Afghanistan - Was den Spielern entgegenwerfen?

  • Moin,


    meine Spieler kriegen grundsätzlich immer verschiedene Aufträge zur Auswahl... sie sollen ja nix machen, worauf sie kein Bock haben. Im nächsten Paket sollen sie unter anderem den Sohn eines Geschäftsmanns aus Afghanistan rausholen. Sohnemann ist im Rahmen eines Geschichts- und Archäologiestudiums dort um Nachforschungen zu machen und der Kontakt ist abgebrochen. Die Behörden dort sind keine zuverlässige Hilfe, also sollen ein paar Söldner - sprich, die Runner - den Job erledigen.
    Nun will ich den Spielern nicht alle Nase lang irgendwelche Critter vorsetzen... momentan habe ich widriges Wetter und Gelände, Kommunikationsprobleme mit den Einheimischen als Probleme für die Spieler angedacht (in Afghanistan werden soviele Sprachen gesprochen, das packt keine Linguasoft, bzw. irgendeine werden sie garantiert nicht kriegen/mitnehmen).
    Ich dachte daran, dass sie den Sohn in einer verlassenen Forschungseinrichtung aus dem Jahre 19XX wiederfinden... gestürzt, gebrochenes Bein, etc...


    Was für Probleme würdet ihr da noch vorschlagen?

  • Ich würde irgendwie den Großen Dschihad und seine Folgen für die Region mit einbringen, und sei es nur, indem man ihn irgendwie in die Erzählung mit einbaut. Da dürfte es kaum offizielles Material zu geben, aber man kann sich ja leicht ausmalen, dass die Lage nach dem Zusammenbruch der Allianz für Allah auch in Afghanistan kaum besser geworden sein dürfte als heute. Kriegsgerät aus der Zeit findet sich im Schattenkatalog 2 bzw. im PDF Euro War Antiques.


    Man könnte natürlich auch Reminiszenzen auf die Sowjet-Zeit oder den NATO-Einsatz einbauen, z.B. in Form von Locations. Der Run könnte in eine ultrageheime, lange vergessene Sowjet-Militärbasis oder das ehemalige BW-Lager in Kunduz gehen, nur so als Beispiel.


    Als Probleme bieten sich natürlich vor allem die Klimaverhältnisse und die Abgeschiedenheit vieler Regionen an. Hitze und Trockenheit, in den Bergen stattdessen Kälte und dünne Luft. Häufig vorkommende Statische und Tote Matrixzonen dürften die Kommunikation erheblich erschweren, wenn nicht gerade jemand an ein Sat-Uplink gedacht hat.


    Radikale Milizen, Banditen und Terroristen sollte es auch immer noch zu Genüge geben.

    Ab einem gewissen Grad ist gut gemachte Magie von Technik nicht mehr zu unterscheiden....

  • Den Nato-Einsatz und die Entmachtung der Taliban gab es in der Form in Shadowrun nicht. Die Sowjet-Aktivitäten kann man aber sicherlich nachvollziehen.
    An Infos hab ich momentan nur http://shadowhelix.pegasus.de/Afghanistan und die tatsächlichen Infos aus Wikipedia. Die Klimaverhältnisse fallen unter die Kategorie "widriges Wetter"... die Runner sind gut beraten, sich auf frostige Nächte einzustellen und entsprechende Ausrüstung dabei zu haben.
    Aufgrund der fehlenden behördlichen Kooperation können sie auch nicht legal einreisen... per Auto aus einem Nachbarland wird zu lange dauern, also bleibt nur eine Landung auf irgendeiner Wiese oder ein Absprung per Fallschirm.
    Ich will die Runner einfach nicht unterfordern, zuletzt hat der Orkboxer einen 6er Insektengeist in wenigen Runden platt gemacht... er hat irgendwas um die 12K Grundschaden oder so

  • Zitat

    Den Nato-Einsatz und die Entmachtung der Taliban gab es in der Form in Shadowrun nicht.


    Gnaaa, da hätte ich auch dran denken können :)


    Ich denke auch, dass eine Einreise nur auf den Luftweg Sinn macht. Am ehesten vielleicht mit einem normalen Flug in ein halbwegs zivilisiertes Nachbarland, und dann mit einem Coyoten im Kleinflieger über die Grenze.


    Was das Powerniveau angeht: 10 bis 20 Banditen mit AKs und ein paar RPGs könnten durchaus sehr viel gefährlicher sein als ein einzelner Insektengeist. Wenn man Hinterhalte, IEDs und ein paar Scharfschützen mit Dragunovs (Assassins Primer) dazu nimmt, denke ich schon, dass man auch gute Teams ins Schwitzen bringen kann. Die Berichterstattung über den Afghanistan-Krieg geben bestimmt eine Menge Ideen her. Ich denke gerade auch an den Film "lone survivor".

    Ab einem gewissen Grad ist gut gemachte Magie von Technik nicht mehr zu unterscheiden....


  • Ich dachte daran, dass sie den Sohn in einer verlassenen Forschungseinrichtung aus dem Jahre 19XX wiederfinden... gestürzt, gebrochenes Bein, etc...


    Och, Afghanistan bietet wunderbar viel Stoff. Archäologisch ist die Gegend quasi unbekanntes Land. Festungen von irgendwelchen Satrapen der Achämeniden, Schätze die vom Alexanderzug bzw. dessen Nachfolger dort übriggeblieben sind, solche die man vor den Mongolen vergraben hat, die man aus Indien beschafft hat, was die Briten zurrückgelassen, spaltbares Material irgendwelcher Schurkenstaaten, Lostech diverser Besetzer usw.
    Man google man greco-baktrisches Reich und staune.
    Daneben dürfte die Gegend immer noch eine der unterentwickelsten der Welt sein, wo sich also prima Zutaten sammeln lassen.



    Was für Probleme würdet ihr da noch vorschlagen?


    Natürlich kann man heutige Klischees bedienen, aber man sollte auch mit ihnen brechen. In den 60ziger und 70ziger ging es verdammt liberal zu in Afghanistan, was vom Minirock bis hin zu kiffenden Rucksacktouristen reichte. Ökotourismus in den Tälern des Hindukuschs kann ich mir sehr gut vorstellen, ein paar Tage weiter sieht es dann schon gänzlich anders aus.


    Ansonsten, die SC's sind Ausländer, fallen auf, egal was sie anstellen - außer vielleicht der entsprechende Adept. Was grundsätzlich ein Problem bei Shadowrun ist. Eine Frau dabei? Die großen Sprachen, Farsi und Paschtu, gibt es sicher auf Chip. Aber auch so lustige Sachen wie Kamkata-viri? Wie schaut es mit dem Dialekt aus? Kabulsprech in Kandahar? Gesundheitsfürsorge wäre auch so ein Ding. Schon mal geschaut wo es die Pest noch gibt.
    Ich möchte auch unterstreichen, dass 20 Typen mit rostigen Gewehren brandtgefährlich sind, insbesondere wenn die locker 200 andere Typen mit rostigen Gewehren, einer Tradition der Blutrache, Ortskenntnis und Erfahrung im Kleinkrieg mitbringen. Klar, die ersten 20 kriegt man noch umgelegt. Aber die leben auch nicht hinter dem Mond, irgendwer funkt dem Dorf am anderen Ende der Straße schon was da los war.
    Interessant könnten sich auch Verhandlungen mit den einheimischen gestalten. Spricht irgendwer vernünftiges Paschtu oder Farsi, also nicht vom Chip? Kann einer frei und im korrekten Hocharabisch aus dem Koran zitieren? Oder die Abstammung des Stammesführers preisen oder was zu vorherrschenden Rechtsschule sagen? Ist vielleicht ein richtiger Hadschi dabei? Was bieten die SC's den Einheimischen für ihre Kooperation in einer Weltgegend in der es mit Bargeld nicht weit her ist und mit elektronischer Währung noch viel weniger? Gold, Lapislazulis (einer der wenigen Bodenschätze für die Afghanistan wirklich berühmt ist), medizinische Versorgungsgüter? Wie verhindert man, dass man völlig abzogen wird und wie bekommt man das Zeug überhaupt von A nach B ohne überfallen zu werden.


    Allein die Anreise kann sehr interessant werden. Nach Kabul kommt man vielleicht noch mit dem Flugzeug und dann? Wie gut ist die Luftabwehr der Clans, die Drohnenkriegsführung aus der Luft schon seit knapp 100 Jahren kennen? Wie bekommt man die ganzen Runnerspielzeuge ins Land. Shopping könnte auch nett sein: https://medium.com/war-is-bori…in-kurdistan-800ca37ebdfc


    Wichtig scheinen mir, ein einheimischer Führer, der gerne seine eigene Agenda haben kann, die SC's auf das Dorf des Clans hetzen mit dem man in Blutrache lebt z.B., und dass man ohne ein gutes Verhältnis mit den Einheimischen entweder massiv aufrüsten muss, nicht weit kommt oder tot ist.

    Insgesamt sollte Feral Cities prima als Inspiration taugen.

  • Die Idee mit den Religionskenntnissen ist super. Ich werde mir wohl mal ein paar Notizen machen, welche Infos die Spieler bei Nachforschungen bekommen können. Der Hinweis auf religiöse Extremisten, Sharia und ähnliches wird sicherlich ganz oben stehen. Sprachprobleme und Tauschgüter werde ich auch aufnehmen.


    Elektronik als Tauschware wäre da glaub ich auch was... ich stelle mir die blöden Blicke vor, wenn der Chef eines abgelegenen Bergdorf Edelsteine, Schmuck und sonstwas ablehnt und das Kommlink eines Runners haben will. Und nach Erhalt holt er ein altes Kommlink unter ein paar Kissen hervor, entfernt die Satelitenverbindung davon, steckt sie ans neue Kommlink und zieht sich erstmal irgendeine Trideoserie rein.


    Ja, die Ideen helfen schon weiter, die Reise erlebnisreich zu gestalten. Danke schonmal, gerne mehr.

  • Zum Thema Altes Kommlink: Technologischock könnte generell ein größeres Kriterium sein.


    Potentielle Gegner verwenden ggf. Ausrüstung auf dem Stand der 2020er bis 2050er Jahre. Kein WiFi, das man hacken kann, und selbst wenn, sind Programme und Betriebssysteme nicht kompatibel. Fahrzeuge und Sicherheitsgeräte wie Alarmanlagen und Kameras sind alle fest verdrahtet, Schlösser haben ganz gewöhnliche Schlösser aus Metall, Fahrzeuge haben keinen Autopiloten und vielleicht noch nicht mal einen Bordcomputer, Smartguns, wenn es denn welche gibt, hängen an Glasfaserkabeln, aber in der Regel sind die Waffen vor Ort alle rein mechanisch, komplett mit Sicherungshebeln und anderem mittelalterlichem Schnickschnack. An Nachschub und Ersatzteile für moderne Ausrüstung ist vor Ort nicht ran zu kommen, wenn also das Ares Alpha was abkriegt, ab in die Tonne damit. Von Wartung für Cyberware gar nicht erst zu reden. Und so weiter.

    Ab einem gewissen Grad ist gut gemachte Magie von Technik nicht mehr zu unterscheiden....

  • Die Idee mit den Religionskenntnissen ist super. Ich werde mir wohl mal ein paar Notizen machen, welche Infos die Spieler bei Nachforschungen bekommen können. Der Hinweis auf religiöse Extremisten, Sharia und ähnliches wird sicherlich ganz oben stehen. Sprachprobleme und Tauschgüter werde ich auch aufnehmen.


    Würde ich nicht übertreiben, Klischees sind auch dazu da, dass man mit ihnen bricht. Ein Afghanistan - in den Touristenregionen - mit Miniröcken hat definitiv auch was. Ein anderes Klischee, die Gastfreundschaft. Ist man Gastfreund bei jemand wichtigen stehen die Chancen gut, dass man 200 rostige Gewehre auf der einigen Seite hat. Geht natürlich in beide Richtungen, wenn man die Gastfreundschaft erwidern muss.


    Will man mit dem Klischee einer rückständigen Weltgegend brechen und dieses gleichzeitig betonen. Ein Afghane oder eine Afghanin, hochgebildet, welche in der Heimat der SC's aufgewachsen ist. Kann prima eine Rolle als Vermittler übernehmen und die SC's so richtig reinreiten.


    Ach, braucht es einen Anlass für die Reise, Antiquitätenhandel. Entweder solche klauen. Die welche die geklaut haben umlegen. In diesem Zusammenhang verschwundene Personen wiederfinden. Diese Person wiederfinden bevor es jemand anderes tut. usw. Da können sich die SC's eventuell was dazu verdienen.

  • Drogen könnten auch eine Rolle spielen. Klar, BTLs und BADs haben dem Markt erobert, aber gerade nach der Tempo-Hysterie und der damit einher gehenden Paranoia ist ja vielleicht auch wieder eine Nachfrage nach dem guten, alten Opium da. Und was das angeht war Afghanistan ja immer ein blühendes Paradies.

    Ab einem gewissen Grad ist gut gemachte Magie von Technik nicht mehr zu unterscheiden....

  • Narat : Welche Infos sie bekommen und was vor Ort dann tatsächlich passiert, sind zwei verschiedene paar Schuhe... erstmal ist es davon abhängig, wo sie sich informieren... digitale Infos einzuholen überlässt die Gruppe meist der Hackerin, die bis vor einem halben Jahr noch für einen Konzern gearbeitet hat. Sie sucht standardmäßig erstmal auf "normalen" Seiten... also Reiseberichte a la Lonely Planet, Informationen des Auswärtigen Amtes, Wikipedia. Gaaaaanz selten kommt sie auf die Idee, mal in Schattenknoten zu suchen.
    Dementsprechend sind die Infos voller Klischees, weil für Normalbürger und ultra vorsichtig. Und wenn die Runner durch eine Taliban-Hochburg spazieren, ist die Chance auf Aufregung groß, wenn die Hackerin keine Burka trägt.
    Was die Gastfreundschaft angeht, habe ich mir auch schon überlegt, dass es durchaus unangenehme Situationen geben kann... Aufregung, weil die falsche Hand genommen wird oder einfach diese Situation von "Ich hab keine Ahnung, was das ist, aber die erwarten alle, dass ich es esse..."

  • Burka ist ein problematisches Stichwort. Wie lässt man die Hackerin an sozialer Interaktion teilhaben, wenn ihre Hälfte der Menschheit ausgegrenzt wird? Ein Ansatz könnte sein, Informationen aus dem ,Harem' welche der anderen Hälfte der Bevölkerung naturgemäß verschlossen bleibt.


    Shadowrunner dürften in der armen Weltgegend eher eine dürftige Informationsquelle sein. Söldner sollten viel besser taugen


    Schafsaugen sind übrigens ausgesprochen widerlich anzusehen, sollen aber ganz lecker sein.


    Ich würde in jedem Fall Ökotourismus im Hindukusch reinbasteln, schon um mit dem Klischee zu brechen. Skifahren in den Alpen kann ja schließlich jeder. Schaut man auf die Karte lassen sich auch noch pakistanische und chinesische Warlords und ihre Arsenale reinbasteln.

  • So, die Sache hat sich erstmal erledigt. Vielleicht bringe ich das Abenteuer in Afghanistan ein anderes mal, aber die Spieler (bzw. ihre Charaktere) haben sich für Lagos entschieden.
    Schön war die Aussage des Schiebers... "Leute, ich hab hier zwei Aufträge, die zeitgleich erledigt werden müssen... da ist noch ein anderes Team, aber ich lass euch die erste Wahl... der eine Job geht nach Afghanistan, der andere nach Lagos... ich weiß, ist die Wahl zwischen Pest und Cholera... wahrscheinlich buchstäblich"