What's your style?

  • Aus der Diskussion der "Verfolgt von Dobermännern"-Sache heraus, entwickelte sich die Idee, einmal zu fragen, welchen Spielstil die Leute hier im Forum so bevorzugen. Das kann von kurzen Kategorisierungen ("viel Paranoia mit einem Schuss Slapstick") bis zu umfangreichen Beschreibungen reichen. Mich persönlich interessiert daran nicht nur, wie ihr so zockt, sondern vor allem, was die Gründe eurer Wahl sind. Bestimmte Spielarten eignen sich besser für das eine als für das andere.
    Mit etwas Glück entsteht daraus eine interessante Diskussion, die den Einblick in alternative SR-Welten ermöglicht und uns so über den eigenen Tellerrand schauen lässt.


    So, what's your style?

  • Gut dann fange ich mal an:
    Ich leite meist realistisch. Ich mache eine Hintergrungstorry. Überlege mir beweggründe der einzelnen parteien. Entwerfe Sicherheitssysteme. Aber halte es realistisch. Meine Prioritäten liegen darin, das die Runner den Hintergrund ergründen sollen. Wenn sie die Erlebnisse nicht in den zusammenhang bringen, passiert ihnen meist was recht schlimmes. Die Runs sind also nicht sooo schwer (anspruchsvoll schon), Aber der Zusammenhang ist wichtig.


    Ein Beispiel aus unserem letzten Run:
    Runner treffen sich mit Mr. Johnsons Tonbandgerät in einem Leerstehendem Gebäude. Im selben Block in dem auch eine ihrer Connections wohnt. Der Auftrag den sie erhalten lautet in einer kleinen unbedeutenden Abrissgesellschaft Pläne auszutauschen. Die Sicherheit ist antiquiert. Sie benutzen sogar alte Cyberterminals (wir spielen SR4). Adapterprobleme etc. gabs dann. Weiterhin sollten sie aus dem Sprengstofflagerbunker etwas Sprengstoff stehlen. Auch da tauchen wieder antiquirte Dinge auf. Nur der Sprengstoff ist neu und gut.


    Die Runner haben sich dann die Pläne die sie austauschen mal genauer angesehen und der sprengstoffexperte im Team stellt fest das das Gebäude nicht in sich zusammenhallen wird sondern Umkippen. Mitten in den Block wo auch das Treffen war und die Connection wohnt.


    Nun gab es einige Konflikte im Team... Geld oder Ehre... Auftrag und Reputation gegen Connection und deren Heim....


    Im Endeffekt haben sie gesagt das die Abrissfirma ja haften muss und den Auftrag durchgezogen. Danach aber direckt die Connection vorgewarnt. Das Problem war nur das die Abrissfirma eine GmbH war und der Wert der gesamten Firma kaum der rede wert (Deswegen die ganzen antiquirten billig Dinge in der Firma). Die Firma macht Konkurs. Und kaum einer bekommt genügend Geld. Nur der Johnson lacht sich ins Fäustchen und kann sein neues Shoppingcenter hochziehen.


    Die Runner haben leider nicht die Finanzlage der Abrissfirma mit ins Bild gezogen. Trotz ausreichender beschreibung. Und nun ist eine Connection von ihnen "leicht säuerlich" und Obdachlos....... Pech gehabt.


    MfG SirDrow

    Albert Einstein: "Es gibt zwei Dinge die unendlich sind: Das Universum und die Dummheit der Menschen. Aber beim Universum bin ich mir nicht so sicher.

  • Es ist spät, aber ich habe ja sonst nichts zu tun ;)


    Ich versuche so zu leiten, wie SirDrow es umrissen hat, bin allerdings in der Ausführung etwas verhindert:


    Der allgemeine Stil in SR sieht bei uns so aus, dass die Runner relativ sorgenfrei in Mittelschichtwohnungen leben, 5.000-Dollar-Jobs annehmen und die Welt weiterläuft, als wäre nie ein Run passiert (Konsequenzen = 0).
    Es gibt kein Feeling bezüglich "die bösen Megakons beherrschen die Welt", kein Feeling "Ghule könnten Nachts über dich herfallen", kein Feeling "die Ganger sehen bedrohlich aus" - rein gar kein Feeling, dass für mich SR zu etwas besonderem macht.
    Einzig die Atlantiskampagne und die Parallelweltkampagne waren stimmungsvoll, auch wenn nicht gerade SR-typisch ;)


    Ich habe meine SL-SR-Karriere mit Bug City begonnen (obwohl ich kein einziges Sourcebook dazu hatte) und habe die Runner in eine düstere, endzeitliche und hoffnungslose Käferstadt geschickt. Sie wurden konfrontiert mit Lichtgestalten, Insektenschamanen, Übergegnern (Troll als Stufe 5 Soldat ist lustig :D), einfachen Gegnern (Gangern), mit dem Elend, den Gefahren den die Menschen dort ausgesetzt waren, mit einem Monstermutant (Eigenerfindung?), der sich um 5 strahlenverseuchte Kinder kümmerte um ihnen ihre letzten Monate noch schön zu gestalten... ich habe mir sehr viel Mühe mit der Stimmung gegeben - und hatte das Gefühl, dass alles umsonst getane Arbeit war :cry:
    Abgesehen von meinem Bruder hatte der Rest die Mentalität: Kümmert uns nicht, brauchen wir nicht drauf eingehen, meinen coolen/psychotischen/abgebrühten/unsensiblen Char lässt eh alles kalt usw. usf.


    Momentan leite ich einige Abenteuer aus "Konzernkriege" (allerdings mit den Regeln von SR 4.01D) um die Kampagnengruppe für RA:S, Brainscan und Systemausfall zusammen zu schweißen.
    Mein Hauptaugenmerk liegt hierbei auf Beinarbeit (etwas, dass wir wirklich nie zuvor betrieben haben!) und darauf, dass die Spieler etwas über die Welt mitbekommen. Wird Zeit, dass sie nach 3-4 Jahren SR endlich wissen, dass Fuchi dreigeteilt ist und dass Saeder Krupp von Lowfyr regiert wird :lol:
    Als Gegner verwende ich (leicht abgewandelte) Archetypen (bei gegnerischen Runnern) oder die Beispielschergen (z.B. Gangern). Moral der Geschichte: Sie lernen etwas über die Welt, was sie aber nicht zu interessieren scheint, aber mein versuchtes Feeling, SR als gefährlich darzustellen, scheitert.
    Beispiel aus dem letzten Run: Die Gruppe sollten einer BTL-Gang nachforschen, deren BTLs einen Ork zum Amoklauf getrieben haben. Hintergrund: Deus' Otaku forschen in Sachen "Umprogrammierung des Gehirns durch SimSinn-Eindrücke (BTLs)"
    Das Ganggebiet liegt inmitten der Redmon Barrens - ein noch nie ausgespielter Ort für uns. Wieder ohne helfendes Sourcebook habe ich versucht, Stimmung aufzubauen: Ganger, Punks, Bettler, Chipheads, Ghule in einer der Seitenstraßen, Neonlichter für Sexreklamen, dunkle Treffpunkte für Hehler, dreckige Gassen... und dann scheiterte die ganze Athmosphäre (sofern sie meine Spieler überhaupt berührte) an folgender Situation:
    "Wenn ihr hier durch wollt, dann kostet das was", werden sie von einem Ganger angeraunzt. Meine Spieler ziehen ihre Waffen und es ist ziemlich klar, dass die 12-16 Ganger die zweite Runde nicht überleben würden - wenn sie es überhaupt bis in die zweite Kampfrunde geschafft hätten. Ich gab mir alle Mühe, dass sie eingeschüchtert waren und sich trollten und die Ganger überlebten sogar, weil meine Spieler sie in ihrem Großmut laufen ließen :?
    Redmon Barrens = 0 Gefahr = 0 Feeling :cry:
    Die BTL-Gang haben sie dann zusammengeschossen - wir hätten eigentlich nicht mal würfeln brauchen. Erst als die (Deus-)Runner zum Schutze der Otakus ankamen und mit ihrer Kombination "1 Trollsam, 1 Dobermanndrohne, 2 Neurostungranaten" die Gruppe beinahe völlig außer Gefecht setzten, kam wieder etwas Spaß bei mir auf - immerhin doch noch ein wenig Gefahr. Nun haben sie eine Otaku entführt, aber abgesehen von meinem Bruder ist es dem Rest wieder einmal egal. Ihnen ist auch egal, woher die Runner kamen, was das Ganze für einen Sinn und Zweck hatte - eben der gesamte Hintergrund.
    Eines wurde ersichtlich: Profirunner (was die Chars sind) sind eine elitäre Klasse die sich vor dem Gewürm der Straße nicht zu fürchten braucht. Dies ist eine Erkenntnis - aber eigentlich nicht die, die ich haben wollte (zugegebenermaßen mein Fehler, da ich die Chars ja nun schon lang genug kenne). Meine Spieler denken allerdings sowieso nicht in solchen Bahnen, so dass sie nicht einmal diese Lektion mitnehmen :(


    Fazit des langen Textes:
    Ich versuche realistisch und mit einer düsteren Athmosphäre zu leiten, aber es will sich bei meinen Spielern kein Feeling einstellen. Die Konsequenzen sind ihnen relativ egal und das Interesse an der Welt scheint auch zu fehlen. Sie sind zu mächtig, als dass meine SR-Welt (Redmon Barrens, Ganger, Punks usw.) eine Bedrohung sein könnte und damit ihren Reiz verliert.


    Wir meistern und spielen aneinander vorbei. Auf Fragen "wie fandet ihr's?" kommt ein "Mh, ganz gut" (Standartsatz) und ich stehe recht einsam mit meiner Vorstellung von SR da.


    Weil ich schon 1,5 Stunden hieran schreibe (viel, viel wurde gelöscht, weil ich zu sehr in die Details meiner Runs ging), mache ich es auch gleich komplett: Warum will ich so leiten?
    Erst einmal lieferte mir mein erster SR-SL damals die Beschreibung von SR, wie sie auch in den Büchern und Romanen anklingt: Düster, dreckig, gefährlich. So sollte SR sein, Cyberpunk eben.
    Zum Zweiten hängt mir dieses Elite-Runner-Sein zum Halse raus. Wir hatten eine lange Pause von SR, weil unserem alten SL einfach keine Abenteuer mehr einfielen. Die ganzen unverbrauchten Szenarien (Bug City, Redmon Barrens, Orkuntergrund usw.) kann man mit den Eliterunnern vergessen - sie interessieren sich nicht für die Barrens, weil sie dort nicht wohnen und sie 5.000 Dollar pro Auftrag gewöhnt sind.
    Mir passte es nie, dass wir einen "unvorstellbar wertvollen" Code klauten und nie wieder etwas davon hörten! Das wir eine magische Statue klauten ohne zu wissen warum und es keine Konsequenzen hatte. Mir passte es auch nie, dass die interessanten Orte (Bug City, Barrens usw.) ausgelassen wurden und wir dafür ständig in der Mittelschicht oder in abgelegenen Einrichtungen unterwegs waren.
    Ich versuche im Grunde das Gegenteil von dem leiten, wie ich (trotz gegenteiliger SL-Beschreibung) SR kennen gelernt habe: Johnson lädt die Runner in ein 4-Sterne-Restaurant ein, wir wählen ein 5 Gängemenü, unterhalten uns während des Essens über den Run mit einem Mindestgehalt von 5.000 Dollar. Nach dem Run ist die Welt so, wie sie vorher war, nur sind wir um mindestens 5.000 Dollar reicher :x


    Doch nun genug davon, kommen wir zu einem anderen (Leidens)thema:
    Wie sieht es bei euch mit Runnerteams aus? Keine Gruppen, sondern echte Teams!
    Ich gebe mir Mühe, leite sogar schon extra Konzernkriegruns, damit sie zusammen wachsen, aber nichts ist! Abgesehen von unserer allerersten SR-Gruppe weiß keiner mehr von dem anderen, was der eigentlich kann. Man kümmert sich außerhalb von Runs nicht umeinander und die anderen sind eigentlich völlig egal. Dies mag eine berechtigte und auch glaubwürdige Einstellung sein - aber ich habe die Nase voll davon :cry:
    Nicht nur in SR, sondern in jedem anderen Setting ist es das gleiche: Lauter Einzelgänger kommen zusammen und es scheint irgendwie alles schnuppe zu sein - und dies wirkt sich auch auf das Spiel an sich aus.
    Deshalb meine Frage: Kennen sich die Chars bei Euch untereinander? Sind sie Chummer, die den anderen auch mal abseits von Runs sehen?


    Zum dritten Thema:
    Eine Runner-Szene gibt es bei uns praktisch gar nicht, obwohl ich mir sie selbst sehr stark wünschen würde. Wo sind die Runnerkneipen wo man sich über seine Runs unterhält? Wie erfährt man eigentlich von Dodger/Fastjack/andere Runnergröße, wenn man den ganzen Tag in seine Nobeldisco geht? Ist die Runnerszene ein Traum von mir, den es gar nicht gibt?
    Deshalb: Schreibt auch bitte, wie die Runnerszene bei euch so aussieht.


    Es ist manchmal leider ziemlich ins Off-Topic entgleist, was das Desinteresse meine Spieler angeht, aber ich habe jetzt einfach nicht mehr die Nerven dafür, alles umzuschreiben.


    Gruß, Stefan

  • @ SirDrow & Mastyrial


    ich hab mich sehr über eure ausführlichen und erhellenden Posts gefreut!


    Es fällt mir nicht leicht, auf diese geballte Ladung an Infos zu reagieren. Ich versuche es mal anhand einiger Schlagworte:


    Lebendiger Hintergrund


    Wenn man wie SirDrow u. Mastyrial darum bemüht ist, eine möglichst dichte Atmosphäre zu schaffen, dann hält man den erzählerischen Fokus immer wieder auf den Hintergrund. So kommen sich die Spieler nicht wie Marionettenspieler vor einem statischen Hintergrund vor, sondern haben das Gefühl, dass sich in dieser fiktiven Welt Dinge abspielen. Die Welt läuft auch ohne die Charaktere. Die NSC's warten nicht zuhause, bis der Runner anruft usw. Es ist mir in meinen Spielen immer sehr wichtig, dass die Planbarkeit der Ereignisse immer nur sehr begrenzt ist. Wenn die Charaktere mit Ereignissen konfrontiert werden, die unberechenbar sind, dann verwischt für einige Stunden am Spieltisch die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Dann sind die Leute voll dabei und denken sich in das Szenario hinein. Dabei dürfen diese Ereignisse nicht immer spektakulär sein. Genauso wie in unserem realen Leben könnten sie z.B. mal im Stau stecken bleiben, in eine Disco einfach nicht reinkommen, weil dem Türsteher das Gesicht nicht gefällt oder von lauten Nachbarn genervt werden.
    Wenn ein Runner im Stau steht, entwickelt sein Spieler evtl. ein Gefühl dafür, was es heißt in einem Megaplex zu leben, wenn zur Rushour das automatische Fahrleitsystem überlastet ist. Wenn der Runner dann aus dem Fenster blickt, sieht er die anderen Leute: Ein Geschäftsmann packt sein Frühstück neben ihm aus. Eine Frau beugt sich nach hinten in ihrem Auto und beschäftigt ein aufgewachtes Baby. Wieder ein anderer lässt den Sitz zurück und nutzt die unfreiwillige Pause für ein Nickerchen.
    Es sind Szenen wie solche, die für mich einen lebendigen Hintergrund ausmachen.



    Konsequenzen der Charakterhandlungen


    "SirDrow" schrieb:

    Die Runner haben sich dann die Pläne die sie austauschen mal genauer angesehen...


    Ich denke auch, dass man den Spielern die Möglichkeit geben muss, die Zusammenhänge zu erforschen und sich damit voll auf die Sache einzulassen.
    Einbrechen, Daten klauen, wieder raus - nichts weiter. Mir geht das auch viel zu sehr in Richtung: programmierte Androiden erledigen Aufgabe X. In der SR-Welt, wie ich sie bevorzuge, sind die Kons natürlich daran interessiert, Runner so wenig wie möglich in die Hintergründe der Straftaten einzuweihen. Sie versuchen die Spuren zu verwischen, oftmals werden wieder Runner dafür angeheuert. Die einen wischen den anderen hinterher. Aber gerade da liegt die nötige Initiative aufseiten der Charaktere. Denn wenn sie sich nicht für die Hintergründe interessieren, haben sie auch keine Chance herauszufinden, ob sie gerade ans Messer geliefert werden. Spielt man mit realistischem Ansatz, und davon gehen wir ja derzeit aus, sollen auch die Konsequenzen der Runs realistisch sein. Natürlich sind Profi-Runner denkbar, die mit unverzerrter Mine Mike (43 Jahre, kleiner Kongardist bei Ares, 2 Kinder) erschießen. So etwas kann man spielen. Wenn man aber auf Realismus aus ist, dann werden auch den Profi-Killer seine Alpträume einholen. Mir persönlich sind da Runner lieber, die Skrupel haben, weil sie genau wissen, dass sie mit den Konsequenzen zu leben haben. Man erschießt keine Leute, die nichts anderes tun, als ihren Job zu machen und abends genauso wieder nach Hause zu ihrer Familie wollen, ohne dass sich die weiße Psycho-Weste blutig verfärbt. Es kann reizvoll sein, wenn einer der Runner tatsächlich so ein harter Kerl ist, der das alles wegsteckt, ohne mit der Wimper zu zucken. Es ergeben sich tolle gruppendynamische Möglichkeiten, wenn die anderen weniger hart gesotten sind. Aber wenn dieser harte Kerl die Norm ist, dann fällt mir persönlich viel zu viel Spielpotential weg: Keine wirklichen Ängste, kein Schuldgefühl usw. Auf die Tiefen metamenschlicher Psyche will ich nicht verzichten.



    Wenn die Spieler nicht mitziehen


    Mastyrial, bei all der Mühe, die Du Dir machst (was man ja auch Deinem umfangreichen Posting entnehmen kann), finde ich es sehr schade, dass Deine Mitspieler nicht auf die Sachen einsteigen, wie Du sie Dir gedacht hast.
    Es ist immer schwer, anderen ein Gefühl der eigenen Vorstellungen zu vermitteln und völlig frustrierend wird es, wenn davon überhaupt nichts rüberkommt. Ich denke, es kann sinnvoll sein, von Zeit zu Zeit mal mit den Jungs darüber zu labern, was sie denken, was ihr da zusammen veranstaltet. Denn irgendwie muss man sich ja darüber verständigen, was die einzelnen Mitspieler (und auch der SL) sich vom Spiel erwartet. Das kann von Fernsehersatz bis hin zum tiefenpsychologischen Erkunden einer anderen Person reichen. Die Geschmäcker und Vorstellungen sind verschieden.
    Ich versuche die Spieler in die fiktive Welt hineinzuziehen. Das gelingt meiner Erfahrung nach, wenn die Charaktere sich innerhalb dieser Welt entwickeln, d.h. keiner als Profi-Runner beginnt, sondern erst langsam mit den Schatten in Kontakt kommt. Vielleicht auch erst einem normalen Job nachgeht oder sich durch kleine Gaunereien durchs Leben schlägt. Als Shadowrunner wird man schließlich nicht geboren, man muss seinen Weg dahin gefunden haben. Vielleicht wäre es in Dienem Fall hilfreich (@ Mastyrial) die Leute mal mit halben Buildpoints starten zu lassen. Eine Lowlevel-Kampagne. Ganger oder ähnliches. Und dann zeig ihnen, wie es auf dieser Seite der Straße aussieht. Führ ihnen das harte Leben in den Barrens vor Augen. Es wäre meiner Meinung nach aber eine falsche Strategie, sie dann ständig mit Leuten zu konfrontieren, die genau wie sie damals (als sie noch Profi-Runner spielten) die kleinen Leute von der Straße einfach so über den Haufen ballern. In einer quasi-realistischen Welt (zumindest wie ich sie mir vorstelle) werden gerade die Profis daran interessiert sein, so wenig Aufsehen wie möglich zu erwecken. Und sie werden nicht einfach Ganger zusammenschießen, wenn man ihnen auch durch etwas Muskelspiel ("Hey boys, es ist euer Turf, schon klar. Ich bin auch nicht lange hier, bin quasi schon wieder weg. Kein Grund, dass wir Ärger bekommen müssten ...") oder Beinarbeit (Fassadenklettern) entgehen kann. Gib ihnen keine großen Wummen, nicht viel Ausrüstung, halte sie knapp. Mache Ressourcen zu etwas wirklich wertvollem. Lass sie Respekt vor einer Holdout-Pistole lernen (angeschossen im Dreck des Slums zu liegen ist ne ernste Angelegenheit). Aber bring es nicht zu sehr auf die harte Tour. Es geht darum, gemeinsam ein Gefühl für die Spielwelt zu entwickeln und nicht darum, die Mitspieler zu demütigen.


    Genug davon. Wir haben bisher lauter Stimmen gehört, die ein realistisches SR bevorzugen. Vielleicht will ja mal jemand nen neuen Sil ins Gespräch bringen?

  • Ich leite mittlerweile nicht mehr oft, nachdem sich meine Traumgruppe aufgrund diversester Differenzen aufgelöst hat.
    Mit ihr konnte ich eine lange Kampagne (1/2 Jahr) spielen. In dieser Kampagne konnte ich eine Verbindung der Charaktere zur Umwelt aufbauen, da ich die Connections mit einbinden konnte und die Aktionen der Runner Reaktionen der Umwelt hervorgerufen hatten. Die Runnner haben am Ende nach Anfangsdifferenzen eine Gruppe gebildet und die Charaktere wurden sehr gut ausgespielt. Shadowrun war drekkig. Die Welt war bedrohlich, als die Ghule aus ihrem angestammten Revier vor größeren Fressern fliehen mußten und daher die Squatter sich in den nächstbesseren Gegenden ausbreiteten. Oder als die Teammitglieder mit ansehen mußten, wie sich zwei ehemalige Chummer unter Drogeneinfluß selbst hinrichteten. Das Verfolgen von dem Kinderpornoring wurde etwas Persönliches.
    Shadowrun war gemein, drekkig, gefährlich und teuer wie eine BTL-Hure auf einem Ripperchip.
    Und was ist jetzt?
    Kaum beginnt sich in meinem Hirn der Beginn einer Kampagne zu formen und ich schicke meinen Spielern einen Flavortext zur Beschreibung der Umwelt mitsamt ein paar Worten, wie die Charaktere sein sollen (Powerlevel, Ausrüstung und die Richtung der Gesinnung= leicht modifizierter Durchschnittsabschaum, der wenig Probleme hat auch im Zweifelsfall jemanden umzulegen), dann kommt erstmal nichts zurück. Etwas später und mit nachfragen werden dann Powergamercharaktere hingelegt ("Auch in der Spielwelt hat es Sinn auf 13 Konsti zu kommen als Mensch"."15+3w6 ist doch nicht so schnell"."Der Charakter hat seinen eigenen Cyberdoc, der ihm Superduperware baut"...) Auf vorsichtige Regulierungsversuche wird beleidigt reagiert, aber wenn das Abenteuer, dass ich dann leider trotzdem leite, ohne die Hälfte der Charaktere gesehen zu haben, dann nicht so funktioniert, da ich nicht auf die Fertigkeiten vorbereitet bin die aufgefahren werden (diverse Zauber und Ausrüstung), dann wird
    1. SR-bashing betrieben (deswegen ist SR so Scheiße)
    2. SR-bashing betrieben (deswegen macht SR mir keinen Spaß)
    3. SR-bashing betrieben (das kann man mit SR eh nicht machen)
    4. SR-bashing betrieben (mein SR ist anders als deins)
    5. SR-bashing betrieben ("Warum spielst Du eigentlich nicht Cyberpunk, wenn SR bei dir so düster ist.")


    ----
    Vielleicht finden wir ja noch jemanden, der SR in anders spielen will. Nummer vier zum Thema "Ich mag mein SR eher realistisch" hat sich ausgeweint. Danke fürs zuhören.

  • Bei mir ist es meist eine Mischung aus einer Spielwelt, die gerade für SINlose besonders grausam und unberechenbar ist in der es niemanden dauerhaft stört, wenn einer oder zei von ihnen sterben und jeder hauptsächlich um sein eigenens Wohlergehen und Überleben kämpft, und immer wieder auch eher humorvollen Dingen, wo sie ihre menschliche Seite zeigen können.
    Aber letztlich erwartet ja auch niemand, dass jeder von ihnen, wenn er in den Barrens lebt immer um jede Gefahr herumkommt.
    Gangs gehören da zum Lebensalltag.
    Meine Kampagnen sind meist auch etwas komplexer gestaltet und die Spieler/ Charaktere brauchen eine Weile, bis sie den Hintergrund verstehen, wenn sie es denn überhaupt tun.
    Aber letztlich gebe ich ihnen dann meist doch noch die Möglichkeit mit einigermaßen heiler Haut davonzukommen.
    Also insgesamt die Welt als relativ bedrohlich, aber immer noch mit Lichtblicken.

  • Ich ziehe Kampagnen den One-Shots vor. One-Shots können im Rahmen der Kampagne gut vorkommen, meistens führt aber ein Faden innerhalb der Kampagne weiter. Ziel ist es, die Spieler für die Geschichte so zu begeistern, dass sie eigenständig zu den jeweiligen Themen recherchieren. Die Themen werden mit der SR-Chronologie verknüpft und wenn es sich anbietet nutze ich Hintergründe, um sie in die Kampagnenstory einfließen zu lassen.
    Ich versuche wichtige Szenen dicht zu beschreiben, denn so haben es die Charas leichter sich auf Geschehnisse einzulassen.
    Wichtig ist: SOZIALES ROLLENSPIEL. Wenn sich die Charas untereinander über SR-Alltagsthemen auslassen und dabei heftige Debatten entbrennen, ist es gut. Natürlich ist da auch irgendwann die Luft raus und man ist als SL bemüht, die Handlung wieder aufleben zu lassen, um auch in der Story weiter zu kommen. Die Mischung macht es.

  • Jetzt bewegen wir uns also etwas weg von der Realismus-Debatte, hin zu den dunklen Seiten (mit Charon und Kamikatze).
    Für mich ist der Kontrast zwischen Licht und Dunkel (versifften Straßenschluchten und Edelrestaurants, traurige Schicksale und familiäre Harmonie, Verzweiflung und Zusammenhalt) immer eine besonders spannende Angelegenheit. Was ich nicht mag, sind zu aufgeräumte Szenarien, in denen alles nach einem Schwarz-Weiß Schema funktioniert, es die Guten und die Bösen, aber niemanden dazwischen gibt. Diese Art von Spiel ist mir zu steril und die oftmals praktizierte Weichspüler-Atmosphäre gibt mir nichts.
    Mit SR4 ging die Spielwelt weiter in eine Richtung, die ich an Shadowrun immer schon mochte: eine Welt voller Gegensätze, voll schreiender Ungerechtigkeit und gelegentlicher Humanität. Wie in den Filmen von Tarantino, in denen die Schönheiten gerade deshalb so strahlen, weil sie von lauter Grausamkeiten umgeben sind.
    Auflockerung bringe ich am liebsten anhand von Situationskomik und Satire ein. Das hilft, um die Paranoia immer wieder auch aufbrechen zu lassen und den Jungs wieder Luft zum Atmen zu geben.

  • "LOST" schrieb:


    Wichtig ist: SOZIALES ROLLENSPIEL. Wenn sich die Charas untereinander über SR-Alltagsthemen auslassen und dabei heftige Debatten entbrennen, ist es gut.


    Jepp. Wenn man die Gruppe soweit hat, dass sie sich über ihre Umwelt unterhalten, zeigt das, dass die Stimmung bei ihnen angekommen ist. Die Welt ist dann so lebendig geworden, dass es sich lohnt, über sie zu reden. Gerade, weil sich darin etwas ereignet, weil die Dinge nicht so bleiben, wie sie sind. Diese Entwicklung macht wohl mit den besonderen Reiz von Rollenspielen aus.


    Wie bringt man das in Gang, wenn es nicht so läuft?


    Eine Möglichkeit ist es immer, die Charaktere über ihre Wissensfertigkeiten und Interessen anzusprechen. Ich nehme mit Absicht das etwas ausgelutschte Beispiel: Wissen über elfische Weine
    Wenn sich einer darin auskennt, dann hat er wahrscheinlich auch einen Weinkeller. Dann wird er den Wein wohl nicht nur allein trinken und sich hin und wieder mit Gleichgesinnten treffen (physisch), um gemeinsam Wein zu trinken und über dessen Güte abzustimmen. Sehr nett stelle ich es mir vor, wenn es an der Tür klingelt und da so ein Typ steht, der dem Charakter Wein verkaufen will. Das ist nun kein x-beliebiger Weinhändler, sondern der kommt direkt von einem supernoblen Weingut, die ihre Ware ausschließlich an anerkannte Feinschmecker verkaufen. Der Typ lässt unserem Charakter dann zwei, drei Flaschen da (sündhafte teure, wie er sich denken kann) mit der Bitte, doch sein Urteil abzugeben (direkt beim Weingut, versteht sich, damit die auf ein schlechtes Urteil hoffentlich noch reagieren können).
    Mit kurzen Einlagen wie dieser kann man die Charaktere direkt in die Spielwelt einbeziehen und alles sehr lebendig werden lassen.

  • "Rantanplan" schrieb:


    Ich denke, es kann sinnvoll sein, von Zeit zu Zeit mal mit den Jungs darüber zu labern, was sie denken, was ihr da zusammen veranstaltet. Denn irgendwie muss man sich ja darüber verständigen, was die einzelnen Mitspieler (und auch der SL) sich vom Spiel erwartet.


    Ist gerader in Vorbereitung. Nach dem Verfassen meines Postings heute Nacht ist mir der Gedanke gekommen, einen SR-Fragebogen zu erstellen (mit anschließendem Auswertungsgespräch). Dort sind dann Fragen von der Sorte "Was ist dir am wichtigsten? Karma, Cyberpunk, Ausspielen, Aktion usw" bis hin zu "Was meinst du, hat Dodger für einen Lebensstil?" (Ich tippe darauf, dass meine Spieler Mittelschicht bis Luxus sagen werden)


    Zitat


    Vielleicht wäre es in Dienem Fall hilfreich (@ Mastyrial) die Leute mal mit halben Buildpoints starten zu lassen. Eine Lowlevel-Kampagne. Ganger oder ähnliches. Und dann zeig ihnen, wie es auf dieser Seite der Straße aussieht.


    Wenn Interesse bestehen sollte, werde ich das auch 2070 veranstalten. Wenn nicht, dann frage ich mal unseren zweiten SL, ob der nicht für mich so ein Szenario steigen lassen könnte.


    Zitat

    Und sie werden nicht einfach Ganger zusammenschießen, wenn man ihnen auch durch etwas Muskelspiel ("Hey boys, es ist euer Turf, schon klar. Ich bin auch nicht lange hier, bin quasi schon wieder weg. Kein Grund, dass wir Ärger bekommen müssten ...")


    Mein Traum! :D
    Wenn das tatsächlich mal so ausgespielt werden würde...


    Was mir generell zum Thema Style und Gruppenproblematik eingefallen ist: Mein Bruder sagte mal zu mir "Shadowrun macht wohl erst mit den Quellenbüchern spaß" - und darüber habe ich mir Gedanken gemacht.
    Neben den Regelwerken gibt es in unserer Gruppe 5 Sourcebooks:
    Jahr des Kometen (gehört dem anderen SL)
    Konzernkriege, RA:S, Brainscan und Systemausfall (gehören alle mir und die anderen Spieler haben keinen Einblick wegen den Spoilern)
    Dazu kommen noch ein paar Romane, die ich besitze.


    Da drängt sich bei mir die Frage auf: Wie sehr beeinflussen die Sourcebooks und Romane den Spielstil?
    Ich persönlich werde mit den Romanen und den Quellenbüchern in meiner Auffassung von SR gestärkt. Doch meine Spieler, die nur das GRW und die Zusatzregelbücher kennen - denen scheint die Orientierung zu fehlen.
    Wird Zeit, dass ich Konzernkrieg abschließe, damit sie endlich mal Einblick in das Buch erhalten...


    Aber nun zurück zum eigentlichen Thema


    Zum Thema anderer Stil:
    Ich habe oben ja bereits die Atlantis-Kampagne und den Parallelweltrun angesprochen.
    Bei der Atlantiskampagne haben wir ein Forschungsteam begleitet und fanden tatsächlich die versunkene Stadt. Wir haben dann einfach eine Sitzung ausgespielt, was wir da so machen, wie wir mit den Atlantanern umgehen usw. Es war kein SR-Feeling, sondern das Feeling der Erkundung von etwas völlig neuem.


    Der Parallelweltrun hatte in groben Zügen folgende Geschichte: Wir haben in unserer Welt ein mächtiges Artefakt geborgen - und es versehentlich kaputt gemacht. An dieser Stelle spaltete sich die Realität in zwei Welten: In unserer passierte nichts, dass Ding war eben kaputt. In der Welt 2 allerdings kamen Dämonen aus den Metaebenen auf die Erde und führten einen Weltkrieg. Wir, als die Verursacher, wurden mittels eines Zaubers von einem Magier der Welt 2 kontaktiert und es wurde ein Tor geöffnet, so dass wir in die Welt 2 gelangen konnten.
    Dort angekommen, trafen wir unsere anderen Ichs, die verzweifelt gegen die Dämonen ankämpften. Durch diverse Sprünge zwischen den Welten fanden wir heraus, wie die Plage zu stoppen war (nämlich die Bruchteile des Artefaktes zu sammeln und im entstandenen astralen Tor wieder zusammen zu fügen - also mussten wir das Ding in unserer Welt wieder unserem Johnson abnehmen, da wir in Welt 2 die Bruchstücke nicht fanden).
    Dieser Run verstieß gegen jegliche Logik von SR, war aber sehr interessant :D Wir ließen den Run dann "außer Konkurrenz" laufen, d.h. er hat nie wirklich stattgefunden. Einzig das Karma behielten wir, dass wir dann mit "diversen Jobs in der Zwischenzeit" erklärten.


    Solche kompletten Stilbrüche sind durchaus machbar und sind dank des "das ist ja unsere reale Welt"-Settings von SR durchaus leicht zu konvertieren. In kein mir bekanntes System kann man Aktion- und Abenteuerfilme so leicht umsetzen, wie in SR.


    Gruß, Stefan

  • "Mastyrial" schrieb:


    Nach dem Verfassen meines Postings heute Nacht ist mir der Gedanke gekommen, einen SR-Fragebogen zu erstellen (mit anschließendem Auswertungsgespräch).


    Ich dachte eigentlich an ein direktes Gespräch, aber wenn es etwas anonymer ablaufen soll, ist auch ein Fragebogen denkbar. Dann muss man sich aber wohl einige Gedanken zu den Fragen machen, damit die Antworten darauf auch aussagekräftig sind. Wenn Du so Sachen fragst, wie

    Zitat

    Was meinst du, hat Dodger für einen Lebensstil?

    , dann bekommst du bestenfalls eine Einschätzung und schlechtestenfalls ein geratene Antwort. Je nachdem, wieviel Ahnung der Spieler von der SR-Welt hat. Wenn Du nach Runnergrößen fragen willst (die spielten bei mir eigentlich nie ne große Rolle), dann vielleicht besser: "Kennst Du Dodger? Was macht der so?" usw.
    Mich würde der fertige Fragebogen jedenfalls sehr interessieren!


    "Mastyrial" schrieb:

    Wie sehr beeinflussen die Sourcebooks und Romane den Spielstil?
    Ich persönlich werde mit den Romanen und den Quellenbüchern in meiner Auffassung von SR gestärkt. Doch meine Spieler, die nur das GRW und die Zusatzregelbücher kennen - denen scheint die Orientierung zu fehlen.


    Hm, ich habe Runden geleitet, in denen Leute überhaupt keine Ahnung von den Sourcebooks hatten. Keiner hatte sie gelesen. Dafür hatten die Leute aber aus anderen Quellen Inspirationen, die sie ins Spiel einbrachten: Neuromancer, Bladerunner usw.
    In anderen Runden waren dann Leute, die recht viel Hintergrundwissen aus den Quellenbüchern besaßen. Die Vorstellungen von der Welt differierten nicht sonderlich und nach einigen Spielsitzungen war sowieso alles von einer gemeisamen Sicht überprägt, die sich aus den Einflüssen der Spieler und dem ergaben, wie ich die Welt darstellte.
    Irgend eine Art von Hintergrund über das bloße Regelwerk hinaus macht also viel Sinn. Gut gefallen hat mir aber auch die Zunahme an Flavor-Text in SR4. Dadurch bekommt man schon ein gutes Grundgerüst, dass man dann durch weitere Einflüsse ausbauen kann.


    "Mastyrial" schrieb:


    Dieser Run verstieß gegen jegliche Logik von SR, war aber sehr interessant


    Ich machte die Erfahrung , dass es von Zeit zu Zeit sehr auflockernd sein kann, völlig andere/neue Elemente ins Spiel einzubringen: etwa Horrorszenarien. Das ganze lebt dann vom Kontrast zum Gewohnten. Wenn die Spieler an eine bestimmte Art Spiel gewöhnt sind, dann kann es allen ganz gut tun, die verkrusteten Strukturen einmal durch etwas Abgedrehtes aufzulösen. Man muss sich allerdings einen guten Ort dafür suchen. Inmitten einer gutlaufenden Kampagne, die noch viel Fortsetzungspotential hat, eine SienceFiction Episode (Aliens greifen die Erde an, oder so) zu bringen, sorgt wohl meist dafür, dass die Kampagne nicht so weiterlaufen kann, wie zuvor. Nach solch einem Ereignis ist eben alles anders. Aber auf jeden Fall ist der "Einbruch des Unerwarteten" in den Alltag (und der kann auch beim SR-Spielen entstehen) ein schönes Stilelement, mit dem man arbeiten kann.
    Da ich allerdings weitaus seltener als früher zum Spielen komme, ist derzeit kein wirklicher Platz für diesen Style.

  • Die Vorbereitung beginnt in der Regel mit ein paar losen Punkten an Inspiration, dazu werden dann passende Zusammenhänge aus dem Hintergrund gewählt.
    Daraus entstehen dann erstmal ein Setting sowie in paar Kernelemente wie Geschehnisse und NSC - der Rest wird improvisiert.


    Ob nun auf den Hintergrund eingegangen wird ist eher sekundär:
    Wenn es gewünscht wird, können Fäden genauso wie rote Heringe verfolgt werden und wenn eben nicht, dann geht die Welt auch nicht unter.
    Daß sich tatsächlich alle Fragen beantworten lassen ist allerdings selten, und teilweise sind die Wolken der scheinbaren Sinnlosigkeit recht dick.


    Apropos Weltuntergang - diese Runs haben auch keine weltumwälzenden Auswirkungen, wobei sich durch eine Kette
    Sie werden auch keinesfalls zweimal geleitet (für unterschiedliche Gruppen), sondern das Setting entwickelt sich weiter und, wenn es sich für eine Folge eignet, auch eingesetzt.
    Eine echte Kampagne gibt es nicht, aber interessante Punkte werden trotzdem nicht vergessen.


    Die Welt an sich ist bunt, trostlos, schrill, spießig, dekadent, mystisch, schön, grausam und knochentrocken - je nach dem, welche Facette gerade beleuchtet wird.
    An SC gibt es alles vom Gossenpunk über die Ex-Offiziellen bis hin zu Söhnen/Töchtern incognito.
    Die Physik der Welt hält sich grob an der üblichen Pseudo-Realität von Fiktion in Literatur und Film - und Leute, die Ergebnisse bringen werden auch entsprechend gut bezahlt.


    Allerdings scheinen manche Spieler nicht ganz mit dieser Freiheit der Konsequenzen klarzukommen - gelegentlich kommt es vor, daß sie etwas darüber überrascht sind, daß sie sich gerade selbst den Job unmöglich gemacht haben.
    Besonders kritisch sehe ich in diesem Zusammenhang Überspezialisierung, da so schnell an völlig gewöhnlichen Situationen gescheitert wird, die eben nur gerade nicht genau in das Spezialgebiet fallen - die Welt paßt sich auch nicht beliebig der Gruppe an, und der Versuch, alles nach Schema F zu lösen ist auf Dauer keine gute Idee.


    Kurz gesagt - eigentlich nichts Besonderes, gewürzt mit etwas Zynismus und Hoffnung.

    In a free society, diversity is not disorder. Debate is not strife. And dissent is not revolution.

    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • Zu den Sourceboox und Romanen: Nach meiner Erfahrung ist es sinnvoll, zumindest wenn man die offizielle Storyline in irgendeiner Form annimmt, den Spielern den Zugang zu gewähren. Schlimm finde ich, über alles den Deckel der Geheimiskrämerei zu legen. Mündige Spieler sind mir da lieber.

    Wahnsinn ist ansteckend

    Einmal editiert, zuletzt von LOST ()

  • Und das ist wiederum die Vorraussetzung zu Eigeninitative... etwas, ohne das es recht schnell fade wird.

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    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • Wie meinst du das eigentlich, dass es bei dir keine echte Kampagne gibt? Unterm Strich hört es sich an, als würdest du deinen Spielern alle Freiheiten gewähren und dich eben auf ihre Initiative einstellen. Was machst du, wenn sie sie nicht ergreifen? Eben ohne den Hintergrund, die Storyline einer Kampagne?

  • Dazu ist das momentane Setting da?
    Der aktuelle Anlaß des Jobs ist mehr oder minder nur ein Vorschlag, ansonsten wird etwas anderes improvisiert.
    Genaugenommen wurde der aber bisher nicht abgelehnt... vielleicht leider auch, weil man sich dann ja selbst etwas überlegen müßte...

    In a free society, diversity is not disorder. Debate is not strife. And dissent is not revolution.

    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • Öhm, nö. Eine negative Wertung von Eigeninitative hat da bei mir wenig verloren.


    Eher das Bedauern, daß sie sich trotz Freiheit eher im engen Rahmen hält.

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    George W. Bush

    And while no one condones looting, on the other hand one can understand the pent-up feelings that may result from decades of repression and people who've had members of their family killed by that regime, for them to be taking their feelings out on that regime.

    Donald Rumsfeld

  • Eben das halte ich manchmal auch für bremsend. Es sind ausreichend Informationen vorhanden und das an sich völlig offene Setting ist ausreichend dicht beschrieben und.....
    - die bei mir wiederkehrende Frage, es zu offen gestaltet zu haben.


    Was mir dann wenig gefällt, obgleich ich glaube, dass es mit die Kunst des Spielleitens ausmacht, ist, die Handlungsfäden dezent aufzunehmen und eine mögliche Richtung vorzugeben.


    Am interssantesten sind jene Momente, wo ich durch einen kreativen Geistesblitz überrascht werde. Häufig wird dies durch ermunterung und weitere "Freiheit" belohnt. Bis eben wieder jenes stagnierende Moment eintritt.