<Miami, Mittwoch der 23. Mai 2072 - 6:30 am>
In Miami geht die Sonne auf.
Langsam erhellen die Sonnenstrahlen die sattgrünen Palmenblätter, die marmorfarbenen Fassaden der großen Strandanwesen und den malerischen, weißen Sandstrand.
Es wird langsam wärmer und die gutsituierten Bürger der Stadt lassen sich die ersten kühlen Getränke bringen, während sie in die neuste Bademode schlüpfen und hinunter zum Strand schlendern. Das sanfte Rauschen des tiefblauen Meeres und die stillen und majestätischen Wogen beruhigen die wohlhabenden Männer und Frauen, die jetzt ihre Terminkalender aktivieren und ein wichtiges Treffen nach dem anderen absagen. Heute gibt es wichtigeres zu tun...
Wann wird denn schon das Wetter das nächste mal so schön sein? Wann wird die Kochdrone wieder so einen gutes Frühstück bringen und wann ist mal wieder Zeit um sich über die neusten Modetrends und die unglaublichsten Gerüchte zu informieren?
Vermutlich morgen, aber trotzdem muss auch das Heute genossen werden. Man gönnt sich ja sonst nichts, obwohl diese Nightsky-Limousine wirklich ziemlich gut fürs Image wäre...
Es wird wärmer. Allmählich sollte ein Bediensteter auftauchen, um die Sonnenanbeter mit kühlender Lotion einzureiben, sollte er seinen Job behalten wollen. Außerdem wären ein paar dieser erwachten Pflanzen hilfreich, deren Nektar die Haut so schön rosig aussehen lässt.
In den ärmeren Vierteln in - und rum um Miami bricht auch der Tag an.
Hier sieht man nur nicht wirklich viel davon, es sei denn man lässt seine eigene Realität etwas durch AR-Fenster und AR-Tapete aufpeppen.
Die riesigen Häuserfassaden, in denen die Metamenschen wie Kaninchen aufeinander hocken verdecken jegliche Sicht auf die Sonne. Trotzdem wird es schon bald unsäglich heiß werden, weil die Giftgase aus den Industrieanlagen jegliche Wärmereflektion in die oberen Atmosphäreschichten verhindern.
Deswegen brauchen viele keinen Wecker. Schon bald, werden sie sich stöhnend und schwitzend aus dem Bett erheben. Vielleicht wird man auch vom Weckruf seines Nachbarn aufgeschreckt, der durch die Wände nur unwesentlich leiser klingt, oder man lässt sich von den fernen Feuergefechten wecken, die sich die Mietcops jeden morgen mit den Klans liefert, die noch nicht von der Straße verschwunden sind.
Also zieht man sich seinen Soykaff und vielleicht noch ein paar andere Stimulanzien rein, bevor man seine Konzernkleidung anlegt und sich auf den Weg zur Arbeit macht.
Wehe dem, der seinen Taser vergessen hat und durch ein Gangviertel muss. Die Konzerne sehen es nicht gerne, wenn man zu spät kommt und die Ausrede:
"Ich wurde von einer Gang verprügelt und ausgeraubt." zieht da schon lange nicht mehr.