Diese frage ist zwar im kfka thread bereits aufgekommen, ich fand aber, dass die Komplikation dort nicht so richtig herauskam und/oder ich hab's dort nicht gerafft Außerdem sind noch ein zwei Fragen dazu gekommen.
1. Auf Seite 190 im GRW steht für Verteidiger, dass der Bonus "Gute Deckung" von +4 nicht durch den Malus "Blindes Feuer" ersetzt wird, sondern dass beide Modifikatoren Anwendung finden, wenn der Verteidiger in Deckung und sein Körper zu 100% verdeckt ist. Jetzt verweist das GRW auf Seite 179 bei dem Malus für "Blindes Feuer" auf die Regeln für Barrieren auf Seite 196. Da wiederum steht aber, der Verteidiger hätte gar keine Verteidigungsprobe, der Bonus für "Gute Deckung" kann demnach gar nicht kumulativ zu "Blindes Feuer" (soweit es um Ziel außer Sicht, da hinter Deckung geht) sein.
2. Ist das so überhaupt sinnvoll? Ich verstehe zwar die Logik dahinter, dass man nicht etwas Ausweichen kann, dass man nicht kommen sieht. Auf der anderen Seite habe ich den normalen Verteidigungswurf aus Reaktion + Ausweichen eher als sowas wie "zur rechten Zeit nicht am falschen Ort sein" verstanden. Es handelt sich ja gar nicht um ein aktives Ausweichen, sondern mehr um eine Art passives Bewusstsein dafür, wer wo steht und aus welcher Richtung der nächste Angriff kommt oder kommen könnte. Den Charakter jetzt so zu behandeln, als wäre er überrascht (im GRW steht bei den Barrieren regeln, er wird behandelt, als würde er den Angriff nicht wahrnehmen) erscheint mir dann irgendwie nicht angemessen. Ich würde in anderen Situationen, in denen ein Charakter einen Angriff nicht unmittelbar kommen sieht, ja auch eine Verteidigungsprobe würfeln lassen. Beispiel Nahkampf: Befindet sich ein Charakter im Nahkampf und wird im Kampfgeschehen von hinten angegriffen, kriegt der neue Angreifer sicherlich den Bonus für bessere Position und der Verteidiger die üblichen Mali. Wenn der neue Angreifer aber bereits in der Szene war, würde ich nicht auf Überraschung würfeln. Sehen kann der Verteidiger den neuen Angreifer aber nicht, er legt dennoch ein intuitives Verteidigungsverhalten an den Tag. M.E. sollte das hinter einer Deckung genauso funktionieren.
3. Wenn man die Verteidigungsprobe hinter einer Deckung entgegen Seite 190 und im Einklang mit den Seiten 179 und 196 ablehnt, dann führt das dazu, dass ein leicht modifizierter Scherge der Professionalitätsstufe 0 aus dem GRW (Anführer mit Colt Government statt Colt America) mit einem Würfelpool für Pistolen von normal 7 Würfeln, nach Abzug seines Malus von -6 für blindes Feuer, mit einem Würfel immer noch eine 33% Chance hat, einen Charakter hinter einer vollen Deckung zu treffen, da diesem keine Verteidigungsprobe zusteht. Wenn der verteidigende Charakter jetzt zum Beispiel hinter einem ausreichend dicken Baumstamm steht (Struktur 6 und Panzerung 8), dann hat der Angreifer (sofern er mit dem einen Würfel einen Erfolg hatte) einen Schadenscode von 7K Grundschaden + 1 Nettoerfolg = 8K. Der Colt Government hat -1 Durchschlagskraft. Modifizierter Schaden ist mit 8 um genau eins größer als die modifizierte Panzerung der Barriere mit 7. Daraufhin muss der Charakter in Deckung nach Abzug des einen Schadenskästchens wegen der Barriere einem Schaden von 7K widerstehen. Alles mit einer 33% Chance, was ich recht hoch finde dafür, dass eine totale Nulpe versucht, ein Ziel, dass es nicht sehen kann, dass aber durchaus mit einem Angriff rechnet, auch wenn es den nicht sieht, durch einen Baum zu treffen.
Geht man jetzt mal umgekehrt davon aus, dass das Ziel sich in guter Deckung befindet, aber immernoch sichtbar ist, und ebenfalls nur ein Scherge der Professionalitätsstufe 0 ist, dann hat es einen Verteidigungswürfelpool von Reaktion 3 + Intuition 3 + Gute Deckung 4 = 10. Der Angreifer hat seinen Würfelpool von 7 unvermindert. Legt man ein statistisch völlig ausgeglichene Welt zugrunde, dann hat der Angreifer 2,33 Erfolge, der Verteidiger hingegen 3,33, also einen ganzen Erfolg mehr. Er steht also besser, wenn er nicht vollständig in Deckung ist, sondern nur in guter.
Geht man davon aus, Angreifer und Verteidiger stehen sich auf freier Fläche gegenüber, dann hat der Angreifer einen Würfelpool von 7 und einen statistischen Erfolg von 2,33. Der Verteidiger hat einen Würfelpool von 6 und einen statistischen Erfolg von 2. Jetzt bin ich mir ganz und gar nicht sicher, ob das mathematisch korrekt ist, hier gewissermaßen zu "kürzen", aber ich stelle mal die These auf: Auch hier besteht eine 33% Chance zu treffen. (Ich meine, durch die weiteren Würfel wird quasi nur die Höhe der statistischen Abweichung vom Mittelwert beeinflusst, die Erfolgswahrscheinlichkeit bleibt gleich... aber da lasse ich mich gerne von Leuten mit besseren mathematischen Kenntnissen belehren ) Der Angreifer trifft also genausogut, egal ob das Ziel komplett außer Sicht ist oder völlig ohne Deckung da steht.
4. Wenn durch die Deckung geschossen wird, scheint das keinerlei Auswirkungen darauf zu haben, welche Wucht das Geschoss hat. Zwar wird der Schadenscode um 1 gesenkt, aber das ist ja mal ehrlich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Im kfka thread wurde vorgeschlagen, es zu handhaben wie beim Fahrzeugkampf, dass die Panzerung des Fahrzeugs zum Panzerungswert des Charakters zählt, was ich jetzt auf den ersten Blick sinnvoll finde...
5. Wenn ein Charakter in voller Deckung ist, in seiner Handlungsphase kurz hervorlugt und schießt und wieder zurück in Deckung geht, behandelt ihr ihn dann bis zu seiner nächsten Phase als nur in guter Deckung? Anderenfalls muss ein Angreifer, der den Blind feuern Malus vermeiden will, ja immer seine Handlung verzögern und in der Phase des in Deckung befindlichen Charakters seinerseits angreifen.
Bisher studiere ich nur das Regelwerk, bis die Gruppe spielt wird wohl noch etwas Zeit ins Land gehen. Mir fehlen da also praktische Erfahrungswerte, ich versuche gerade eher theoretisch einen Schuh draus zu machen. Wie geht ihr mit Barrieren und Deckung um? Ich danke euch für eueren Input!
ich.pdf
PS: Ich hoffe ich konnte mein Beispiel einigermaßen illustrieren. Leider ist mir immer ziemlich klar, was ich meine, bei der Niederschrift vergesse ich aber schon mal den ein oder anderen äußerst relevanten Punkt