinen Nachkommen den zukünftigen Beistand ihrer Wasserelementargeister. Was die späteren Javanischen Herrscher als Legitimation benutzten um ihre Gegner abzuschlachten.


    Es läuft also darauf hinaus: entweder fickst du Rata Kidul, oder du wirst von ihr gefickt. Die erste Variante ist sicher vorzuziehen wenn man überleben will.


    Und Selanis Tod wird das Überleben nicht leichter machen. Das Leben hier in Indonesien war bisher für Piraten so angenehm weil die „Claims“ abgesteckt waren. Man wusste wer mit wem Freund oder Feind war und zu welchem Hafen man mit seiner Beute flüchten konnte. Nun werden die Karten neu gemischt. Das kann ein übles Blutbad werden.




    "Was meint ihr?"

    fragt José in die Runde.
    Auch Craig schaut ihn fragend an ohne das er ihn wirklich ansieht. Der Dunkelelf hat sich wie immer verhüllt um keine neugierigen Blicke zu erleiden. Wie schade, denn wenn es einen Ort in Asien gibt wo man alles und jeden toleriert, dann ist es Mompracen.

    „Ich finde es verlangt schon das Adat, das wir uns den Handel zumindest anhören.“
    antwortet er leise auf Josés Frage.

    Charaktere können auch nach der Charaktererschaffung schwanger werden, allerdings erhalten sie dadurch keinen Karmabonus.
    (Schattenhandbuch 2, Seite 165)

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    Mellow liebte Mompracen von seiner Struktur her. Es gab wohl keinen Ort, an dem er seine Augmentations besser einsetzen konnte als hier. Während für andere Mompracen sich als unübersichtliches Gewirr darstellt sieht Mellow überall Wege. Hier ein paar Vorsprünge, die als Stufen dienen, dort ein paar Schrägen, die ihn auf eine andere Höhe brachten. Es wimmelte nur so von Absätze, Griffen, Haltepunkten. Ein Kletter- und Parkourparadies... für Leute mit gepanzerten Händen. Denn die Kanten waren meistens rostig und scharf.


    Waffen hatte Mellow keine dabei, als man sich durch das Wirrwarr bewegt. Er brauchte auch keine. Im Tulang nickt er freundlich einigen bekannten Gesichern zu, die positive Kontaktpflege beherrschte er, nur die negative nicht, beziehungsweise zu gut, je nachdem, wie man es betrachtete.


    Als man die Tür in den Aufführungsraum durchschreitet saugt Mellow die Luft ein. Der Ort war nicht zufällig gewählt. Als Radil ihnen weist sich zu setzen, blieb Mellow jedoch stehen. Zu unbequem waren die meisten Sitzgelegenheiten aufgrund seiner verlängerten Raptorbeine. Ganz abgesehen davon, dass es albern aussah. Es dauerte eine erstaunlich geringe Zeit, bis Radil zur Sache kam. Selani war nicht mehr. Jedenfalls nicht im Diesseits. Was mochte Radil damit meinen? Selani war ja auch zuvor schon fast zu einer Schattengestalt geworden. Konnte es gesichert gelten, dass Selani tatsächlich tot war? In der Tat würden diese Neuigkeiten in der Nahen Zukunft ganz sicher über die Gegend hereinbrechen. Allein schon zuerst davon zu wissen war bares Geld wert. Mellow bleibt jedoch ein wenig vorsichtig und versucht Radil zu lesen, als der auch schon den Grund des Treffens enthüllt. Einen Handel... ganz sicher war Mellow interessiert zu hören, was Radil vorzuschlagen hatte.


    Sein Gesicht ist aber durchweg lächelnd geblieben. So weit war seine Kultur nicht von der javanischen entfernt, dass er das Spiel nicht mitspielen könnte.


    "Natürlich sind wir bereit uns den Handel anzuhören." es kostete ja nichts, und Radil würde dabei weitere Informationen enthüllen.