Kurzgeschichte: Croaker, Part I

  • Hallo zusammen,
    ich habe mich mal an einer Kurzgeschichte versucht. Ich habe keine Ahnung ob mein Lesestil angenehm, das Setting interessant und die Story halbwegs interessant ist. Daher würde ich mich sehr über einige Meinungen freuen. Vor allem natürlich wenn sie positiv sind. [-o<
    (Sehr) dezent bebildert findet ihr die Story auch hier: http://www.artemiderius.rpghost.de/story-croaker01.html


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    „... ist nun? Kommt schon!“ Im Bild tauchte eine junge Frau auf, die hektisch ihre braunen Haare herum schleuderte. Sie war in braune, aber nicht minder elegante Kleidung gehüllt, welche sich deutlich von der grauen Wand im Hintergrund abhob. In der Rechten hielt sie eine schwarze Pistole, während sie mit der linken Faust etwas in der Hand hielt, das an ihrem Anhänger hing. Ihr Griff war fest und ihre Fingerknochen traten weiß hervor.
    „Keine Panik“ erklang eine raue Stimme, die an ein Reibeisen erinnerte. Schnell schwenkte das Bild um und im Bild tauchten zwei weitere Personen auf. Ein erschöpft aussehender junger Mann, der ebenso eine Pistole hielt und ein Cyberdeck locker um die linke Schulter gehangen hatte. Seine schwarzen Haare waren zerzaust. Er war nicht klein, aber neben der großen Statur des Orkes, der direkt hinter ihm stand, wirkte er beinahe wie ein Zwerg. Der Ork hatte ein kantiges Gesicht und balancierte lässig einen Nicostick im Mundwinkel. Seine schwarze Sonnenbrille und der grüne Irokese erinnerten zuerst an einen Ganger, aber seine Berge von Kunstmuskeln und das kräftige Gewehr in seinen Armen ließ diesen Eindruck schnell verschwinden.
    Beide nickten.
    Erneut fokussierte das Bild die junge Frau und dann eine Ecke nur wenige Meter von ihr entfernt. Zwei Hände tauchten von unten auf, eingepackt in schwarze Handschuhen, in jeder eine schwere Pistole, und mit einigen mechanischen Handgriffen wurden beide Magazine überprüft. Wackelnd kam die Ecke Nähe und plötzlich stand das Bild quer. Der Boden sauste links vorbei. Mitten im Bild tauchten plötzlich drei Männer in grauen Uniformen, jeweils bewaffnet mit einer Maschinenpistole. Die Pistolen tauchten wieder im Bild auf und spuckten Kugeln in die Richtung der Männer. Einer wurde zu Boden gerissen, nachdem sich blitzschnell dunkelrote Flecken auf dem hellen Grau seines Anzuges ausgebreitet hatten.
    Mit lautem Knallen eröffneten die beiden Anderen das Feuer, doch zu spät: Sie fanden kein Ziel mehr. Mit einem wuchtigen Aufschlag, kam das Bild vor einer Wand zum stehen und nach einer nicht nachvollziehbaren und rasend schnellen Bewegung, sah man erneut den Korridor mit den beiden Gardisten. Nur wenige Millisekunden später lagen beide tot am Boden, niedergerissen von einem Kugelhagel.
    Wieder schwenkte das Bild um und an der anderen Ecke sah man den riesigen Ork, welcher gerade sein Maschinengewehr im Anschlag hatte. Ein kaum sichtbarer Rauch stieg aus dem Lauf und dem Hülsenauswurf. Mit einem breiten Grinsen verkündete er: „2:1 für mich!“


    Das Team rannte weiter. Er lief vorne, dann Natja, die Katzenschamanin und Slot, der Elfendecker. Schließlich Mathad, der orkische Streetsam.
    „Croaker!“ erklang Natjas Stimme in seinem Ohr „du lässt doch nicht Deine verfluchte Kamera laufen, oder?“
    Er drehte sich langsam zu ihr um. Sie fürchtete sich immer noch etwas aufgrund seiner erschreckenden Erscheinung. Der zwei Meter große Hüne war vollständig in schwarze Kleidung gehüllt. Sein langer schwerer Mantel war offen und erlaubte den Blick auf eine massive Panzerjacke. An seinem Gürtel trug er zwei Pistolenhalfter; in das linke steckte er gerade eine seiner Waffen. Das Bedrohlichste war jedoch sein Gesicht, dass er durch eine, tief ins Gesicht gezogene Kapuze zu verdenken versuchte. Genau genommen hatte er eigentlich gar kein Gesicht mehr. Rot leuchtende Cyberaugen blickten aus einem metallischen Gesicht, dass durch die spitzen Fangzähne in seinem dämonischen Äußeren abgerundet wurde. Niemand hätte genau sagen können, ob er mal Mensch, Elf oder Ork gewesen war. Jetzt war jedoch nicht mehr, als ein grotesker Hybrid aus Mensch und Maschine.
    „Ja.“ erklang seine Stimme. Sie klang heiser und kühl; war ungewöhnlich leise. Irgendwie klang in ihr ein wenig Schmerz mit, doch das wuchtige Auftreten der Gestalt erdrückte dieses Gefühl.
    Sie beschloss das das Antwort genug war. Er hatte eine merkwürdige Wirkung auf sie. Eigentlich widerte er sie an. Dieser Mann hatte sein Fleisch verleumdet und immer mehr durch kaltes Metall ersetzt, aber irgendwie reizte es sie mehr über ihn zu erfahren. Katze war neugierig und diese Neugier musste befriedigt werden.
    Weiter raste das Team durch enge Korridore. Mit einem gewaltigen Sprung lies Croaker eine ganze Treppe hinter sich, als plötzlich zwei Gardisten vor ihm standen. Die Männer erschraken. Mit einem gezielten Tritt schickte der Runner einen der beiden zu Boden. Nach einem kurzen Flug kollidierte das Opfer unsanft mit der Wand. Der andere holte mit der Faust aus und schlug blitzschnell zu. Doch Croaker lenkte den Schlag geschickt ab. Er ballte die linke Faust. Sporns sprangen heraus die er dem zweiten Mann in die Brust bohrte. Der sank jauchzend zu Boden.
    „Weiter!“ brüllte Mathad, der dem zu Boden geflogenen Gardist noch einen gewaltigen Hieb ins Gesicht verpasst hatte, so dass dieser wohl für eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt war.
    Zugegeben, eigentlich war der Run völlig aus den Rudern gelaufen. Ein einfacher Datenklau bei einem mittelgroßen Konzern: Neuropa. Doch dann lief irgendwas schief und Slot, der Decker, hatte in der Matrix ordentlich was auf den Deckel bekommen. Er war nicht einmal sicher, ob er die Daten auch vollständige runterladen konnte. Wobei er sich jedoch sicher war: er wurde entdeckt. Alarmstufe Rot für das Team und nur wenige Augenblicke auch in der gesamten Anlage. Gardisten marschierten heran und das Team nahm die Beine in die Hand. Gut, das Risiko war schon vorher bekannt, sonst hätte man mit Mathad und Croaker nicht so zwei erstklassige Streetsams angeheuert. Aber trotzdem wäre es natürlich allen lieber gewesen, wenn man mal ohne Ärger aus so einer Anlage herauskäme. Allen, außer Croaker. Die Kamera in seinem Auge lief mit. Die Ohren nahmen jedes Geräusch auf. Alles wurde auf seinem schädelinternen Speicher aufgenommen. Shoot-Outs, Action und Tote trieben die Verkaufszahlen seiner Videos in die Höhe. Damit verdiente er gutes Geld.
    Eine Selbstschussanlage donnerte los, als das Team durch einen weiteren Korridor rannte. Mathad knickte getroffen in die Knie, jagte aber trotzdem eine volle Salve in die Falle die daraufhin explodierte. Slot, der Mühe hatte mit dem Tempo mitzuhalten, half dem Ork hastig wieder auf die Beine.
    „Wir schaffen es nicht nach unten!“ rief Slot panisch.
    Croaker hatte inzwischen eine Ecke erreicht. Dahinter lauerten mehrere Gardisten, die schnell das Feuer eröffneten. Er wich zurück und bremste damit auch Natja, die sonst in den Kugelhagel gelaufen wäre. Ein Ausweg musste her. Zwei seiner Leute waren verletzt. Weiter ging es jetzt nicht mehr. Zurück erst gar nicht.
    „Dann suche ich uns mal einen Notausgang“ hauchte Croaker, dessen Stimme so leise war, dass sogar Natja, die direkt bei ihm stand ihn kaum verstehen konnte. Er eilte zur nächsten Bürotür und trat sie mit einem galant auf. Mit einem Satz griff er einen Schreibtisch, hob ihn weit über sich und donnerte ihn gegen das Fenster. Das Glas bebte, aber brach nicht. Ein zweiter Versuch mit einem Aktencontainer war erfolgreicher. Das stabile Glas brach und zersprang nach einem dritten Wurf. Wieder eilte er zur Tür, durch die Natja inzwischen gelaufen kam. Mathad und Slot kamen heran gelaufen. Dann nahm Croaker eine Bewegung an der Ecke auf, wo er unter Beschuss geraten war. Noch sein Verstand begriffen hatte was geschah, hatte er bereits beide Waffen im Anschlag und abgedrückt. So sehr waren seine Reflexe durch Cyberware verstärkt, dass sie wesentlich schneller waren als seine bewusste Wahrnehmung. Dann plötzlich eine Bewegung am anderen Ende des Ganges. Seine rechte Hand sauste herüber. Mit beiden Waffen in zwei vollkommen unterschiedliche Richtungen feuernd, hielt er seine Gegner in Deckung. Bis die Magazine leer waren.
    Er warf sich in den Raum. Mit einigen eingeübten Handgriffen wechselte er die Magazine. Neu munitioniert sprang er wieder zur Tür. Sein Killerinstinkt hatte ihn gepackt. Einen Blick für das was seine Teamkameraden gerade taten hatte er nicht mehr. Er eröffnete das Feuer auf die heran eilenden Gardisten. Dann sah er einem direkt in die Augen. Sie blitzten blau auf. Ein Magier. Wahrscheinlich wirkte er gerade einen Kampfzauber auf den Streetsam.
    Doch, er hatte sich den Falschen gesucht. Croaker war fast immun gegen Magie. Gegen destruktive allerdings eben wie gegen heilsame und positive. Dafür hatte er einen hohen Preis bezahlt und noch einen höheren würde er bald bezahlen. Doch darüber konnte er gerade nicht nachdenken.
    Er hasste Magier. Und daher konnte er nur mitleidig Grinsen, als er den Versuch des Magiers ihm so zu schaden, wahrnahm. Doch dieser Anflug von Arroganz ließ ihn unaufmerksam werden. Zwei Kugeln trafen ihn von hinten ins linke Bein. Noch ehe ihn die anfliegenden Salven durchsiebten, hatte er sich in den Raum geschmissen. Er landete hart. Doch der Schmerz in seinem Bein überwog. Mit einem erlernten Reflex aktivierte er seinen fest implantierten Drogenspender, der ihm eine Dosis eines Schmerzmittels ins Bein injizierte. Schon viel besser.
    „Komm schon!“ hallte es vom Fenster herbei. Natja hing am Rahmen nach außen und schaute herein. Im nächsten Moment hatte sie sich fallen lassen und verschwand so aus Croakers Sicht. Der sprang auf und eilte zum Fenster. Die anderen hatten sich bereits die zwei Stockwerke heruntergelassen und waren in einer Gasse gelandet. Gerade hatte Mathad einen Gully aufgerissen und war in die Kanalisation abgestiegen. Croaker stockte einen Moment, doch dann sprang er mit einem Satz herab. Mit Mühe fing er sich auf. Zusammen mit den Anderen klettere er hinab. Croaker als letzter.
    Unten angekommen waren Natja und Slot bereits vorangeeilt. Mathad stand da und sah Croaker ausgesprochen ruhig in die Augen. Er zog eine kleine Sprengfalle aus der Tasche und platzierte sie an der Wand. Mit einem Knopfdruck aktivierte er den Infrarotsensor. Der Nächste der diesen Gully hinabsteigt würde sie auslösen und das wohl kaum überleben.
    „Kleine Überraschung“ kommentierte der Ork zynisch.
    Croaker lachte heiser.


    Einige Stunden später hatte sich die Gruppe an einem schäbigen S-Bahnhof in einer ungenannten Stadt eingefunden. Es war mitten in der Nacht. Eine dunkle, sternenlose Nacht, die nur von einigen flirrenden Laternen erhellt wurde. Die Gruppe war beisammen. Sie stanken. Die Kanalisation hatte ihnen ihren unverkennbaren Duft aufgedruckt. Slot saß auf der Treppe, die zum Bahnsteig heraufführte. Bei dem Sprung aus dem zweiten Stock hatte er sich seinen rechten Knöchel gebrochen, doch den Schmerz steckte der vollkommen erschöpfte Elf tapfer weg. Er hatte ihn nur notdürftig versorgen können. Dafür war nachher Zeit. Die Müdigkeit sprach ihm aus den Augen. Erschöpft klammerte er sich an einen Nikostick, an dem ab und zu zog.
    Mathad saß zwei Stufen darunter. Der Ork hatte zwar mehrere Kugeln einstecken müssen, doch trotzdem war er guter Laune. Seine Panzerweste hatte Schlimmeres verhindert; die leichten Verletzungen hatte er selbst verarzten können. Ein Lied summend, streichelte er sein Maschinengewehr. Er hätte gerne etwas mehr geballert, aber er war zufrieden.
    Im Gegensatz zu Natja. Die stand unruhig in der Nähe und lief von Zeit zu Zeiten auf und ab. Sie war dreckig. Sie stank. Katze hasst das. Ihr Instinkt hatte sie sogar dazu getrieben, sich mit der Zunge zu säubern, doch als sie mit der Zunge ihre Hand berührt hatte da schmeckte sie Dinge, die sie nicht schmecken wollte. Fast hätte sie sich übergeben. Nun musste sie weiter stinken. Sie sehnte sich eine Dusche herbei. Ungeduldig knabberte sie an ihren Fingernägeln nur um wieder vor dem grausigen Geschmack zu erschrecken, den ihre Haut angenommen hatte.
    Croaker stand an die Wand gelehnt. Langsam ließ das Schmerzmittel nach und der Schmerz kam zurück. Mindestens eine Kugel war im Bein stecken geblieben, doch noch hatte er keine Zeit gehabt einen Streetdoc aufzusuchen. Runner waren zäh. Oder gierig. Wenn die Arbeit getan war und das Geld zum Greifen nahe war, dann war das Treffen mit dem Schmidt wichtiger als die eigene Gesundheit. Die Belohnung für harte Arbeit war die Anerkennung die ein Runner sich verdient hatte.
    Ein Wagen fuhr heran. Hielt an. Der Motor wurde nicht ausgeschaltet. Eine Hintertüre öffnete sich und ein Mann stieg heraus. Mensch, kurze Haare, düstere Augen, ein dunkler Anzug. Der personifizierte Durchschnittsmensch. So unauffällig, dass er nur verdächtig sein konnte.
    „Meine Dame. Meine Herren. Da ich Sie hier antreffe, vermute ich, Sie haben etwas für mich?“
    Natürlich sah er, dass die Runner verwundet waren und natürlich stieg ihm auch der eigenartige Geruch in die Nase, doch der Herr zeigte keine Regung.
    Slot mühte sich auf die Beine während er einen Chip aus der Tasche zog. Er reichte ihn dem Mann entgegen, der ein paar Schritte näher kam und sich den Datenträger griff. Gelassen nahm der Herr einen Datenleser aus der Anzugsjacke, schob den Chip ein und überflog die darauf gespeicherten Daten. Sie waren komplett. Das Team hatte großes Glück gehabt. Und Slot hatte gute Arbeit geleistet.
    „Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen“ sagte der Mann. Er stecke Datenträger und Datenleser weg. Stattdessen zog er vier Ebbis aus der Tasche; zigarettenschachtelgroße Speicher für digitales Geld. Er reichte jedem Runner einen, die anhand eines Displays den Kontostand überprüften. Wortlos stieg er wieder in seinen Wagen, der sich daraufhin in Bewegung setzte.
    „Zeit für Party“, griente Mathad. Gut gelaunt stand er auf und sah in die Runde. Slot – brauchte einen Arzt. Natja – brauchte eine Dusche. Croaker – sah einfach nicht aus wie der Typ der gerne feiert.
    „Na, vielleicht ein andermal“, gab er nüchtern hinzu. Er ging zu Croaker herüber. Sie gaben sich die Hand und nickten einander zu. Stumme Anerkennung; mehr wäre übertrieben.
    Die Gruppe verabschiedete sich. Mathad ging ins Dunkel, Slot die Treppe hinauf zum Zug.
    Croaker stand noch immer wie angewurzelt an der Wand. Er und Natja sahen sich in die Augen. Sie hatte schon einiges von ihm gehört. Aber niemand wusste so recht wo er her kam und was ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Katze war neugierig. Aber Katze war auch dreckig und wollte nach Hause.
    „Mach die scheiß Kamera aus“, fauchte sie ihn an, drehte sich um und ging schnellen Schrittes davon.
    Croaker grinste nur und zoomte näher an den Po der Katzenschamanin heran, der sich mit jedem ihrer Schritte appetitlich bewegte.
    „Gleich, Baby, gleich…“

  • Hm... schade. Rezensionen bekomme ich ja bisher nicht. Trotzdem poste ich hier einfach mal den zweiten Teil rein.
    Schon beeindruckend, was man alles so hinbekommt, wenn man eigentlich was für die Uni tun müsste. :wink:


    Und wieder der Verweis: dezent bebildert, auch hierl!


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    "Dr. Mrugowsky? Dr. Mrugowsky? Eli, kannst Du mich hören?"
    Die Stimme einer Frau erklang in seinen Ohren. Sie weckte ihn, aber es war nicht unangenehm. Er öffnete die Augen. Ganz langsam. Ein helles Licht schien ihm ins Gesicht, aber blenden tat es ihn nicht. Er lag auf dem Rücken, auf einer Liege. Er war entspannt und fühlte sich gut. Ganz langsam flossen seine Gedanken. Dann erschien eine Frau in seinem Blickwinkel. Sie beugte sich zu ihm runter. Es war eine hübsche Frau mit blonden Haaren, von denen eine lange Strähne zu ihm herunter hing. Ihre Augen waren strahlend blau. Ihre Haut war rein und schön.
    Sie lächelte. Und strich die Haarsträhne hinter ihr Ohr. Dann verschwand sie wieder. Er versuchte hinterher zu schauen, doch vergebens. Er konnte sich einfach nicht bewegen.
    "Er ist stabil", hörte er eine zweite Stimme sagen.
    Er atmete aus. Den Sinn der Worte nahm er gar nicht auf. Er hörte sie zwar, aber sie flossen bedeutungslos durch seinen Geist. Er atmete ein und schloss die Augen wieder.
    Dann, plötzlich, spürte er etwas. Ein Stechen. Sein Mundwinkel zuckte. Er spürte sein Herz. Es schlug schneller und immer schneller.
    "Was ist jetzt los?" Eine dritte Stimme meldete sich.
    Der Herzschlag wurde unkontrolliert. Schweiß strömte ihm von der Stirn. Seine Atmung wurde panisch. Unkoordiniert.
    "Wir verlieren ihn", schrie die zweite Stimme.
    "Defibrillator, schnell!"
    Da war sie wieder. Ihre Stimme. Weniger sanft als vorhin, aber trotzdem war sie wie Balsam für ihn. Der Atem stockte. Er schlief ein.


    "Croaker? Croaker? Chummer, kannst Du mich hören?"
    Eine kräftige Stimme dröhnte in seinen Ohren. Grob holte sie ihn aus seinen Träumen. Er riss die Augen auf. Das Licht einer flackernden Laterne blendete ihn. Er lag auf dem kalten Asphalt einer regennassen Strasse und irgendwie fühlte er sich so, als sei er gerade von einem Lastwagen erwischt worden. Ein muskulöser Ork mit grünem Irokesen und einer riesigen Sonnebrille beugte sich zu ihm herunter. In der Rechten hielt er eine monströse Schrotflinte, die Linke streckte er dem am Boden liegenden entgegen. Croaker griff zu und kam mühsam auf die Beine. Unwillkürlich griff er sich an den Kopf. Er schmerzte.
    "Was ist passiert?" hauchte er heiser.
    "Sieht so aus als hätte der Kerl eine Schockhand. Die Ladung hat Dich ordentlich umgeschmissen. Wäre ich nicht direkt hinter euch gewesen, hätte er Dir bestimmt den Rest gegeben."
    Die Erinnerung kam wieder. Sie waren auf der Jagd. Irgendein Kerl hatte sich mit den falschen Leuten angelegt. Die hatten Croaker, Mathad den Ork und Natja die Katzen-Schamanin angeheuert den Kerl zu kriegen. Lebend. So etwas machte einen Run immer unnötig kompliziert. Sie jagten ihn seit einer halben Stunde durch die Ruinen des Bremer Stadtteiles Kattenturm. Croaker hatte ihn gepackt. Dann gingen für ihn die Lichter aus.
    Plötzlich erschien vor den beiden aus dem Nichts eine geisterhafte Gestalt. Es war Natja, die schöne Katzenschamanin. Nur war sie nicht auf Fleisch und Blut, sondern wirkte mehr wie eine optische Täuschung. Nebelartig, durchsichtig und etwas verschwommen materialisierte sie sich vor den zwei Streetsams.
    "Er ist in die alte Kirche geflüchtet. Seid vorsichtig. Er lauert an einer Säule im hinteren Bereich", sagte sie mit einer hallenden und auch irgendwie skurrilen Stimme, die so ganz anders war, als ihre eigene. Dann verschwand sie wieder.
    Mathad und Croaker rannten los. Die ersten Schritte fielen Croaker schwer; fast wäre er eingeknickt. Er schüttelte den Kopf und klopfte dreimal mit seinen Fingern gegen seinen Schädel. "Konzentration!", dachte er bei sich. Im vollen Lauf zog er die rechte seiner Pistolen aus dem Halfter, überprüfte reflexartig das Magazin und lud die Waffe durch. Gelmunition. Nicht tödlich, aber auch nicht gerade angenehm.
    Sie erreichten den Haupteingang der alten Kirche. Mathad links, Croaker rechts. Beide wussten, dass wenn sich der Kerl nun auf einen alles entscheidenden Kampf eingestellt haben sollte, dann hatte die Geschichte bald ein Ende. Gegen die beiden Streetsams hatte er nicht den Hauch einer Chance.
    Die Schrotflinte im Anschlag wagte Mathad einen Blick ins Innere der Kirche. Ein einziges Chaos. Das Dach war eingestürzt und überall lag Geröll herum. Kaum ein Stein stand noch auf dem anderen und nur noch wenige Außenmauern standen. Den Gesuchten konnte er allerdings nicht erspähen.
    "Keiner da", sagte er mit ruhiger Stimme.
    "Ich…", Croakers Stimme versagte. Er ächzte und konnte nur mit Schwierigkeiten einen Ton herausbringen. Mit kraftloser Stimme versuchte er sich verständlich zu machen. Vergebens. Schließlich deutete er zu erst auf sich, dann hinein in die Kirche. Mathad nickte zustimmend.
    Croaker konzentrierte sich. Der Drogenspender an seiner rechten Wade spritzte ihm eine Droge in die Blutbahn. Entspannt atmete er aus und schloss dabei kurz die Augen. Dann fühlte er schon ein Kribbeln im gesamten Körper. Die Zeit schien für einen Moment still zu stehen. Für alle anderen; nicht für ihn. Er streckte die Finger durch, griff die Pistole fester. Es konnte losgehen.
    Er stürmte durch die Eingangspforte. Eine MP knatterte los und spuckte ihm todbringende Kugeln entgegen. Croaker duckte sich und sprintete weiter. Die Kugeln erschienen ihm so langsam zu sein wie ein einbeiniger Zwerg. Sie schlugen hinter ihm ein und ließen Splitter und Staub in die Luft wirbeln. Hinter einer Säule ging Croaker in Deckung. Er hatte erkennen können, wo sich der Schütze ungefähr versteckt. Kurz um die Ecke schauend feuerte er sein halbes Magazin in dessen Richtung und hielt ihn so in Deckung. Dann sprintete er weiter. Seitlich zu seinem Opfer. Der kam wieder hinter seiner Säule hervor und schoss dem Streetsam hinterher. Wieder vergebens, denn wieder ging der hinter einer anderen Säule in Deckung. Der Gejagte fluchte. Die Munition ging ihm schon zur Neige. Zwei hochgradig verdrahtete Killer hingen an seiner Ferse. Panik packte ihn. Er sprang auf und versucht verzweifelt zu einem Spalt in der Wand zu gelangen. Vielleicht war das der letzte Ausweg für ihn.
    In dem Moment ging gewaltiger Knall los. Ein Schwarm aus Gummigeschossen kam auf den Gejagten zu. Wie ein Hagelsturm donnerten sie auf ihn ein und rissen ihn von den Beinen. Hart schlug er auf dem Boden auf. Schmerzen im gesamten Körper. Sein Kampfeswille war gebrochen.
    Mathad kam ruhig näher. Als Croaker unter Beschuss stand hatte auch er sich durch das Haupttor geschlichen und in eine aussichtsreiche Position begeben. Als der Gejagte aufsprang, war es für den geübten Schützen ein Leichtes gewesen ihn aus zwanzig Metern Entfernung zu erwischen.
    Aus der anderen Richtung kam Croaker heran. Obwohl die Kapuze in seinem Gesicht den Großteil verdeckte, blitzten der metallische Kiefer und die bedrohlichen Fangzähne getroffen vom Licht hervor.
    Als die beiden Streetsams über ihm standen, ging dem Menschen zu ihren Füssen viel durch den Kopf. Er war nun zu dem Entschluss gekommen, dass es keine gute Idee gewesen war, die Ware zu strecken und seine Geschäftspartner so über den Tisch zu ziehen. Und wie er so verdreht im Dreck lag, überlegte er auch, ob er statt der Schockhand vielleicht doch lieber auf den Schmerzeditor hätte sparen sollen. Aber, hätte er bis zum Flughafen geschafft, dann hätte das alles keine Rolle mehr gespielt.
    Seine Hand schmerzte. Croaker trat ihm auf den Handrücken, sicher gehend, dass er diesmal keinen Stromschlag bekommen würde. Langsam beugte sich der Jäger zu seiner Beute herunter. Croaker sagte kein Wort; seine Stimme hätte wahrscheinlich eh nur versagt. Einige Sekunden blickten sich beide in die Augen. Dann schickte Croakers Faust den am Boden liegenden ins Land der Träume.
    Natja kam heran, gerade als auch Croaker fast zusammengebrochen wäre. Die Droge ließ nach und forderte Tribut. Doch diesmal blieb Croaker standhaft. Erst später im Wagen, Mathad fuhr, schlief der erschöpfte Croaker für einen Augenblick ein und träumte sich zu vergangenen Zeiten.


    "Eli? Eli? Schatz, kannst Du mich hören?"
    Keine Stimme, war wie ihre. Sanft weckte sie ihn. Langsam öffnete er die Augen. Die Sonne blendete ihn etwas, aber unangenehm war es ihm nicht. Er lag im weichen Gras, völlig entspannt. Sie saß auf ihm und blickte ihn verliebt an. Ihre Augen waren grün und so rein wie ein geschliffener Smaragd. Ihre kastanienfarbenen Haare streichelten ihre Wangen. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe ehe sie fragte:
    "Eli? Bist Du gerade eingeschlafen, als ich mit Dir geredet habe?"
    "Nein, Süße", gab er zurück und strich dabei mit dem Daumen zärtlich über ihre Wange, "Ich hatte nur kurz die Augen geschlossen."

  • Find ich gut so weit. Gibts dazu noch ne Fortsetzung?
    Mal von den Rechtschreibfehlern abgesehen, gut, nur an einigen Stellen würde ich persönlich das noch ein bisschen genauer beschreiben.
    Aber im Allgemeinen gute Geschichte.


    MfG Cortan

  • Hooray! Eine Antwort.
    Danke.


    Fortsetzung: ja, bin gerade in einem Schreibflash.
    Rechtschreibfehler: Hm... Mist. Ohne Korrekturleser bin ich aufgeschmissen. (Bin bei der Zeitung)
    Beschreibungen: Ich bin kein Freund von ellenlangen Beschreibungen, vor allem nicht da wo ich Tempo erzeugen will. Aber ich denke drüber nach und achte mal drauf. Danke.

  • Nur wenige Millisekunden später lagen beide tot am Boden, niedergerissen von einem Feuerhagel.
    Kugelhagel find ich besser.


    Niemand hätte genau sagen können, ob er mal Mensch, Elf oder Ork gewesen war.
    Wie wärs mit Troll?
    Nach deiner Beschreibung sieht mir das nach nem Troll aus der zuviel abbekommen hat.
    Warum steht da nicht "Niemand hätte genau sagen können, ob er mal Mensch, Elf,Ork oder Troll gewesen war."


    Sie fürchtete sich etwas aufgrund seiner erschreckenden Erscheinung.
    So wie das aussieht ist das ein eingespieltes Team, dann müsstest da stehen.
    "Sie fürchtete sich immer noch etwas aufgrund seiner erschreckenden Erscheinung."
    oder so in die Richtung.


    Das Sicherheitsglas brach und zersprang nach einem dritten Wurf.
    Warum heißt das Zeug Sicherheitsglas wenn man es mit ein paar geworfenen Schreibtischen kaputtmachen kann, normalerweise hält sowas selbst in unserer Zeit schon nem Kugelhagel oder mehreren Vorschlaghämmern stand (ja von Galileo kann man auch was lernen! :D )


    Doch der Schmerz in seinem Bein überwiegte.
    Doch der Schmerz in seinem Bein überwog.
    Muss es doch heißen?


    So das sind ein paar Fehler und Anregungen die mir so eingefallen sind als ich deinen Text nochmal gelesen habe.
    Vielleicht hast du ja Verwendung dafür, wenn nicht ist auch nicht so schlimm.


    MfG Cortan

  • "Cortan" schrieb:

    Kugelhagel find ich besser.


    Ich auch.


    "Cortan" schrieb:

    "Sie fürchtete sich immer noch etwas aufgrund seiner erschreckenden Erscheinung."
    oder so in die Richtung.


    Auch besser.


    "Cortan" schrieb:

    Warum heißt das Zeug Sicherheitsglas wenn man es mit ein paar geworfenen Schreibtischen kaputtmachen kann, normalerweise hält sowas selbst in unserer Zeit schon nem Kugelhagel oder mehreren Vorschlaghämmern stand (ja von Galileo kann man auch was lernen! :D )


    Auch richtig. Ich ersetzte es mal einfach durch "stabiles Glas" Da kann sich dann jeder selber was ausmalen...


    "Cortan" schrieb:

    Doch der Schmerz in seinem Bein überwog.


    Äh... natürlich! Upsa.


    "Cortan" schrieb:

    Nach deiner Beschreibung sieht mir das nach nem Troll aus der zuviel abbekommen hat.
    Warum steht da nicht "Niemand hätte genau sagen können, ob er mal Mensch, Elf,Ork oder Troll gewesen war."


    Der einzige Punkt wo ich Dir nicht zustimme. Ein Troll ist schon deutlich größer. Siehe hier. Orks, Norms und Elfen sind so einigermassen ähnlich.


    Viel Dank dafür!
    So ungefähr habe ich mir das vorgestellt. Und freut mich auch, dass zum zweiten Teil noch nix beanstandet wurde.
    Ich editiere es hier mal direkt und bei Zeiten auch auf meiner Page.
    Dritter Teil ist in der Mache. Ich denke es werden fünf oder sechs.


    Gruss
    Ty

  • Ich glaub, ich bin zu sehr Romanleser ^^


    Ich find die Leute etwas zu stereotyp, ohne dass sie Charakter gewinnen können. Stereotyp ist nicht schlecht, ich mag es sogar - nur es bedarf der Persönlichkeit dahinter. Das wichtigste fehlt der Hauptfigur - die Möglichkeit, sich mit ihr identifizieren zu können. Jedenfalls ich bekomm es nicht hin.


    Aber das ist bei 2 Kurzgeschichten glaub ich auch kaum möglich..


    Dennoch würd ich mir mehr Persöhnlichkeit wünschen :)


    Ansonsten - geschrieben ist es ganz gut. Wenn auch manschmal das hektische den Lesefluss stört find ich.

  • "Harbinger" schrieb:

    Interessant, gibts es ne Fortsetzung die die Leute ein wenig abseits der Arbeit beleuchtet?


    Ja, jetzt.
    Naja, vielleicht ein bisschen. :wink:


    Ist schwach... seht's als Brücke.


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    Wieder eine kalte Nacht in der er draußen war. Die Wolken hingen tief und kaum ein Mondschein drang durch sie hindurch. Die wenigen Lichtstrahlen trafen auf eine düstere Szenerie. Alte Backsteingebäude aus dem letzten Jahrhundert in einer der traurigsten Gegenden der ehemaligen Hansestadt Bremen. Es war nass und lichter Dampf kam aus den Gullydeckeln, der einen modrigen Geruch mit sich brachte. Niemand traute sich zu dieser Nachtzeit vor die Türe, wer konnte blieb daheim wo es wärmer und gemütlicher war. Nur Croaker stand in einer Gasse an die Hauswand gelehnt. Versteckt im Dunkeln lauerte er auf die, die da bald kommen sollten. Russen aus Kerzhakows Syndikat. Der Schatzmeister stand auf Croakers Abschussliste. Bloodwork. Nicht gerade der schönste Job, aber es wurde gut bezahlt. Sicher, viele sagten, dass man sich mit den Russen besser nicht anlegen sollte, aber Croaker kümmerte das nur wenig. Es kümmerte ihn auch nicht, warum er hier töten sollte und wer sein Auftraggeber war. Die Jahre im Schatten hatten ihn gleichgültig gemacht. Das Geld zählte.
    Der Schmidt hatte gute Vorarbeit geleistet. Er hatte herausbekommen, dass der Schatzmeister gerne den Hintereingang zum „Big Sue Titty Twister“ benutzte. Den Inhaber dazu zu bringen, an diesem sonst ruhigen Abend seine besten Mädchen in XXL-Format auf die Bühne zu schicken war mit ein paar Ecu gemacht. Der Russe würde kommen. Aber Riesenbrüste würde er nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Croaker wartete schon eine Weile. Diese ruhigen Momente lagen ihm nicht, denn dann rasten seine Gedanken immer und kreisten um längst vergangene Momente. Nachgrübelnd zog er den linken Handschuh aus. Blankes Metall blitzte ihm entgegen. Einen Augenblick beobachtete er wie er die Finger seiner künstlichen Hand bewegte. Faszinierende Technik auf höchstem Niveau. Besser als Fleisch und Knochen.
    Trotzdem: er hätte seinen echten Arm gerne behalten. Er musste daran zurückdenken, wie sie ihm den Arm abnehmen mussten, der, obwohl noch angewachsen, völlig verfaulte. Das Risiko schien es wert gewesen zu sein. Er wäre reich geworden, wenn es ihm gelungen wäre eine Behandlung zu entwickeln, die immun gegen Magie macht. Sicherheitsfirmen und Konzerne auf der ganzen Welt lechzten danach ihre Angestellten unangreifbar zu machen gegen Beeinflussung und Gedankenmanipulation. Doch finanziell wurde es schwierig, da Erfolge ausblieben. Doch dann, irgendwann, hatte er es geschafft. An Ratten und Hunden hatte es funktioniert. Nur dann wurde er zu selbstsicher und zu gierig. Sein Werk, oder eigentlich das Werk seines Teams, war für ihn die Krone der Wissenschaft. Er spritzte sich die Chemikalien selbst in die Venen. Doch irgendwas ging schief. Was ihn fast unangreifbar gegen Magie machte, entfernte noch mehr aus ihm, fraß das Leben aus ihm heraus. Erst gab es kleine Komplikationen, Herzrhythmusstörungen hauptsächlich. Doch was noch keiner wusste: er starb. Wenn auch nicht ganz. Teile von ihm verfaulten und starben ab. Stellen auf der Haut, die Arme, das Herz, sein Brustkorb und schließlich das Gesicht. Immer mehr musste aus ihm herausgeschnitten werden und immer mehr wurde ersetzt. Drogen hielten ihn einigermaßen zusammen, ehe der Prozess gestoppt war. Er war völlig entstellt und wurde fast wahnsinnig vor Schmerzen.
    Und obwohl literweise Blut und Eiter aus ihm heraus geflossen war und irgendwann jede Stelle, die nicht schon tot war, vor Entzündung rot aufglühte: Die Schmerzen ertrug er. Denn sie waren nichts gegen den Schmerz den er in sich trug, seit er sie verlor.
    War er wirklich gierig gewesen?
    Oder hatte das alles keine Rolle mehr gespielt?
    Er vermisste sie noch immer…


    Ein Wagen kam in die Gasse gebogen und hielt in der Nähe des Hintereingangs, gerade als es anfing zu regnen. Eilig zog Croaker den Handschuh wieder an und griff sein Ares Alpha das er an die Wand neben sich gestellt hatte und schwang den Haltegurt über die Schulter. Er überprüfte noch einmal das Magazin, lud die Waffe durch, aktivierte sein Smartgun-System, die Kamera im Auge und den Recorder in den Ohren. Dann atmete er noch einmal tief ein als er den Drogenspender eine Dosis einer Kampfdroge injizieren ließ.
    Drei Schritte ging er auf den Wagen zu ehe er den Granatwerfer unter seiner Waffe gedankengesteuert abfeuerte. Die Granate traf den Wagen und explodierte. Noch während die ersten Trümmer in die Luft geschleudert wurden donnerte Croaker auch schon das gesamte Magazin in die Fahrerkabine. Glassplitter und Kunststofffetzen der Karosserie flogen in alle Richtungen. Dann war es ebenso plötzlich wie der Feuersturm losbrach wieder ganz ruhig. Gelassen schwang Croaker das Sturmgewehr nach hinten und zog zwei bedrohliche aussehende Pistolen aus den Halftern an seiner Hüfte. Auf der anderen Seite des Wagens hörte er jemanden vor Schmerz stöhnen. Croaker eilte herum. In diesem Moment öffnete sich die Hintertür des Clubs. Zwei kräftige Kerle kamen herausgestürmt, bewaffnet mit Maschinenpistolen. Doch noch ehe sie überhaupt begriffen hatten was hier geschahen war jagten ihn schon die ersten Kugeln aus Croakers Pistolen ins Fleisch. Zuerst traf es den Vorderen der tödlich getroffen mit fahlem Blick zur Seite kippte. Der Hintere konnte gerade noch seine Waffe hochziehen und abdrücken, aber seine Schüsse prasselten wirkungslos in den Asphalt. Mehrere Kugeln trafen ihn in die Brust bis ein Geschoss ihm einen Teil des Schädels wegsprengte und er nach hinten wegbrach.
    Auf der anderen Seite des zerfetzten Wagens, indem bereits zwei Mitfahrer ihr Ende fanden, sah Croaker den Schatzmeister. Schwer verletzt zog er sich am Boden vorwärts, seinen Körper hinterher schleifend. Als er Croaker wahrnahm drehte er sich mühsam auf den Rücken und blickte direkt in eine der beiden Pistolen.
    „Das wirst Du bereuen, Du Dreckssack“ keuchte der Russe und spuckte dabei Blut.
    „Ich habe eine ganze Menge zu bereuen, Drekhead“ gab Croaker mit schwacher, ächzender Stimme zurück. „Aber das hier ist nur ein Job.“


    Als Dinka sah, wie die Kugel aus Croakers Pistole in den Kopf des Schwerverletzten traf und dessen Leben mit einem Schwall aus Blut, Hirn und Knochensplittern auslöschte zeigte sie kaum eine Regung. Die Zwergin mit den feuerroten, verwuschelten Haaren war einfach schon zu lange im Geschäft. Mit solchen Videos, wie Croaker sie drehte, verdiente sie ihr Geld. Sie hatte schon zig Menschen sterben sehen. Alle am Bildschirm.
    Per Datenbuchse ließ sie das Video noch einmal zurückspulen und sah sich die Stelle noch einmal an. Dann noch mal. Und schließlich ein Viertes mal.
    „Nett, Croaker, nett. Aber sehr kurz.“ kommentiere sie, während sie ihren Nikostick im Aschenbecher ausdrückte.
    Croaker saß im Schatten des kleinen Raumes, auf dessen einen Seite viele Computer und Bildschirme standen. Dinka saß auf einem bequemen Lederstuhl an ihrem Schreibtisch. Der Streetsam hatte nicht am Tisch Platz genommen, sondern auf einer Couch an der Wand.
    „Kaufst Du es oder kaufst Du es nicht“ sprach er leise.
    Sie überlegte. Das Video war nur einige Sekunden lang und eignete sich daher höchstens für einen Zusammenschnitt. Sie mochte die Stelle in der Croaker die beiden Türsteher über den Haufen schießt. Und die Hinrichtung eigentlich auch. Einen Moment grübelte sie noch.
    „Ach Drek, Chummer. Ich kaufe es“ sagte sie schließlich.
    Freuen konnte Croaker sich nicht, er nickte nur stumm. Eigentlich machte er sich Sorgen, ob er Dinka da in Dinge mit hineinzog, die noch ein großes Echo nach sich ziehen würden.
    „Die Knete wie immer?“ riss Dinka ihn aus seinen Gedanken.
    Die Erwähnung des Geldes ließ seine Zweifel platzen. Er tat das ganze immerhin nicht aus Spaß. Er hatte ein Ziel. Sie…
    „Ja, Dinka“ ächzte es aus der dunklen Ecke. „Das Geld wie immer.“

  • Hey, nette Story.
    Hier sindn paar Kritikpunkte:

    Die Jahre im Schatten hatten ihn gleichgültig gemacht.

    Gleichgültig? find ich hier nicht so passend, vielleicht fällt dir ja nen anderes Wort ein. Ein Vorschlag von mir wäre kalt werden lassen.


    Sie mochte die Stelle in der Croaker die beiden Türsteher über den Haufen schießt.
    Muss es nicht schoss heißen?


    So das waren erstmal so meine Punkte die ich gefunden habe. Aber sonst Respekt ist wieder gelungen.


    MfG Cortan

  • Ich habe es nicht vergessen und ein kreatives Loch habe ich eigentlich auch nicht. Ich musste nur mal eben meine Bachelor-Art schreiben und abgeben :wink:


    Die Tage kommt der nächste Teil.


    @ Cortan : Mit Deinen Verbesserungen hast Du, wie gewöhnlich, absolut recht.

  • Ich finde die Geschichten sind recht gut geschrieben, hat durchaus Potenzial =D Sehr gut fand ich die Rückblende im letzten Teil gelöst, sehr unkonvetionell und schön in die spannenden Handlung eingebettet. Was mich verwirrt hat war der Anfang des ersten Teils, den musste ich zwei mal lesen, bis ich kapiert hab, dass das quasi 1st-Person-Perspektive ist. Dann fand ichs aber gut =)
    Viel Glück bei der Arbeit, ich freu mich schon auf weitere Teile =)

  • Hallo zusammen.
    Ich hoffe auch der vierte Teil wird wieder gelesen und ich bekomme die ein oder andere Rezension.
    Es ist eine Brücke und eventuell ist es hilfreich den zweiten Teil nochmal zu lesen. Ich verweise dies bezüglich auch freundlichst auf:
    http://www.artemiderius.rpghost.de/story-index.html


    Ein galanter Sprung brachte sie über eine Pfütze. Lautlos kam sie erst mit dem linken Fuß auf dem nassen Asphalt auf, dann zog sie das rechte Bein nach. Ihre Bewegungen waren grazil, aber dennoch bestimmt. Sie schlich eine kalte Hauswand entlang, an der der Mondschein vorbei schien. Natja blieb im Dunkeln. Unsichtbar für alle Augen und lautlos für alle Ohren. Langsam und bedächtig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Eine weitere Pfütze lag in ihrer Ideallinie. Sie fixierte sie, schätze im Kopf ab wie weit sie werde springen müssen. Eine Strähne ihres langen braunen Haares fiel ihr ins Gesicht. Sie pustete sie zur Seite, tat ein paar Schritte und landete wieder geräuschlos auf der anderen Seite der Wasserlache.
    Schon witzig, dachte sie bei sich. Als sie noch ein kleines Mädchen war, war es ihr immer eine große Freude gewesen in die Pfützen zu springen. Je mehr das Wasser spritze, umso lustiger war es für sie. Doch ihre Vergangenheit in Warschau schien Jahrhunderte her zu sein. Es war damals nicht leicht in Polen gewesen. Durch die Eurokriege verwüstet, von den Nachkriegsregierungen niemals wieder richtig aufgebaut. Und Natja war eines dieser zahllosen Kinder das in dieser dreckigen Zeit aufwuchs, als jeder versuchte als Gewinner aus der Misere zu entsteigen. Parteien, Konzerne, Verbrechen. Und wahrscheinlich wäre auch Natja irgendwo zwischen die Räder geraten, wenn sie nicht ein übernatürliches Glück gehabt hätte. Sie erwachte. In der Kindheit noch laut und lebendig, wurde sie als Jugendliche immer ruhiger. Sie beobachtete Dinge lieber aus der Ferne. Blieb heimlich und konnte so ihre übermäßige Neugierde befriedigen. Im Nachhinein ist sie sich nicht sicher, ob sie bereits da schon von ihrem Totem Katze beeinflusst war, oder ob eben diese Eigenschaften sie für Katze erst interessant gemacht hatte. Es war ein unbeschreiblicher Moment gewesen, als Katze ihr das erste Mal…
    Sie hielt inne. Ihre „Beute“ blieb kurz stehen. Doch nur um dann weiter zu schreiten. Glück gehabt. Sie riskierte hier ihr Leben. Ihre verfluchte Neugier hatte sie dazu gebracht, einem überaus gefährlichen Runner zu folgen: Croaker. Ein verabscheuungswürdiger Hybrid aus Mensch und Maschine. Sie hatte schon ein halbes Dutzend Runs mit ihm abgeschlossen, doch nie hatte sie etwas über ihn erfahren können. Sie wusste nichts über ihn. Der muskulöse Streetsam in pechschwarzer Kleidung hatte nicht einmal ein Gesicht. Eine Fratze aus blankem Metall mit stechend roten Cyberaugen war alles was dort war, wo einst sein Gesicht war. Als schäme er sich, bedeckte er es gut wie möglich mit einer tiefen Kapuze. Es gab Runner, die waren stolz auf ihr Chrom. Sie waren kaum noch menschlich, aber die Cyberware die sie zur lebendigen Waffe machte, war die Quelle für ihr ganzes Selbstwertgefühl. Croaker war anders. Hinter der Fassade eines knallharten Killers, vermutete sie einen gebrochenen Mann. So gebrochen wie seine ächzenden, kraftlose Stimme war. Sie musste einfach wissen, wer er war. Katze musste es wissen.
    Croaker schien müde und etwas orientierungslos zu sein. Ihr Vorteil. Sie nutze Abkürzungen und musste ihm daher nicht direkt durch die Gassen des Bremer Blocklandes folgen. Die mehrstöckigen Gebäude die sie umgaben, schienen im blassen Mondschein gar nicht mehr so hässlich zu sein, wie sie tagsüber waren. Ganz vorsichtig näherte sie sich ihm aus einer Seitengasse. Im Gegensatz zu Natja, kümmerten Croaker die Pfützen nur wenig, daher war er gut zu hören. An die Wand gedrückt konnte sie Croaker sehen, als er ihre Gasse passierte. Sie schlich an die Ecke um ihm hinterher zu sehen. Achtlos und in Gedanken versunken warf er etwas in einen offen stehenden Müllcontainer. Dann wurde Croaker plötzlich langsamer, ehe er zehn Meter weiter ganz stehen blieb. Die Fäuste geballt, spreizte er die Arme ein Stück weit von seitlich vom Körper weg.


    „Können wir das hier klären oder willst Du mir unbedingt bis daheim folgen“ erklang seine heisere Stimme plötzlich. Natja stockte der Atem. Sie war gerade in der Hocke und war starr vor Schreck. Wie hatte er sie nur gemerkt? Ihr Herz schlug laut. Todesangst kam in ihr hoch.
    „Nicht so theatralisch, Croaker“ dröhnte eine Stimme aus der Richtung aus der Croaker gekommen war. Es war Mathad, der orkische Streetsam mit dem Natja und auch Croaker mehrmals zusammen gearbeitet hatten. Der grüne Irokese, die riesige schwarze Sonnenbrille und die riesigen Kunstmuskeln waren unverkennbar. In den Händen trug der Ork eine automatische Schrotflinte. Der Lauf zielte auf Croaker.
    „Wegen dem Russen, richtig?“ fragte Croaker.
    „Korrekt“ antwortete Mathad emotionslos. „Du hast eine deutliche Handschrift wenn Du das Filmmaterial danach auch noch verkaufst.“
    Croaker senkte den Kopf und ächzte ein fast stummes „Bringt halt mehr Geld.“
    Eine Sekunde schwiegen beide. Ehe Croaker fragte: „Bin ich lebendig wenigstens mehr wert?“
    Mathad überlegte einen Augenblick. Er war so kühl, wie Natja ihn noch nie gesehen hatte. Sonst war er ein lustiger Geselle mit einem derben Humor. Sicherlich nicht der Kerl, mit dem man den neusten Disneyfilm ansehen würde, aber obwohl er nicht wenige Leute getötet hatte, war er kein unangenehmer Zeitgenosse. Das gehörte halt zum Job.
    „Nein, bedaure“ sagte er kühl, während er abdrückte. Doch just in diesem Moment explodierte der Müllcontainer zu seiner Linken, in den Croaker zuvor etwas hineingeworfen hatte. Mathad wurde von Plastiksplittern und Müllfetzen fast umgeworfen, trotzdem verriss er seinen Schuss kaum. Croaker ließ den Zünder in der linken Hand nicht fallen, als er von einem Massivgeschoss getroffen wurde. Blut spritzte. Croaker wirbelte herum, ließ eine kleine Pistole aus seinem rechten Arm hervorschnellen und jagte dem Ork sekundenschnell das gesamte Magazin in den Leib. Die Kampfdroge die Croaker sich Augenblicke vorher durch seinen implantierten Drogenspender hatte spritzen lassen, ließ ihn die große Schusswunde in seinem Bauch gar nicht wahrnehmen. Er eilte zu dem Ork herüber, der schwer getroffen zu Boden ging. Mit Anlauf trat er Mathad mit voller Wucht ins Gesicht, ehe er danach die Schrotflinte des Streetsams zur Seite trat. Der Ork lag schwer verletzt in seinem eigenen Blut; den rechten Fuß des über ihn stehenden Croaker auf der Brust.
    „Du hast mir nicht mal eine Chance gegeben“ röchelte Mathad.
    Croaker nahm das Magazin aus der Pistole und nahm ein volles aus einer Tasche an der Hose. Er schob es in den Griff der Waffe und lud eine Kugel in die Kammer. Langsam zielte er mit der Waffe auf den Kopf des Orks unter ihm.
    „Du hattest Deine Chance, Mathad“ hustete Croaker klanglos. „Du bist zu gut für zwei.“


    Natja kniff die Augen zusammen, als Croaker abdrückte. Mit einem lauten Knall endete Mathads Leben. Sie hatte ihn gemocht. Aber das spielte keine Rolle mehr. Ein Rumpeln ließ sie wieder aufhorchen. Sie öffnete die Augen und sah, wie Croaker in die Knie gegangen war. Er starrte auf seine linke, blutverschmierte Hand, mit der er an seine Wunde gegriffen hatte. Ein für Natja nicht hörbares Fluchtwort zischte er noch, bevor er nach hinten überfiel.
    Sie zögerte einen Augenblick, doch dann huschte sie zum herüber. Den zertrümmerten Schädel des Orks neben ihr wagte sie nicht anzusehen.
    Sie kniete sich hin. Croaker war schwer getroffen und schien das Bewusstsein verloren zu haben, aber sie glaubte, sie könne ihn durchbringen. Sie konzentrierte sich, um einen Heilzauber zu kanalisieren. Die rechte Hand auf seine Brust drückend, schloss sie die Augen. Kurz bevor sie den Zauber wirkte, berührte er sie plötzlich im Gesicht. Sie schrak zurück, doch da merkte sie, dass er ihr nur mit dem Daumen über die Wange strich. Er hauchte stimmlos etwas, dass wie ein Name klang, doch Natja konnte es nicht genau verstehen.
    „Nein. Nein. Ich bin’s. Natja“ antwortete sie ihm. Sie griff den ausgestreckten Arm mit beiden Händen und konzentrierte sich erneut auf den Zauber. Erfolglos. Der Zauber schien von dem Streetsam abzuprallen. Ein dröhnender Schmerz entstand in ihrem Kopf.
    „Das wird nichts bringen“ hustete er ihr entgegen.
    Dann halt anders, dachte sie bei sich. Sie zwang ihn, sich auf die Beine zu stellen. Sie mussten hier verschwinden. Eine Schiesserei mitten in einer Wohngegend, wenn auch nicht in der besten, zog trotzdem die Polizei an. Sie trieb ihn immer wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen. Und so brachten sie mühsam Distanz zwischen sich und dem blutverschmierten Tatort. Während sie versuchte den verletzten Streetsam zu stützen, gelang es ihr ein paar Tasten auf ihrer Armbanduhr zu drücken. Ihr Ohrphone wählte eine Nummer. Es klingelte. Jemand ging ran.
    Natja war erleichtert.
    Sie würde Croaker schon irgendwie durchbringen.